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Todesschrein
  • Текст добавлен: 7 октября 2016, 11:02

Текст книги "Todesschrein"


Автор книги: Clive Cussler


Соавторы: Graig Dirgo

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Триллеры


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18

George Adams blieb mit dem Robinson-Hubschrauber über dem Mount Forel stehen, dann erzeugte er mit dem Außenlautsprecher einen lauten Hupton. Er wartete einige Minuten und gewahrte schließlich den Schimmer eines grünen Leuchtens tief unter sich. Er flog ein Stück auf das Leuchten zu, dann ließ er den Hupton abermals erklingen, um Juan Cabrillo zu warnen, damit er in sicherer Entfernung vom Landeplatz blieb. Anschließend brachte er den Hubschrauber auf die Schneedecke hinunter. Sobald der Rotor stehen blieb, stieg er aus.

»Hey, Juan«, sagte er, während Cabrillo auf ihn zukam, »bin ich froh, dass ich dich gefunden habe. Hier draußen ist es so dunkel wie in einem Kohlensack.«

»Sind alle unversehrt aus Island rausgekommen?«

»Alles ist planmäßig verlaufen«, sagte Adams.

»Das ist ja immerhin ein Lichtblick.« Cabrillo nickte zufrieden. »Aber jetzt was ganz anderes – wie sieht es gewichtsmäßig für uns aus?«

»Mit uns beiden und dem Sprit können wir immer noch ein paar hundert Pfund zusätzlich mitnehmen. Warum fragst du?«

»Wir haben noch einen Passagier«, sagte Cabrillo.

»Wen?«

»Einen Zivilisten, der angeschossen wurde«, klärte ihn Cabrillo auf. »Ich denke, er ist das typische Beispiel dafür, dass jemand zur falschen Zeit am falschen Ort war.«

»Ist er tot oder lebendig?«

»Ganz sicher bin ich mir nicht, aber es sieht gar nicht gut aus«, sagte Cabrillo und deutete zum Höhleneingang. »Geh in die Höhle und trag ihn dann raus zum Hubschrauber. Ich bringe die Schneekatze her und fange mit dem Auftanken an.«

Adams nickte und stieg den Berghang hinauf. Am Eingang zur Höhle blieb er stehen und blickte nach Norden. Am Horizont flackerten blaue und grüne Lichterscheinungen und tanzten und flatterten wie lange schleierartige Stoffbahnen in einem pulsierenden Licht. Das Plasma, das das berühmte Nordlicht erzeugte, führte sein geheimnisvolles Schauspiel auf, das Adams mit seinem überirdischen Zauber eine Gänsehaut über den Rücken jagte.

Nur mühsam riss er sich von diesem Anblick los und betrat die Höhle.

Cabrillo stieg in die Schneekatze und lenkte sie zum Helikopter. Er begann mit dem Umfüllen des Treibstoffs, indem er eine von Hand zu bedienende Pumpe auf dem Reservetank benutzte. Er hatte den zweiten Tank des Robinson schon beinahe gefüllt, als Adams mit Ackerman auf der Schulter, der immer noch in seinem Schlafsack steckte, aus der dunklen Höhlenöffnung trat. Behutsam bettete er den Archäologen auf den Rücksitz, sicherte ihn mit dem Sitzgurt und kam dann zu Cabrillo.

»Ich habe zwei Container Octane-Booster mitgebracht, der hinzugefügt werden muss«, sagte er.

»Gib sie her, ich kippe das Zeug in den Tank. In der Zwischenzeit bitte ich dich, Julia Huxley anzufunken und sie zu fragen, ob wir irgendetwas für unseren Passagier tun können. Erklär ihr, dass er eine böse Schussverletzung abgekriegt und sehr viel Blut verloren hat.«

Adams nickte, dann griff er in ein Gepäckabteil, holte zwei flaschenförmige Behälter voll Kraftstoffveredler heraus und reichte sie Cabrillo. Daraufhin schlängelte er sich in den Pilotensessel und schaltete das Sprechfunkgerät ein. Er kam wieder heraus, sobald er sein Anliegen losgeworden war und angelte sich eine zusammenklappbare Schneeschaufel aus dem Abteil. Während Cabrillo den letzten Rest Treibstoff in den Hubschraubertank pumpte, fing Adams an, Schnee in Ackermans Schlafsack zu schaufeln.

»Sie hat gemeint, ich solle ihn runterkühlen und seinen Herzschlag verlangsamen«, erklärte Adams, als er Cabrillos irritierten Blick bemerkte, »um eine Hypothermie zu erzeugen und ihn in einen Schlafzustand zu versetzen.«

»Wie lange brauchen wir bis zur Oregon?«

»Sie war mit Volldampf unterwegs, als ich von dort startete«, berichtete Adams, »deshalb werden wir beim Rückflug wohl einiges an Zeit einsparen. Wenn ich schätzen müsste, würde ich auf gut eine Stunde tippen.«

Cabrillo nickte und wischte sich einige Schneeflocken aus den Augenbrauen. »Ich fahre die Schneekatze zur Seite«, sagte er, »und du sorgst dafür, dass alles auf Betriebstemperatur gebracht wird.«

»Okay.«

Keine fünf Minuten später schwang sich Cabrillo in den Passagiersessel des Helikopters, dessen Rotor sich bereits im Leerlauf drehte. Kurz darauf gab Adams Gas und beschleunigte die Rotorblätter. Dann dauerte es nicht mehr lange, der Hubschrauber stieg auf und ließ die Schneewüste hinter sich.

Auf der Oregonarbeitete Hanley bereits an einem Plan für den Angriff auf die Akbar.Eddie Seng hatte sich in eine Nische des Kontrollraums zurückgezogen, wo er nun saß und sich auf einem gelben Schreibblock Notizen machte. Eric Stone kam auf Max Hanley zu und deutete auf den großen Monitor an der Wand. Dieser zeigte die Küste Grönlands, die Position der Akbarund den Kurs, auf dem die Oregonunterwegs war.

»Max«, sagte Stone und deutete auf das Diagramm, »die Akbarhat ihre Position seit einer Viertelstunde nicht verlassen. Das kann man von dem Meteoriten jedoch leider nicht behaupten. Wenn das Signal, das der Staub aussendet, korrekt und zuverlässig ist, bewegt er sich von uns weg.«

»Das ergibt keinen Sinn.« Hanley schüttelte ratlos den Kopf. »Ist es möglich, dass uns die Anzeige falsche Daten liefert?«

Stone nickte bestätigend. »Bei den lebhaften Nordlichtaktivitäten und der starken Erdkrümmung so weit im Norden könnte es zu einer ungewöhnlichen Brechung der Signale in der Ionosphäre kommen.«

»Wie lange brauchen wir noch bis zur Akbar,erkundigte sich Hanley.

»Wir waren gut eine Stunde von ihr entfernt«, sagte Eric Stone. »Nun, da sie angehalten hat, würde sich diese Zeit möglicherweise um etwa zehn Minuten verkürzen.«

»Eddie«, fragte Hanley quer durch den Raum, »kannst du dafür sorgen, dass deine Männer schon früher einsatzbereit sind?«

»Klar«, sagte Seng. »Das meiste hat sowieso nur der erste Mann an Bord zu tun. Sobald er das lähmende Gas in die Belüftungsrohre gesprüht und die bösen Buben schlafen gelegt hat, besteht der Rest nur noch aus einem Großreinemachen des Schiffs und seiner Bergung.«

Stone war an seinen alten Platz zurückgekehrt. Er studierte die Radiofrequenztabelle, die die unterschiedlichen Signalstärken anzeigte. »Wir fangen gerade etwas sehr Schwaches auf«, sagte er.

»Versuch doch mal, es reinzuholen.«

Stone fingerte an einem Einstellknopf herum, dann drückte er auf einen anderen Knopf in der Konsole, um die Empfangsempfindlichkeit zu steigern. Danach schaltete er den Lautsprecher ein.

»Portland, Salem, Bend«, sagte eine Stimme, »sende– und empfangsbereit.«

Auf der Akbarhatte es der Gefangene geschafft, ein weiteres Mal seine Hände zu befreien und nun auch seine Beine. Er hatte an der Tür seiner Kabine gelauscht, aber nichts gehört und daher die Tür einen Spaltbreit geöffnet und hinausgeschaut. Niemand war im Gang zu sehen. Daraufhin hatte er das Schiff vom Bug bis zum Heck durchsucht und festgestellt, dass es leer war.

Dann hatte er sich die Latexmaske vom Gesicht gepellt.

Er war zum Ruderhaus gegangen und hatte das Funkgerät eingeschaltet.

»Portland, Salem, Bend«, wiederholte er, »sende– und empfangsbereit.«

Auf der Oregongriff Hanley nach dem Mikrofon, um zu antworten. »Hier ist die Oregon,identifizieren Sie sich.«

»Sechs, elf, neunundfünfzig.«

»Mark«, fragte Hanley, »was machst du am Funkgerät?«

»Das war ein verwegener Plan«, sagte George Adams, während er den Helikopter durch die Dunkelheit lenkte, »den Emir von Katar durch ein Double zu ersetzen.«

»Wir wussten, dass Al-Khalifa schon seit längerer Zeit vorhatte, sich des Emirs zu bemächtigen«, sagte Cabrillo, »und der Emir hat bei unserer Operation bereitwillig mitgespielt. Er will ebenso wie wir, dass Al-Khalifa von der Bildfläche verschwindet.«

»Hast du schon gegessen?«, fragte Adams. »Ich habe Sandwiches, Kekse und Milch mitgebracht. Du findest alles in einer Tasche auf dem Rücksitz.«

Cabrillo nickte und fasste nach hinten auf den Sitz neben Ackerman. Dann öffnete er eine Kühltasche und holte ein Sandwich heraus. »Hast du zufällig auch Kaffee an Bord?«

»Ein Pilot ohne Kaffee?«, fragte Adams grinsend. »Das wäre genauso wie ein Angler ohne Würmer. Hinten auf dem Boden steht eine Thermosflasche. Mein italienisches Lieblingsgebräu.«

Cabrillo holte die Thermosflasche nach vorn und schenkte sich einen Becher voll ein. Er trank zwei Schlucke, dann stellte er den Becher zwischen seine Füße auf den Boden und biss ein Stück von seinem Sandwich ab.

»Demnach war von Anfang an geplant, dass der falsche Emir entführt werden sollte?«, fragte George Adams.

»Das nicht gerade«, gab Cabrillo zu. »Wir nahmen an, wir könnten Al-Khalifa schnappen, ehe er zuschlägt. Das einzig Positive ist: Wir sind sicher, dass Al-Khalifa nicht die Absicht hat, den Emir zu töten – er will lediglich dafür sorgen, dass der Al-Khalifa-Clan den Thron übernimmt. Deshalb müsste unser Mann so sicher sein wie eine Kuh auf einer Konferenz von Vegetariern, jedenfalls solange er nicht als Fälschung entlarvt wird.«

Cabrillo nahm einen zweiten Bissen von seinem Sandwich.

»Juan«, sagte Adams, »eins würde ich aber doch gern wissen …«

»Nur zu«, sagte Cabrillo, schob sich den Rest seines Sandwiches in den Mund und bückte sich nach seinem Kaffeebecher.

»Was zum Teufel hat dich nach Grönland verschlagen – und wer ist dieser Halbtote auf dem Rücksitz meines Hubschraubers?«

»Al-Khalifa und seine Männer haben sich aus dem Staub gemacht«, meldete Mark Murphy, der Waffenexperte. »Soweit ich erkennen kann, bin ich das einzige lebende Wesen an Bord.«

»Das ergibt keinen Sinn«, sagte Hanley. »Siehst du irgendwo den Helikopter, der zum Schiff gehört?«

»Er stand auf dem Achterdeck«, sagte Murphy.

»Und du hast die gesamte Jacht überprüft?«

»Klar. Es ist, als hätte es die Leute nie gegeben.«

»Warte einen Moment«, sagte Hanley und wandte sich zu Stone um.

»Achtunddreißig Minuten, Max«, beantwortete Eric Stone die unausgesprochene Frage.

»Murph«, sagte Hanley jetzt, »wir sind in einer guten halben Stunde dort. Sieh zu, was du bis dahin noch rauskriegen kannst.«

»Wird gemacht«, erwiderte Murphy.

»Wir sind gleich bei dir«, versprach Hanley, »und dann können wir überlegen, was hinter dieser Geschichte steckt.«

»Ich habe einen Anruf von unserem Kontaktmann bei der CIA erhalten«, berichtete Cabrillo. »Als wir in Reykjavik waren, hat Echelon eine E-Mail aufgefangen, die sich auf einen Meteoriten bezog, der aus Iridium besteht. Die CIA machte sich Sorgen, er könnte in die falschen Hände geraten, und bat mich, hinzufliegen und ihn an mich zu bringen. Dieser Gentleman« – er deutete nach hinten auf den Rücksitz – »hat ihn entdeckt.«

»Er ist in die Höhle eingedrungen und hat ihn ausgegraben?«

»Nicht ganz«, sagte Cabrillo. »Du hast dich an Ort und Stelle leider nicht umsehen können. Über dem Gang, in den du vorgedrungen bist, befand sich ein zweiter – geheimer – Gang, der sich zu einem regelrechten Heiligtum erweiterte. Sehr aufwendig das Ganze. Irgendjemand muss den Meteoriten vor langer Zeit gefunden und entschieden haben, dass es sich dabei um ein religiöses oder spirituelles Artefakt handelt. Der Knabe hinter uns ist ein Archäologe, der irgendwo einen Hinweis darauf fand und den Ort suchte.«

George Adams warf einen Blick auf die Anzeigeinstrumente, dann sprach er in sein Mikrofon: » Oregon,hier ist Air One. Wir sind nur noch zwanzig Minuten weit entfernt.«

Nachdem er von Eric Stone im Kontrollraum Antwort erhalten hatte, fuhr er fort: »Die ganze Angelegenheit erscheint ziemlich seltsam. Selbst wenn der Meteorit irgendeine historische Bedeutung haben sollte, ich kann mir nicht vorstellen, dass sich rivalisierende Archäologen wegen eines solchen Fundes nach dem Leben trachten. Durchaus möglich, dass der eine oder andere schon mal an so was gedacht hat, aber tatsächlich passiert ist das noch nie.«

»Im Augenblick«, sagte Cabrillo, »sieht es so aus, als hätten Al-Khalifa und die Hammadi-Gruppe die E-Mail abgefangen und den Meteoriten wegen des Iridiums geborgen. Offensichtlich haben sie die Absicht, eine schmutzige Bombe damit zu bauen.«

»Wenn das wirklich der Fall sein sollte«, sagte Adams, »dann müssen sie längst eine funktionierende Bombe haben, um sie als Katalysator einzusetzen. Anderenfalls verfügen sie nur über den Brennstoff, aber nicht über Feuer.«

»Der Gedanke ist mir auch schon gekommen.«

»Wenn unsere Leute den Meteoriten also in die Finger kriegen, müssen wir immer noch die Trägerbombe suchen.«

»Wenn wir Al-Khalifa schnappen«, sagte Cabrillo, »holen wir die Information aus ihm heraus, wo sich die Waffe befindet. Dann können wir unsere Leute hinschicken, um sie unschädlich zu machen, und die Angelegenheit ist erledigt.«

Cabrillo wusste es noch nicht, doch Al-Khalifa lag zu diesem Zeitpunkt bereits auf dem Grund des Meeres.

Und zwar in nächster Nähe einer ganzen Reihe von geothermalen Kaminen.

19

Thomas Dwyer war ein Name, der seriös und gediegen klang. Sogar Dwyers Titel – Spezialist für theoretische Physik – weckte die Vorstellung von einem Pfeife rauchenden Akademiker. Von einem Eierkopf oder einem Mann, der ein konventionelles, in jeder Hinsicht geregeltes Leben führte. Nichts konnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.

Dwyer war der Kapitän seines Darts-Teams in seiner Stammkneipe, nahm an Wochenenden an Rallyes teil und machte mit einer Leidenschaft Jagd auf ledige Frauen, die seine vierzig Lebensjahre kein bisschen bremsten. Dwyer hatte entfernt Ähnlichkeit mit dem Filmschauspieler Jeff Goldblum, kleidete sich eher wie ein Filmproduzent denn als ein Wissenschaftler und las täglich fast zwanzig Tages-Zeitungen und Illustrierte. Er war hochintelligent, fantasievoll – mit einem Hang zum Unkonventionellen und stets up-to-date, was die politische Weltlage sowie aktuelle Trends betraf. Außerdem galt er als ein stilsicherer Modeexperte.

Seine offizielle Berufsbezeichnung ließ jedoch eine weitaus ernstere Seite an ihm erkennen. Auf seiner Visitenkarte war zu lesen: Thomas W. Dwyer (TD), Central Intelligence Agency, Leitender Wissenschaftler für theoretische Anwendungstechnologien. Man konnte Dwyer auch einfach als Geheimwissenschaftler bezeichnen.

Im Augenblick hing er mit dem Kopf nach unten in einem Paar Gravity Inversion Boots, so genannten Hängeschuhen. Sie waren an einer Stange befestigt, die zwischen den Pfosten der Tür verkeilt war, die zu seinem Büro führte. Er streckte seinen Rücken und dachte nach.

»Mr. Dwyer«, sagte ein jüngerer Wissenschaftler schüchtern.

Dwyer blickte in Richtung der Stimme. Er konnte ein Paar abgewetzter brauner Lederschuhe über weißen Frotteesocken erkennen, die unter den Beinen einer Hose verschwanden, die ein wenig zu kurz war. Indem er den Rücken ein wenig krümmte, hob Dwyer den Kopf gerade hoch genug, um den Sprecher erkennen zu können.

»Ja, Tim?«

»Mir wurde eine Aufgabe übertragen, von der ich glaube, dass sie meine Fähigkeiten übersteigt«, sagte der junge Mann zaghaft.

Dwyer streckte die Arme hoch und umfasste die Querstange zwischen den Türpfosten. Denn verdrehte er seinen Körper, hakte die Hängeschuhe von der Stange los und stellte sich mit einer einzigen fließenden Bewegung auf den Fußboden.

»Diese Nummer habe ich bei der letzten Olympiade gesehen«, erklärte Dwyer grinsend. »Was halten Sie davon?«

»Toll, Sir«, sagte der junge Mann leise.

Dwyer ging in sein Büro, ließ sich in den Sessel hinter seinem Schreibtisch sinken und bückte sich dann, um die Hängeschuhe auszuziehen. Der junge Techniker folgte ihm in unterwürfiger Haltung. Er hatte einen Schnellhefter mit der Aufschrift »Echelon A-1« in der Hand. Dwyer schob die Hängeschuhe mit den Füßen in eine Ecke seines Büros und streckte die Hand aus, damit Tim ihm den Schnellhefter reichen konnte. Er entfernte einen Aufkleber vom Deckel, zeichnete ihn ab und gab ihn dem jungen Wissenschaftler zurück.

»Jetzt ist es mein Problem«, stellte er lächelnd fest. »Ich werde alles analysieren und einen Bericht dazu schreiben.«

»Danke, Mr. Dwyer«, sagte Tim.

»Nennen Sie mich ruhig TD«, sagte Dwyer. »Das tun alle hier.«

Thomas »TD« Dwyer saß in seinem Büro und hatte die Füße auf seinen Schreibtisch gelegt.

In der Hand hielt er eine Arbeit über die natürliche Entstehung von Buckminster Fullerenen, bekannter unter der Bezeichnung »Bucky Balls«. Meteoriten. Die kugelförmigen Gebilde – nach dem amerikanischen Architekten R. Buckminster Fuller benannt, der seinen Ruhm der Konstruktion der geodätischen Dome verdankte – sind die rundesten und symmetrischsten Moleküle, die der Mensch kennt. Im Jahr 1985 während eines Weltraumexperiments mit Kohlenstoffmolekülen entdeckt, haben »Bucky Balls« die Wissenschaftler immer wieder aufs Neue verblüfft.

Wenn der Hohlraum innerhalb des Kugelkörpers mit Cäsium gefüllt ist, stellt er den perfektesten organischen Halbleiter dar, der je getestet wurde. Experimente mit Bucky Balls aus reinem Kohlenstoff haben einen Schmierstoff hervorgebracht, der als so gut wie reibungsfrei gilt. Zu den möglichen Anwendungen gehörte die Entwicklung von praktisch schadstofffreien Maschinen, von Techniken zur zeitlich punktgenauen Verabreichung von Medikamenten und von leistungsfähigeren nanotechnologischen Geräten. Die Möglichkeiten für weitere Entwicklungen in dieser Richtung waren geradezu grenzenlos.

Obwohl zukünftige Anwendungen von großem Interesse waren, galt Dwyers Aufmerksamkeit nicht diesem Bereich. Ihm ging es mehr um die Gegenwart. In der Natur vorkommende Bucky Balls waren in Meteoritenkratern gefunden worden. Als diese Proben untersucht wurden, war man in den Hohlräumen der Kugelkörper auf Spuren von Argon und Helium gestoßen.

Einen Moment lang dachte Dwyer über dieses Phänomen nach.

Zuerst stellte er sich vor, dass zwei geodätische Dome zusammengefügt wurden und eine Kugel von der Größe eines Fußballs oder der des Meteoriten auf dem Foto bildeten. Dann stellte er sich den Hohlraum als mit Gasen gefüllt vor. Und wie dieser Kugelkörper entweder mit einer Nadel angestochen oder seine Spitze mit einem Schwert abgeschlagen wurde. Das Gas, das sich darin befand, würde ausströmen. Was dann? Helium und Argon waren harmlos und kamen in der Natur reichlich vor. Aber wenn diese Gase nun noch etwas anderes enthielten? Etwas, das nicht von dieser Welt stammte?

Er öffnete das Telefonverzeichnis in seinem Computer, fand eine Nummer und befahl dem Computer, sie zu wählen. Sobald er ihm anzeigte, dass die Anwahl vollzogen war und das Rufzeichen ertönte, griff Dwyer nach dem Hörer.

Drei Zeitzonen weiter, auf der anderen Seite des Erdteils, reagierte ein Mann auf das Klingeln seines Telefons.

»Nasuki«, meldete sich eine Stimme.

»Mike, du Gauner, hier ist TD.«

»TD, alter Mensa-Versager, wie läuft das Spionagespiel?«, fragte Nasuki.

»Ich würde es dir gern erzählen, aber es ist so geheim, dass ich mich anschließend selbst umbringen müsste.«

»Das ist wirklich geheim«, pflichtete ihm Nasuki bei.

»Ich muss dich um einen Gefallen bitten«, sagte Dwyer.

Miko »Mike« Nasuki war Astronom bei der National Oceanographic and Atmospheric Administration, kurz NOAA. Die NOAA ist eine Abteilung des Handelsministeriums. Die Behörde betrieb auf breiter Basis wissenschaftliche Forschung, allerdings konzentrierte sie sich vorwiegend auf hydrographische Probleme.

»Gehört zu dieser Gefälligkeit, dass niemand etwas von diesem Gespräch erfahren darf?«

»Genau«, bestätigte Dwyer. »Alles ist rein hypothetisch und absolut inoffiziell.«

»Na schön«, sagte Nasuki, »dann lass mal hören.«

»Ich beschäftige mich gerade mit Meteoriten und in diesem Zusammenhang speziell mit Bucky Balls.«

»Genau mein Fachgebiet«, sagte Nasuki, »wenn auch eher ein Randbereich.«

»Weißt du von irgendwelchen Theorien hinsichtlich der Beschaffenheit von Gasen innerhalb der Kugelkörper?«, fragte Dwyer vorsichtig. »Zum Beispiel weshalb man dort vorwiegend Helium und Argon findet?«

»Der wesentliche Grund ist, dass diese Gase auch auf anderen Planeten vorkommen.«

»Demnach«, sagte Dwyer, »besteht durchaus die Möglichkeit, dass die Hohlräume der Bucky Balls auch mit anderen Substanzen gefüllt sein können, zum Beispiel mit Stoffen, die man nicht auf unserer Erde antrifft. Ist das richtig?«

Nasuki überlegte kurz. »Klar, TD. Ich habe vor einigen Monaten an einem Symposium teilgenommen, bei dem jemand eine Arbeit vorlegte, in der er die Behauptung aufstellte, dass die Dinosaurier von einem Virus aus dem Weltraum ausgelöscht wurden.«

»Einem Virus, der von einem Meteoriten transportiert wurde?«, fragte Dwyer.

»Genau«, bestätigte Nasuki. »Jedoch gibt es hier ein Problem.«

»Und welches?«

»Ein Meteorit, der fünfundsechzig Millionen Jahre alt ist, muss erst noch entdeckt werden.«

»Kannst du dich noch an irgendwelche Einzelheiten dieser Theorie erinnern?«

Nasuki kramte in seinem Gedächtnis. »Der Hauptpunkt war, dass im Helium enthaltene extraterrestrische Mikroben beim Aufprall freigesetzt wurden und dass diejenigen, die nicht beim Eintritt in die Erdatmosphäre verbrannten, Lebensformen, die zu dieser Zeit existierten, vergifteten. Es gab noch zwei andere wichtige Punkte«, fuhr Nasuki fort.

»Der erste war, dass es sich bei den Mikroben um einen sich schnell ausbreitenden Virus – wie den einer Supergrippe, SARS oder AIDS – handelte, der die Dinosaurier auf direktem Weg attackiert haben müsste.«

»Und was war der zweite Punkt?«

»Dass das, was im Helium gebunden war, die Atmosphäre insgesamt veränderte«, sagte Nasuki, »und vielleicht sogar die Molekularstruktur der Luft angriff.«

»In welcher Form, zum Beispiel?«

»Indem es ihr sämtlichen Sauerstoff entzog.«

»So dass die Dinosaurier regelrecht erstickten?«, fragte Dwyer ungläubig.

Nasuki kicherte verhalten. »TD«, sagte er, »immer mit der Ruhe – es ist nur eine Theorie.«

»Was wäre denn, wenn ein Meteorit existierte, der vorwiegend aus Iridium bestünde und noch völlig intakt wäre?«, fragte Dwyer. »Der also nicht beim Aufprall zerschellt wäre?«

»Wie du weißt, ist Iridium extrem hart und relativ radioaktiv«, erklärte Nasuki. »Es wäre ein nahezu perfektes Transportmittel für einen im Gas enthaltenen Krankheitserreger. Möglicherweise könnte das Gas sogar die Mutation des Virus auslösen und ihn verändern. Ihn zum Beispiel stärker, virulenter werden lassen.«

»Demnach«, schlussfolgerte Dwyer, »könnte in den Molekülen ein mutierter Virus enthalten sein, der einige Millionen Jahre alt ist und von einer Milliarden Kilometer weit entfernten Welt stammt?«

»Absolut, so verrückt es auch klingen mag«, bestätigte Nasuki.

»Ich glaube, ich muss sofort Schluss machen«, sagte Dwyer schnell.

»Irgendwie«, erwiderte Nasuki, »habe ich jetzt damit gerechnet, dass du das sagen würdest.«


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