Текст книги "Todesschrein"
Автор книги: Clive Cussler
Соавторы: Graig Dirgo
Жанр:
Триллеры
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53
Es war dunkel, als Coast Guard Petty Officer Perkins und die anderen beiden Männer im letzten Lastwagen des Konvois spürten, wie ihr Fahrzeug langsamer wurde. Perkins lugte durch den Spalt der Containertüren hinaus. Er sah vereinzelte Gebäude am Straßenrand und die Scheinwerfer eines Wagens, der ihnen folgte. Er musste fast fünf Minuten lang warten, bis der Gegenverkehr endlich für einige Zeit nachließ, der Wagen beschleunigen konnte und die Lastwagen überholte.
»Okay, Leute«, sagte Perkins, »wir müssen abspringen.«
Beim Einsteigen hatte Perkins die Tür einen Spaltbreit offen gelassen, so dass dies kein Problem darstellte. Das Problem war die Geschwindigkeit des Lkw – sie betrug immer noch gut fünfzig Stundenkilometer. Perkins betrachtete vom Wagenheck aus den Straßenrand.
»Männer«, sagte er eine Minute später, »es wird ganz bestimmt nicht einfach. Das Beste für uns ist wohl zu warten, bis wir Sand am Straßenrand sehen, dann hängt ihr beide euch an die Tür und ich stoße sie auf. Ihr müsstet dann so weit herumschwingen, dass ihr in die Nähe des Straßenrands kommt – und euch so bald wie möglich fallen lassen.«
»Wird der Fahrer nichts davon bemerken?«, fragte einer der Männer.
»Vielleicht wenn er in genau diesem Moment in den Rückspiegel schaut«, gab Perkins zu, »aber die Tür müsste anschließend sofort wieder zurückschwingen, und wenn er von dem Manöver nicht sofort etwas bemerkt, dürfte er eine ziemlich lange Strecke zurückgelegt haben, ehe er bemerkt, dass die Tür geöffnet ist.«
»Was ist mit Ihnen?«, fragte der dritte Mann.
»Ich kann nichts anderes tun, als Anlauf zu nehmen und so weit zu springen, wie ich kann.«
Die Gebäude wurden spärlicher, als sie durch eine weniger dicht besiedelte Gegend am Rand Mekkas fuhren. Perkins blickte hinaus in die Dämmerung. »Ich weiß nicht, Leute«, murmelte er. »Ich denke, diese Stelle ist nicht besser oder schlechter als jede andere.«
Perkins half ihnen, sich an den oberen Rand der Tür zu hängen, und stieß sie kurz danach hinaus. Die Tür schwang auf und herum, die beiden Männer fielen, landeten auf dem harten Untergrund und rollten sich in den Sand. Perkins nahm in dem Container so gut wie möglich von rechts nach links Anlauf und sprang ab. Während er durch die Luft flog, ruderte er heftig mit den Beinen, als könnte er damit seine Flugbahn verlängern.
Mit hin und her schlagender Tür entfernte sich der Lastwagen und verschwand in der Dunkelheit. Wenig später waren sie allein. Nur die Lichter von Mekka erhellten in einigen Kilometern Entfernung den Wüstenhimmel.
Perkins hatte sich bei der Landung am Knie ein Stück Haut abgeschürft und stellte nun fest, dass es außerdem verstaucht war. Er lag dicht neben der Straße. Die anderen beiden Männer, der eine mit einer leicht blutenden Wunde am Ellbogen, der andere mit einem roten Fleck im Gesicht, wo er ein Stück durch den Sand gerutscht war, halfen ihm auf die Beine.
Dabei gab Perkins’ Knie nach, und er sank wieder zurück in den Sand.
»Nehmen Sie das Telefon, das man mir gegeben hat«, sagte er, griff in seine Hosentasche und reichte es einem der Männer, »und drücken Sie auf die Einser-Taste. Sobald sich jemand meldet, schildern Sie unsere Lage.«
Auf der Oregongriff Hanley nach dem klingelnden Telefon.
»Okay, warten Sie einen Moment«, sagte er, nachdem er sich die Erklärung des Mannes angehört hatte.
»Hol mir mal die genauen GPS-Koordinaten zu diesem Signal!«, rief er Eric Stone zu, der auf dem Computer sofort die entsprechenden Eingaben machte.
»Gibt es neben der Straße irgendeinen Punkt, wo Sie nicht zu sehen sind?«, fragte Hanley.
»Wir befinden uns am Rand eines Flussbetts«, berichtete der Mann. »Darüber erkenne ich so etwas wie eine Düne.«
»Sehen Sie zu, dass Sie auf diese Düne steigen und dort in Deckung gehen«, sagte Hanley. »Halten Sie die Verbindung offen – ich melde mich gleich wieder bei Ihnen.«
Er schnappte sich ein anderes Telefon und wählte die Nummer des Stationschefs für Saudi-Arabien, die Overholt ihm übermittelt hatte. »Hier ist das Subunternehmen«, meldete er sich. »Haben Sie zurzeit Agenten in Mekka stationiert?«
»Klar«, antwortete der Stationschef. »Wir haben einen saudischen Bürger dort.«
»Verfügt er über ein Auto?«
»Er fährt einen Pepsi-Cola-Lieferwagen.«
»Er muss sofort folgende GPS-Koordinaten aufsuchen«, sagte Hanley, »und dort drei Männer aufsammeln. Ist das möglich?«
»Warten Sie«, sagte der Stationschef, während er die Nummer des Mobiltelefons seines Agenten wählte.
Hanley konnte mithören, wie der Stationschef ihm im Hintergrund die Situation erklärte.
»Er fährt gleich los«, sagte dieser dann zu Max Hanley. »Er meint, er sei in zwanzig Minuten dort.«
»Sagen Sie ihm, er soll hupen, sobald er sich dem Punkt nähert«, sagte Hanley. »Unsere Männer kommen dann aus ihrem Versteck.«
»Wo soll er sie hinbringen?«, fragte der Stationschef.
»Nach Jeddah.«
»Ich melde mich, falls es Probleme geben sollte.«
»Keine Probleme«, sagte Hanley. »Die können wir jetzt nicht brauchen.«
Hanley legte auf, ergriff den anderen Telefonhörer und erläuterte den Plan.
Ihm mochte im Augenblick nicht der Sinn nach Problemen stehen, aber genau das war es, womit er sich herumschlagen musste.
Im Konferenzraum drängten sich Eddie Seng, Linda Ross, Tom Reyes, Franklin Lincoln, Bob Meadows, Mark Murphy, Monica Crabtree, Carl Gannon, Cliff Hornsby und Michael Halpert. Alle zehn schienen gleichzeitig zu reden.
»Aus der Luft können wir nichts unternehmen«, sagte Franklin Lincoln, »das würden sie sofort bemerken.«
»Um es mit einem Tunnel zu versuchen, haben wir zu wenig Zeit«, stellte Linda Ross fest.
»Der Schlüssel ist«, sagte Halpert zu Monica Crabtree, »wie Hickman den Stein überhaupt hat rausschaffen können.«
»Ich könnte ein Feuerwerk inszenieren, um sie abzulenken«, schlug Mark Murphy vor und grinste Cliff Hornsby an, »aber wir sind hier auf der Oregon,auf dem Mittelmeer, und sie hängen in Saudi-Arabien fest.«
»Wie wäre es mit Tränengas?«, überlegte Tom Reyes.
»Oder sollen wir das Stromnetz lahmlegen?«, meldete sich Bob Meadows.
Eddie Seng stand auf. »Okay, Leute«, sagte er, »bringen wir mal ein wenig Ordnung in dieses Durcheinander.«
Als einer der geistigen Väter der gesamten Operation leitete er dieses Brainstorming.
Er schenkte sich eine Tasse Kaffee ein, was ihn jedoch nicht davon abhielt, auch seine Ausführungen zum anstehenden Thema zum Besten zu geben. »Wir haben weniger als eine Stunde Zeit, um einen Plan zu entwickeln, den das Einsatzteam durchführen kann, wenn wir diese Angelegenheit heute noch unter Dach und Fach bringen wollen – und genau das werden wir jetzt tun.«
Er kehrte mit der vollen Tasse Kaffee an den Konferenztisch zurück. »Wie Michael richtig bemerkte, ist doch die Frage: Wie hat Hickman die Meteoriten austauschen können?«
»Er musste die Wächter irgendwie außer Gefecht setzen«, sagte Meadows. »Ich wüsste keine andere Möglichkeit, wie er es sonst hätte schaffen können.«
»Warum wurde der Diebstahl dann nicht kurz danach bemerkt«, fragte Seng, »und gemeldet?«
»Er hatte einen Insider als Komplizen«, sagte Murphy, »das ist die einzige Möglichkeit.«
»Wir haben die Wachen überprüft«, entgegnete Seng. »Wenn einer von ihnen wusste, was geschehen sein muss, wäre er mittlerweile längst nicht mehr in Mekka. Aber sie haben alle noch ihren Job.«
Im Konferenztraum herrschte einen Moment lang Stille, während die Versammelten nachdachten.
»Du sagtest, du hättest die Wachen überprüft«, meinte Linda Ross, »demnach kennst du ihre Zeit– und Dienstpläne, richtig?«
»Richtig«, sagte Eddie Seng.
»Dann besteht die einzige Möglichkeit, die Sache durchzuziehen, darin, alle vier auszuwechseln«, entschied Linda Ross.
»Das ist gut«, sagte Halpert, »wir schlagen beim Schichtwechsel zu – ersetzen die neuen Wächter durch unsere Leute.«
»Und was dann?«, fragte Seng.
»Wir schalten in ganz Mekka den Strom ab«, sagte Reyes, »und lassen sie den Umtausch vornehmen.«
»Aber dann haben wir vier Wächter, die beim nächsten Schichtwechsel gefunden werden«, sagte Seng.
»Eddie«, gab Gannon zurück, »bis dahin sind die Teams aus Katar längst in Sicherheit, und die Saudis können tun, was immer sie wollen.«
Alle schwiegen, während sich Eddie Seng das Ganze durch den Kopf gehen ließ.
»Es ist zwar ziemlich unelegant«, erklärte er schließlich, »aber machbar.«
»Manchmal muss man eine Kokosnuss mit einem Stein zerschlagen, um an die Milch zu kommen«, sagte Gannon.
»Ich werde es Max vorschlagen«, sagte Eddie Seng, während er sich erhob. »Soll er entscheiden.«
Während die Planungskonferenz auf der Oregonbeendet wurde, fanden Skutter und sein Team einen der Zugänge zu dem Tunnel unter der Moschee des Propheten und stiegen hinein. Sie waren erst fünf Minuten weit gekommen, als der erste Sprengsatz entdeckt wurde.
»Verteilt euch im Tunnel«, befahl Skutter den anderen, »und seht nach, wie viele von diesen Dingern hier unten angebracht wurden.«
Dann wandte er sich an den einzigen Mann in seinem Team, der sich im Umgang mit Sprengstoffen auskannte.
»Und was denken Sie?«
Der Mann lächelte und holte eine Drahtschere aus der Tasche. Er bückte sich, zog einen Draht hoch und durchtrennte ihn. Er fand weitere Drähte, zerschnitt diese ebenfalls und entfernte dann das Klebeband von der Dynamitstange.
»Ziemlich primitiv, aber höchst wirkungsvoll, das muss ich zugeben«, sagte der Mann, legte das C-6-Päckchen und die Dynamitstange getrennt auf den Tunnelboden.
»War es das schon?«, fragte Skutter erstaunt.
»Das war’s«, bestätigte der Mann. »Aber eins sollte man beachten.«
»Und was?«
»Behandeln Sie das Dynamit vorsichtig. Treten Sie nicht darauf und lassen Sie nichts darauf fallen«, erklärte der Mann. »Es sieht ziemlich alt aus und könnte instabil sein.«
»Keine Sorge«, sagte Skutter. »Wir lassen alles hier liegen.«
Innerhalb von zwei Stunden würden sämtliche Ladungen entschärft und der Tunnel noch einmal sorgfältig inspiziert werden. Anschließend könnte Skutter diesen Punkt als erledigt melden.
Während der Sprengstoffexperte die Drähte der ersten Sprengladung durchschnitt, telefonierte Max Hanley mit Juan Cabrillo auf der Akbar.
»Das ist es, was wir uns überlegt haben, Juan«, sagte er, nachdem er Cabrillo den Plan skizziert hatte, den sie entwickelt hatten. »Ich gebe zu, besonders raffiniert ist das Ganze nicht gerade.«
»Hast du schon mit Hali gesprochen?«, fragte Cabrillo.
»Ich wollte mich erst mit dir abstimmen.«
»Ich bin dafür«, entschied Cabrillo. »Fax mir alles, was du hast, rüber, damit ich den CIA-Agenten informieren kann. In der Zwischenzeit gebe ich Hali durch, was wir uns ausgedacht haben.«
»Ich schick es gleich los.«
»Du stehst unter erheblichem Zeitdruck«, sagte Cabrillo zu Kasim. »Der Schichtwechsel findet um zwei Uhr nachts statt.«
»Wie sieht es mit Sprengladungen aus?«, fragte Kasim.
»Der CIA-Agent, der mit dem Stein Abrahams zu euch kommt, bringt ein Dutzend chemische Detektoren mit. Die Leute deines Teams sollen alles so gut wie möglich durchkämmen, während du den Austausch vornimmst.«
»Okay«, sagte Kasim.
»Du und deine Leute, ihr habt eine Stunde und vierzig Minuten Zeit, um die Große Moschee zu erreichen, die Wächter und ihre Aktionen zu beobachten, anschließend die Ablösung abzufangen, sie außer Gefecht zu setzen und ihre Stelle einzunehmen. Schafft ihr das?«
»So wie es aussieht, haben wir keine andere Wahl.«
»Jetzt kommt es allein auf euch an, Hali«, sagte Cabrillo.
»Ich werde dich oder meine Religion schon nicht im Stich lassen«, versprach Kasim.
»Ich gebe dem CIA-Mann noch die letzten Infos und schicke ihn dann los«, sagte Cabrillo. »Ein Wagen mit Fahrer steht bereit, um ihn nach Mekka zu bringen. Wenn er nichts Ungewöhnliches bemerkt, wird er die Moschee um zehn nach zwei betreten.«
»Wir halten uns bereit«, sagte Kasim.
Die Verbindung wurde unterbrochen, und Kasim wandte sich an seine Leute. »Alle mal herhören, wir haben folgende Anweisungen.«
Cabrillo riss die Seiten aus dem Faxgerät und setzte den CIA-Agenten ins Bild. Danach stieg er mit ihm in die Barkasse, um in den Hafen von Jeddah überzusetzen. Es war eine ruhige Nacht, warm und völlig windstill. Der abnehmende Mond warf seinen fahlen Schein aufs Wasser, während das Boot über die spiegelglatte See jagte.
Je mehr die Lichter der Akbarin der Dunkelheit verschwanden, desto größer und heller wurde das Hafenpanorama von Jeddah.
Sobald der Pepsi-Cola-Lieferwagen am Fuß der Düne erschien und hupte, machten sich Perkins und die beiden Männer in ihrem Versteck bereit. Sie warteten, bis auf der Straße kein Verkehr mehr war, und rannten dann durch den Sand hinunter. Perkins’ Knie war beachtlich angeschwollen, einer der Männer musste ihn stützen, während der andere den Lieferwagen erreichte.
»Sollen Sie uns abholen?«, fragte er den Fahrer.
»Schnell, steigen Sie ein«, erwiderte der Fahrer, lehnte sich zur Seite und öffnete die Beifahrertür.
Sobald die drei Männer Platz gefunden hatten, wendete der Fahrer und raste mit Vollgas in Richtung Mekka. Er hatte auf der Schnellstraße nach Jeddah, die an Mekka vorbeiführte, mindestens drei Kilometer zurückgelegt, ehe er den Mund aufmachte.
»Wie finden Sie die Eagles?«, fragte er, während er eine CD in den Player schob.
Kurz darauf erklang der erste Titel des Albums Hotel California,während sie durch die Nacht brausten.
Sobald die Barkasse an Land anlegte, kletterte der CIA-Agent hinaus und rannte zu einem wartenden Chevrolet Suburban. Mit durchdrehenden Rädern, die kleine Steine hochschleuderten, raste der Wagen los.
»Was kommt als Nächstes?«, fragte einer der Mechaniker aus Florida, der die Barkasse steuerte.
»Jetzt ziehen wir uns zurück und warten auf den Pepsi-Cola-Lieferwagen«, entschied Cabrillo.
Der Mechaniker schaltete in den Rückwärtsgang, und das Boot entfernte sich vom Ufer. »Sind Sie etwa Pepsi-Cola-Schmuggler?«
»Haben Sie ein Radio an Bord?«, fragte Cabrillo.
Der Mechaniker drehte an einem Einstellknopf. »Auf was stehen Sie denn?«
»Suchen Sie irgendwelche Nachrichten«, bat Cabrillo.
Dann machten er und der Mechaniker es sich im Boot bequem, während es auf den Wellen der Bucht sanft vor sich hin schaukelte.
Ein Chevrolet Suburban flitzte an dem Lieferwagen, der in entgegengesetzter Richtung unterwegs war, vorbei, während der Fahrer die Hauptstraße verließ und auf die Straße abbog, die zum Hafen von Jeddah führte. Der Fahrer befolgte die Anweisungen, die er vorher erhalten hatte, und parkte den Wagen schließlich mit Blick aufs Meer. Er ließ die Scheinwerfer dreimal aufleuchten und wartete dann.
Nicht weit vom Ufer entfernt antworteten die kleinen roten Lampen am Bug des Bootes.
»Okay, Männer«, sagte der Fahrer, »ich bin hier fertig. Gleich kommt ein Boot, um Sie abzuholen.«
Der erste Mann schwang sich aus dem Führerhaus und half Perkins nach unten. Die beiden Männer humpelten bereits in Richtung Strand, während der dritte ausstieg.
»Vielen Dank fürs Mitnehmen«, sagte er und schloss die Tür.
»Ich schicke Ihnen die Rechnung per Post!«, rief der Fahrer scherzhaft durchs offene Seitenfenster, ließ den Motor an und setzte rückwärts auf die Straße zurück.
Die drei Männer gingen hinunter zum Wasser, während sich die Barkasse der Akbarlangsam auf den Sand schob. Cabrillo sprang heraus und half den dreien an Bord, ehe er wieder seinen Platz einnahm.
»Ab nach Hause, James«, sagte er zu dem Mechaniker.
»Woher wissen Sie, dass ich James heiße?«, fragte der Mechaniker und lenkte das Boot zurück in tieferes Wasser.
Sobald Perkins und seine Männer sicher an Bord der Akbarwaren, wies Cabrillo Joseph an, so schnell wie möglich an der Küste entlang nach Norden zu dampfen.
Auf der Oregonüberwachte Max Hanley die verschiedenen Operationen. Es war kurz nach ein Uhr morgens, als der Lastwagen, der Skutter und seine Männer hatte abholen sollen, meldete, dass sie Medina verlassen hätten und nun nach Jeddah unterwegs seien.
Die Strecke betrug knapp hundertfünfzig Kilometer.
Abgesehen von möglichen unangenehmen Überraschungen war Teil zwei der Mission damit so gut wie abgeschlossen.
Hanley nahm den Telefonhörer und rief Cabrillo an.
»Pete ist zu der Gruppe mit den Gebetsteppichen gestoßen, und alles ist soweit okay«, berichtete er. »Sie haben sich einer Desinfektionsdusche unterzogen, danach frische Kleidung bekommen und schlafen jetzt. Team zwei hat seine Mission in Medina absolviert und ist unterwegs zu dir. Sie müssten in ein paar Stunden eintreffen.«
»Haben Sie Sprengladungen gefunden?«, wollte Cabrillo wissen.
»Offensichtlich genug, um die Moschee des Propheten dem Erdboden gleichzumachen«, antwortete Max Hanley.
»Sie haben die Sprengsätze entschärft und im Tunnel zurückgelassen. Sie von dort zu entfernen, muss die CIA oder jemand anders übernehmen.«
»Dann hängt jetzt alles an Hali«, sagte Cabrillo.
»So sieht es aus.«
Zu dieser Zeit näherten sich Hali Kasim und sein Team der Moschee, in der sich die Kaaba befand. Die Tatsache, Bürger der Vereinigten Staaten zu sein, war für die Männer kein besonderer Trost – sie befanden sich mitten in einem fremden Land, dessen höchste Strafe der Tod durch Enthauptung war. Außerdem waren sie im Begriff, zum heiligsten Ort des Landes vorzudringen, um eine Mission durchzuführen, die durchaus als terroristischer Akt betrachtet werden konnte. Die vierzehn Soldaten und Kasim waren sich dessen nur zu bewusst.
Ein einziger Fehler, ein Fehltritt – und die gesamte Operation wäre gescheitert.
Als Hali Kasim durch eins der Tore den Innenhof der Moschee betrat, auf dem die mit schwarzem Brokat verhüllte Kaaba stand, startete in Katar ein Truppentransporter des Typs C-17A. Der von Boeing gebaute Jet, ein Ersatz für die ehrwürdige Lockheed-Martin-C-130-Propellermaschine, fasste 102 Soldaten oder 169000 Pfund Fracht.
Konstruiert, um auf kurzen oder unbefestigten Rollbahnen zu starten und zu landen, genügten drei Mann Besatzung für den Betrieb der Maschine. Außerdem hatte die C-17A eine Reichweite von knapp fünftausend Kilometern, die sie bei diesem Einsatz auch würde zurücklegen müssen.
Nach ihrem Start von Katar am Persischen Golf sollte sie über den Golf von Oman bis zum Indischen Ozean fliegen. Dort würde sie Kurs auf die Arabische See nehmen, den Golf von Aden überqueren und durch die Lücke zwischen Jemen und Djibuti bis übers Rote Meer vordringen, um dort in eine Warteschleife zu gehen, bis sie angefordert oder wieder zurückgeschickt würde.
Die C-17A war der Joker, von dem jeder hoffte, dass er nicht ausgespielt werden musste.
Hali Kasim begab sich weiter in die Moschee hinein, dann suchten er und vier seiner Leute ein Versteck, von wo aus sie die Wachen und ihre Aktionen beobachten konnten. Die Routine war simpel. Alle fünf Minuten marschierten die Wächter im Uhrzeigersinn von der einen Ecke zur nächsten.
Ihre übertrieben feierliche Gehweise zu imitieren, erschien nicht allzu schwierig.
Hali Kasim zog die Lagepläne zu Rate, die ihm zur Verfügung standen, und suchte das kleine gemauerte Gebäude innerhalb der Moschee, in dem die Wächter ihre Straßenkleidung gegen die vorgeschriebenen Uniformen austauschten. Nachdem er es auf der groben Skizze lokalisiert hatte, bedeutete er den Männern, an Ort und Stelle zu bleiben, und kehrte dann dorthin zurück, wo seine übrigen Männer warteten.
»Halten Sie die Augen offen«, befahl er einem von ihnen, »und pfeifen Sie, falls Sie uns auf irgendetwas aufmerksam machen müssen.«
»Und auf was soll ich achten?«, fragte der Mann.
»Auf alles, was irgendwie verdächtig oder ungewöhnlich erscheint.«
Der Mann nickte.
»Die anderen folgen mir. Wir gehen rüber zu diesem kleinen Bau«, erklärte er leise, »und warten auf den ersten Wächter der Ablösung. Ich schalte ihn aus, sobald er die Tür öffnet.«
Die Männer hatten verstanden und nickten.
Dann verteilten sie sich in der Moschee und bewegten sich langsam auf das Gebäude zu. Nach ein paar Minuten hatte jeder seinen Posten bezogen.
Abdul Ramein war müde. Sein Dienst als Wächter änderte sich rotationsweise von Monat zu Monat. Manchmal lag seine vierstündige Schicht in der heißesten Zeit des Tages, manchmal bei Tagesanbruch – diesen Zeitraum mochte er am liebsten –, und manchmal begann sie um zwei Uhr nachts, wie heute. Es waren die Nachtschichten, an die er sich noch nie hatte gewöhnen können – seine innere Uhr konnte sich nicht darauf einstellen. Und wenn er Nachtschicht hatte, kostete es ihn die größte Mühe, gegen den Schlaf anzukämpfen.
Nachdem er eine Tasse dampfenden, mit Kardamon aromatisierten Kaffees geleert hatte, schob er sein Fahrrad in einen Ständer auf der Straße vor der Moschee und sicherte es mit einer Kette und einem Vorhängeschloss.
Dann ging er zum Eingang der Moschee.
Er hatte den Innenhof fast zur Hälfte überquert, als das schrille Pfeifen eines Vogels erklang.
Sich den Schlaf aus den Augen reibend, holte er die Schlüssel aus der Tasche, während er sich dem kleinen Mannschaftshaus näherte. Er hob das Vorhängeschloss und schob den Schlüssel ins Schlüsselloch. Er war gerade dabei, den Schlüssel umzudrehen, als sich eine Hand auf seinen Mund legte und er einen winzigen Einstich in seinem Arm spürte.
Daraufhin wurde sein Schlafbedürfnis übermächtig, und er kapitulierte.
Hali Kasim öffnete die Tür des Raums und zog Ralmein herein. Als er den Wandschalter betätigte, erhellte eine einzige Glühbirne seine knapp bemessene Umgebung. Viel gab es in dem Häuschen nicht zu sehen – ein Kleiderständer an der einen Wand, an dem Uniformen in Plastiksäcken hingen, um sie vor Staub zu schützen, ein großes Waschbecken und eine Toilette hinter einem Vorhang.
An einer anderen Wand, mit Heftzwecken an einem Korkbrett befestigt, befand sich der Dienstplan für die nächste Woche. An der dritten Wand hingen in einem Rahmen ein Foto von König Abdullah und in einem anderen ein Bild von der Großen Moschee während des Haddsch. Es war aus der Luft aufgenommen worden und zeigte Scharen von Menschen. Schließlich hing neben den Bildern auch noch eine Uhr in einem runden schwarzen Gehäuse. Ihre Zeiger standen auf 1:51 Uhr morgens.
Hali Kasim hörte einen Laut, der dem Ruf einer Eule ähnelte. Er knipste das Licht aus und wartete.
Der zweite Wächter trat durch die Tür und streckte die Hand nach dem Lichtschalter aus. Er legte ihn um und gewahrte für einen winzigen Moment Hali Kasim, der vor ihm stand. Der Anblick erschreckte ihn derart, dass er ihn für einen Sekundenbruchteil gar nicht richtig bewältigen konnte. Als er endlich reagierte, hatte Hali Kasim ihn bereits in einem Haltegriff und stach ihm die Nadel in den Arm.
Der Wächter erhielt einen Ruheplatz gleich neben Abdul Ralmein.
In diesem Augenblick hörte Hali Kasim die Stimmen von zwei Männern, die sich dem kleinen Steingebäude näherten. Er fand nicht mehr die Zeit, das Licht auszuschalten und sich zu verstecken. Die beiden Männer traten durch die offene Tür und starrten ihn an.
»Was zum –«, stieß einer der beiden hervor, als zwei Männer von Kasims Einsatzteam, die sich draußen versteckt hatten, den Weg zurück blockierten.
Der Kampf war beendet, ehe er richtig begonnen hatte.
Kasim gab einem seiner Männer mit dem Kopf ein Zeichen. »Gehen Sie schnell zum Tor und bringen Sie die anderen her.«
Der Mann entfernte sich eilig.
»Sechs von euch durchsuchen die Moschee nach Bomben«, befahl Kasim weiter. »Wenn die Detektoren eintreffen, schicken wir sie gleich zu euch rüber. Bis dahin müsst ihr euch auf eure Augen verlassen. Falls ihr etwas entdecken solltet, lasst bloß die Finger davon.«
Die sechs Männer verschwanden in der Nacht.
»Die anderen bleiben bei mir. Wenn wir erst die Uniformen der Wachablösung tragen und ihre Positionen eingenommen haben, brauchen wir jemanden, der sich um die Angehörigen der abgelösten Wächter kümmert.«
Drei Minuten später stand die falsche Wachablösung gestiefelt und gespornt bereit.
Hali Kasim sah sie beschwörend an. »Ihr habt hoffentlich genau beobachtet, was die Wächter zu tun haben, ja?«
Die Männer nickten heftig.
»Von jetzt ab tut genau dasselbe.«
»Gehen wir zusammen raus?«, fragte einer der Männer.
»Nein«, erwiderte Kasim. »Laut Dienstplan findet die Ablösung nacheinander statt. Sie beginnt mit der nordwestlichen Ecke und geht im Uhrzeigersinn weiter.«
Es war mittlerweile 1:57 Uhr.
»Sie zuerst«, entschied Kasim und deutete auf einen der Männer. »Wir beobachten alles genau – von weitem.«
Der erste falsche Wächter marschierte durch den Innenhof. Kasim und seine Männer versteckten sich hinter der Ecke des Gebäudes, das der Kaaba am nächsten stand, und schauten zu. Der Mann steuerte auf die nordwestliche Ecke der Kaaba zu.
Manchmal sind auch die am besten ausgedachten Pläne nichts anderes als Pläne. Dieser, übereilt und ohne die für die Corporation übliche Raffinesse zusammengeschustert, war im Begriff, grandios zu scheitern. Der Wächter, den Ralmein auf seinem Posten ablösen sollte, war zufälligerweise auch sein bester Freund. Als statt seiner jemand anders erschien, weckte dies sofort sein Misstrauen. Der echte Wächter wusste auf Anhieb, dass irgendetwas nicht stimmte.
»Wer bist du?«, fragte der Wächter mit lauter Stimme auf Arabisch.
Hali Kasim hörte die Frage und wusste, dass nun die Probleme begannen. Der Wächter griff nach einer Trillerpfeife, die er an einer Schnur um den Hals trug. Doch ehe er hineinblasen konnte, rang ihn der falsche Wächter zu Boden.
»Jeder kann jetzt tun, was er für richtig hält!«, brüllte Hali Kasim seinen Männern zu. »Nur darf niemand entkommen.«
Hali Kasim, die restlichen drei falschen Wächter und die vier anderen Männer verließen ihre Verstecke und rannten über den Hof auf die Kaaba zu. Schnell zogen sie zwei weitere Wächter aus dem Verkehr, aber einer riss sich los und flüchtete zum Tor.
Kasim verfolgte ihn sofort, aber der Wächter war schnell. Er hatte den Hof überquert und schon fast den Torbogen, der nach draußen führte, erreicht, als einer der Männer, die nach versteckten Bomben suchten, aus dem Schatten trat und ihn mit einer reflexartigen Armbewegung von den Beinen riss.
Der Wächter landete auf den Steinboden und verabschiedete sich ins Land der Träume. Ein dünner Blutfaden sickerte von seinem Hinterkopf auf die Marmorplatten.
»Schleift ihn ins Wächterhaus«, befahl Kasim, als er herüberkam, »und wickelt ihm etwas um den Kopf.«
Zwei Männer packten den bewusstlosen Wächter unter den Achselhöhlen und brachten ihn fort.
Hali Kasim kehrte eilig zur Kaaba zurück, überzeugte sich, dass die falschen Wächter ihre vorgeschriebenen Positionen einnahmen, und half dann, die echten Wächter ins Wächterhaus zu bringen. Danach warf er einen Blick auf seine Armbanduhr. Sie zeigte 2:08 Uhr. Daraufhin begab sich Kasim zum Eingang der Moschee, um auf den CIA-Agenten zu warten. Dieser traf kurz darauf mit dem Suburban ein. Er stieg aus, stellte einen Karton mit den chemischen Detektoren ab und holte den Behälter mit dem Stein Abrahams vom Rücksitz.
»Ich bin Kasim, geben Sie mir den Stein.«
Der Agent zögerte. »Ich bin Muslim«, drängte Kasim, »her mit dem Stein.«
Der Agent reichte Kasim den Karton.
»Bringen Sie die Detektoren hinein und geben Sie sie dem ersten Mann, den Sie treffen«, erklärte Kasim. »Anschließend verschwinden Sie von hier. Das Ganze wird nicht so glatt laufen, wie wir es geplant haben.«
»Okay«, sagte der Agent.
Kasim, den Behälter mit dem Stein unterm Arm und dem CIA-Agenten im Schlepptau, kehrte in den Innenhof der Moschee zurück. Der Agent übergab einem von Kasims Männern den Behälter mit den chemischen Detektoren und verfolgte, wie Kasim den Hof überquerte und hinter dem Vorhang verschwand, der die Kaaba verbarg. Dann verließ er die Moschee und stieg in den Suburban, der kurz darauf mit quietschenden Reifen in der Dunkelheit untertauchte.
Sobald er sich auf der anderen Seite des Vorhangs befand, überkam Kasim ein Gefühl des Friedens und der Ruhe. Die wechselvolle Geschichte des Heiligtums teilte sich ihm fast körperlich mit. Für einen kurzen Moment regte sich in ihm die Hoffnung, es möge noch nicht alles verloren sein. Ein einzelner Scheinwerfer beleuchtete die silberne Einfassung der Nische im schwarzen Block der Kaaba, in der jetzt noch der auf Grönland gefundene Meteorit ruhte.
Kasim setzte den Karton mit dem Stein Abrahams ab und zerschnitt mit seinem Taschenmesser die Verpackung. Er richtete sich auf, nahm den Grönland-Stein aus der Nische und legte ihn neben den Karton. Dann hob er den Stein Abrahams vorsichtig aus seinem Behältnis.
Behutsam und andächtig trug er ihn zurück auf seinen angestammten Platz.
Dann trat Hali Kasim zurück, murmelte ein kurzes Gebet und deponierte den Grönland-Stein im Karton. Nun tauchte er unter dem Vorhang auf und brachte den Karton zum Wächterhaus. Inzwischen durchsuchten seine restlichen Männer die Moschee mit Hilfe der Detektoren. Er nutzte diese Zeit, um zu telefonieren.
Skutter saß auf dem Beifahrersitz des Lieferwagens. Seine Leute hatten es sich im Laderaum bequem gemacht. Da klingelte das Telefon.
»Wir beobachten euch von oben«, meldete Max Hanley. »Unsere Pläne haben sich ein wenig geändert – ihr braucht nicht nach Jeddah zu fahren. Wir holen euch schon vorher raus.«
Auf der Oregonbeobachtete Hanley das von einem Satelliten übermittelte Infrarotbild des Lieferwagens auf seiner Fahrt nach Süden. »Fahren Sie noch etwa zehn Kilometer weiter«, gab Hanley durch, »und halten Sie an. Dicht vor der Küste liegt ein Schiff. Sie schicken gleich eine Barkasse an Land, um Sie aus der Bucht zu holen. Schaffen Sie Ihre Männer an Bord, Captain Skutter, und dann sind wir am Zug.«
»Wie viele Sprengsätze haben Hali und sein Team gefunden?«, wollte Eric Stone wissen.
»Fünf«, sagte Hanley.
»Weißt du, Max, ich würde empfehlen, den Rest den Saudis zu überlassen. Ich habe soeben einen Anruf von der Frau eines der Wächter abgefangen. Sie hat sich bei der örtlichen Polizei erkundigt, warum ihr Mann noch nicht zu Hause eingetroffen ist.«
»Es ist erst zwanzig nach zwei!«, schimpfte Hanley.
»Frauen«, stieß Eric Stone kopfschüttelnd aus. »Manchmal können sie einem das Leben verdammt schwer machen.«
Hanley griff nach seinem Telefon.
Kasim war soeben im Begriff, einen C-6-Sprengsatz zu entschärfen, als sein Mobiltelefon vibrierte.
»Zieht euch sofort zurück!«, befahl Hanley.
»Wir haben noch nicht alle –«, wollte Kasim widersprechen.