Текст книги "Todesschrein"
Автор книги: Clive Cussler
Соавторы: Graig Dirgo
Жанр:
Триллеры
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14
Juan Cabrillo lenkte die Schneekatze durch die Dunkelheit, während die Lampen auf ihrem Dach einen schmalen Weg durch dieses Meer aus Weiß schnitten. Fünf Stunden und achtzig Kilometer nördlich von Kulusuk gewöhnte er sich allmählich an seine Situation. Die Geräusche, die die Pistenraupe von sich gab, waren ihm anfangs chaotisch vorgekommen, und er hatte sie nicht voneinander unterscheiden können. Doch nun entwickelten sie eine eigene Identität. Er konnte das Pulsieren des Motors spüren, hörte das Rumpeln der Ketten und das Ächzen des Fahrgestells. Und er orientierte sich an diesen Geräuschen, um sein Vordringen zu berechnen. Sie verrieten ihm, ebenso wie die Vibrationen, wenn die Schneekatze bergauf fuhr. Das Rumpeln oder Quietschen der Ketten deutete auf die Art von Oberfläche hin, auf der der Raupenschlepper jeweils gerade unterwegs war.
Nach und nach verschmolz Cabrillo mit seinem Fahrzeug.
Zwanzig Minuten zuvor hatte er die Pistenraupe zum ersten Mal auf den massiven Eispanzer gelenkt, der den größten Teil Grönlands bedeckte. Nun, indem er sich an Campbells Landkarten und detaillierte Hinweise hielt, bugsierte er die Thiokol Spryte durch eine ganze Reihe mit Eis angefüllter Senken. Wenn alles nach Plan ging, würde er den Mount Forel etwa um die isländische Frühstückszeit erreichen. Dann konnte er sich den Meteoriten holen, ihn in seine Schneekatze laden, nach Kulusuk zurückfahren und sich dort mitsamt der Kugel vom Hubschrauber der Oregonabholen lassen. In ein paar Tagen hätten sie ihr Honorar auf dem Konto, und alles wäre vorbei und erledigt.
Zumindest war es so geplant – kurze Anfahrt, Auftrag ausführen und ab nach Hause.
Cabrillo spürte, wie das vordere Ende des Raupenfahrzeugs plötzlich leichter wurde, und schaltete die Ketten gerade noch rechtzeitig auf Rückwärtsfahrt. Die Thiokol blieb auf der Stelle stehen, dann setzte sie unter lautem Motorenlärm schnell zurück. Seit dem Start in Kulusuk war die Fahrt reibungslos verlaufen. Dennoch ließ sich eine derartig unwirtliche Wildnis nur höchst selten so problemlos durchqueren, und hätte Cabrillo nicht sofort angehalten und wäre rückwärts gefahren, so wären er und die Thiokol nur wenige Sekunden später auf dem Grund einer breiten Spalte im Eis gelandet.
Sobald er sich in sicherer Entfernung von der Spalte befand, schlüpfte Cabrillo in seinen Parka und kletterte aus dem Führerhaus. Er streckte sich und justierte die Lampen, dann ging er ein Stück in Fahrtrichtung und blickte in die Schlucht. Die massiven Eiswände schimmerten im Licht der Lampen blau und grün.
Während er den gegenüberliegenden Rand ins Auge fasste, schätzte er die Breite der Spalte auf vier Meter. Wie tief sie war, bis die Seitenwände zusammenliefen und sich schlossen, ließ sich in dieser Position nicht entscheiden. Er zog die Kapuze seines Parka zum Schutz vor dem heulenden Wind zu. Nur ein paar Schritte weiter, und die Schneekatze wäre in die Schlucht gekippt und abgestürzt, bis die Spalte zu eng geworden und sie kopfüber zwischen den Eiswänden eingeklemmt worden wäre. Selbst wenn Cabrillo den Absturz überlebt hätte, wäre sein Schicksal wahrscheinlich besiegelt gewesen, da er nicht aus dem Führerhaus herausgekommen wäre. Er wäre erfroren, ehe ihn jemand hätte finden geschweige denn retten können.
Während ihn diese Erkenntnis erschauern ließ, ging Cabrillo zur Thiokol zurück, kletterte ins Führerhaus und sah auf die Uhr. Es war jetzt fünf Uhr morgens, doch immer noch so dunkel wie den ganzen Abend zuvor. Er zog die Landkarte zu Rate, dann nahm er seinen Stechzirkel zur Hand und maß die Entfernung bis zum Mount Forel. Gut fünfzig Kilometer und drei Stunden Fahrt lagen noch vor ihm. Er ergriff das Satellitentelefon und wählte Campbells Nummer. Zu seiner Überraschung brauchte er nur einen einzigen Rufton lang zu warten.
»Ja, was ist?«, fragte Woody Campbell mit klarer, deutlicher und wacher Stimme.
»Ich wäre gerade beinahe in einer Spalte gelandet.«
»Geben Sie mir Ihre GPS-Zahlen«, verlangte Campbell.
Cabrillo las sie laut ab und wartete, während sich Campbell mit seiner Landkarte von Kulusuk beschäftigte.
»Sieht so aus, als seien Sie vor etwa zwei Kilometern falsch abgebogen«, erklärte er ihm, »und zwar sind Sie nach links statt nach rechts gefahren. Sie stehen jetzt vor dem Nunuk-Gletscher. Kehren Sie um und folgen Sie dem Rand des Gletschers. Dabei überqueren sie eine kleine Anhöhe und erreichen dann tiefer gelegenes Gelände. Von dort aus sollten Sie den Forel sehen können, wenn es draußen klar und nicht stockdunkel wäre.«
»Sind Sie sicher?«, fragte Cabrillo.
»Hundert pro. Ich war früher schon mal in der Schlucht – das ist eine Sackgasse.«
»Etwa zwei Kilometer zurück und dann nach links«, rekapitulierte Cabrillo.
»Für Sie bedeutet es, nach rechts abzubiegen«, korrigierte Campbell eilig, »Sie haben nämlich die Richtung geändert.«
»Und dann folge ich dem Gletscherrand?«
»Ja, aber im Augenblick, während Sie ohnehin stehen, sollten Sie aussteigen und die Lampe auf der Fahrerseite zur Seite drehen. Auf diese Weise können Sie den Gletscherrand ständig beobachten, sobald Sie ihn erreichen. Wenn das Licht reflektiert wird, sieht es aus wie Jade oder Saphire – schauen Sie gelegentlich dorthin, um abzuschätzen, wie weit Sie gekommen sind. Sobald der Gletscherrand zurückweicht, erreichen Sie einen Bergrücken, und danach geht es wieder abwärts. Das bedeutet gleichzeitig, dass Sie den Nunuk-Gletscher hinter sich lassen. Danach haben Sie die Flanke des Mount Forel vor sich. Sie ist ziemlich steil, aber die Thiokol schafft den Aufstieg – ich bin’s mit dem guten Stück früher schon mal gefahren.«
»Danke«, sagte Cabrillo. »Meinen Sie, Sie könnten noch ein paar weitere Stunden durchhalten, falls ich Sie brauche? Ich meine nüchtern und halbwegs wach?«
»Ich trinke gerade genug, um einigermaßen fit und am Ball zu bleiben«, sagte Woody Campbell. »Und bin da, wenn Sie mich brauchen.«
»Gut«, meldete sich Cabrillo ab und schaltete das Telefon aus.
Er verließ abermals das Führerhaus der Thiokol und richtete die Lampe zur Seite. Dann stieg er wieder ein, schaltete in den ersten Gang und wendete die Schneekatze um 180 Grad auf der Stelle. Langsam tastete er sich vorwärts, erreichte nach ein paar Metern den Rand des Gletschers und folgte ihm.
Der Mount Forel war nicht mehr weit entfernt, doch bei dem Schneetreiben und in der Dunkelheit blieb er seinem Blick noch immer verborgen.
Cabrillo musste den Berg erreichen und ihm sein Geheimnis entlocken. Aber da war noch jemand anders mit der gleichen Absicht – und der hielt sich nicht an die gleichen Fair-play-Regeln wie die Corporation. Es war klar, dass sie beide irgendwann zusammenstoßen würden.
Dem Emir blieb nicht verborgen, dass der Helikopter in der Luft abbremste, als sich Al-Khalifa dem Heck der Akbarnäherte und die Maschine behutsam auf dem Landefeld aufsetzte. Sobald Matrosen die Gleitkufen mit Ketten gesichert hatten und die Rotorblätter zusammengeschoben worden waren, umrundete Al-Khalifa die Maschine, entriegelte die Tür und schleifte seinen Gefangenen in den Hauptsalon. Die Augen des Emirs waren noch immer zugeklebt, doch er konnte ungefähr ein halbes Dutzend arabische Stimmen ausmachen. In der Luft im Salon lag der Geruch nach Schießpulver, Öl und einem seltsamen süßen Mandelaroma.
Nachdem er eine kurze Treppe zu einem tiefer gelegenen Deck hinuntergeschafft worden war, wurde der Emir unsanft auf ein Bett geworfen und mit dickem Klebeband an Händen und Füßen gefesselt. Er lag wie ein schlachtreifes Huhn auf dem Rücken. Der Emir hörte, wie Al-Khalifa befahl, vor der Tür einen Wachtposten aufzustellen. Dann war er allein und konnte seinen Gedanken über sein nun ungewisses Schicksal nachhängen.
Abgesehen davon, dass sein Gesicht wegen der Hitze in der Kabine zu schwitzen begonnen hatte, war der Mann allerdings nicht allzusehr besorgt. Wenn Al-Khalifa vorhatte, ihn zu töten, hätte er es längst getan. Das war das eine, und außerdem wusste er, dass ihn seine Freunde in der Corporation schon bald finden würden. Wenn er sich nur die Nase unter der Plastikfolie kratzen könnte – er würde sich um einiges besser fühlen.
»Montiert die Abschussvorrichtung«, befahl Al-Khalifa, während er in den Hauptsalon zurückkehrte. »Ich muss so bald wie möglich zum Berg fliegen.«
Vier von den Männern gingen hinaus und begannen mit der Arbeit. Die Montage ging nur sehr langsam vonstatten – Wind, Regen und Schnee peitschten über das Deck der Akbar.Doch die Männer waren bestens ausgebildet und ließen sich nicht so leicht unterkriegen. Knapp eine halbe Stunde später kam ihr Anführer wieder herein und wischte sich die Schneebrille ab.
»Der Raketenwerfer ist einsatzbereit«, sagte er zu Al-Khalifa.
»Hol die Männer rein. Sie sollen zum Tisch kommen.«
Die Terroristenteams nahmen auf den Stühlen an dem langen Tisch Platz. Die Versammlung bestand aus einer Vereinigung von Mördern und Schlägern. Sie sahen Al-Khalifa erwartungsvoll an.
»Allah hat uns wieder belohnt«, begann Al-Khalifa. »Wie ihr mit eigenen Augen sehen konntet, habe ich den Emir, der mein Land regiert, diesen Lakaien des Westens, in meine Gewalt gebracht und eingesperrt. Schon bald werde ich den Thron besteigen. Hinzu kommt, dass mich ein westlicher Verräter auf den Fundort einer Kugel aus Iridium aufmerksam gemacht hat, die wir in Verbindung mit der Bombe, die für London bestimmt ist, einsetzen können. Wenn ich dieses Iridium in meinen Besitz bringen kann, wird es die vernichtende Wirkung der Bombe mindestens um das Hundertfache steigern.«
»Allah sei gepriesen!«, riefen die Männer am Tisch spontan.
»Im Augenblick ist die Akbarzur Ostküste Grönlands unterwegs«, fuhr Al-Khalifa siegessicher fort. »In ein paar Stunden, wenn wir dort eintreffen, fliege ich mit dem Helikopter los und hole das Iridium. Sobald ich wieder zurück bin, nehmen wir Kurs auf England – und der Abschluss unserer Mission steht bevor.«
»Es gibt nur einen Gott, und dieser Gott ist Allah!«, riefen die Versammelten.
»All jene, die ihren Dienst versehen haben, sollten sich jetzt ausruhen«, sagte Al-Khalifa. »Jeder muss hellwach sein, wenn wir England erreichen. Schon bald werden all jene, die Allah missachten, unseren Zorn zu spüren bekommen.«
»Allah ist groß!«, riefen die Männer.
Die Versammlung löste sich auf, Al-Khalifa verließ den Raum und schlenderte zu seiner Kabine hinunter. Er würde ein paar Stunden schlafen. Er hatte keine Ahnung, dass er nur noch einmal die Augen aufschlagen sollte, ehe der endgültige, der große Schlaf über ihn käme.
15
Im Hotel Kangerlussuaq, dreizehnhundert Meilen weit entfernt, beendete Clay Hughes sein Frühstück aus Speck, Eiern, gebratenem Hackfleisch und Toast sowie einer großen Kanne Kaffee. Michael Neilsen kam an seinen Tisch.
»Sind Sie so weit, dass wir starten können?«, fragte Hughes und erhob sich.
»Das Wetter hat sich nicht sonderlich gebessert«, antwortete Neilsen, »aber ich würde es glatt versuchen, wenn Sie wollen. Was meinen Sie?«
»Brechen wir auf«, entschied Hughes.
»An Ihrer Stelle«, sagte Neilsen, »würde ich mir im Hotel etwas zu essen einpacken lassen – falls wir da draußen stranden, dürfte es einige Zeit dauern, bis Hilfe kommt.«
»Ich bestelle einen Teller Sandwiches und zwei Thermosflaschen Kaffee«, sagte Hughes. »Fällt Ihnen sonst noch was ein, das wir brauchen können?«
»Nur eine Portion Glück«, sagte Neilsen nach einem prüfenden Blick nach draußen.
»Ich hole die Verpflegung und komme gleich zum Hubschrauber.«
»Ich halte mich bereit«, sagte Neilsen und entfernte sich.
Eine Viertelstunde später hob der EC-130B4 von der verschneiten Rollbahn ab und ging auf Kurs nach Osten. Die Wolkendecke zeigte einen gelblichen Schimmer, der von dem schwachen Sonnenlicht herrührte, das die Dämmerung zu durchdringen versuchte. Dennoch war es so düster und trist wie ein böses Omen.
Die Stunden verstrichen, während der Eurocopter hoch über der Schneewüste seinem Ziel entgegeneilte.
Die Thiokol stoppte, und Cabrillo studierte die Landkarte. Er schätzte, dass er bis zur Höhle am Mount Forel nicht länger als eine Stunde brauchen würde. Als er sich vom Gletscher entfernte, hatte er feststellen können, dass sein Satellitentelefon wieder ein Signal empfing. Er gab die entsprechende Kurzwahlnummer ein und rief die Oregon.
»Wir haben die ganze Zeit versucht, dich zu erreichen«, berichtete Hanley, kaum dass er sich gemeldet hatte. »Heute Nacht wurde der Emir entführt.«
»Entführt«, wiederholte Juan Cabrillo verblüfft, »ich dachte, wir hätten die Situation unter Kontrolle.«
»Sie haben sich unseren Mann geholt«, sagte Hanley, »und wir haben bisher weder von ihm noch von seinen Entführern irgendein Lebenszeichen aufgefangen.«
»Habt ihr eine Idee, wo sie ihn hingebracht haben?«
»Wir arbeiten daran.«
»Holt bloß unseren Mann zurück«, sagte Cabrillo.
»Klar doch.«
»Ich bin fast am Ziel«, sagte Cabrillo. »Ich erledige diese Angelegenheit und sehe dann zu, dass ich von hier verschwinde. Inzwischen könnt ihr euch darum kümmern, mir eine schnellere Transportmöglichkeit nach Hause zu suchen.«
»Wir tun unser Bestes, Juan«, versprach Hanley.
Cabrillo unterbrach die Verbindung und legte das Telefon auf den Beifahrersitz.
Zur gleichen Zeit, als Juan Cabrillo die Bergflanke des Mount Forel in Angriff nahm, fegte ein Angestellter des Reykjavik International Airport Schnee von einer Rampe, die in eine private 737 hinaufführte. Zusätzliche Generatoren versorgten die Maschine auf beiden Seiten mit Wärme und elektrischem Strom. Das Innere des Jets war so hell erleuchtet wie eine Tanzhalle, und das Licht drang durch die Fenster in die draußen herrschende Dämmerung.
Als der Pilot aus dem Cockpitfenster schaute, gewahrte er eine schwarze Limousine, die über die Rollbahn kurvte und am Fuß der Rampe vorfuhr. Vier Personen stiegen hinten aus. Zwei eilten schnell die Stufen hinauf, während die beiden anderen die Blicke übers Flughafengelände schweifen ließen, um sich zu vergewissern, dass sie nicht beobachtet wurden. Als ihnen nichts Derartiges auffiel, rannten auch sie die Treppe hinauf und schlossen die Tür des Jets hinter sich.
Ein Angehöriger des Bodenpersonals trennte die Dieselgeneratoren von der 737, schob dann die Rampe zurück und wartete ab, während der Pilot die Triebwerke startete. Nachdem er den Tower um die Starterlaubnis gebeten hatte, rollte er mit der Maschine hinaus zur Startbahn und brachte sie in Position. Eine Zwischenlandung in Spanien – zum Auftanken – eingerechnet, würden sie ihr Ziel in vierzehn Stunden erreichen.
Sobald die Maschine abgehoben hatte, neigte der Mann vom Bodenpersonal den Kopf zu dem kleinen Mikrofon, das an seinem Parka neben der Kapuze befestigt war.
»Sie sind gestartet«, war alles, was er sagte.
»Verstanden«, antwortete Hanley.
Seit seinem Gespräch mit Hanley hatte Cabrillo die Schneekatze fast eine Stunde lang bergauf gesteuert. Er hielt an, schloss sorgfältig seinen Parka und verließ das Führerhaus. Nachdem er die Lampen auf dem Dach so ausgerichtet hatte, dass er die Bergflanke überblicken konnte, stapfte er nach vorne, um vom Kühlergrill Eis zu schlagen. Er war gerade im Begriff, wieder einzusteigen, als er glaubte, in der Ferne ein dumpfes Dröhnen zu hören. Er griff ins Führerhaus, drehte den Zündschlüssel um und brachte den Motor der Thiokol zum Verstummen. Dann lauschte er noch einmal.
Das Geräusch wurde vom Wind getragen, brandete auf und flaute wieder ab. Schließlich konnte Cabrillo es identifizieren, daraufhin kletterte er in die Führerkanzel der Raupe und angelte sich das Telefon vom Beifahrersitz.
»Max«, sagte er hastig, »hier ist gerade ein Helikopter im Anflug. Hast du jemanden losgeschickt?«
»Ganz sicher nicht, Juan«, antwortete Hanley. »Was deinen schnelleren Transport betrifft, daran arbeiten wir noch.«
»Kannst du irgendwie in Erfahrung bringen, was hier los ist?«
»Ich versuche mal, mich in einen DOD-Satelliten zu hängen und rauszukriegen, wer es ist. Aber das kann fünfzehn bis zwanzig Minuten dauern.«
»Ich würde schon gerne wissen, wer da meine Party stören will«, sagte Cabrillo.
»Was wir bisher haben feststellen können, ist, dass sich ganz in deiner Nähe eine unbemannte Radarstation der Air Force befindet«, sagte Hanley. »Vielleicht wird sie noch in irgendeiner Form benutzt – und die Air Force hat jemanden losgeschickt, um Reparaturen durchzuführen oder etwas in dieser Richtung.«
»Seht mal zu, was ihr rauskriegen könnt«, sagte Cabrillo, während er den Zündschlüssel umdrehte und den Motor anließ. »Ich schätze, ich werde gleich bei der Höhle sein.«
»Wir gehen der Sache auf den Grund«, versprach Hanley.
Indem er den Schnee mit Hilfe eines Schlittens platt gewalzt hatte und mit ungefähr einem Dutzend Kool-Aid-Getränkekartons war es Ackerman gelungen, auf einer kleinen Hochebene nur siebzig Meter vom unteren Höhleneingang entfernt einen Landeplatz zu schaffen und mit einem großen X zu markieren. Stolz betrachtete er sein Werk. Eigentlich sollte der Helikopter darauf landen können, ohne den Berg mit den Rotorblättern zu streifen. Es war nicht ungefährlich, doch es war das Beste, was man auf der Flanke eines Berges zustande bringen konnte.
Er zog sich in den Höhleneingang zurück und beobachtete, wie sich der Hubschrauber dem Landeplatz näherte, kurz darüber verharrte und dann aufsetzte. Der Rotor wurde langsamer, blieb dann stehen, und ein Mann stieg aus der Führerkanzel.
Durch das offene Fenster hörte Cabrillo den Helikopter landen, hatte jedoch wegen des Schneetreibens und der herrschenden Dunkelheit nicht beobachten können, wie er aufsetzte. Jedenfalls befand er sich in nächster Nähe – wenigstens das wusste er mit Sicherheit. Er wickelte Nylongamaschen um die Beine seiner Daunenhose und holte ein Paar Schneeschuhe von der Ladepritsche. Mit seinen Stiefeln schlüpfte er in die Bindungen und befestigte sie. Dann nahm er den Pappkarton von der Ladefläche. Darin befand sich die Attrappe, die Kevin Nixon, das technische Genie der Corporation, gebastelt hatte.
Nun brauchte er nur noch unbemerkt in die Höhle einzudringen und den Austausch vorzunehmen.
»Der Boss hat mich hergeschickt«, sagte Clay Hughes zu John Ackerman, nachdem er zum Höhleneingang hochgestiegen war, »damit ich mir Ihren Fund ansehe.«
Ackerman lächelte voller Stolz. »Es ist ein Prachtstück«, sagte er, »höchstwahrscheinlich die bedeutendste archäologische Entdeckung dieses Jahrhunderts.«
»So viel habe ich auch schon gehört«, sagte Hughes und drang in die Höhle vor. »Und ich bin hier, um dafür zu sorgen, dass Sie angemessen belohnt werden.«
Ackerman hielt eine bereits brennende Laterne hoch und war schon dabei, Hughes in die Höhle zu führen.
»Sehe ich es richtig, dass Sie für die Public Relations zuständig sind?«
»Dafür und für andere Bereiche«, entgegnete Hughes bewusst vage und blieb unter der Öffnung in der Höhlendecke stehen. Ein paar Tage zuvor hatte Ackerman die Holzleiter aus der oberen Höhle herangeschafft und sie durch die Öffnung heruntergelassen. Sie erleichterte den Zugang.
»Wir sollten raufsteigen, damit ich Sie herumführen kann«, schlug Ackerman vor.
Die beiden Männer kletterten in die obere Höhle hinauf.
Clay Hughes spielte seine Rolle weiter, während Ackerman wortreich von dem sensationellen Fund berichtete. In Wahrheit hatte er aber nur einen einzigen Plan. Sobald er diesen ausgeführt hätte, würde er umgehend verschwinden.
Juan Cabrillo stapfte suchend auf der Bergflanke umher, bis er auf eine Stelle stieß, wo der Schnee teilweise geschmolzen war. Er bückte sich und entdeckte eine kleine Öffnung im Berghang, die durch zahlreiche Steine markiert war, die im Schnee lagen und aussahen, als seien sie durch den Eingang hinausgeworfen worden. Warme Luft drang aus dem Innern des Berges heraus und taute den Schnee in der Nähe der Öffnung. Nachdem er das Geröll so weit weggeräumt hatte, dass er in den Berg eindringen konnte, gelangte er in den Gang der oberen Höhle, wobei er den Karton hinter sich her zog.
Er stellte fest, dass er hier aufrecht stehen konnte.
Sofort marschierte er los, um in Erfahrung zu bringen, wohin dieser Gang führte.
Eiskalt, wie er war, fand Hughes die Höhle und den Saal im Innern des Berges trotzdem beeindruckend. Ackerman stand neben dem Meteoriten auf seinem Altar und streckte wie der Quizmaster einer Fernsehshow die Arme aus, als wolle er den Kandidaten und Zuschauern den ersten Preis präsentieren.
»Wunderschön, nicht wahr?«, schwärmte er.
Hughes nickte, dann holte er einen tragbaren Geigerzähler aus der Tasche. Er schaltete ihn ein und hielt ihn an den Meteoriten. Die Werte, die er aufzeichnete, lagen weit außerhalb der Messskala. Zwei Stunden lang dieser Strahlung ausgesetzt, und er wäre verseucht und würde schwere Schäden davontragen. Er begriff, dass er den Fund für die Rückkehr nach Kangerlussuaq sorgfältig abschirmen müsste.
»Haben Sie viel Zeit in nächster Nähe dieses Objekts zugebracht?«, wollte Hughes von Ackerman wissen.
»Ich hab das Ding von allen Seiten untersucht«, antwortete Ackerman.
»Haben Sie sich danach irgendwie schlecht gefühlt? Sind Ihnen irgendwelche Veränderungen bei sich aufgefallen?«
»Ich hatte mehrmals Nasenbluten«, gab Ackerman zu. »Doch das lag wohl an der trockenen Luft in der Höhle.«
»Ich denke, Sie leiden unter einer leichten Strahlenkrankheit«, sagte Hughes. »Ich muss wohl erst mal zum Hubschrauber zurück, um etwas zu holen, womit man dieses Ding wirkungsvoll abschirmen kann.«
Cabrillo eilte durch den Höhlengang in Richtung der Stimmen. Hinter einer großen Steinformation ging er in Deckung und lauschte den beiden Männern.
»Ich muss wohl erst mal zum Hubschrauber zurück, um etwas zu holen, womit man dieses Ding wirkungsvoll abschirmen kann«, sagte einer von ihnen gerade. Er hörte, wie sich die beiden Männer entfernten, und dann wurde es in der Höhle dunkel. Gespannt wartete er ab, was als Nächstes geschehen würde.
»Warten Sie hier«, sagte Hughes, als sie den Eingang der unteren Höhle erreichten.
Ackerman verfolgte, wie Hughes den Berghang hinunterging, neben dem Hubschrauber stehen blieb und die hintere Tür öffnete.
»Ich bin in ein paar Minuten zurück«, sagte er zu Neilsen, während er den Kasten vom Rücksitz nahm, »dann können wir sofort wieder aufbrechen.«
»Mir nur recht«, erwiderte Neilsen und deutete mit einem Kopfnicken auf das dichte Schneetreiben.
Hughes kletterte mit dem Kasten unterm Arm zum Höhleneingang hinauf. Während er die Höhle betrat, nickte er Ackerman zu. »Ich habe was mitgebracht, das Ihre Beschwerden ein wenig lindert«, sagte er. »Ich gebe es Ihnen gleich.«
Cabrillo wartete eine Minute, bis er sicher sein konnte, dass er allein war, dann holte er einen Plastikbeutel aus der Tasche und riss ihn am oberen Ende auf. Er entnahm ihm eine längliche Röhre, die er in der Mitte knickte, als wolle er französisches Weißbrot durchbrechen, und sofort begann die Röhre zu leuchten. Mit Hilfe dieser Lichtquelle, die ihm half, seine Umgebung zu erkennen und sich in der Dunkelheit zurechtzufinden, ging er langsam auf den Meteoriten zu. Er hatte den Altar schon fast erreicht, als er hörte, wie ein Schuss fiel.
Schnell griff er in eine andere Tasche seines Overalls, förderte ein in Folie eingeschweißtes Päckchen zutage, riss mit den Zähnen den oberen Rand ab und streute den Inhalt auf den Meteoriten. Dann, als schnelle Schritte näher kamen, huschte er hinter einen Felsvorsprung in der Nähe und verstaute das grün schimmernde Knicklicht in einer Tasche.
Ein hoch gewachsener Mann mit einer Laterne in der Hand ging zum Altar, hob den Meteoriten an und legte ihn in einen Kasten. Cabrillo hatte das Gewehr in der Schneekatze zurückgelassen, daher gab es nichts, was er im Augenblick tun konnte. Er musste versuchen, irgendwo im Innern der Höhle den Meteoriten in seinen Besitz zu bringen.
Indem er den Griff der Laterne zwischen die Zähne nahm, schleppte der Mann den Kasten hinaus.
Cabrillo wartete, bis das Licht der Laterne nicht mehr zu sehen war, dann benutzte er wieder seine chemische Lichtquelle, um dem Fremden durch den Höhlengang zu folgen. Er vermutete, dass die Männer den Meteoriten irgendwo anders untersuchen würden, und beschloss, aktiv zu werden, wenn er die Männer fände.
Dann prallte er gegen die Leiter und stürzte beinahe in die Öffnung im Höhlenboden.
Cabrillo lauschte aufmerksam auf eine Reaktion, die ihm anzeigte, dass sie das Geräusch gehört hatten, doch als sich nichts rührte, stieg er die Leiter hinunter. Unten angekommen, trat er auf Ackermans Körper.