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Todesschrein
  • Текст добавлен: 7 октября 2016, 11:02

Текст книги "Todesschrein"


Автор книги: Clive Cussler


Соавторы: Graig Dirgo

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Триллеры


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49

Selbst in einem Land, das so tief in Traditionen verwurzelt ist wie Saudi-Arabien, schaffte es die moderne Welt, die Vergangenheit zu verdrängen. Die Moschee des Propheten in Medina war ein Beispiel dafür. Ein umfangreiches Bauvorhaben, 1985 begonnen und 1992 abgeschlossen, vergrößerte die Anlage beträchtlich und brachte sie auf den neuesten Stand. Das Gelände wuchs um das Fünfzehnfache und maß schließlich ungefähr 600000 Quadratmeter. Die zusätzlich gewonnene Grundfläche bietet insgesamt einer Dreiviertelmillion Besuchern Platz. Drei neue Gebäude wurden hinzugefügt sowie ein riesiger Innenhof aus Marmor, der mit geometrischen Mustern verziert ist. Siebenundzwanzig zusätzliche Versammlungshöfe, versehen mit raffinierten – bei Bedarf verschiebbaren – Kuppeln, sowie zwei weitere große Betplätze, ausgestattet mit sechs mechanischen Schirmen, die je nach Wetterlage geöffnet oder geschlossen werden können, bestimmen jetzt die Silhouette der Pilgerstätte.

Sechs Minarette, jedes einhundertwanzig Meter hoch und mit einem riesigen Halbmond aus Messing gekrönt, der etwa fünf Tonnen wiegt, bilden einen imposanten neuen äußeren Ring um die heilige Stätte. Verschiedene Bereiche wurden mit goldenen Ornamenten und prachtvollen Wandkacheln verziert, Scheinwerfer und indirekte Beleuchtung illuminieren die zahlreichen architektonischen Feinheiten.

Die technischen Einrichtungen wurden gründlich überarbeitet. Man hat Rolltreppen installiert, um die Pilger in die oberen Etagen zu transportieren, außerdem wurde eine gigantische Klimaanlage gebaut. Das Kühlsystem, eines der größten und leistungsfähigsten, die je konstruiert wurden, pumpt mittlerweile siebzehntausend Gallonen gekühltes Wasser pro Minute durch ein Leitungsnetz, das unter der untersten Etage angelegt worden war.

Das gesamte System wird von einem Kontrollzentrum gesteuert, das gut sechs Kilometer von der Moschee entfernt ist.

Der Umbau der Moschee des Propheten und die Neubauten in der Umgebung der Kaaba hatten die saudi-arabische Regierung schätzungsweise zwanzig Milliarden Dollar gekostet. Das Unternehmen, das im Wesentlichen die Bauvorhaben an der Moschee des Propheten ausführte, war eine Firma, die damals wie heute von der Familie Osama bin Ladens kontrolliert wird.

Der Anführer der indischen Söldnertruppe betrachtete zum soundsovielten Mal die Lagepläne. Ehe er in Rabigh an Bord des Schiffes gegangen war, hatte Hickman unmissverständlich klar gemacht, dass das Grab Mohammeds in der Moschee des Propheten zerstört werden solle. Die Tatsache, dass bin Laden vom Umbau profitiert hatte, ärgerte ihn maßlos – Hickman wollte sein Werk vom Antlitz des Planeten tilgen.

Ein Bonus in zehnfacher Höhe des vereinbarten Honorars erwartete die Hindus, wenn sie die Operation erfolgreich abschlossen.

Bisher hatten sie eine Million Dollar in Gold erhalten – in ihrer Heimat eine Riesensumme. Selbst unter zwölf Männern aufgeteilt, reichte es für jeden von ihnen, in Zukunft ein recht komfortables Leben führen zu können. Die zusätzlichen zehn Millionen, die ihnen versprochen worden waren, würden sie geradezu steinreich machen.

Dazu brauchten sie nichts anderes zu tun, als bis nach Medina zu gelangen und sich in die unterirdischen Tunnel zu schleichen, wo die Leitungen mit dem gekühlten Wasser unter der Moschee verliefen. Sie müssten die Sprengladungen an den Stellen anbringen, die in den Lageplänen eingezeichnet waren, und dann nach Rabigh zurückkehren, wo Hickman ein anderes Schiff liegen hatte, um sie über das Rote Meer nach Port Sudan in Ägypten zurückbringen zu lassen.

Dort wartete dann ein Jet mit dem Gold und mehreren Wächtern. Sie würden die nächsten drei Tage in Port Sudan bleiben. Sobald die Moschee des Propheten am Morgen des 10. Januar, also zu Beginn des Haddsch, in Schutt und Asche läge, würde der Jet sie zusammen mit ihrem Gold nach Indien ausfliegen. Die Erledigung des Auftrags abzuwarten, ehe die letzte Rate bezahlt wurde, war eine Lektion, die Hickman bereits Jahrzehnte zuvor gelernt hatte.

Falls es einen Universalschlüssel zum Erfolg einer Operation gibt, besteht er darin, sich niemals auf nur ein einziges System zu verlassen. Das Desert-One-Unternehmen während der iranischen Geiselaffäre im Jahr 1980 hatte die Richtigkeit dieser Doktrin bestätigt. Damals hatte der Präsident nur ein Minimum an Helikoptern einsetzen wollen, und sobald die ersten Maschinen ausfielen, endete die gesamte Mission in einem Desaster.

Wenn man vor der Wahl steht, eine Waffe oder tausend zur Verfügung zu haben, sollte man sich stets für die größtmögliche Anzahl entscheiden. Systeme versagen, Bomben können sich als Blindgänger entpuppen und Waffen einen mechanischen Defekt haben.

Sowohl Kasim als auch Skutter waren sich dieser Tatsache bewusst.

»Sir, die primäre Gefahr geht im Augenblick von den Schiffscontainern in Riad aus«, sagte Skutter. »Sie haben bereits feststellen können, dass sie angeliefert wurden. Und sobald sie geöffnet werden – was irgendwann vor Beginn des Haddsch geschehen wird, der unserer Meinung nach als Start für alles andere anzusehen ist –, könnte diese ganze Operation scheitern.«

»Sobald es zu ersten Virusinfektionen kommt, wird Saudi-Arabien mit aller Härte einschreiten«, pflichtete ihm Kasim bei.

Die beiden Männer standen vor einer Landkarte, die im Hangar an eine Pinnwand geheftet worden war. Auf einem Tisch in der Nähe lagen einige Stapel katarische Reisepässe und Pilgervisa für Kasim und jeden der siebenunddreißig Angehörigen seines Teams. Die Regierungsbeamten des Emirs hatten die ganze Nacht gearbeitet, um sie bereitzustellen. Da es keine Fälschungen waren, würden sie jeder Überprüfung durch saudische Behörden standhalten. Da saudische Visa Katarern ohne weitere Fragen ausgestellt werden, hatten die Männer so eine Möglichkeit, ungehindert in das Königreich einreisen zu können.

»Dann schicken wir zwei Teams von jeweils vier Mann rein«, fuhr Kasim fort. »Damit bleiben uns dreißig Mann, die wir in Mekka einsetzen können.«

Skutter deutete auf eine Luftaufnahme, die die NSA Hali Kasim nach Katar gefaxt hatte. Das Foto zeigte den Frachthof des Flughafens in Riad. »Dank der Registrierungsnummern der Lieferung, die Ihre Leute in England ermittelt haben, können wir die Container identifizieren.«

Skutter umkreiste die drei Container mit einem Leuchtmarker.

»Gott sei Dank«, sagte Hali Kasim, »schreiben sie Identifizierungsnummern auf die Oberseite aller Container, damit die Kranführer sie erkennen können. Andernfalls hätten wir in diesem Durcheinander eine Menge Zeit mit der Suche verloren.«

»Wenn wir die beiden Teams in Position gebracht haben«, sagte Skutter, »wie wollen Sie dann weiter verfahren?«

»Sichern und entfernen«, antwortete Kasim. »Sobald wir wissen, dass die Container noch verschlossen sind, müssen wir sie auf Lkws laden und in die Wüste hinausfahren, bis wir entschieden haben, was mit ihnen geschehen soll – entweder zerstören wir sie an Ort und Stelle, oder wir bringen sie an einen sicheren Ort.«

»Ich bin mal die Personalakten durchgegangen«, sagte Skutter. »Wir haben einen Offizier der Army im Rang eines Stabsfeldwebels namens Colgan. Er kommt vom Geheimdienst der Army und hat undercover gearbeitet.«

»Colgan?«, fragte Kasim. »Das klingt irisch.«

»Er ist auf dem College zum Islam konvertiert«, erklärte Skutter. »Seine Akte enthält beste Beurteilungen und weist ihn als kühlen Kopf und äußerst kompetent aus. Ich denke, er ist der richtige Mann für diese Operation.«

»Dann sollten Sie sich ihn schnappen, ihm erklären, um was es geht«, entschied Kasim, »und ein Team für ihn zusammenstellen. Danach sollten sie alle schnellstens nach Riad fliegen. Wie ich von den Leuten des Emir weiß, startet hier in Katar gegen achtzehn Uhr die nächste Maschine.«

»In Ordnung, Sir«, sagte Skutter.

»Bleiben noch die Moscheen in Mekka und in Medina«, stellte Kasim fest. »Ich werde das Team in Mekka führen, während Sie Medina übernehmen. Jeder von uns hat vierzehn Mann zur Verfügung. Unsere Hauptaufgabe wird darin bestehen, die höchstwahrscheinlich von Hickman deponierten Sprengsätze zu suchen und unschädlich zu machen. Wir gehen rein, erledigen unsere Aufgabe und ziehen uns unbemerkt wieder zurück.«

»Und was ist, wenn Hickman die Meteoriten bereits vertauscht hat?«

»Daran arbeiten meine restlichen Leute zurzeit«, sagte Kasim.

Der indische Anführer blickte aus dem Fenster des Hauses in Rabigh. Die Sonne stand tief am Himmel, gleich würde die Nacht hereinbrechen. Von Riad bis Medina waren es gut dreihundert Kilometer, was einer Fahrzeit von fast vier Stunden entsprach. Dort angekommen, würden sie ein paar Stunden brauchen, um sich zu orientieren, den Zugang zum unterirdischen Tunnel außerhalb der Moschee zu suchen, den Hickman auf dem Lageplan eingezeichnet hatte, um dort einzudringen.

Weniger als eine Stunde würde es dauern, die Sprengladungen anzubringen und den Tunnel wieder zu verlassen.

Dann folgte die vierstündige Rückfahrt nach Rabigh. Wenn die Hindus bis zum Anbruch des nächsten Tages, des 6. Januar, das Schiff nach Ägypten erreichen wollten, müssten sie sich sputen.

Nach einer letzten Überprüfung der Kiste mit dem Sprengstoff gab der Anführer Befehl, die Kiste auf den Lastwagen zu laden. Wenige Minuten später waren sie unterwegs auf der Straße nach Medina.

Max Hanley stellte fest, dass das Wort Overholts diesmal Gold wert war. Er bekam, was immer er verlangte. Und er bekam es schnell.

»Wir sind sendebereit«, sagte Overholt am Telefon zu Hanley. »Öffnen Sie die Verbindung und überprüfen Sie die Bildqualität.«

Hanley gab Eric Stone ein Zeichen, gleich darauf holte dieser die Bilder auf einen Monitor. Kameras an der Einfahrt und an der Ausfahrt des Suezkanals zeigten die vorbeifahrenden Schiffe so deutlich, als stünden die Männer leibhaftig am Ufer des Kanals.

»Wunderschön«, schwärmte Hanley.

»Was brauchen Sie sonst noch?«, wollte Overholt wissen.

»Hat die Agency einen muslimischen Agenten in Saudi-Arabien?«

»Wir haben dort ein halbes Dutzend«, antwortete Overholt.

»Wir müssen in Erfahrung bringen, ob der Meteorit bereits ausgetauscht wurde«, sagte Hanley.

»Nicht mal unsere Leute schaffen es durch den Vorhang bis an den Schrein«, sagte Overholt. »Vier Wächter bewachen ihn rund um die Uhr.«

»Aber sie kommen in die Al-Haram-Moschee«, sagte Hanley. »Ihr Mann soll mit einem Geigerzähler so dicht wie möglich an den Schrein herangehen und sich dann verbeugen und beten. Falls sich der Grönland-Stein hinter dem Vorhang befindet, müsste der Geigerzählen radioaktive Strahlung anzeigen.«

»Gute Idee«, sagte Overholt. »Wir leiten sofort alles Nötige in die Wege und melden uns, sobald wir mehr wissen. Sonst noch etwas?«

»Wir brauchen möglichst detaillierte Satellitenfotos von beiden Moscheen sowie technische Diagramme, Lagepläne und was immer Sie beschaffen können.«

»Ich lasse so bald wie möglich ein Paket zusammenstellen und schicke es per Satellitenfunk und zur Sicherheit auch noch per Kurier«, versprach Overholt.

»Gut«, sagte Max Hanley. »Die Corporation wird versuchen, sich in Hickmans Rolle zu versetzen und seine Aktivitäten nachzuvollziehen. Sobald uns die Pläne vorliegen, stellen wir unser Team zusammen und überlegen, wie wirvorgehen würden, wenn wir die Moscheen zerstören müssten.«

»Ich werde für die Dauer der Mission in meinem Büro bleiben«, sagte Overholt. »Falls Sie irgendetwas hören oder brauchen, können Sie mich jederzeit anrufen.«

»Vielen Dank im Voraus«, sagte Hanley. »Wir werden das Kind schon schaukeln.«

Nach der Landung in Tel Aviv mietete Juan Cabrillo einen Wagen und fuhr zum Felsendom. Er betrat den Komplex durch den Eingang in der Nähe der Al-Aksa-Moschee und trat dann in den Innenhof, in dem sich der Felsendom befand. Der gesamte Bereich hatte eine Grundfläche von zwölf Hektar und bestand aus Gärten, Brunnen und verschiedenen Schreinen – und war mit Touristen und Gläubigen bevölkert.

Cabrillo begab sich in den Kuppelbau und betrachtete den Felsen, der mit Scheinwerfern angestrahlt wurde.

Es war leicht zu erkennen, dass dieser Punkt einst die höchste Spitze des Hügels gewesen war – der hoch aufragende kantige Fels war mit einer Galerie umgeben, so dass er von allen Seiten betrachtet werden konnte. Doch es war die Geschichte und keine besondere physikalische Eigenschaft des Steins, die ihn zum Mittelpunkt einer solchen heiligen Stätte machte. Eigentlich sah der Fels nicht anders aus als Tausende ähnliche in der näheren und weiteren Umgebung.

Cabrillo verließ den Dom und stieg hinunter zur Musalla Marwan.

Die Musalla Marwan erstreckt sich unter dem Innenhof in der südöstlichen Nische der Anlage. Auch bekannt als Salomons Ställe, ist der unterirdische Saal überkuppelt und wird durch lange Mauern mit Säulen und Rundbögen unterteilt. Zum größten Teil handelt es sich um nicht mehr als eine freie Fläche, die genutzt wird, um den zahlreichen Gläubigen zum Freitagsgebet Platz zu bieten.

Hier, in der unterirdischen Kühle, konnte Cabrillo den Mantel der Geschichte fast körperlich spüren. Millionen von Menschen hatten im Laufe der Jahrhunderte diesen Ort aufgesucht, um näher bei Gott zu sein. In der herrschenden Stille war nur das Plätschern einer weiter entfernten Quelle zu hören, und für einen Moment wurde Cabrillo von der Monstrosität von Hickmans Plan geradezu überwältigt. Irgendwo lauerte ein Mann, so sehr mit Hass und Rachegelüsten für seinen toten Sohn erfüllt, dass er der Welt gleich drei solcher Orte nehmen wollte. Cabrillo erschauerte. Millionen von Menschen hatten hier gekämpft und ihr Leben gelassen – ihre Seelen waren hier versammelt.

Cabrillo wandte sich zum Gehen.

Ganz gleich, welchen schändlichen Plan Hickman verfolgte, hier würde seine Durchführung beginnen – und es war an Cabrillo und der Corporation, ihn daran zu hindern. Er stieg die Treppe zum Tageslicht empor und erreichte wieder den Innenhof. Ein trockener, warmer Wind fächelte ihm ins Gesicht. Nachdenklich wanderte er zum Ausgang.

Auf einem Flugplatz in der Nähe von Port Said in Ägypten ließ Pieter Vanderwald eine alte Douglas DC-3 langsam ausrollen. Das Flugzeug hatte in einem langen und arbeitsreichen Leben alle möglichen Frachten kreuz und quer über den afrikanischen Kontinent transportiert. Die zweimotorige DC-3 ist ein legendäres Flugzeug. In den Jahren seit 1935 wurden Tausende von diesem Modell gebaut, Hunderte sind immer noch im Dienst. Die militärische Version des Flugzeugs, die C-47, wurde ausgiebig im Zweiten Weltkrieg, in Korea und sogar in Vietnam eingesetzt, wo man sie als Kampfflugzeug ausrüstete. Auch bekannt als Dakota, als Skytrain, Skytrooper und als Doug, war ihr am weitesten verbreiteter Spitzname Gooney Bird – nach einem schwerfälligen Entenvogel.

Der Gooney Bird, den Vanderwald lenkte, stand bereits mit einem Fuß auf dem Flugzeugfriedhof.

Vorgesehen zum Ausschlachten auf einem Schrottplatz in Südafrika und ohne gültige Betriebserlaubnis, hatte Vanderwald die Maschine für ein Butterbrot erstanden. Eigentlich überraschte es ihn, dass sie überhaupt die Reise nach Norden geschafft hatte, aber da war sie nun. Wenn die alte Kiste noch einen einzigen Flug zustande brachte, würde sie einen würdevollen Tod sterben.

Die DC-3 ist ein schwanzlastiger Tiefdecker. Ihr Cockpit sitzt vorne ziemlich hoch, während das Frachtabteil in einem leichten Winkel zur Rollbahn abfällt. Ihre Länge beträgt einundzwanzig Meter, sie besitzt eine Spannweite von fünfundneunzig Fuß.

Angetrieben von zwei 1200 PS Doppelsternmotoren, verfügt sie über eine Reichweite von 2.400 Kilometern und schafft eine Reisegeschwindigkeit zwischen 320 und 390 Stundenkilometern. Mit ausgefahrenen Bremsklappen kann sie vor der Landung fast bis auf Kriechtempo heruntergebremst werden.

In einer Zeit, in der Flugzeuge schlank und glatt wie Messerklingen sind, wirkt die DC-3 wie ein fliegender Amboss. Solide, stahlhart und allzeit bereit, ist das Flugzeug anspruchslos und erledigt seine Arbeit ohne viel Aufhebens. Sie gleicht einem Pick-up auf einem Parkplatz voller Corvettes.

Vanderwald schaltete die Motoren aus und schob das Cockpitfenster auf.

»Blockieren Sie die Räder und tanken Sie die Kiste auf!«, rief er dem ägyptischen Bodenhelfer zu, der ihn auf seinen Parkplatz auf der Rollbahn dirigiert hatte. »Und füllen Sie Öl nach. In Kürze kommt jemand, um mit ihr zur nächsten Etappe zu starten.«

Dann verließ Vanderwald das Cockpit, schlenderte den abfallenden Mittelgang hinunter, klappte die Treppe aus und stand gleich darauf auf der Rollbahn. Zwei Stunden später wartete er in Kairo auf einen Flug zurück nach Johannesburg. Sobald das Geld auf sein Konto überwiesen war, wäre seine Beteiligung beendet.

Cabrillo nahm den Anruf auf dem Mobiltelefon entgegen, während er zu seinem Mietwagen ging.

»Die Hawker hat soeben die Mittelmeerküste überflogen«, meldete Max Hanley. »Sieht so aus, als nehme sie Kurs auf Rom.«

»Ruf Overholt an und bitte ihn, die Maschine beschlagnahmen zu lassen, wenn sie in Rom landet«, verlangte Cabrillo. »Vielleicht hat sich Hickman entschlossen auszusteigen.«

»Das bezweifle ich, Juan«, sagte Hanley.

»Ich eigentlich auch«, gab Cabrillo zu. »Ich würde sogar wetten, dass er genau dies nicht tut.«

»Wie will er dann seine Flucht schaffen?«

Cabrillo überlegte einige Sekunden lang. »Ich glaube gar nicht, dass er das vorhat – ich vermute, er plant eine Selbstmordaktion.«

Sekundenlang blieb die Leitung still. »Wir werden das in unsere Überlegungen mit einbeziehen«, sagte Hanley schließlich.

»Ich muss jetzt Schluss machen, ich bin mit dem Mossad verabredet«, sagte Cabrillo. »Ich ruf dich nachher wieder an.«

Die Sonne ging unter, während der alte Perlenfischer mit Hickman an Bord in Khalij as-Suways am nördlichen Ende des Roten Meers einlief. Die achthundert Kilometer weite Reise von Rabigh war langsam, aber stetig verlaufen, und das Schiff würde an diesem Abend wie geplant den Suezkanal erreichen. Es war klein und eng, und Hickman hatte die Reisezeit entweder im kleinen Führerstand neben dem Steuermann oder auf dem Achterdeck verbracht, wo die Luft nicht vom Qualm der dünnen Zigarren verpestet wurde, die der Skipper ständig rauchte.

Der Stein Abrahams lag eingewickelt in eine Zeltplane auf dem Deck neben Hickmans einziger Reisetasche, die ein paar frische Kleider, einige Toilettenartikel und einen Ringhefter enthielt, in dem Hickman während der Reise immer wieder gelesen hatte.

»Hier sind meine Ergebnisse«, verkündete Julia Huxley, während sie den Kontrollraum betrat. »Ich habe die Fotos, die Michael und die anderen in Maidenhead gemacht haben, überarbeitet, und zwar habe ich die Gasmaske entfernt und mit Hilfe eines biometrischen Computerprogramms ein Komposit erzeugt.«

Max Hanley nahm die Disk entgegen und reichte sie an Eric Stone weiter, der sie in das Laufwerk des Hauptcomputers einlegte. Ein Bild erschien auf dem Monitor.

»Verdammt«, sagte Hanley, »der sieht überhaupt nicht so aus, wie es in den Gerüchten heißt.«

»Es ist geradezu unheimlich«, pflichtete Julia Huxley ihm bei, »aber es erscheint durchaus logisch. Wenn ich so menschenscheu wäre wie Hickman, würde ich natürlich auch dafür sorgen, so normal und durchschnittlich wie irgend möglich auszusehen – auf diese Weise würde ich nirgendwo auffallen.«

»Ich glaube, dieser Vergleich mit Howard Hughes war reiner Blödsinn«, meinte Eric Stone.

»Klick mal weiter, Stoney«, bat Julia Huxley.

Stone gab die entsprechenden Befehle ein, und das dreidimensionale Abbild eines Mannes erschien auf dem Bildschirm.

»Dies ist eine Simulation seiner Bewegungen«, erklärte Julia Huxley. »Jedes Individuum hat ganz typische Bewegungsabläufe. Wisst ihr eigentlich, was die Sicherheitsdienste der Kasinos als Merkmal benutzen, um Falschspieler zu identifizieren?«

»Was denn?«, fragte Eric Stone.

»Ihren Gang«, antwortete Julia Huxley. »Jemand kann sich verkleiden, seine äußere Erscheinung verändern, ja sogar bestimmte, ganz typische Bewegungen unterdrücken – aber niemand denkt daran, sich einen anderen Gang anzugewöhnen.«

Eric Stones Finger flogen über die Tastatur, das 3-D-Bild auf dem Monitor ging los, drehte sich und bewegte die Arme.

»Wir sollten eine Kopie davon anfertigen und sie Overholt schicken«, schlug Hanley vor. »Er kann sie an die zuständigen israelischen Organe weiterleiten.«

»Ich überlagere das Ganze mit den Kamerabildern vom Suezkanal«, bot Eric Stone an.

»Dann tu das«, sagte Hanley.

Zur gleichen Zeit, als Hanley die Bilder von Hickman betrachtete, verließen acht Männer ein Flugzeug, das sie von Katar nach Riad gebracht hatte, und gingen ungehindert durch die Zollkontrolle. Sie versammelten sich vor der Gepäckausgabe und stiegen in einen weißen Chevrolet Suburban, den das Außenministerium vom Angestellten einer Ölgesellschaft ausgeliehen hatte.

Dann fuhren sie zu einem Versteck, um dort auf den Einbruch der Nacht zu warten.

»Wir können heute Abend erledigen, was Sie wünschen«, sagte der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, »aber wir können keine Hunde einsetzen – wir müssen es mit Agenten tun, die mit chemischen Detektoren ausgerüstet sind. Hunde haben in einer Moschee nichts zu suchen.«

»Wird es irgendwelche Probleme geben?«, fragte Cabrillo.

»Vor ein paar Jahren, als der israelische Premierminister den Felsendom besuchte, kam es noch wochenlang danach zu Krawallen«, sagte der andere. »Wir müssen es schnell und unauffällig erledigen.«

»Können Ihre Leute den gesamten Bereich kontrollieren?«

»Mr. Cabrillo«, sagte der Geheimdienstchef, »Israel wird ständig von Bombenattentaten heimgesucht, so gut wie wöchentlich. Wenn innerhalb des Haram Al-Sharif irgendein Sprengstoff versteckt ist, wissen Sie es spätestens bis morgen früh.«

»Und Sie entschärfen alles, was Sie finden?«, fragte Cabrillo.

»Wir entschärfen es oder nehmen es mit«, sagte der Israeli, »je nachdem, was jeweils das Sicherste ist.«

»Männer, bitte setzen Sie sich«, sagte Kasim.

Die achtundzwanzig Männer, die noch übrig waren, nahmen Platz. Skutter stand neben Hali Kasim vor der Wandtafel. »Wer von Ihnen ist noch nie Motorrad gefahren?«, fragte Kasim.

Zehn Männer hoben die Hände.

»Das wird ziemlich hart für Sie werden«, fuhr Kasim fort, »aber wir haben ein paar Lehrer für einen Intensivkurs zusammengetrommelt. Sobald wir hier fertig sind, werden die Anfänger rausgehen und üben. In vier Stunden sollten Sie alle über die notwendigen Grundkenntnisse verfügen.«

Die Männer nickten.

»Folgende Situation«, fuhr Kasim fort. »Wir können nicht per Flugzeug in Saudi-Arabien einreisen. Das Risiko, abgefangen zu werden, ist einfach zu groß. Von hier in Katar bis nach Mekka sind es knapp dreizehnhundert Kilometer durch die Wüste – ohne Tankstellen oder andere Versorgungsstationen. Daher haben wir uns Folgendes ausgedacht: Der Emir stellt eine Frachtmaschine bereit, die uns nach Al-Hidhaya im Jemen bringt. Von dort aus sind es weniger als achthundert Kilometer bis nach Jeddah in Saudi-Arabien, und zwar über eine befestigte Straße, die am Roten Meer entlangführt. Der Emir hat die zuständigen jemenitischen Behörden entsprechend geschmiert und hier in Katar für uns einen Motorradladen ausgeräumt. Die Motorräder haben einige Vorteile – der erste ist, dass wir damit die Grenze fern von jeder offiziellen Grenzstation unbemerkt überschreiten können, indem wir ein Stück durch die Wüste fahren und wieder auf die Straße zurückkehren, sobald wir in Saudi-Arabien sind. Der zweite Vorteil ist die Reichweite – es gibt mehrere Städte und Ortschaften an der Straße, wo getankt werden kann, aber sie liegen weit auseinander – mit den Motorrädern schafft man es von Stadt zu Stadt. Der dritte Vorteil ist der wichtigste. Jeder sitzt allein auf einem Motorrad – falls also einer von uns aus irgendeinem Grund von den Behörden aufgehalten wird, gerät nicht gleich die gesamte Mission in Gefahr.«

Kasim musterte die Männer.

»Hat jemand damit ein Problem?«

Niemand meldete sich.

»Gut«, sagte Kasim, »dann sollten die Männer, die ein wenig Praxis brauchen, Captain Skutter nach draußen folgen. Dort stehen Motorräder und Fahrlehrer bereit. Die anderen sollten sich jetzt ausruhen, wir brechen um zehn Uhr heute Abend auf.«

Vanderwald tupfte sich ein wenig Eau de Cologne unter die Nase. Die erste Etappe seiner Heimreise führte von Kairo nach Nairobi, Kenia. Die Maschine war bis auf den letzten Platz besetzt. In der Kabine stank es nach verschwitzten Leibern und dem Hammelfleisch, das zum Abendessen serviert worden war.

Zur gleichen Zeit, als Vanderwald in seinem Sessel einschlief, näherten sich zwei Männer seinem Haus in einem Vorort von Johannesburg. Sie schlichen zur Hinterfront, legten die komplizierte Alarmanlage lahm, öffneten die Hintertür und drangen in das Haus ein. Dann durchsuchten sie es langsam und gründlich.

Zwei Stunden später waren sie fertig.

»Ich rufe mal an und hänge sein Telefon in den Zentralcomputer«, sagte einer der Männer, »damit sie seine Anrufe überprüfen können.«

Nachdem der Mann eine Nummer in Langley, Virginia, gewählt hatte, gab er einen Zahlencode ein und wartete auf einen Piepton. Ein CIA-Computer speicherte die Nummer und durchsuchte den Zentralcomputer der südafrikanischen Telefongesellschaft nach sämtlichen Anrufen, die im vergangenen Monat mit oder von dieser Nummer geführt worden waren. Das Ergebnis der Suche würde in ein paar Stunden vorliegen.

»Was nun?«, fragte der andere Mann.

»Wir können uns beim Schlafen abwechseln, während wir warten.«

»Was meinst du, wie lange müssen wir hier bleiben?«

»Bis er zurückkommt«, antwortete der erste Mann und öffnete den Kühlschrank, »oder jemand anders nimmt sich noch vor uns seiner an.«


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