Текст книги "Todesschrein"
Автор книги: Clive Cussler
Соавторы: Graig Dirgo
Жанр:
Триллеры
сообщить о нарушении
Текущая страница: 12 (всего у книги 30 страниц)
24
Ein Wind, durchsetzt mit feinstem Staub, wehte von Osten nach Westen und deckte auf seinem Weg alles mit einer dünnen knirschenden Schicht zu. Staub war in Saudi-Arabien so beständig wie die Gezeiten des Meeres. Kühle Temperaturen wie an diesem Tag gab jedoch es so selten wie Steaks bei einer Hinduhochzeit.
Saud Al-Sheik betrachtete die leere Schüssel des riesigen Stadions in Mekka.
Saudi-Arabien war gesegnet, denn es besaß enorme Ölreserven, hervorragende Krankenhäuser und Schulen – und mit Mekka den heiligsten Ort des Islam. Es wird empfohlen, dass fromme Muslime die Pilgerfahrt nach Mekka, den so genannten Haddsch, mindestens einmal in ihrem Leben unternehmen sollen, um damit die Ernsthaftigkeit ihres Glaubens zu demonstrieren. Jedes Jahr, gewöhnlich Anfang Januar, kommen hier Tausende von Gläubigen zusammen, wobei die meisten auch noch einen Abstecher nach Medina machen, wo sich das Grab des Propheten Mohammed befindet.
Der Zustrom so vieler Pilger innerhalb einer so kurzen Zeitspanne stellt einen logistischen Albtraum dar. Sie unterzubringen, zu verpflegen, für die Kranken und Gebrechlichen zu sorgen und die Sicherheit der Massen zu gewährleisten, ist ein gleichermaßen übermenschliches wie auch besonders teures Unterfangen.
Saudi-Arabien muss dabei einerseits die Kosten für die Pilger tragen und sich andererseits heftigster öffentlicher Kritik erwehren, falls irgendetwas schiefgeht.
Führte man sich vor Augen, dass amerikanische und englische Streitkräfte Irak und Afghanistan besetzten, so bedeutete der glühende Hass auf den Westen, der in dieser Region herrschte, ein Pulverfass, das jeden Augenblick zu explodieren drohte. Die Erhaltung der Sicherheit in Mekka wäre in diesem Jahr eine nahezu unlösbare Aufgabe. Fundamentalistische Muslime wünschten sich den Westen vernichtet und wie eine todbringende Seuche von diesem Planeten gefegt.
Der Hass fand sein Gegenstück in der westlichen Welt, die nach dem Anschlag auf das World Trade Center jegliche Toleranz gegenüber der fundamentalistischen Botschaft ablehnte. Sollte ein weiterer Angriff unter Beteiligung saudischer Nationalisten stattfinden, würde die Mehrheit der amerikanischen Bevölkerung eine kriegerische Besetzung des Öl exportierenden Landes befürworten. Die Haltung der westlichen Welt war in letzter Zeit um einiges klarer geworden: Es gab zwei Arten von Menschen in der Welt – Freunde oder Feinde. Freundschaft wurde belohnt – Feinde waren rigoros auszulöschen.
Inmitten all dieser Spannungen, dieses Hasses, dieser Gewalt und Wut musste alles für einen sicheren und erfolgreichen Haddsch, der am 10. Januar beginnen würde, an Ort und Stelle sein.
Es blieben weniger als zwei Wochen, um die notwendigen Vorbereitungen zu treffen.
Saud Al-Sheik studierte einen Stapel Dokumente auf seinem Schreibbrett. Es gab immer noch unzählige Details zu berücksichtigen, und die Zeit der Pilgerfahrt rückte unaufhaltsam näher. Das jüngste Problem war soeben erst zutage getreten – die neuen Gebetsteppiche, die er in England bestellt hatte. Ihre Produktion war noch nicht abgeschlossen, und die Fabrik hatte unerwarteterweise den Besitzer gewechselt.
Dies, zusammen mit der Tatsache, dass sich England wegen seiner aktiven Unterstützung der Vereinigten Staaten bei ihrer Besetzung des Irak bei seinen Landsleuten und Glaubensbrüdern keiner besonders hohen Wertschätzung erfreute, könnte für erheblichen Konfliktstoff sorgen. Al-Sheik fragte sich, ob eine Schmiergeldzahlung an die Fabrik in diesem Fall angebracht wäre. Er würde eine erhebliche Sonderzahlung leisten, damit die Bestellung ausgeführt würde, und sie dann über einen Makler in Paris umleiten, um ihre wahre Herkunft zu verschleiern.
Das würde beide Probleme gleichzeitig lösen.
Zufrieden mit seiner Idee, trank er einen Schluck Tee und griff nach seinem Mobiltelefon, um alles Nötige in die Wege zu leiten.
Zur gleichen Zeit schleppte sich der griechische Frachter Larissain den Ärmelkanal. Der Kapitän betrachtete aufmerksam seine Seekarten. Er hatte den Befehl, den Hafen der Isle of Sheppey anzulaufen. Dort hatte er noch niemals angelegt. Seine üblichen Zielhäfen waren Dover, Portsmouth und Felixstowe. Was der Kapitän nicht wissen konnte, war, dass die englischen Behörden Strahlungsdetektoren in seinen Stammhäfen installiert hatten. Im Gegensatz dazu war die Isle of Sheppey so weit offen und frei zugänglich wie der Grand Canyon. Und das wussten die Leute, die seine Dienste in Anspruch nahmen.
Der Kapitän warf noch einen letzten prüfenden Blick auf die Karte, dann führte er die notwendige Kurskorrektur durch. Anschließend kratzte er sich ausgiebig am Arm. Die Larissastampfte mühsam weiter, wobei die Abgase des altersschwachen Dieselmotors als schwarze Wolken aus dem einzigen Schornstein wallten. Die Larissawar ein sterbendes Schiff, das eine tödliche Ladung transportierte.
25
Thomas »TD« Dwyer blickte auf die ausgedörrte Wüstenlandschaft hinab, während der Sikorsky-S-76-Hubschrauber über dem nördlichen Arizona unterwegs war. Einige Kilometer entfernt konnte er links von sich eine Reihe weiß leuchtender Bergspitzen erkennen. Der Anblick dieser schneebedeckten Gipfel überraschte ihn. Wie die meisten Leute, die diesem Staat noch nie einen Besuch abgestattet hatten, war Dwyer davon überzeugt gewesen, dass die Landschaft eine endlose nur aus Sand und Kakteen bestehende Einöde war. Nun hingegen schien es, als hätte Arizona von allem ein wenig.
»Wie oft schneit es hier?«, fragte er den Piloten über das Headset.
»Diese Hügel liegen in der Nähe von Flaggstaff«, erklärte der Pilot. »Sie bekommen ausreichend Niederschlag, so dass dort ein ansehnliches Skigebiet entstehen konnte. Die höchste Erhebung ist der Humphries – immerhin über viertausend Meter.«
»Das hätte ich nicht erwartet«, gab Dwyer zu.
»Die meisten Leute«, sagte der Pilot, »reagieren genauso wie Sie.«
Anfangs, nachdem er Dwyer zwei Stunden zuvor in Phoenix kennen gelernt hatte, war der Pilot eher wortkarg gewesen. Dwyer nahm ihm das nicht übel – er war überzeugt, dass die hochrangigen Vertreter der Sicherheitsbehörden Arizonas dem Piloten nichts über Dwyers Position oder den Zweck dieses Ausflugs verraten hatten. Und die meisten Menschen möchten wenigstens eine vage Vorstellung von den näheren Umständen ihrer jeweiligen Mission haben. Sie wollen einfach nicht im Ungewissen gelassen werden.
»Wir fliegen zum Krater, damit ich dort einige Gesteinsproben einsammeln kann«, sagte Dwyer. »Die sollen in einem Labor später eingehend untersucht werden.«
»Ist das alles?«, fragte der Pilot und entspannte sich sichtbar.
»Das ist es«, bestätigte Dwyer.
»Reizend. Sie können sich nicht vorstellen, was für verrückte Aufträge ich in der letzten Zeit hatte. Es geht schon fast so weit, dass ich es an einigen Tagen geradezu hasse, zur Arbeit zu kommen.«
»Kann ich mir vorstellen.«
»Ich bin nach dem Ende meiner Schicht oft genug unter einer Entgiftungsdusche gelandet«, beschwerte sich der Pilot, »und das ist nicht unbedingt meine Vorstellung von einem angenehmen Arbeitstag.«
»Dafür dürfte dies hier der reinste Spaziergang sein«, versicherte ihm Dwyer.
Diese beruhigende Information löste dem Piloten die Zunge, und er lieferte Dwyer eine Nonstop-Beschreibung aller Sehenswürdigkeiten, die sie während der restlichen Strecke überflogen. Zwanzig Minuten später deutete er nach vorn durch die Frontscheibe. »Da ist das gute Stück.«
Der Einschlagskrater des Meteors war eine riesige Pockennarbe in der staubigen Ebene. Wenn man ihn von hoch oben aus der Luft betrachtete, war es nicht schwer, sich die Wucht vorzustellen, die nötig gewesen war, um eine solche Vertiefung in die Erdkruste zu wühlen. Es war, als hätte ein Riese mit einem gigantischen Kugelhammer auf die Erde eingeschlagen. Der Rand des Kraters, kreisrund und schartig wie die beim Backen aufgeplatzte Kruste eines Mürbekuchens, ragte vor ihnen auf.
»Auf welche Seite, Sir?«, fragte der Pilot.
Dwyer betrachtete aufmerksam den Untergrund. »Dorthin«, entschied er schließlich, »in die Nähe des weißen Pickups.«
Der Pilot bremste den Sikorsky ab, blieb für einen kurzen Moment reglos in der Luft stehen, zog ihn dann behutsam nach unten und setzte auf.
»Ich habe den Befehl, an Bord zu bleiben«, erklärte der Pilot, »und den Sprechfunkverkehr zu überwachen.«
Nachdem er die übliche Landeprozedur ausgeführt hatte und die Rotorflügel zum Stehen gekommen waren, stieg Dwyer aus und ging zu einem Mann mit Cowboyhut und Cowboystiefeln hinüber, der ein Stück entfernt wartete. Der andere streckte eine Hand aus, Dwyer ergriff sie und schüttelte sie kräftig.
»Vielen Dank für Ihre Hilfe«, sagte Dwyer.
»Keine Ursache«, erwiderte der Mann bescheiden, »man lehnt nicht ab, wenn einen der Präsident der Vereinigten Staaten um Unterstützung bittet. Ich bin froh, dass ich helfen kann.«
Der Mann ging zu seinem Pick-up zurück, griff auf die Ladefläche und hob ein paar Werkzeuge und einen Eimer herunter. Dann reichte er Dwyer eine Schaufel. Anschließend deutete er zum Kraterrand.
»Ich glaube, was Sie suchen, finden Sie gleich da drüben.«
Nachdem sie den Wall aus Geröll, der den Krater umrahmte, erklettert hatten, stiegen die beiden Männer auf der anderen Seite ungefähr zwanzig Meter weit hinunter. Dabei spürten sie, dass es deutlich heißer wurde.
Der Mann mit dem Cowboyhut blieb stehen. »Dies ist der weniger gut zugängliche Teil des Kraters«, erklärte er und wischte sich mit einem Halstuch über die Stirn. »Hier habe ich immer die größten Stücke gefunden.«
Dwyer sah sich suchend um, entdeckte eine Stelle, die viel versprechend aussah, und begann mit der Schaufel zu graben.
Zur gleichen Zeit, als Dwyer in Arizona grub, war es auf der Oregon,die in den Gewässern vor Island kreuzte, entschieden kälter. Unter Deck in seinem Büro sitzend, betrachtete Michael Halpert einen Ausdruck aus seinem Computer. Halpert hatte einige Stunden konzentrierter Arbeit hinter sich, und seine Augen brannten vom ständigen Starren auf den Monitor. Indem er auf der Tastatur einige Befehle tippte, rief Halpert die Daten der Mission auf und überflog noch einmal Cabrillos Notizen.
Nach einem weiteren kurzen Blick auf den Ausdruck raffte er seine Notizen zusammen und begab sich in den Kontrollraum.
»Richard«, sagte Max Hanley gerade zu Truitt, während Halpert hereinkam, »lass die Gulfstream auftanken und startklar machen. Ich melde mich, sobald wir dich brauchen.«
Hanley legte das Telefon hin und wandte sich zu Halpert um. »Ich nehme an, du hast was gefunden?«
Halpert reichte Hanley das Dokument, und dieser überflog es. »Das könnte von Bedeutung sein«, sagte Hanley langsam, »vielleicht aber auch nicht. Das ist eine ziemlich große Summe, die Hickman der Universität gespendet hat. Aber vielleicht sind solche Spenden auch völlig alltäglich für ihn.«
»Ich habe es überprüft«, sagte Halpert, »das sind sie tatsächlich. Und sie sind stets für die archäologische Abteilung bestimmt.«
»Sehr interessant«, sagte Hanley.
»Hinzu kommt, was der Archäologe kurz vor seinem Tod gesagt hat«, ergänzte Halpert, »nämlich dass er › die Universität gekauft und für sie bezahlt hat.‹«
»Ich verstehe, worauf du hinauswillst«, sagte Hanley, »außerdem war es schon seltsam, dass Ackerman zuerst Hickman eine E-Mail geschickt hat. Er hat keine Sekunde daran gedacht, seinen Abteilungsleiter an der Uni von dem Fund zu unterrichten.«
»Vielleicht haben Hickman und Ackerman die ganze Geschichte ausgeheckt«, sagte Halpert, »damit Ackerman sicher sein konnte, dass der ganze Ruhm auf ihn fällt, falls irgendetwas gefunden wurde – und nicht auf seinen Chef an der Uni.«
»Das erklärt aber nicht, weshalb Hickman sicher sein konnte, dass Ackerman etwas finden würde«, sagte Hanley, »oder dass sich der Fund als ein Meteorit entpuppen würde, der aus Iridium besteht.«
»Vielleicht hat Hickman anfangs aus rein altruistischen Motiven den großen Wohltäter gespielt«, meinte Halpert nachdenklich. »Ackerman äußert seine Vermutung, und Hickman interessiert sich für Erik den Roten, daher beschließt er, die Expedition zu finanzieren. Dann, als der Meteorit tatsächlich entdeckt wird, wittert er plötzlich die Gelegenheit zu einem lukrativen Geschäft.«
»Wir haben noch nicht mal den geringsten Hinweis, dass Hickman tatsächlich beteiligt ist«, sagte Hanley, »aber nehmen wir an, er ist es, dann muss man sich doch fragen, was einen reichen Mann dazu bringen kann, zu töten und alles aufs Spiel zu setzen, was er besitzt.«
»Da gibt es eigentlich nur zwei Dinge«, sagte Halpert, »Liebe oder Geld.«
Die Umrisse der zahlreichen Inseln der Faröer kamen soeben im Dunst in Sicht, als Hanley Juan Cabrillo im Helikopter erreichte und schilderte, was Halpert herausgefunden hatte.
»Verdammt«, fluchte Cabrillo, »das wäre eine mehr als überraschende Wendung. Was hältst du davon?«
»Ich finde, wir sollten diese Möglichkeit ernsthaft ins Auge fassen«, gestand Hanley.
Die Inseln wurden in der Frontscheibe stetig größer.
»Ist Dick schon in London eingetroffen?«, erkundigte sich Cabrillo.
»Ich habe vor ein paar Minuten mit ihm gesprochen«, antwortete Max Hanley. »Er ließ gerade den Jet auftanken und wollte dann in ein Hotel in London, um dort auf unseren Ruf zu warten.«
»Und die Challenger steht in Aberdeen in Bereitschaft?«
»Aufgetankt und praktisch in Startposition«, sagte Hanley.
»Dann ruf Dick und seine Leute an und erkläre ihnen, sie sollen nach Las Vegas fliegen, um Hickman unter die Lupe zu nehmen.«
»Es fasziniert mich immer wieder, dass große Geister oft den gleichen Gedanken haben«, scherzte Hanley.
Durch die Windschutzscheibe des Hubschraubers war der Hafen zunehmend deutlicher zu erkennen, während Cabrillo das Gespräch beendete und sich dann halb zu George Adams umdrehte. »Sehen wir zu, dass wir wieder festen Boden unter die Füße bekommen.«
Adams nickte und ging in den Sinkflug.
Die Free Enterprisebefand sich dicht vor den Wellenbrechern, als sie die Fahrt verlangsamte und schließlich stoppte. Ein kleines offenes Fischerboot, angetrieben von einem Paar 250-PS-Außenbordmotoren, kam längsseits. So dicht wie möglich an die Leiter, die bis zur Wasserlinie hinabreichte, heranmanövrierend, drosselte der Kapitän des Fischerboots das Tempo, und einer seiner Leute nahm die Kiste von einem Matrosen der Free Enterpriseentgegen. Der Matrose verstaute die Kiste in einem sonst für Fische reservierten Frachtraum, während der Kapitän das Boot von dem größeren Schiff weglenkte und den Gashebel auf volle Fahrt schob.
Nach einem wilden Ritt über die raue See steuerte der Kapitän das Fischerboot in eine kleine Bucht. Der Matrose kletterte an Land und ging bis zu einer Straße, wo ein roter Lieferwagen des örtlichen Paketzustellungsdienstes wartete. Zehn Minuten später hatte der Lieferwagen die Kiste zum Flughafen gebracht.
Dort stand sie nun und wartete darauf, in ein Flugzeug geladen zu werden, das zu diesem Zeitpunkt nur noch wenige Kilometer entfernt war.
George Adams füllte die beiden Tanks auf und ging seine Checkliste durch. Danach brachte er das Logbuch auf den aktuellen Stand. Der Helikopter hatte den Flug von der Oregonzügig und zuverlässig absolviert, daher gab es wenig einzutragen – lediglich die Flugzeit, die Wetterverhältnisse und einen kurzen Hinweis auf eine schwache Vibration des Helikopters. Adams hatte den Papierkrieg kaum beendet, da kurvte Cabrillo bereits mit einem winzigen Mietwagen über den Flugplatz und rollte auf die Maschine zu. Er hielt neben Adams und drehte die Seitenscheibe herunter.
»Hey, Juan«, sagte Adams belustigt, »hatten sie nur noch einen halben Mietwagen frei?«
»Das ist ein Smart, das kleinste vollwertige Auto auf dem Markt«, erwiderte Cabrillo mit einem säuerlichen Grinsen. »Es war alles, was sie mir anbieten konnten – trotzdem ist es immer noch besser, als zu Fuß zu laufen. Und jetzt schnapp dir das Fernglas und das Ortungsgerät und steig ein.«
Unter dem Hubschraubersitz holte Adams ein Fernglas und die stählerne Box hervor, die die Signale der Minisender empfing, die auf den Meteoriten gestreut worden waren. Dann ging er zum Smart hinüber und zwängte sich auf den Beifahrersitz. Das Fernglas fand seinen Platz auf dem Boden. Die Ortungsbox behielt er auf dem Schoß. Während Cabrillo losfuhr, suchte Adams die Signale der Peilsender und berechnete ihre Position.
»Mein Apparat meint, dass sich das Objekt unmittelbar vor uns befindet«, meldete George Adams.
Juan Cabrillo erreichte die Kuppe eines Hügels unweit des Flughafens – das Flugfeld lag direkt unter ihnen.
Auf der anderen Fahrspur näherte sich ein roter Lieferwagen, dessen Fahrer die Lichthupe betätigte. Cabrillo begriff, dass er wie im heimatlichen Amerika auf der rechten Straßenseite gefahren war, also schwenkte er sofort auf die richtige Fahrspur hinüber.
»Juan«, sagte Adams, »wir sind ihm dicht auf den Fersen.«
Cabrillo blickte zur Seite, als der Lieferwagen sie passierte – der Fahrer drohte ihm wegen seiner fragwürdigen Fahrkünste grinsend mit dem Finger, dann beschleunigte er und entfernte sich in Richtung Flughafen. Cabrillo schaute von dem Berg hinunter auf ein großes Schiff, das soeben im Begriff war anzulegen.
»Da«, sagte er und deutete mit dem Finger auf das Schiff. »Das muss der Kahn sein.«
Der Linienführung nach handelte es sich bei dem Schiff um eine zivile Jacht, allerdings war sie so schwarz wie ein Stealth-Bomber. Cabrillo konnte deutlich die Matrosen erkennen, die mit Leinen in den Händen an Deck bereitstanden, während der Kapitän das Schiff mit Hilfe der Manövrierdüsen an den Pier bugsierte.
»Das Signal wird schwächer«, stellte Adams fest.
Cabrillo lenkte den Wagen an den Straßenrand und verfolgte, wie die Jacht festgemacht wurde. Auf der ihm zugewandten Seite konnte er eine schmale Treppe erkennen, die vom Achterdeck bis fast zur Wasserlinie hinunterführte. Dann kam ihm schlagartig die Erleuchtung.
Er griff nach seinem Telefon und wählte die Nummer der Oregon.
Gleichzeitig legte er eine Hand auf das Mikrofon, während Hanley sich meldete, und teilte Adams seine Erkenntnis mit.
»Sie haben auf See eine Umladeaktion vorgenommen«, stieß er hastig hervor. »Ich bringe dich sofort zum Hubschrauber zurück und folge dann dem Signal.«
»Ruf Washington an und bitte unsere Leute, die dänischen Behörden zu veranlassen, das Schiff zu beschlagnahmen, das soeben angelegt hat.«
Nachdem Hanley bestätigt hatte, alles richtig verstanden zu haben, schaltete Cabrillo sein Telefon aus, drehte dann das Lenkrad bis zum Anschlag herum und gab Gas. Der Smart wendete in einer engen Kurve, und Cabrillo fuhr den Weg zurück, den er gekommen war. Am Flughafen angelangt, fuhr er sofort weiter zum Robinson. Adams sprang aus dem Wagen und ließ das Ortungsgerät auf dem Beifahrersitz liegen.
»Sieh zu, dass du in die Luft kommst, George!«, rief ihm Cabrillo zu. »Ich melde mich gleich bei dir!«
Dann trat er wieder aufs Gaspedal und folgte dem Peilsignal.
James Bennett hatte das Fliegen in der U.S. Army erlernt, doch er hatte noch nie einen Helikopter geflogen. Seine Befähigung erstreckte sich auf das Lenken von Flugzeugen mit starren Tragflächen. Weil die U.S. Air Force eifersüchtig über ihre Domäne wachte, war er innerhalb der Army einer der wenigen Piloten mit dieser Befähigung. Die wenigen Flugzeuge mit starren Tragflächen, die die Army besaß, wurden zur Beobachtung und Vorwärtsaufklärung verwendet. Hinzu kamen noch einige Zivilmaschinen, wie man sie von bedeutenden Industrieunternehmen kannte, mit denen Generäle umherkutschiert wurden.
Bennett hatte Cessna-Aufklärungsflugzeuge geflogen, während er noch im aktiven Dienst war, daher war das Cessna-Modell 206, das er jetzt lenkte, wie ein guter alter Bekannter für ihn. Bennett hatte mit der müden alten Propellermaschine während des Fluges nach Norden bescheidene hundertsiebzig Kilometer in der Stunde geschafft. Jetzt bremste er sie ab, um die Landung einzuleiten, und blickte durchs Seitenfenster auf die Rollbahn hinunter. Diese war ziemlich kurz und endete mit einem schroffen Felsabbruch, aber das war okay. Bennett war schon auf Pisten gelandet, die man aus undurchdringlich wirkendem Dschungel herausgehackt hatte, oder auf schmalen, halbwegs ebenen Geländestreifen im Schatten steiler Bergflanken in Südostasien und einmal sogar auf dem Acker eines Farmers zu Hause in Arkansas, als er seinen Motor verloren hatte.
Verglichen damit war die Landung auf diesem Flugplatz auf den Faröern ein Spaziergang.
Bennett beendete die Runde um den Flugplatz und ging in den Landeanflug. Er ließ die Cessna in einem leichten Gegenwind stetig sinken, und sie berührte den Boden nur mit einem leisen Zwitschern der Reifen. Bennett ließ die Maschine zügig weiterrollen, während er die Wegbeschreibung las, die auf einem Bogen Papier notiert war, der auf seinem Schreibbrett klemmte.
Dann bremste er die Maschine weiter ab und bog auf einen Nebenweg zum Frachtterminal ab.
Cabrillo trat das Gaspedal bis aufs Bodenblech durch. Das kleine Auto zu lenken war so ähnlich, als würde er ein Gokart mit einer Kanne Kaffee und einem halben Dutzend Hallo-wach-Tabletten im Bauch über eine Piste prügeln. Der Smart machte bei jeder Unebenheit einen kleinen Hüpfer und schlingerte nervös hin und her. Cabrillo raste an der Reihe von Hangars und Lagerhallen entlang und behielt das Peilgerät dabei aufmerksam im Auge. Eine Cessna hatte soeben die Landebahn verlassen und rollte durch sein Gesichtsfeld. Cabrillo betrachtete das Schwanzleitwerk der kleinen Maschine, dann stoppte er plötzlich und warf einen Blick auf das Peilgerät.
Nachdem George Adams abgesetzt worden war, dauerte es kaum drei Minuten, bis er mit dem Robinson in der Luft war. Der Helikopter hatte noch nicht einmal lange genug am Boden gestanden, um den Motor abkühlen zu lassen. Während er auf einer Seite am Rand des Flughafens entlangflog, setzte er den Tower davon in Kenntnis, dass er einen Ausrüstungstest durchführe, und begann dann, niedrige träge Kreise in den Himmel zu zeichnen.
Das einzige andere Flugzeug, das man im Augenblick sehen konnte, war eine Cessna, die soeben gelandet war. Er beobachtete, wie sie vor einem Hangar ausrollte und stehen blieb. Dann verfolgte er, wie sich Cabrillo der Maschine im Smart langsam näherte.
Ein uniformierter Angestellter kam zur Cessna heraus und musste rufen, um den Lärm des laufenden Flugzeugmotors zu übertönen. »Sollen Sie die Ersatzteile für die Bohrinsel abholen?«
Bennett nickte und antwortete: »Ja!«
Der Angestellte winkte, um anzuzeigen, dass er verstanden hatte, und rannte zurück in den Hangar. Wenige Sekunden später kehrte er mit der Kiste zurück. Vor dem Hangar stellte er die Kiste auf die Erde, dann näherte er sich wieder der Maschine.
»Vorne oder hinten?«
»Vorne auf den Passagiersitz«, antwortete Bennett.
Der Angestellte hob die Kiste an und ging damit um das Heck der Cessna herum.
Cabrillo sah erneut auf die Anzeige. Die Nadel zeigte den höchsten Wert an. Er blickte von der Skala hoch und durch die Windschutzscheibe, während der Angestellte mit der Kiste um das Heck des Flugzeugs herumkam. Es war dieselbe Kiste, die Cabrillo für den Bruchteil einer Sekunde auf Grönland gesehen hatte.
Er trat aufs Gaspedal, während der Angestellte die Kiste ins Flugzeug hob und die Tür schloss.
Die Cessna kam ins Rollen und entfernte sich. Sie hatte einen beträchtlichen Vorsprung und machte Anstalten, auf die Startbahn abzubiegen, als Cabrillo mit seinem Smart die Höchstgeschwindigkeit erreichte. Er lenkte den Wagen mit den Knien, während er ins Holster unter seinem Arm griff. Mit der rechten Hand zog er eine Smith & Wesson Kaliber 50 heraus. Mit der linken Hand drehte er das Seitenfenster herunter.
Bennett hatte mittlerweile die Zufahrt zur Startbahn hinter sich und bog auf die breite Asphaltpiste ein. Ein Blick nach hinten zeigte ihm den Smart, der hinter ihm herraste. Für einen kurzen Augenblick ging ihm der Gedanke durch den Kopf, es könnte der Angestellte sein, der ihn aus irgendeinem Grund anhalten wollte. Doch dann beobachtete Bennett, wie sich eine Hand, die einen vernickelten Revolver hielt, aus dem Seitenfenster schob.
Bennett drückte den Fahrthebel nach vorne und nahm die Startbahn unter die Räder. Da er die Starterlaubnis bereits eingeholt hatte, beschleunigte er die Cessna. Es würde eine knappe Angelegenheit werden.
Cabrillo folgte der Cessna auf die Rollbahn und hängte sich an sie. Das Flugzeug nahm schnell Fahrt auf – es war offensichtlich, dass der Pilot keinen Gedanken daran verschwendete anzuhalten. Sobald der Smart achtzig Stundenkilometer erreicht hatte, schaltete Cabrillo den Tempomaten ein und schob seinen Oberkörper durchs Seitenfenster.
So genau wie möglich zielend, begann er, das Flugzeug unter Beschuss zu nehmen.
Bennett hörte und spürte, wie eine Kugel eine Verstrebung der linken Tragfläche traf. Gleich darauf fielen weitere Schüsse. Da er mittlerweile die vorgeschriebene Startgeschwindigkeit erreicht hatte, zog er den Steuerknüppel nach hinten. Die Räder lösten sich vom Asphalt, die Maschine schwang sich in die Luft, und Bennett ließ sie gut hundert Meter steigen, ehe er sich noch einmal umdrehte. Der Smart stand am Ende der Startbahn.
Und der Mann, der den Wagen gelenkt hatte, rannte auf einen Helikopter zu, der soeben gelandet war. Bennett schob den Gashebel bis zum Anschlag nach vorne, während sich Cabrillo auf den Passagiersitz des Robinson warf.
»Kannst du ihn einholen?«, rief er Adams zu, während sie abhoben.
»Es wird knapp«, antwortete dieser.