Текст книги "Todesschrein"
Автор книги: Clive Cussler
Соавторы: Graig Dirgo
Жанр:
Триллеры
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Eine Suche im Internet, eine zweite Hypothek auf sein Haus und die drei Wochen Urlaubszeit, die er zusammengespart hatte, führten schließlich zur Verwirklichung seines Traums. Shea hatte beschlossen, zwei Wochen lang in Schottland und England herumzureisen, bis er den Wagen nach Liverpool bringen musste, von wo aus er in die Vereinigten Staaten verschifft würde. Selbst bei geschlossenem Verdeck drang der Regen durch die fensterlose niedrige Seitentür ins Wageninnere. Shea nahm seinen Cowboyhut von der Beifahrerseite der Sitzbank und klopfte die Regentropfen ab. Dann warf er einen Blick auf die Anzeigeinstrumente und setzte seine Reise beruhigt fort. Er passierte einen Lieferwagen am Straßenrand, danach lag die Straße wieder frei vor ihm.
Alles schien ruhig und friedlich, die Luft war mit dem Geruch von feuchtem Torf und regennassem Asphalt getränkt.
»Ich habe die Kampfjets auf dem Radar«, meldete der Pilot der Challenger Hanley per Satellitentelefon.
»Wie weit sind Sie von der Cessna entfernt?«, fragte Hanley.
»Nicht sehr weit«, antwortete der Pilot. »Wir treffen Vorbereitungen, um das Ostufer von Süden nach Norden zu überfliegen. Dabei gehen wir so nahe wie möglich an ihn heran.«
Bennett hatte den Abwurfpunkt fast erreicht. Er lehnte sich zur Seite und entriegelte die Tür. Gleichzeitig begann er, die Cessna um die Längsachse zu kippen. Aus den Augenwinkeln bemerkte er ein altmodisches Auto, das auf der Uferstraße unterwegs war. Dann konzentrierte er sich aber darauf, die Kiste möglichst auf der Höhe des Lieferwagens abzuwerfen.
In diesem Moment erschien der Privatjet in der Windschutzscheibe.
»Auf der Straße am Ostufer steht ein Lieferwagen«, sagte der Pilot der Challenger zu Hanley, während er in niedriger Höhe über Bennett hinwegraste.
»Was soll –«, wollte Hanley gerade sagen, ehe er unterbrochen wurde.
»Da ist der Robinson«, rief der Pilot.
»Kann er den Lieferwagen sehen?«, fragte Hanley.
»Wahrscheinlich«, antwortete der Pilot, brach den Überflug ab und zog die Maschine hoch, »aber er ist immer noch ziemlich weit entfernt.«
»Drehen Sie ab und verschwinden Sie«, befahl Hanley.
»Wir haben soeben von den englischen Behörden die Information erhalten, dass die Kampfjets in wenigen Minuten dort sind. Sie können alles Weitere erledigen.«
»Verstanden«, meldete der Pilot der Challenger.
Unten am Seeufer verfolgten die beiden Männer in der Nähe des Lieferwagens, wie sich die Cessna näherte.
»Ich glaube, ich kann weiter hinten den Hubschrauber erkennen«, sagte einer der Männer.
Der andere Mann starrte in den Dunst. »Das bezweifle ich«, widersprach er. »Wenn er so nah wäre, könnten wir doch seinen Motor und die Rotorflügel hören.«
Dann sahen sie, dass die Seitentür der Cessna offen stand.
Die beiden Männer hätten den Motor des Hubschraubers hören können – wenn er noch in Gang gewesen wäre. Stattdessen war es im Cockpit des Robinson gespenstisch still geworden, nur das Pfeifen der Luft war zu vernehmen, die am Rumpf entlangpfiff, während Adams auf Autorotation schaltete. Er hielt auf das Festland zu und betete, dass sie nicht vorher ins Wasser plumpsten.
Cabrillo erhaschte soeben noch einen Blick auf den Lieferwagen und das flackernde Blaulicht, während sie rasant zu sinken begannen.
Er verzichtete darauf, Adams übers Headset zu informieren – sein Freund hatte im Augenblick alle Hände voll zu tun.
Bennett stieß gegen die Kiste – sie rutschte durch die offene Tür. Dann richtete er die Cessna wieder aus und machte kehrt, um Kurs auf den Flughafen von Inverness zu nehmen. Er stieg, um die Berge am Ende des Sees zu überfliegen, als er den Helikopter knapp zweihundert Meter über Land entdeckte.
Sobald er die Cessna stabilisiert hätte und auf Kurs wäre, würde er sich melden und Bericht erstatten.
Ein Stein in einer Kiste ging in freiem Fall auf die Erde herunter. Der Meteorit schlug auf und landete auf einem Bett aus nassem Torf, ohne zu zerschellen. Die beiden Männer rannten zum Aufschlagsort und waren gerade damit beschäftigt, die Kiste aus dem Morast zu ziehen, als das schrille Pfeifen der Düsen zweier Kampfjets lauter wurde. Sie hoben die Köpfe und verfolgten, wie die Düsenjäger vorbeirasten.
»Sehen wir zu, dass wir hier schnellstens verschwinden«, sagte der erste Mann, sobald er die Kiste aufs Trockene gezerrt hatte.
Der zweite rannte vor, um den Motor des Lieferwagens anzulassen, während der andere mit der Kiste folgte.
»Ich glaube, ich schaffe es bis zur Straße«, rief Adams über das Helmmikro.
Der Robinson folgte einer abwärts gerichteten Kurve, nur getragen von der Luft, die durch die Rotorblätter zischte und sie in Drehung versetzte. Adams lenkte den Helikopter zu Boden – aber er verlor rapide an Geschwindigkeit.
Das Seeufer und die Straße kamen rasend schnell näher, und er bemühte sich, jeden noch so geringen Auftrieb auszunutzen.
Die Düsenjäger tauchten so schnell hinter Bennett und der Cessna auf, als wären sie dorthin gezaubert worden. Sie passierten fast auf Tuchfühlung auf beiden Seiten und gingen sofort in eine enge Kehre. Gleichzeitig meldete sich sein Sprechfunkgerät.
»Hier ist die Royal Air Force«, drang eine Stimme aus dem Lautsprecher, »nehmen Sie sofort Kurs auf den nächsten Flugplatz und landen Sie. Falls Sie sich weigern oder zu flüchten versuchen, werden Sie zur Landung gezwungen. Bestätigen Sie, dass Sie die Aufforderung verstanden haben.«
Die beiden Jets hatten die Kehre beendet und kamen frontal auf Bennett zu.
Er wackelte mit den Tragflächen – dann griff er nach dem Satellitentelefon.
So nah und doch so fern.
Cabrillo blickte aus dem Seitenfenster, ehe der Helikopter hinter einem Hügel wegtauchte. Der Lieferwagen und die Abwurfstelle waren keine anderthalb Kilometer weit entfernt. Selbst wenn es Adams schaffen sollte, sie lebendig auf festen Grund zu bringen, hätten sie außer heilen Knochen nichts gewonnen. Wenn sie aus dem Robinson gestiegen und zur Abwurfstelle gesprintet wären, würde der Lieferwagen – und mit ihm der Meteorit – längst über alle Berge sein.
Er presste das Telefon schützend an seine Brust und wappnete sich für eine harte Landung.
Der Fahrer des Lieferwagens legte den Gang ein und rammte den Fuß aufs Gaspedal. Die Hinterräder drehten auf dem morastigen Untergrund durch und schleuderten dicke Torfbrocken in die Luft. Schlingernd erreichte der Wagen den Asphalt und entfernte sich nach Süden.
Der Fahrer warf einen Blick in den Rückspiegel und stellte fest, dass die Straße hinter ihnen leer war.
George Adams dirigierte den Robinson mit dem Feingefühl eines Geigenvirtuosen. Indem er den Sinkflug genau berechnete, zog er in der letzten Sekunde den Steuerknüppel zurück, als die Maschine sich nur noch wenige Meter über dem nassen Untergrund befand. Das Pfeifen der Rotorblätter veränderte sich abrupt, als der letzte Rest aufgestauter Luft an ihnen vorbeischoss, und der Robinson blieb regelrecht in der Luft stehen, fiel dann die letzten Meter zu Boden und landete auf seinen Kufen. Der Rumpf wurde durchgeschüttelt, wenn auch nicht besonders heftig. Adams sah Cabrillo von der Seite an und stieß erleichtert die Luft aus.
»Verdammt, du bist richtig gut«, lobte Juan Cabrillo.
»Das war auch heftig«, sagte Adams, nahm das Headset ab und öffnete die Tür.
Der Helikopter blockierte die Straße fast vollständig.
»Hätten wir nur für zwei weitere Kilometer Sprit gehabt«, sagte Cabrillo, öffnete die Tür auf seiner Seite und stieg aus, »dann hätten wir sie erwischt.«
Die Männer machten ein paar Schritte und streckten sich.
»Du solltest lieber sofort Max anrufen und Bescheid sagen, dass sie uns durch die Lappen gegangen sind«, sagte Adams, während Shea in seinem MG auf der Kuppe des Hügels erschien und wegen der ungewöhnlichen Straßensperre bremste.
»Gleich«, sagte Cabrillo und schaute zu dem MG hinüber, während dieser ausrollte und stoppte.
Shea schob den Kopf aus der Seitentür. »Brauchen Sie Hilfe?«, fragte er mit unverkennbarem texanischem Akzent.
Cabrillo schlenderte zu dem MG hinüber. »Sind Sie Amerikaner?«
»Mit Haut und Haar«, erwiderte Shea stolz.
»Wir arbeiten auf direkten Befehl des Präsidenten und sind in einer Mission die nationale Sicherheit betreffend unterwegs«, sagte Cabrillo. »Ich brauche Ihren Wagen.«
»Mann Gottes«, sagte Shea, »ich habe dieses Prachtstück erst vor drei Tagen gekauft.«
Cabrillo legte eine Hand auf den Rand der Seitentür. »Es tut mir Leid, aber es geht um Leben und Tod.«
Shea zog die Handbremse an und stieg aus.
Cabrillo winkte Adams mit seinem Telefon zu, während er sich anschickte, in den MG einzusteigen. »Ich rufe die Oregon« ,sagte er, »und bitte sie, dass sie jemanden mit Treibstoff herschicken.«
»In Ordnung«, sagte Adams.
Cabrillo betätigte den Anlasser, trat auf die Kupplung und legte den ersten Gang ein. Dann drehte er das Lenkrad und wendete den MG.
»Hey«, rief Shea, »und was soll ich jetzt tun?«
»Bleiben Sie beim Hubschrauber«, rief ihm Cabrillo zu. »Wir kümmern uns später um alles.«
Dann gab er Gas und raste davon. Nach wenigen Sekunden hatte er die Hügelkuppe erreicht und verschwand dahinter. Shea ging hinüber zu Adams, der soeben die Kufen des Helikopters inspizierte.
»Ich heiße Billy Joe Shea«, er streckte die Hand aus. »Könnten Sie mir vielleicht verraten, wer das war, der da gerade mit meinem Wagen abgerauscht ist?«
»Dieser Mann?«, fragte Adams. »Den habe ich noch nie zuvor gesehen.«
30
Richard »Dick« Truitt ging Hickmans Computerdateien durch. Sie enthielten so viele Informationen, dass er nur langsam vorankam. Schließlich entschied er, eine Verbindung mit dem Computer der Oregonherzustellen und sämtliche Dateien von Hickmans Maschine rüberzuschicken. Sobald die Verbindung stand, begann er, die Daten zu einem Satelliten zu senden, der den Datenstrom dann zum Schiff weiterleitete.
Danach erhob er sich aus dem Bürosessel und wollte das Büro durchsuchen.
Truitt holte mehrere Bögen Papier und einige Fotografien aus einer Schreibtischschublade, faltete alles zusammen und verstaute den Fund in seiner Jacke. Er überflog den Inhalt des Bücherregals an der Wand, als er hörte, wie die Wohnungstür geöffnet wurde und eine Stimme in der Diele erklang.
»Gerade eben?«, fragte die Stimme.
Es war keine Antwort zu hören – der Mann sprach in ein Mobiltelefon.
»Vor fünf Minuten?« Die Stimme des Mannes wurde lauter. »Weshalb zum Teufel haben Sie nicht sofort den Sicherheitsdienst raufgeschickt?«
Das Geräusch von Schritten im Flur kam näher. Truitt schlüpfte ins Badezimmer, das gleich neben dem Büro lag, und eilte dann durch ein Gästeschlafzimmer auf der anderen Seite. Ein Flur führte zum Wohnzimmer. Langsam schlich er weiter.
»Wir wissen, dass Sie hier sind«, sagte die Stimme. »Mein Wachdienst ist auf dem Weg hierher. Der Fahrstuhl ist blockiert, also sollten Sie lieber rauskommen.«
Der Schlüssel zu einem guten Plan ist, die Eventualitäten zu bedenken. Der Schlüssel zu einem perfekten Plan ist, alle Eventualitäten zu berücksichtigen. Die Daten aus Hickmans Computer flogen hinunter zur Oregon.Drei Viertel der Informationen waren bereits übermittelt worden, als Hickman sein Büro betrat. Truitt war nur ein winziger Punkt entgangen – er hatte vergessen, den Bildschirm auszuschalten. Sobald Hickman sein Büro betrat, begriff er, dass der Bildschirmschoner nicht aktiviert war und dass sich jemand an seinem Computer zu schaffen gemacht hatte.
Er stürzte zur Maschine und schaltete sie aus. Dann schaute er nach und stellte fest, dass der Glasbehälter, den er von Vanderwald erhalten hatte, unversehrt in seiner Schreibtischschublade lag.
Truitt schlich durch den Flur und kam ins Wohnzimmer. Die gläserne Schiebetür stand noch immer einen Spaltbreit offen. Er huschte schnell durchs Wohnzimmer und hatte die Tür schon fast erreicht, als er gegen eine Skulptur stieß, die umkippte und zerbrach.
Hickman hörte das Geräusch und rannte durch den Flur.
Truitt war durch den Türspalt geschlüpft und befand sich auf der hinteren Terrasse, als Hickman das Wohnzimmer betrat und ihn draußen entdeckte. Der Eindringling war ganz in Schwarz gekleidet und schien genau zu wissen, was er tat. Trotzdem war er auf der Terrasse gefangen, und die Sicherheitsleute waren im Fahrstuhl nach oben unterwegs.
Hickman vergaß alle Eile, um den siegreichen Moment auszukosten.
»Bleiben Sie stehen, wo Sie sind«, sagte er und schaute durch die Glastür hinaus. »Eine Flucht können Sie vergessen.«
Der Mann drehte sich um und sah Hickman direkt an. Dann lächelte er, kletterte auf die brusthohe Mauer, die die Terrasse umgab, nickte und winkte. Indem er sich wegdrehte, sprang er von der Mauer in die Dunkelheit. Hickman stand immer noch geschockt da, als die Wachleute in den Raum stürzten.
Blindes Vertrauen ist ein starkes Gefühl.
Und das war alles, was Richard Truitt in diesem Augenblick hatte, als er an der Schnur zog, die an der Vorderseite seiner Jacke befestigt war. Blindes Vertrauen in den Zauberladen auf der Oregon.Blindes Vertrauen, dass Kevin Nixons Erfindung funktionieren würde. Den Bruchteil einer Sekunde, nachdem er an der Schnur gezogen hatte, öffnete sich ein kleiner Zugfallschirm auf der Rückseite seiner Jacke und riss die Klettbänder auf, die das Rückenteil der Jacke zusammenhielten. Einen winzigen Augenblick später entfaltete sich wie bei einem chinesischen Kampfdrachen ein Paar Flügel und rastete ein. Zwei Segel, gut einen Quadratmeter groß, erschienen unter den Flügeln, fixiert von einem Schnursystem, wie Bremsklappen bei einem Flugzeug.
Truitts Sturz verlangsamte sich ruckartig, und allmählich gewann er die Kontrolle über seinen Fall in die Tiefe.
»Halt dich bereit«, sagte Chuck »Tiny« Gunderson, »er kommt ziemlich schnell runter.«
Tracy Pilston sah nach oben und erblickte Truitt für einen kurzen Moment, als er durch den Lichtkegel eines Scheinwerfers glitt, der in der Nähe des Vulkans durch den Himmel wanderte. Truitt drehte sich in der Luft einmal um sich selbst und richtete sich dann aus. Er schwebte gut drei Meter über dem Bürgersteig und zwanzig Meter vor dem Jeep und vergrößerte den Vorsprung. Glücklicherweise war der Fußweg so gut wie leer. Um diese späte Uhrzeit lagen die meisten Touristen bereits in ihren Betten oder kamen nicht von den Spieltischen los. Truitt blieb auf geradem Kurs.
Gunderson drehte den Zündschlüssel des Jeeps, der Motor sprang brüllend an. Er legte den Gang ein und jagte hinter Truitt her. Truitt sank nur langsam und schien mit der Landung Schwierigkeiten zu haben. Er setzte seinen Flug mit nach wie vor hohem Tempo fort, seine Füße hingen frei in der Luft.
Zwei Callgirls standen ein gutes Stück weiter vorn an der Straßenecke und warteten darauf, dass die Verkehrsampel umsprang. Sie trugen hautenge Latexkleider und balancierten auf Schuhen mit hohen Plateausohlen. Ihre Haare waren zu kunstvollen Gebilden hochtoupiert. Die eine der beiden rauchte eine Zigarette, während die andere ihr Telefon am Ohr hatte und sich die Details ihres nächsten Engagements durchgeben ließ. Truitt griff nach oben und zog an den Schnüren, die bewirkten, dass die Bremsklappen sich aufstellten. Jeglichen Auftriebs plötzlich beraubt, sackte er wie ein Stein zu Boden. Er schaffte es gerade noch, mit seinen Beinen schnelle Laufbewegungen auszuführen, ehe seine Füße den Boden berührten, und rannte ein gutes Stück, bis er sein Gleichgewicht wiederfand und den Lauf nach und nach abbremsen konnte. Er war nur noch höchstens zwei Meter von den beiden Frauen entfernt, als er endlich in normales Schritttempo verfiel.
»Guten Abend, die Damen«, sagte Truitt, »wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich Sie gern zu einem Drink einladen.«
Weiter hinten rollte der rote Geländewagen mit dem Dreamworld-Logo aus der Hotelzufahrt. Der Wachmann am Lenkrad trat den Fuß aufs Gaspedal, und die Reifen rasten zwitschernd über den Asphalt.
Genau in diesem Augenblick tauchten Chuck Gunderson und Tracy Pilston im Jeep neben ihm auf.
»Steig ein!«, brüllte Gunderson.
Truitt sprang auf das Trittbrett und schwang sich dann auf den Rücksitz des Jeeps. Sobald er saß, gab Gunderson Vollgas und raste den Strip hinauf. Truitts Tasche stand auf dem Sitz neben ihm. Er öffnete den Reißverschluss, tauchte mit der Hand hinein und holte einen Metallkasten heraus.
»Wir werden verfolgt«, rief Gunderson nach hinten.
»Ich weiß«, erwiderte Truitt. »Wenn ich dir Bescheid sage, nimm den Gang raus und schalte den Motor aus.«
»Alles klar«, meldete Gunderson.
Sie waren mit fast hundertfünfzig Sachen unterwegs, doch der rote Geländewagen holte auf. Truitt drehte sich auf dem Rücksitz um und zielte mit dem Kasten auf den Kühlergrill des Geländewagens.
»Jetzt!«, rief er.
Gunderson schob den Ganghebel in Parkposition und schaltete den Motor aus. Die Scheinwerfer erloschen, und der Antrieb der Servolenkung stoppte. Gunderson hatte Mühe, ihn auf der Fahrbahn zu halten. Truitt legte am Kasten einen Schalter um. Ein Signal wurde ausgelöst, das die elektronischen Steuerelemente sämtlicher Automobile im näheren Umkreis lahm legte. Auch die Beleuchtung des roten Geländewagens fiel aus, und zugleich wurde er langsamer. Ein paar Taxis, die in Sichtweite auf der Straße unterwegs waren, kamen mit quietschenden Reifen zum Stehen.
»Okay«, rief Truitt, »du kannst wieder starten!«
Gunderson drehte den Zündschlüssel, und der Motor des Jeeps heulte auf. Gunderson legte den Gang ein und startete durch. »Wohin?«, wollte er wissen.
»Habt ihr euer Gepäck dabei?«
»Wir haben im Hotel nur geduscht«, antwortete Tracy Pilston. »Unsere Reisetaschen sind im Flugzeug geblieben.«
»Dann nichts wie zum Flughafen«, sagte Truitt. »Wir sollten lieber aus Vegas verschwinden.«
Auf der Oregonstand Max Hanley neben dem Computer in Michael Halperts Büro. Die beiden Männer betrachteten konzentriert den Bildschirm.
»Dann brach die Verbindung ab«, sagte Halpert.
»Wie viele Daten haben wir aufgefangen?«, fragte Hanley.
»Ich muss erst einmal alles durchgehen«, antwortete Halpert, »aber es sieht so aus, als wäre es eine ganze Menge.«
»Fang am besten gleich mit der Analyse an«, entschied Hanley, »und gib mir sofort Bescheid, wenn du irgendetwas Wichtiges findest.«
In diesem Moment meldete sich Hanleys Intercom mit einem Piepen, und Eric Stones Stimme drang aus dem Lautsprecher.
»Max«, sagte Stone, »ich habe soeben von der Gulfstream die Nachricht erhalten, dass sie Las Vegas verlassen.«
»Ich komm gleich rüber«, sagte Hanley ins Mikrofon.
Er eilte durch den Korridor und stieß dann die Tür zum Kontrollraum auf. Eric Stone saß vor den Monitoren. Er wandte sich halb um, als Hanley eintrat, dann deutete er auf den Bildschirm. Eine Landkarte vom westlichen Teil der Vereinigten Staaten war zu sehen. Ein blinkender roter Lichtpunkt markierte die augenblickliche Position der Gulfstream. Der Jet war soeben im Begriff, auf seinem Weg nach Osten den Lake Mead zu überqueren. Gleichzeitig klingelte Hanleys Telefon.
»Hanley.«
»Sind die Dateien bei euch angekommen?«, fragte Truitt.
»Einige haben wir hier«, antwortete Hanley. »Michael überprüft sie gerade. So wie es aussieht, wurde die Übertragung mittendrin abgebrochen – hast du Schwierigkeiten bekommen?«
»Die Zielperson kam überraschend zurück, während ich die Daten zu euch rüberschickte«, sagte Truitt. Er musste seine Stimme erheben, um den Düsenlärm der Gulfstream zu übertönen. »Wahrscheinlich hat der Kerl die Verbindung sofort getrennt.«
»Das bedeutet gleichzeitig: Er weiß, dass jemand hinter ihm her ist.«
»Genau«, bestätigte Truitt.
»Was hast du sonst noch?«
Truitt griff in seine Jacke und holte die Fotos, die er aus Hickmans Büro hatte mitgehen lassen, aus der Jackentasche. Er schaltete das Telefax ein, das an den Telefonkanal angeschlossen war, und schob das erste Foto in den Scannerschlitz.
»Ich schicke euch ein paar Fotos«, sagte Truitt.
»Wer ist drauf?«, fragte Hanley.
»Genau das sollt ihr rausfinden.«
31
»Verdammt noch mal, das ist wirklich ein Problem«, sagte der Präsident zu Langston Overholt.
Eine Stunde zuvor hatte der englische Premierminister den Präsidenten darüber informiert, dass sie an einem Ort weniger als neunzig Kilometer von London entfernt einen griechischen Schiffskapitän mit Strahlenschäden gefunden hätten. Während sich der Präsident und Overholt unterhielten, glühten die abhör– und anzapfsicheren Leitungen zwischen den beiden Ländern immer noch von der Flut der Informationen, die sie übermittelt hatten.
»Wir haben sowohl mit den Russen als auch mit der Corporation zusammengearbeitet, um die Waffe zu bergen«, sagte Overholt, »aber sie ist trotzdem nach England gelangt.«
»Wollen Sie, dass ich das unserem engsten Verbündeten erzähle?«, fragte der Präsident. »Dass wir zwar alles versucht haben, dass aber alles umsonst war?«
»Nein, Sir«, erwiderte Overholt.
»Nun, wenn derjenige, der hinter dieser Sache steckt, die Bombe und den Meteoriten zusammenbringt, dann dürften sich London und die umliegende Gegend in eine Wüste verwandeln. Und egal, was Sie im Zusammenhang mit der Bombe als Entschuldigung vorbringen wollen, die Panne mit dem Meteoriten geht voll und ganz auf unser Konto.«
»Das ist mir klar, Sir«, sagte Overholt.
Der Präsident erhob sich aus seinem Schreibtischsessel im Oval Office. »Hören Sie gut zu«, sagte er mit einer Stimme, in der nur mühsam unterdrückter Zorn mitschwang. »Ich will Ergebnisse, und zwar schnell.«
Overholt erhob sich ebenfalls. »Jawohl, Sir«, sagte er.
Dann trat er zur Tür.
»Juan verfolgt immer noch den Meteoriten«, gab Hanley über die sichere Leitung an Overholt durch. »Zumindest war das den Worten des Hubschrauberpiloten zu entnehmen, der vor ein paar Minuten angerufen hat.«
»Der Präsident ist völlig aus dem Häuschen«, sagte Overholt.
»Hey«, sagte Hanley, »machen Sie uns keinen Vorwurf – die englischen Düsenjäger sind zu spät gekommen. Wären sie rechtzeitig eingetroffen, hätten wir den Meteoriten längst sicher im Sack.«
»Der letzten Meldung der Engländer zufolge haben sie die Cessna in Inverness zur Landung gezwungen und waren gerade dabei, das Flugzeug zu durchsuchen.«
»Sie werden nichts finden«, sagte Hanley. »Unser Pilot meinte, er und Cabrillo hätten beobachtet, wie der Pilot der Cessna das Paket abgeworfen hat.«
»Warum hat sich Cabrillo nicht gemeldet«, fragte Overholt, »damit wir ihm zu Hilfe kommen konnten?«
»Diese Frage, Mr. Overholt, kann ich nicht beantworten.«
»Geben Sie mir Bescheid, sobald Sie mit ihm gesprochen haben?«
»Klar, Sir«, versprach Hanley.
Der MG TC verhielt sich wie ein mit Getreide beladener Pferdewagen. Die schmalen Reifen, die vorsintflutlichen Stoßdämpfer und die altertümliche Federung hatten nichts mit einem modernen Sportwagen gemein. Cabrillo hatte in den vierten Gang hochgeschaltet, der Motor lief mit höchster Drehzahl, und trotzdem schaffte der betagte Wagen nicht mehr als hundertzwanzig Stundenkilometer. Indem er das Holzlenkrad mit einer Hand bediente, schlug er das Telefon mehrmals heftig gegen seine Brust.
Nichts. Wahrscheinlich war die Landung daran schuld – trotz seiner Bemühungen, das gute Stück zu schützen, war es gegen das Armaturenbrett geknallt, als sie schließlich aufgesetzt hatten. Es konnte aber auch am Akku liegen – Satellitentelefone verbrauchten in einer Minute mindestens genauso viel Strom wie die Klimaanlage eines Fettleibigen während eines Jahrhundertsommers. Ganz gleich, was der Grund sein mochte, Cabrillo schaffte es nicht, dass die grüne Kontrollampe endlich aufleuchtete.
In diesem Augenblick entdeckte er den Lieferwagen ein paar Kilometer vor sich, während er den höchsten Punkt einer Anhöhe erreichte.
Eddie Seng blickte zu Bob Meadows, während sich der Wagen, den Meadows lenkte, der Isle of Sheppey näherte. Mit dem Wasserflugzeug der Corporation von der Oregonabgeholt, waren die beiden zu einem Flugplatz in den Außenbezirken Londons gebracht worden, wo der gepanzerte Range Rover vom englischen Geheimdienst MI5 stehen gelassen worden war.
»Sieht so aus, als hätten wir die Waffen bekommen, um die wir gebeten haben«, sagte Seng, während er den Inhalt des Nylonsacks inspizierte, der auf dem Rücksitz gelegen hatte.
»Wenn wir jetzt noch rauskriegen, wo sich in London die Hammadi-Zelle verkrochen hat«, sagte Meadows zuversichtlich, »und die Bombe finden und unschädlich machen können, während Max den Meteoriten einkassiert, ist unser Tagewerk vollbracht.«
»Hört sich einfacher an, als es wahrscheinlich ist.«
»Bei einer Skala von eins bis zehn würde ich auf Schwierigkeitsgrad sieben tippen«, sagte Meadows, während er leicht abbremste, um in die Hafeneinfahrt einzubiegen.
Eddie Seng stieg auf der Beifahrerseite aus, während Bob Meadows den Motor ausschaltete. Er ging zu einem schlaksigen Mann mit rotblonden Haaren hinüber und schüttelte ihm die Hand.
»Eddie Seng«, stellte er sich vor.
»Malcolm Rodgers, MI5«, revanchierte sich der Mann.
Auch Meadows hatte mittlerweile den Range Rover verlassen und näherte sich.
»Das ist mein Partner Bob Meadows. Bob, das ist Malcolm Rodgers vom MI5.«
»Angenehm«, sagte Meadows und schüttelte die Hand des Mannes.
Rodgers ging voraus zum Kai. »Der Kapitän wurde in einer Kneipe ein Stück den Hügel hinauf gefunden. Der Zollbescheinigung zufolge ist er heute Abend eingelaufen.«
»Hat die Strahlung seinen Tod bewirkt?«, fragte Meadows.
»Nein«, antwortete Rodgers, »eine erste flüchtige Autopsie ergab Spuren eines Gifts.«
»Welcher Art?«, fragte Seng.
»Nichts, was wir bisher eindeutig haben identifizieren können«, sagte Rodgers. »Irgendeine Substanz, die eine Lähmung ausgelöst hat.«
»Haben Sie ein Telefon?«, fragte Meadows.
Rodgers drehte sich halb um, holte ein Telefon aus der Hosentasche, dann sah er Meadows fragend an.
»Rufen Sie Ihren Gerichtsarzt an und bestellen Sie ihm, er soll sich mit dem Center for Disease Control in Atlanta in Verbindung setzen. Sie möchten die toxikologischen Steckbriefe arabischer Skorpion– und Schlangengifte herschicken. Vielleicht finden Ihre Leute ja irgendwelche Übereinstimmungen.«
Rodgers nickte und führte das Telefongespräch. Während er seine Bitte formulierte, studierte Seng das Hafengelände. Im Hafenbecken lagen mehrere alte Frachter, drei oder vier Privatjachten und ein einziger Katamaran, auf dessen Deck Antennen und zwei Davits zu erkennen waren. Das hintere Deck des Katamarans war mit Kisten und elektronischen Geräten vollgestopft. Ein Mann beugte sich auf dem hinteren Deck über einen Tisch. Seine Arme steckten in einem torpedoförmigen Gerät.
»Okay«, meldete Rodgers, »sie kümmern sich darum.«
Die Männer setzten ihren Weg bergab fort und erreichten das Hafenbecken. Sie balancierten über eine lange Gangway und erreichten einen zweiten Kai, der rechtwinklig auf den ersten traf. Drei Männer waren auf dem Deck der Larissazu sehen. Man konnte davon ausgehen, dass sich weitere Männer unter Deck aufhielten.
»Wir haben jeden Quadratzentimeter abgesucht«, berichtete Rodgers. »Nichts. Die Logbucheintragungen waren falsch, aber als wir die Mannschaft verhörten, erfuhren wir, dass die Fracht in der Nähe von Odessa in der Ukraine übernommen worden war und sie ohne Zwischenstopp hierher gekommen sind.«
»War sich die Mannschaft über das im Klaren, was sie transportierten?«, fragte Eddie Seng.
»Nein.« Rodgers schüttelte den Kopf. »Es gab wohl Gerüchte, es handele sich um gestohlene Kunstwerke.«
»Demnach waren sie lediglich die Lieferanten«, stellte Seng fest.
Meadows blickte den Kai hinunter zum Katamaran.
»Wollen Sie an Bord gehen?«, fragte Rodgers die beiden Männer.
»Hat irgendjemand gesehen, wie der Mann die Bar nach dem Gespräch mit dem Kapitän verlassen hat?«, fragte Meadows.
»Nein«, antwortete Rodgers, »und das ist das Problem. Wir wissen nicht, wer er war oder wohin er verschwand.«
»Aber der Kapitän hat die Bombe nicht in die Kneipe mitgenommen«, überlegte Meadows. »Daher muss jemand anders in der Mannschaft den Austausch vorgenommen haben, oder sie wurde vom Schiff gestohlen.«
»Niemand hat die Bombe in der Bar gesehen«, sagte Rodgers, »und der Kapitän ist dort gestorben.«
»Und Sie haben seine Mannschaft gründlich ausgequetscht?«, fragte Seng.
»Was ich Ihnen jetzt verrate, ist streng geheim«, sagte Rodgers verschwörerisch.
Seng und Meadows nickten.
»Was wir mit der Mannschaft gemacht haben, ist eigentlich illegal, nach Übereinkunft der Weltmächte – aber sie haben uns alles erzählt, was sie wissen«, sagte Rodgers kühl.
Die Engländer fackelten nicht lange – die Griechen waren gefoltert oder unter Drogen gesetzt worden oder beides.
»Und niemand von der Mannschaft hat den Austausch vorgenommen?«, fragte Meadows.
»Nein«, bekräftigte Rodgers. »Wer immer dieser Mann in der Bar gewesen sein mag, er hatte auf jeden Fall Komplizen.«
»Eddie«, sagte Meadows, »warum schaust du dich nicht mal gründlich auf der Larissaum? Ich werde mal dort rübergehen und mich mit dem Knaben auf dem Katamaran unterhalten.«
»Wir haben ihn schon befragt«, sagte Rodgers. »Er ist ein wenig seltsam, aber im Grunde harmlos.«
»Bin gleich zurück«, sagte Meadows und ging den Kai hinunter.
Seng gab Rodgers ein Zeichen und folgte ihm an Bord der Larissa.
»Max, wir müssen sie benachrichtigen«, sagte Eric Stone, »Atlantik oder Nordsee?«
Hanley betrachtete die bewegliche Landkarte auf dem Monitor. Er hatte keine Ahnung, mit welchem Ziel Cabrillo unterwegs war, aber sie mussten jetzt eine Entscheidung treffen.
»Wo ist das Wasserflugzeug?«
»Dort«, sagte Stone und deutete auf einen Punkt auf der Karte, der anzeigte, dass sich die Maschine über Manchester befand und nach Norden flog.
»Dann die Nordsee«, entschied Hanley. »London ist das Ziel. Das Wasserflugzeug soll nach Glasgow kommen, um Juan zu unterstützen.«
»Verstanden«, sagte Stone und griff nach dem Mikrofon.
»Hali –«, Hanley drehte sich halb zu Hali Kasim um, der an einem Tisch hinter ihm saß, »– wie sieht es mit Adams’ Treibstoff aus?«
»Ich konnte die Flughafenverwaltung in Inverness nicht dazu bewegen, einen Tankwagen loszuschicken«, erklärte Kasim, »daher habe ich eine Tankstelle am Loch Ness angerufen und darum gebeten, Benzin in Kanistern rauszubringen. Der Mann von der Tankstelle müsste in Kürze dort sein. Ich denke, sobald er sich blicken lässt, wird sich Adams melden.«
»Verdammt«, sagte Hanley, »wir brauchen George dringend, damit er Max unterstützen kann.«