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Das letzte Relikt
  • Текст добавлен: 8 октября 2016, 21:19

Текст книги "Das letzte Relikt"


Автор книги: Robert Masello


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Ужасы


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Joe blickte so kreuzunglücklich zu ihm auf, als ob er sich das gut vorstellen könnte – aber nicht aus dem Grund, den Carter im Sinn hatte.

»Versuch zu schlafen«, sagte Carter, hob die Decke auf und legte sie auf das Sofa. Dabei stellte er fest, dass eine der Vogelstudien von Audubon nicht mehr an der Wand hing, sondern auf dem kleinen Tisch lag, den sie neben das Sofa gestellt hatten. »Wir werden morgen früh darüber reden.«

Joe legte sich hin, und Carter deckte ihn zu.

»Es tut mir leid, Bones«, sagte Joe. Carter war sich nicht vollkommen sicher, worauf er sich bezog.

»Mach dir nichts draus. Es wird schon alles gut.« Doch bevor er das Zimmer verließ, warf er einen kurzen Blick an die Wand, wo das Bild gehangen hatte. Er stellte fest, dass Russo es durch etwas anderes ersetzt hatte. Im Dämmerlicht brauchte er eine Sekunde, um es zu erkennen, und dann eine weitere, um es mit dem zusammenzubringen, was er von seinem Freund wusste, einem Mann der Wissenschaft wie kaum ein anderer. Aber genau über dem Ende des Sofas, wo sich sein Kopf befand, hatte Joe an den Nagel, an den das Bild gehörte, ein altes hölzernes Kruzifix gehängt.


11. Kapitel

Zum dritten Mal hatte Carter die Nummer auf den internationalen Frachtpapieren gewählt, und endlich war er durchgekommen. Doch als er fragte, ob die italienische Militärmaschine mit dem Fossil an Bord bereits auf dem Kennedy Airport gelandet sei, sagte eine gestresste Telefonistin nur: »Einen Moment bitte«, und ließ ihn erneut hängen.

»Was sagen sie?«, fragte Joe nervös. Er stand direkt neben Carters Stuhl.

»Ich weiß nicht, ich bin in der Warteschleife, während sie es überprüft.«

»Sie hätten schon vor Stunden ankommen sollen«, sagte Joe und zog eine weitere Nazionali aus dem fast leeren Päckchen in seiner Tasche. »Was ist denn jetzt schon wieder das Problem?«

Das wusste Carter natürlich genauso wenig wie Joe. Und obwohl er wusste, dass Beth nicht gerade begeistert davon war, dass Joe sich eine Zigarette in der Wohnung ansteckte, schien es ihm kein besonders guter Zeitpunkt zu sein, um den Mann zu bitten, damit aufzuhören.

»Die Maschine wurde aufgehalten«, sagte die Telefonistin, die urplötzlich wieder in der Leitung war. »Sie wird am späten Nachmittag erwartet. Gegen vier.«

»Wodurch wurde sie aufgehalten?«

»Das Wetter. Starker Wind aus östlicher Richtung.«

»Ich meine, ich hätte einmal gehört, dass der Wind fast immer aus dem Westen käme.«

»Da haben Sie richtig gehört. Aber das ist genau der Grund, warum die Wetterfrösche sich oft irren.«

Als Carter auflegte und Joe die Neuigkeit mitteilte, ging dieser zum Fenster und blies eine Rauchwolke hinaus. Passend zu seiner Stimmung, erwies sich dieser Tag als grau und düster. Und wenn Joe daran dachte, was in der Nacht zuvor geschehen war, würde er am liebsten im Erdboden versinken und sterben. In seiner allerersten Nacht in New York hatte er sich vor Carter und Beth blamiert, wobei er sich immer noch nicht sicher war, in welchem Maße. Carter hatte nicht weiter auf der Schlafwandel-Episode herumgeritten, und Joe war es zu peinlich, nachzufragen. Er hoffte nur, dass Carter das Kruzifix über dem Sofa nicht bemerkt hatte. Gleich am Morgen hatte er es wieder abgenommen, ehe es irgendjemand sah und er eine plausible Erklärung für seine plötzliche Hinwendung zum katholischen Glauben finden musste. Jetzt lag es gut versteckt unten in seinem Koffer.

»Und was machen wir bis dahin?«, fragte Joe.

Das fragte Carter sich ebenfalls. Beth war mit Abbie unterwegs und half ihr, Vorhänge und Tapeten für das Landhaus auszusuchen, das sie und Ben im Norden gekauft hatten. Beth hatte vorgeschlagen, dass sie beide am kommenden Halloween-Wochenende hinfahren und sich das Haus selbst ansehen könnten. Für heute hatte Carter geplant, den Großteil des Tages mit der Anlieferung und dem Aufbau des Fossils zu verbringen.

»Wir könnten hinüber zum Bio-Gebäude gehen«, schlug er vor. »Ich kann dir schon mal das Labor zeigen, in dem wir am Fossil arbeiten werden.«

»Ja, das ist eine gute Idee«, sagte Joe und ergriff die Gelegenheit. »Ich würde sehr gerne zuerst das Labor sehen.«

Bevor sie die Wohnung verließen, gab Carter Joe einen Regenschirm und nahm einen zweiten für sich selbst mit. Es sah aus, als könnten sie die Dinger jeden Augenblick brauchen. Draußen wehte ein kalter Wind, und die Bäume im Park, deren Äste vom Wind gebeugt wurden, verloren ihre letzten goldenen und orangefarbenen Blätter. Auf der Straße waren nur die Menschen, die immer dort waren: das obdachlose Paar, das auf einer Bank in der Nähe des Washington Archs lebte, der Schachsüchtige in der Mets-Jacke, der gegen sich selbst spielte, wenn sonst niemand gegen ihn antrat, der Möchtegerncomedian, der unter dem kaputten Springbrunnen auf einer Obstkiste stand und durch ein Megaphon brüllte.

Als sie sich dem Bio-Gebäude näherten, sagte Carter: »Ich zeige dir zuerst das Hauptlabor, wo ich die alltäglichen Arbeiten erledige.«

Das Gebäude war verwaist und leer, und im Flur war nur eine Neonröhre eingeschaltet, für die ganz Harten, die sogar am Sonntag arbeiteten. Carter führte Joe den Flur entlang, und zu seiner Überraschung hörte er laute Musik aus dem Hauptlabor der Fakultät dröhnen. Obwohl, wenn er genauer darüber nachdachte, gab es keinen Grund, überrascht zu sein, Eminem oder einen der anderen Rapper, die er nie auseinanderhalten konnte, zu hören.

»Du wirst gleich einen Typen namens Bill Mitchell kennenlernen«, vertraute er Joe an, »ein Juniorprofessor an diesem Fachbereich.«

Die Tür war angelehnt, und Mitchell saß an seinem üblichen Platz hinten. Sein Ghettoblaster stand auf dem Tresen, das strähnige schwarze Haar hing ihm vor der Brille.

»Hey, Bill!«, rief Carter laut, damit er trotz der Musik zu hören war.

Missmutig blickte Mitchell auf. In der einen Hand hielt er eine Bürste, in der anderen einen schwarzen Stein, bei dem es sich vermutlich um einen Kotstein handelte, versteinerte Exkremente.

»Ich würde dir gerne einen Freund von mir vorstellen, Giuseppe Russo. Er lehrt an der Fakultät der Universität in Rom.«

Das Wort Fakultät genügte, damit Mitchell seinen Ghettoblaster ausschnipste und mit ausgestreckter Hand von seinem Stuhl aufsprang. »Ich bin Bill Mitchell. Freut mich wirklich sehr, Sie kennenzulernen. Sie sind Paläontologe?«

Carter konnte beinahe hören, wie es in Mitchells Hirn ratterte. Ob es in Italien freie Stellen gibt? Wie schwer wäre es wohl, sich einzugewöhnen? Wie ist der momentane Wechselkurs?

»Ja, das bin ich«, sagte Joe. »Carter und ich haben vor Jahren zusammen auf Sizilien gearbeitet.«

Mitchell schaltete schnell. »Dann gehörten Sie also zum Team, das die Knochengrube entdeckt hat?«

Joe lächelte. Auch Wissenschaftler fühlten sich geschmeichelt, wenn ihr Ruf ihnen vorauseilte. »Ja, ich war dabei.«

»Eine großartige Leistung, eine bahnbrechende Arbeit«, schwärmte Mitchell. Dann hielt er inne, und sein Gesicht verdüsterte sich, und Carter konnte sich denken, warum. »Besuchen Sie nur Carter oder suchen Sie nach einer Stelle hier an der NYU?« Mit einem weiteren vollwertigen Professor über ihm auf der Karriereleiter würden Mitchells Aussichten auf eine Beförderung noch schlechter.

»Nein, nein. Ich bin nur für kurze Zeit hier, um zusammen mit meinem alten Freund an einer Sache zu arbeiten.«

Mitchell spitzte die Ohren, was Carter lieber nicht gesehen hätte.

»Tatsächlich? Was ist es?«

»Etwas, das ein paar technischer Analysen bedarf«, mischte Carter sich ein. »Nichts Besonderes.«

Als er das hörte, warf Joe ihm einen raschen Blick zu und begriff augenblicklich. »Manchmal, in Italien«, stimmte er um Mitchells willen zu, »haben wir nicht die Maschinen, die wir brauchen. Das ist alles.«

Aber Mitchell hatte bereits Lunte gerochen, und Carter wusste, dass er nicht so schnell wieder lockerlassen würde. »Werden Sie hier in diesem Labor arbeiten?«, fragte er. »Ich würde mich echt freuen, wenn ich Ihnen helfen könnte.«

»Nein, das ist nicht nötig«, sagte Carter. »Wir haben einen abgetrennten Bereich vorbereitet.« Carter tat es leid, dass er überhaupt so viel verraten musste. Er wollte das Projekt so geheim wie möglich halten, und ganz bestimmt wollte er den armen Mitchell nicht mit der Vorstellung quälen, dass buchstäblich vor seiner Nase eine weltbewegende Entdeckung gemacht wurde, eine jener Entdeckungen, die einem über Nacht eine Festanstellung bescherten.

Dann bemerkte er den orange-schwarzen Briefumschlag, der mit Klebeband an seinem eigenen Laborstuhl befestigt war.

»Was ist das?«, fragte Carter, und ehe er ihn öffnen konnte, platzte Mitchell heraus: »Eine Einladung zur Party.«

Carter zog die Karte, eine schwarze Katze mit ausgefahrenen Krallen, aus dem Umschlag. Das Kleingedruckte brauchte er indes gar nicht zu lesen.

»Sie findet am Abend vor Halloween statt«, erklärte Mitchell. »Wir dachten, dass dann mehr Leute kommen.«

»Tut mir leid, aber Beth und ich sind an dem Wochenende gar nicht in der Stadt.« Er blickte zu Joe hinüber, den diese Neuigkeit nicht im Geringsten zu beeindrucken schien. »Sorry, ich wollte es dir noch sagen.«

»Schade, dass ihr es nicht schafft«, sagte Mitchell, doch dann wandte er sich an Joe und fügte hinzu: »Aber vielleicht können Sie ja kommen? Je mehr, desto gruseliger.«

Carter reichte die Einladung an Joe weiter. »Warum nicht?« Ihm würde ein Stein vom Herzen fallen, wenn er wüsste, dass Joe sich amüsierte, während er auf dem Land war.

»Wir wohnen ganz in der Nähe«, fuhr Mitchell fort, »und meine Frau backt unglaubliche Brownies.«

»Danke«, sagte Joe, nickte und steckte die Einladung in seine Hemdtasche. »Ich werde mich freuen, zu kommen.«

»Wir sehen uns«, sagte Carter und führte Russo zur Tür. »Aber wir wollen dich nicht länger von der Arbeit abhalten.«

»Kein Problem«, erwiderte Mitchell und stand da wie ein Kind, das man einfach stehengelassen hatte. »Und denkt daran, falls ihr Hilfe braucht, braucht ihr bloß ein Wort zu sagen.«

Nachdem sie den Raum verlassen und Carter die Tür hinter sich geschlossen hatte, bedeutete er Joe, ihm zu folgen. Schweigend gingen sie den Korridor entlang und bogen um die Ecke, ehe Carter sagte: »Der Typ ist ganz in Ordnung, aber er schnüffelt gerne herum.«

Joe nickte. »Er ist sehr … beflissen.«

»Und wir sind vermutlich besser dran, wenn er nicht weiß, was hier passieren wird.« Mit diesen Worten öffnete Carter eine Metalltür, schaltete das Licht an und führte Joe durch einen Lagerraum, vollgepackt mit Kartons, Holzkisten und ausrangierten Geräten und Einrichtungsgegenständen. Am gegenüberliegenden Ende befand sich eine weitere Feuerschutztür, und um diese öffnen zu können, musste Carter einen Metallhebel hochziehen und dann mit der Schulter kräftig dagegendrücken. Quietschend schob sich die Tür über den Zementboden.

»Willkommen in deinem zweiten Zuhause«, sagte Carter, verbeugte sich und winkte Joe herein.

Eine geriffelte Metallrampe führte etwa einen Meter in die Tiefe. Joe stapfte hinunter und hielt sich dabei am eisernen Handlauf fest, und Carter folgte ihm. Schließlich standen sie in einem riesigen, einem Rohbau ähnlichen Raum mit schmutzigem Betonfußboden, dessen Wände von aufgestapelten Holzkisten verdeckt waren. Zwei riesige, durch schwere Vorhängeschlösser gesicherte Tore führten auf die Laderampe draußen an der Straße. In der am weitesten entfernten Ecke hockte Hank, der Hausmeister, an einem alten angeschlagenen grauen Schreibtisch. Er hatte eine Zeitung, ein Telefon und einen tragbaren Fernseher auf den Tisch gestellt und sah etwas, das nach einer Naturkundesendung klang. Carter verstand etwas wie »schnell floss das klare Wasser im breiten Strom dahin«. Als sie hereinkamen, blickte Hank auf und sagte: »Hey, Dr. Cox. Ich sitze hier schon den ganzen Tag, und kein Schwein hat sich mit irgendwas blicken lassen.«

»Ich weiß«, sagte Carter. »Und der Fund wird auch nicht vor dem späten Nachmittag hier sein. Wahrscheinlich nicht vor fünf oder sechs.«

Hank schüttelte den Kopf und schaltete den Fernseher aus. »So lange kann ich nicht bleiben.«

»Das verstehe ich«, sagte Carter. »Professor Russo ist jetzt hier …«

Hank und Joe nickten einander zu.

»… und wir können hier die Stellung halten. Alles, was wir brauchen, sind die Schlüssel für die Türen an der Laderampe.«

Hank stand auf und nahm einen massiven Schlüsselbund von seinem Gürtel. Er musterte diverse Schlüssel, bis er schließlich zwei große Schlüssel losmachte. »Diese hier sind für die Vorhängeschlösser. Sobald Sie die aufgeschlossen haben, drücken Sie den Knopf an der Wand dort drüben …«, er deutete auf einen roten Knopf in einem roten, auf die Wand gemalten Kreis, »… und die Türen öffnen sich. Sobald Sie noch einmal drücken, schließen sie sich wieder.« Er reichte Carter die Schlüssel. »Das war’s.«

»Danke.«

Hank blickte auf. »Sie haben noch gar nichts zu den Lampen gesagt, die ich zurechtgebastelt habe.«

Carter, der schon zuvor im Labor gewesen war, hatte sie bereits bewundert, aber es stimmte, er hatte bisher noch nichts zu Hank gesagt. »Sie sehen gut aus. Genau so etwas haben wir gebraucht.«

Über ihren Köpfen hatte Hank an zwei über Kreuz gespannten dicken Drähten vier helle Scheinwerfer befestigt.

»Sehen Sie sich das an«, sagte Hank stolz, ging zur Wand und drückte auf einen wackelig angebrachten Schalter. Auf der Stelle wurde der halbdunkle Raum mit der hohen Decke in blendend weißes Licht getaucht. Instinktiv bedeckte Carter seine Augen. War das nicht sogar noch mehr Wattleistung, als er ausgehandelt hatte? Als sich seine Augen an das grelle Licht gewöhnt hatten, blickte er zu Joe hinüber, der ebenso demonstrativ nicht nach oben blickte.

»Zu viel für Sie?«, fragte Hank. »Sie sagten, Sie wollten eine ganze Menge Licht haben, Professor.«

»Nein, es ist gut«, sagte Carter und nahm sich vor, nächstes Mal eine Baseballkappe mit langem Schirm mitzubringen.

»Also gut, wenn es für Sie okay ist, dann mach ich mal ’nen Abflug.« Hank zog den Stecker des Fernsehers, wickelte die Schnur um das Gerät und hielt dann noch einmal inne. »Soll ich Ihnen den Fernseher hierlassen? Er gehört mir, aber ich kann Ihnen den leihen, wenn Sie wollen.«

Plötzlich schien das Carter eine sehr gute Idee zu sein. »Wirklich?«

»Klar. Ich hole ihn dann morgen früh ab.« Hank zog seinen Parka von der Stuhllehne und ging in Richtung Metallrampe. »Ich hoffe, Sie müssen nicht allzu lange warten«, sagte er und verschwand durch die Tür, die in den Lagerraum führte.

»Ich werde Sonnencreme benutzen müssen, wenn wir hier arbeiten«, sagte Joe.

»Vielleicht können wir ihn dazu bringen, ein oder zwei Scheinwerfer wieder abzuklemmen.«

Joe sah sich nach einem zweiten Stuhl um, entdeckte einen zwischen zwei Holzkisten und zerrte ihn hinüber zum Schreibtisch. »Zeigt das amerikanische Fernsehen Fußball?«

»Nein, nur Football«, sagte Carter, der wusste, dass Russo europäischen Fußball meinte, der hier drüben Soccer hieß. »Aber an einem Sonntagnachmittag im Oktober stehen die Chancen verdammt gut, ein Spiel im American Football zu erwischen.« Carter wickelte das Kabel wieder ab, steckte den Stecker in die Steckdose und schaltete das Gerät ein. In der Sendung, die Hank sich angeschaut hatte, ging es anscheinend um Angeln in Minnesota, aber nachdem er zweimal weitergeschaltet hatte, stieß Carter auf die Übertragung des Spiels zwischen den Chicago Bears und den New York Jets. Seine Heimatstadt gegen seine Wahlheimat. Sie mochten noch einen langen Tag vor sich haben, aber so furchtbar würde es nicht werden.

Etwa jede Stunde einmal rief Carter beim Frachtbüro am Kennedy Airport an, um auf dem neuesten Stand zu bleiben. Nachdem er von einem schnellen Essenseinkauf vom Feinkostladen um die Ecke zurückkam, berichtete Joe ihm, dass das Büro angerufen habe, während er weg war. »Es ist am Boden«, sagte Joe, während Carter die Regentropfen von seiner Jacke wischte. Es hatte zu nieseln begonnen. »In etwa einer Stunde wird es hier sein.«

Carter konnte seine Erregung kaum verbergen, während Joe merkwürdig leidenschaftslos blieb. Er packte sein Roastbeef-Sandwich und die Cola aus, die Carter ihm mitgebracht hatte, und hielt den Blick starr auf den Fernseher gerichtet. Vielleicht lag es daran, dass er schon so lange mit dem Fossil lebte, dachte Carter. Inzwischen hatte es seinen Reiz für ihn verloren.

Entweder das, oder die nervöse Erschöpfung forderte ihren Tribut.

Keiner von ihnen hatte viel zu den Ereignissen der letzten Nacht gesagt, und Carter hatte es absichtlich heruntergespielt. Doch wenn Joe in den letzten paar Wochen so gelebt hatte, konnte Carter nachvollziehen, warum er so müde und verstört wirkte. Und was das Kruzifix über dem Sofa anging … nun, Joe wäre nicht der erste Wissenschaftler, dem Carter begegnete, der insgeheim zu einem Glaubenssystem Zuflucht nahm, das kaum mit der empirischen Natur seiner – ihrer– Berufung in Einklang zu bringen war.

Genau zwei Stunden später kam der Truck am Bio-Gebäude an. Noch ehe der Fahrer geklingelt hatte, hörte Carter, wie der Wagen rückwärts an die Laderampe heranfuhr. Wie ein Kind am Weihnachtsmorgen sprang Carter von seinem Stuhl auf und fummelte mit den Schlüsseln an den Vorhängeschlössern herum. Als er die Schlösser endlich aufbekommen hatte, hatte der Fahrer auch die Klingel erreicht, und ein lautes Scheppern hallte durch den Raum. Joe steckte sich die Finger in die Ohren, während Carter auf den roten Knopf drückte, der den elektrischen Türöffner in Gang setzte. Langsam öffneten sich die großen Tore, mit einem schrillen Winseln, das in die Kakophonie einfiel.

Es war dunkel geworden, und die Ladezone draußen wurde von den hellen roten Rücklichtern des Trucks und dem unheilvollen grellgelben Licht der Straßenlaternen beleuchtet. Ein kalter Wind wehte, blies so kräftig, dass die Straßenlaternen schwankten und unruhige Schatten auf den nassen schwarzen Asphalt warfen. Ein heftiger Regenguss ging schräg nieder, trommelte hart auf das Dach des Trucks und verschwand gurgelnd in den Regenrinnen.

Carter stand am Eingang und wurde erneut vollkommen nass, aber er kümmerte sich nicht darum. Er wollte nur das Fossil sehen. Zwei Arbeiter hatten bereits eine Rampe ausgelegt, die vom Truck auf den Boden führte. Bis jetzt konnte Carter nur einen riesigen dunklen Block im Inneren des Trucks erkennen. Er war in strapazierfähige Plastikplanen verpackt, die mit breiten Streifen hellgelben Klebebandes verklebt waren, und mit mehreren dicken silbrigen Ketten gesichert. Es sah aus, als stünde er leicht erhöht auf einer Art Plattform.

Ein kleiner Mann in brauner Militäruniform sprintete aus der Fahrerkabine des Trucks und rannte ins Gebäude. Er trug eine Mütze mit seinen Rangabzeichen, und sobald er es unter das Dach des improvisierten Labors geschafft hatte, riss er sich die Mütze vom Kopf und klopfte sich das Regenwasser von dem glänzenden schwarzen Schirm.

» ProfessoreCox?«, sagte er mit starkem Akzent zu Carter.

»Ja, das bin ich.«

Die Augen des Mannes waren klein und dunkel wie Kieselsteine. Sein Blick wanderte im Raum herum, während er sprach. »Ich bin Leutnant DiPalma. Ich bin für die Fracht zuständig. Ich kann die Ladung nur Ihnen geben.«

»Großartig, dann sind wir uns ja einig. Ich nehme sie.«

»So einfach ist das nicht. Zuerst muss ich Ihre Kopie der internationalen Frachtpapiere sehen. Sie haben sie doch bei sich, oder?«

»Ach ja, natürlich.« Carter drehte sich um, um sie zu holen, aber Joe brachte sie ihm bereits vom Schreibtisch. »Dies ist Professor Russo«, sagte Carter, »der Mann, der …«

»Ich weiß, wer der Professoreist«, unterbrach DiPalma ihn, nahm die Papiere und begann sie durchzusehen. » Non vedo l’ora di lasciare questi problemi nelle tue mani«, ratterte er an Joe gewandt los.

» Perché

» Da quando ho preso controllo di questo, è stato un problema dopo l’altro. Un soldato è rimasto gravemente ferito caricandola a Frascati. Abbiamo avuto mal tempo per il viaggio intero. Abbiamo dovuto fermarsi a Halifax per rifornirsi di carburante.« Er blätterte eine weitere Seite um und unterschrieb hastig.

Carter, der bei diesem schnellen Italienisch nicht mitgekommen war, blickte zu Joe hinüber. Dieser nickte und murmelte: »Probleme. Ein schlimmer Sturm die ganze Zeit über.« Er klang, als hätte er nichts anderes erwartet.

»Ist das der Grund, warum ich meine, dass er Halifax erwähnt hat?«

»Ja. Sie mussten dort zwischenlanden, um aufzutanken.«

»Ich bin froh, dass es nicht schlimmer gekommen ist.«

»Das stimmt leider nicht.« Joe blickte ihn ruhig an. »In Frascati wurde ein Soldat schwerverletzt. Als der Fels verladen wurde.«

Langsam war Carter dankbar, dass das Fossil überhaupt angekommen war. Er schüttelte den Kopf. »Hast du mir nicht erzählt, dass dieser Typ auf seiner Hochzeitsreise …«

»Ja, er starb. In der Höhle.«

»Oh«, sagte Carter. »Das ist ja, als läge ein Fluch darauf.«

Joe wandte rasch den Blick ab, während die LKW-Fahrer ein paar schwere Ketten an dem Felsblock befestigten. Anschließend wurden die Ketten an einer elektrischen Winde am hinteren Teil der Ladefläche des Trucks befestigt. Carter vermutete, dass man den Block auf diese Weise kontrolliert die Rampe herunterlassen konnte.

Der Leutnant warf einen kurzen Blick zurück auf den Truck und sagte: »Sorgen Sie dafür, dass der Stein sehr sicher ist, Gentlemen. Er ist sehr alt.«

Die Männer hielten die Köpfe gesenkt und erledigten ihre Arbeit wortlos und so schnell sie konnten. Carter fiel auf, dass auch sie aussahen, als könnten sie diesen Auftrag gar nicht rasch genug hinter sich bringen.

DiPalma riss die letzte Seite von Carters Dokumenten ab, faltete sie zusammen und schob sie in seine Tasche. Dann zog er ein weiteres Dokument hervor, geschrieben in Italienisch, mit jeder Menge offizieller Stempel darauf. »Sie müssen dies hier noch unterschreiben, hier und hier«, sagte DiPalma und tippte mit dem Finger auf zwei Stellen am unteren Rand.

Carter, der das italienische Behördenkauderwelsch auf die Schnelle nicht rasch genug entziffern konnte, hielt das Blatt Joe hin, der es überflog und erklärte: »Es ist nur die Quittung für die Auslieferung und geht wieder zurück an die Accademia in Rom.«

Während Carter pflichtbewusst unterschrieb, tappte DiPalma nervös mit dem Fuß auf dem immer nasser werdenden Beton. Regenwasser spritzte in das improvisierte Labor und tropfte von der Rückseite des Trucks auf die Rampe. Als Carter fertig war, schnappte sich DiPalma die Quittung, gerade als die Winde eingeschaltet wurde. Mit einem lauten knirschenden Stöhnen erwachte sie zum Leben, und DiPalma machte einen Satz zur Seite, weg von der Rampe.

»Langsam«, schrie er den Arbeitern am Truck zu, »langsam!«

Der Block hatte die Größe von mehreren Kühlschränken. Auf jeder Seite stand ein Arbeiter, als er begann, sich in Bewegung zu setzen. Carter nahm an, dass sie Angst hatten sich zu verletzen und deswegen die Hände von dem Felsen ließen. Jetzt konnte er erkennen, dass er auf einen stählernen Transportkarren montiert worden war, dessen breite Räder wütend polterten, als sie die geriffelte Metallrampe berührten.

Joe war ebenfalls auf Abstand gegangen und stand neben dem Schreibtisch. Sein starr auf den Felsblock gerichteter Blick wirkte misstrauisch. Auf Carter wirkten der Leutnant, Joe und die Arbeiter wie ein Haufen scheuender Pferde, die Rauch in ihrem Stall rochen. Was ihn selbst anging, so hätte er nicht aufgeregter sein können. Der Block war bereits zur Hälfe die Rampe herunter.

Und dann, so schnell, dass er nur noch instinktiv reagieren konnte, passierte es. Er hörte einen der Arbeiter schreien: »Vorsicht!«, und sah, wie die Kette, die den Transportkarren hielt, mit der gesamten Länge von der Ladefläche des Trucks schoss, zuckend wie eine wütende Klapperschlange. Er sprang hoch, als die wild um sich schlagende Kette unter seinen Füßen entlangpeitschte, dann wirbelte er zum Schreibtisch und Joe herum, der sich platt auf die Tischplatte warf, als die Stahlglieder sich um die Tischbeine wickelten und den ganzen Tisch mehrere Meter über den Boden zogen.

» Dio!«, brüllte DiPalma.

Der Felsblock, jetzt nicht mehr durch die Kette gesichert, rollte durch den Raum. Die Räder des Karrens kreischten auf dem Zementboden. Er drehte sich einmal halb um sich selbst, ehe er durch sein enormes Gewicht unvermittelt knirschend stehen blieb und es still wurde.

Das Ganze hatte nur wenige Sekunden gedauert. Joe klammerte sich an den Schreibtisch wie ein Schiffbrüchiger an ein Floß, der Leutnant bekreuzigte sich und murmelte etwas auf Italienisch, und einer der Arbeiter im Truck taumelte die Rampe hinunter. »Dieser gottverdammte verhexte Brocken«, fluchte er und umklammerte seinen rechten Arm. »Ich glaube, ich habe mir das Handgelenk gebrochen.«

Carter holte tief Luft, dann stieß er den Atem langsam aus. Ganz ruhig, sagte er sich. Das scheinbar endlose Stück der abgerissenen Kette lag wie ein erschöpftes Tier auf dem Boden. Der Felsblock war nicht beschädigt worden, er war sogar genau da zum Stehen gekommen, wo er ihn hinhaben wollte, unterhalb der Scheinwerfer, die Hank zusammengebastelt hatte.

»Dieses verdammteDing«, stöhnte der Arbeiter, setzte sich auf die Rampe und krümmte sich schützend über seinen verletzten Arm. Carter ging zu ihm und sagte: »Ein paar Blocks weiter ist ein Krankenhaus. Ich werde ein Taxi rufen und Sie hinbringen.«

»Ich weiß, wo das Krankenhaus ist«, sagte der Arbeiter empört, »und ich komme schon allein hin.«

»Das Fossil?«, fragte Joe und kam zaghaft näher. Unwillkürlich musste er an den Traum denken, den er in Rom gehabt hatte.

»Das sieht gut aus«, sagte Carter. »Gott sei Dank ist es nicht umgekippt.«

Im großen Bogen ging Joe um den Felsbrocken herum und inspizierte ihn vorsichtig. Er dachte an seinen Albtraum von dem losen Seil, das gegen den Felsen schlug. War das womöglich tatsächlich eine Warnung gewesen?

Leutnant DiPalma bückte sich, um die Kette vom Tischbein zu wickeln, und sie mit der Hilfe des unverletzten Arbeiters zurück auf die Ladefläche des Trucks zu werfen. Sie schlug mit einem gedämpften Rasseln auf. Er kam noch einmal zu Carter zurück und erklärte: »Das Fossil gehört jetzt Ihnen, Professore.« Er sagte es mit einer offenkundigen Erleichterung, als würde er vor einem unsichtbaren Gericht unter Eid aussagen. Er rückte seine Mütze zurecht und streckte zum Abschied die Hand aus. Carter schüttelte sie, und der Leutnant hielt sie fest und sagte: »Seien Sie vorsichtig.« Sein Blick huschte zum brütenden Felsblock hinüber und kehrte dann vielsagend zu Carter zurück. »Ein Unfall, verstehen Sie, ist schnell passiert.«


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