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Packeis
  • Текст добавлен: 12 октября 2016, 05:46

Текст книги "Packeis"


Автор книги: Clive Cussler


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Триллеры


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Der Artikel beschäftigte sich mit einem Unternehmen, das von Dr. Janos, einem ungarischen Unternehmer, der während des Zweiten Weltkriegs nach Amerika flüchtete, gegründet worden war. Seine Firma produzierte eine Reihe neuartiger Haushaltsgeräte, die nach elektromagnetischen Prinzipien arbeiteten und ihn zum Millionär gemacht hatten. Schroeder lächelte. Zu dem Bericht gehörte zwar kein Foto von dem öffentlichkeitsscheuen Erfinder, doch das Kovacs’sche Genie trat bei jedem Produkt offen zu Tage.

Es war gerade die Phase der Schneeschmelze, die Zeit zwischen der Ski– und der Wandersaison, daher packte er eines Tages seine Sachen und stieg in einen Zug nach Detroit. Das Janos-Labor befand sich in einem unauffälligen Gebäude. Er musste mehrere Leute in der Nachbarschaft fragen, um seine genaue Adresse zu erfahren.

Von einem geparkten Auto aus beobachtete er die Eingangstür. Die Geduld, die er sich bei früheren Überwachungen verdächtiger Personen angeeignet hatte, wurde schließlich belohnt. Eine Cadillac Limousine erschien vor dem Gebäude. Doch anstatt davor anzuhalten, fuhr sie durch eine Gasse zur Rückseite des Gebäudes. Die Limousine fuhr wieder los, noch ehe er sehen konnte, wer in sie eingestiegen war. Er folgte dem Wagen bis zu einem exklusiven Viertel in Grosse Point, einem Stadtteil von Detroit, wo zahlreiche leitende Manager verschiedener Autohersteller wohnten. Er verlor die Limousine aus den Augen, als sie durch das Tor eines mit hohen Mauern umgebenen Anwesens verschwand.

Am nächsten Nachmittag erschien er wieder vor dem Labor. Er parkte so, dass er einen ungehinderten Blick auf die Seitengasse hatte, die zur Rückseite des Gebäudes führte. Als die Limousine auftauchte, stieg er aus und ging hinüber zu der Gasse. Der Chauffeur, der die Tür aufhielt, warf ihm einen kurzen Blick zu, glaubte jedoch, dass Schroeder ein Penner war, den man getrost ignorieren konnte.

Ein Mann trat aus der Hintertür und ging zur Limousine. Er blickte in Schroeders Richtung, schickte sich an, in den Wagen zu steigen, dann schaute er wieder herüber. Ein breites Grinsen erschien auf seinem Gesicht. Zur großen Verwirrung des Chauffeurs ging sein Arbeitgeber hinüber, legte die Arme um den Streuner und drückte ihn an seine Brust.

»Nach all den Jahren, was, in Gottes Namen, haben Sie denn hier zu suchen?«, fragte Kovacs.

»Ich dachte mir, dass Sie vielleicht Lust auf eine kleine Spazierfahrt im Schnee haben«, erwiderte Schroeder ebenfalls grinsend.

Kovacs reagierte mit einem Ausdruck gespielten Entsetzens. »Aber nicht, wenn Sie am Lenkrad sitzen.«

»Sie sehen gut aus, alter Freund.«

»Ja, Sie auch. Allerdings auch anders. Ich war mir anfangs nicht ganz sicher. Aber es ist derselbe alte Karl.«

»Ich hätte nicht hierher kommen sollen«, sagte Schroeder.

»Ich bitte Sie, mein Freund, das Schicksal hat gewollt, dass wir uns wiedersehen. Ich habe Ihnen so viel zu verdanken.«

»Zu wissen, dass Sie gesund sind und dass es Ihnen gut geht, ist für mich Dank genug. Jetzt muss ich wieder gehen.«

»Zuerst müssen wir reden«, sagte Kovacs. Er sagte seinem Fahrer, er solle warten, und ging voraus ins Labor. »Hier ist niemand mehr«, meinte er.

Sie durchquerten Laborräume, die mit elektrischen Apparaturen gefüllt waren, die eher in Dr. Frankensteins Labor gepasst hätten, und ließen sich dann in einem luxuriös eingerichteten Büro nieder.

»Sie haben es geschafft«, stellte Schroeder fest. »Das freut mich sehr.«

»Ja, ich habe Glück gehabt. Und Sie?«

»Ich bin zufrieden, obgleich es in meiner Behausung bei Weitem nicht so prächtig aussieht wie in Ihrer.«

»Sie waren in meinem Haus? Natürlich, ich hätte es mir denken können. Sie besetzen alle Bases, wie man in meiner neuen Heimat, dem Mutterland des Baseballspiels, zu sagen pflegt.«

»Haben Sie Familie?«

Ein dunkler Schatten schien über Kovacs’ Miene zu gleiten, doch dann lächelte er. »Ja, ich habe wieder geheiratet. Und Sie?«

»Es hat zwar einige Frauen gegeben, aber ich bin immer noch ein Einzelgänger.«

»Sehr schade. Ich würde Sie gerne meiner Frau und meiner Tochter vorstellen.«

Schroeder schüttelte den Kopf. Diese Begegnung sei das Äußerste, sagte er. Kovacs meinte, das verstehe er. Schroeders Erscheinen würde zu viele Fragen aufwerfen. Sie beide hatten immer noch erbitterte Feinde. Sie unterhielten sich noch gut eine Stunde lang, bis Schroeder schließlich die Frage stellte, die ihn schon die ganze Zeit beschäftigte.

»Ich gehe davon aus, dass Sie die Frequenzen vergraben haben, oder?«

Kovacs tippte gegen seine Stirn. »Hier oben, für jetzt und alle Zeiten.«

»Sie sind sich bewusst, dass es einen Versuch gab, aus Ihrer Arbeit Nutzen zu schlagen. Die Russen haben im Labor einiges Material gefunden und alles Mögliche versucht, es für ihre Zwecke zu verwenden.«

Kovacs lächelte. »Ich bin wie die alte Tante, die für die Familie ihr Keksrezept aufschreibt, jedoch eine wichtige Zutat weglässt. Ihre Experimente hätten sie niemals ans Ziel gebracht.«

»Sie haben es versucht. Unsere neue Heimat hat ähnliche Forschung betrieben, sobald die Regierung erfuhr, was im Gange war. Dann hörten die Experimente auf.«

»Es gibt keinen Grund zur Sorge. Ich habe nicht vergessen, was meine Arbeit meiner ersten Familie angetan hat.«

Zufrieden mit dieser Antwort, verkündete Schroeder, er müsse gehen. Sie schüttelten sich die Hand und umarmten sich. Schroeder nannte Kovacs eine Adresse, über die er sich mit ihm in Verbindung setzen könne. Sie gelobten einander, sich irgendwann wieder zu treffen, doch Jahre vergingen ohne einen Kontakt. Dann, eines Tages, fand Schroeder in seinem anonymen Briefkasten eine Nachricht von dem Ungarn.

»Ich brauche abermals Ihre Hilfe«, lautete die Nachricht.

Als er ihn anrief, sagte der Wissenschaftler: »Etwas Schreckliches ist passiert.«

Diesmal begab Schroeder sich direkt zu der Villa in Grosse Point. Kovacs empfing ihn an der Tür. Er sah furchtbar aus. Das Alter hatte es gut mit ihm gemeint, die einzige sichtbare Veränderung waren zusätzliche graue Strähnen in seinen Haaren, aber unter seinen Augen lagen dunkle Ringe, und seine Stimme klang heiser, als ob er geweint hätte. Sie setzten sich ins Arbeitszimmer, und Kovacs berichtete, dass seine Frau vor ein paar Jahren gestorben war. Ihr Sohn habe eine wunderbare Frau geheiratet, erzählte er weiter, doch beide seien ein paar Wochen zuvor bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen.

Als Schroeder ihm sein Mitgefühl aussprach, bedankte Kovacs sich und meinte, es gebe eine Möglichkeit, wie er helfen könne. Er schaltete die Haussprechanlage ein und sagte etwas, und fünf Minuten später kam eine Kinderfrau herein. Auf dem Arm trug sie ein bildschönes, blondes Baby.

»Meine Enkeltochter Karla«, sagte Kovacs und nahm stolz das Baby auf den Arm. »Ich habe sie nach einem alten Freund genannt, der, wie ich hoffe, bald ihr Pate sein wird.«

Er reichte Schroeder das Mädchen. Unbeholfen hielt er es im Arm. Er war tief berührt von dem Angebot und erklärte sich sofort bereit, die damit verbundene Verantwortung zu übernehmen. Während das Mädchen heranwuchs, unternahm er mehrere Reisen nach Grosse Point, wo er als Onkel Karl auftrat und schon bald von ihrer Anmut und Intelligenz überwältigt war. Einmal verbrachten sie gemeinsam mehrere Tage in Montana. Sie saßen auf der Veranda seines Blockhauses und schauten dem Mädchen dabei zu, wie es Schmetterlinge jagte, als Kovacs offenbarte, dass er todkrank sei.

»Ich werde bald sterben. Mein Enkelkind ist versorgt. Aber ich möchte, dass Sie versprechen, auf sie aufzupassen, so wie Sie einmal auf mich aufgepasst haben, und sie vor jedem Schaden zu bewahren.«

»Es wird mir ein Vergnügen sein«, sagte Schroeder, der sich damals nicht hatte träumen lassen, dass er dieses Versprechen eines Tages würde einhalten müssen.

Das letzte Mal hatte er Karla während der Beerdigung ihres Großvaters gesehen. Sie hatte mit dem College begonnen, wo sie eifrig studierte, und besaß zahlreiche Freunde. Sie war zu einer reizenden und intelligenten jungen Frau herangewachsen. Von Zeit zu Zeit zog er Erkundigungen über sie ein, um sich zu vergewissern, dass es ihr gut ging, und verfolgte voller Stolz ihren Werdegang. Es war Jahre her, seit sie sich das letzte Mal gesehen hatten. Er fragte sich, ob sie ihn wiedererkennen würde.

Er biss die Zähne zusammen. Eiserne Entschlossenheit trieb ihn an.

Egal was es kostete, er wusste, dass er sie aufsuchen musste, ehe siees taten.

6

Der Eindringling glitt durch das dunkle Wasser und erzeugte eine Wolke von Luftblasen, die Fischschwärme durcheinander wirbelte wie Herbstlaub. Während das ein Meter fünfzig lange Torpedo durch die See flog, schleuderte der Wandler, der unter seiner stählernen Haut pulsierte, mit Höchstgeschwindigkeit Energiestöße zum Meeresgrund. Ein elektronisches Ohr fing die zurückgeworfenen Echos auf, und die vom sonaren Treidelfisch aufgesammelten Daten rasten mit Lichtgeschwindigkeit durch ein einige hundert Meter langes, abgeschirmtes faseroptisches Kabel. Das dicke Kabel schlängelte sich auf das Deck eines Schiffs mit türkisfarbenem Rumpf, das knapp vierhundert Kilometer östlich der Atlantikküste der Vereinigten Staaten eine schäumende Kiellinie in den Ozean pflügte.

Das Kabel endete im Beobachtungskontrollzentrum auf dem Hauptdeck des Schiffs. Austin saß vor einem matt leuchtenden Monitorschirm und analysierte die vom Sidescan-Sonar produzierten Bilder. Als revolutionäres Unterwasserforschungswerkzeug, erfunden von dem mittlerweile verstorbenen Dr. Harold Edgerton, gestattete das Sidescan-Sonar eine schnelle Abtastung weiter Flächen Meeresboden.

Ein dunkle vertikale Linie vom oberen zum unteren Rand des Monitorschirms zeigte den Weg des Forschungsschiffs. Breite farbige Streifen auf beiden Seiten der Linie symbolisierten die Bereiche an Backbord und Steuerbord, die von dem Sidescan-Sonar erfasst wurden. Auf der rechten Bildschirmseite waren die Uhrzeit und die aktuellen Navigationsangaben abzulesen.

Austin betrachtete konzentriert den Bildschirm, das Gesicht vom Widerschein seines Lichts bernsteinfarben schimmernd, achtete auf jede visuelle Nuance. Es war ein ermüdender Job, und er übte ihn bereits seit zwei Stunden aus. Er hatte für einen kurzen Moment den Blick vom Bildschirm gelöst und rieb sich die Augen, als Zavala und Adler hereinkamen. Zavala trug eine Thermoskanne und drei Tassen, die er aus der Messe geholt hatte, in der Hand.

»Kaffeepause«, verkündete er. Er füllte die Tassen und reichte sie herum.

Austin verbrannte sich an dem Kaffee die Lippen, doch er beklagte sich nicht und war stattdessen dankbar, dass der Schmerz ihn wieder hellwach werden ließ. »Danke für dieses Koffein-Doping«, sagte er. »Mir fielen schon langsam die Augen zu.«

»Ich kann gerne die nächste Schicht übernehmen«, bot Zavala sich an.

»Danke. Ich schalte den Scan einstweilen auf Autopilot und zeige dir und dem Professor, was wir getan haben.«

Austin justierte den Sonarmonitor, damit er sich sofort durch ein Summen bemerkbar machte, sobald er ein Objekt aufspürte, das länger war als zwanzig Meter, dann versammelten sich die drei Männer um einen Kartentisch.

»Wir veranstalten eine Suche auf mittlerer Distanz, um so viel Meeresboden wie möglich zu überprüfen, ohne zu ungenauen oder verfälschten Ergebnissen zu gelangen«, erklärte Austin. »Die Meerestiefe beträgt hier ungefähr hundertachtzig Meter. Wir haben zwanzig Kilometer große Quadrate entlang der wahrscheinlichen Route des vermissten Schiffs markiert.« Er fuhr mit dem Finger an der Begrenzungslinie eines Rechtecks entlang, das mit Fettstift auf ein transparentes Deckblatt gezeichnet worden war. »Das Suchschiff folgt in jedem Quadrat imaginären parallelen Linien wie jemand, der einen Rasen mäht. Wir haben dieses Quadrat zur Hälfte abgesucht. Wenn wir das Schiff nicht in diesem Sektor finden, setzen wir unsere Suche in einer Reihe einander überlappender Quadrate fort.«

»Seid ihr auf irgendetwas Interessantes gestoßen?«, fragte Zavala.

Austin verzog das Gesicht. »Keine Meerjungfrauen, wenn du das meinst. Jede Menge Schlamm mit harten Sedimentanteilen dazwischen, Gesteinsbrocken, kleine Vertiefungen, großräumige Senken, Fischschwärme und alles Mögliche, was man auf dem Meeresboden so finden kann. Allerdings keine Spur von unserem Schiff – oder von irgendeinem Schiff, was das betrifft.«

Adler schüttelte frustriert den Kopf. »Man sollte doch annehmen, dass es mit all diesen elektronischen Spielereien nicht allzu schwierig sein dürfte, ein Schiff aufzuspüren, das länger ist als zwei aneinandergelegte Fußballfelder.«

»Der Ozean ist riesengroß. Aber wenn überhaupt irgendein Schiff die Bellefinden kann, dann ist es die Throckmorton« ,versicherte Austin.

»Kurt hat Recht. Die Instrumente auf diesem Schiff können einem die Farbe der Augen eines Röhrenwurms in tausend Faden Tiefe verraten«, fügte Zavala hinzu.

Adler lachte verhalten. »Tiefseebiologie ist nicht gerade meine Disziplin, aber ich hatte nicht die geringste Ahnung, dass diese bemerkenswerten Lebewesen überhaupt Augen besitzen.«

»Joe übertreibt, aber nur ganz wenig«, erklärte Austin lächelnd. »Die Technik, die uns auf der Throckmortonzur Verfügung steht, kann als Bestätigung für all jene angesehen werden, die behaupten, dass Menschen den Grund des Ozeans unter die Lupe nehmen können, ohne sich auch nur nasse Füße zu holen. Anstatt eingezwängt in einem Tauchboot zu hocken, sitzen wir hier gemütlich bei einer Tasse Kaffee, während der Sidescan-Torpedo uns die Arbeit abnimmt.«

»Und was denken Sie,Kurt?«

Austin überlegte kurz. »Es steht außer Zweifel, dass jemand wie Joe einen Unterwasserroboter bauen kann, der darauf programmiert werden kann, alles auszuführen, außer einem die Tageszeitung und die Hausschuhe zu bringen.«

Als brillanter Mechaniker und Ingenieur hatte Zavala zahlreiche Unterwasserfahrzeuge, bemannte wie unbemannte, für die NUMA konstruiert und gebaut.

»Interessant, dass du ausgerechnet darauf zu sprechen kommst«, sagte Joe, »aber wie es der Zufall will, arbeite ich soeben an einem Modell, das genau das perfekt beherrscht und außerdem noch einen teuflisch guten Margarita mixt.«

»Womit Joe meine Behauptung nur bestätigt.« Austin deutete auf die Bildschirme, die die Wände der Beobachtungszentrale bildeten. »Aber was in der komfortablen Umgebung dieses Raums fehlt, ist der Hunger nach jenem Element, das die menschliche Rasse davor bewahrt, zu verkümmern wie eine unnütze Gliedmaße. Ich meine das Abenteuer.«

Adler lächelte. Er freute sich darüber, genau die richtige Entscheidung getroffen zu haben, als er sich mit der Bitte um Unterstützung an die NUMA gewandt hatte. Austin und Zavala waren offensichtlich hochintelligente Wissenschaftler, die über erhebliches Wissen auf den exotischsten Gebieten der Meeresforschung verfügten. Aber mit ihrer athletischen Erscheinung, ihrem skurrilen Humor und ihren gutgemeinten gegenseitigen Frotzeleien wirkten die beiden NUMA-Männer irgendwie anachronistisch. Sie kamen ihm eher wie unternehmungslustige Haudegen aus dem achtzehnten Jahrhundert vor und hatten mit den Meeresforschung betreibenden, verschroben pedantischen und eher wortkargen Akademikern, an die er gewöhnt war, herzlich wenig zu tun. Er hob seine Kaffeetasse zu einem Toast.

»Auf das Abenteuer«, sagte er.

Die anderen hoben ebenfalls ihre Tassen. »Vielleicht wird es Zeit, dass wir einen Wellenexperten ins Spezialteam holen«, sagte Austin.

Ein aufgeregtes Summen aus dem Lautsprecher des Sonarmonitors beendete Adlers belustigtes Lachen ziemlich abrupt.

Austin stellte seine Kaffeetasse beiseite und ging zum Sonarschirm. Er betrachtete ihn einige Sekunden lang. Dann verzog sein Mund sich zu einem breiten Grinsen, und er wandte sich an den Professor. »Sie sagten vorhin, dass Sie sich zuerst die Schäden auf der Southern Belleanschauen wollten, ehe Sie mit Ihren Theorien herausrücken.«

»Ja, das stimmt«, entgegnete Adler. »Ich hoffe doch sehr, dass ich irgendwie erfahre, weshalb genau die Belleuntergegangen ist.«

Austin drehte den Schirm herum, so dass der Professor das Bild eines Schiffs erkennen konnte, das knapp dreihundert Meter unter ihnen auf dem Meeresgrund lag.

»Sie werden Ihre Chance bekommen.«

Die See hatte keine Zeit vergeudet, von der Southern BelleBesitz zu nehmen.

Das Schiff, das von den Lichtkegeln der starken Scheinwerfer des ferngesteuerten Vehikels eingefangen wurde, hatte kaum noch Ähnlichkeit mit dem prachtvollen Ozeanriesen, der einst wie eine bewegliche Insel die Fluten der Weltmeere geteilt hatte. Sein blauer Rumpf war mit einem grünlich grauen Bewuchs bedeckt, der dem Schiff das Aussehen eines müden, zottigen Hundes verlieh. Man hätte meinen können, dem Schiff wäre ein Fell gewachsen. Mikroorganismen hatten sich im Seetang angesiedelt und lockten Fischschwärme an, die in den Nischen und Winkeln des Wracks, das sich in einen riesigen Brutkasten vielfältigen marinen Lebens verwandelt hatte, nach Nahrung stöberten.

Das ROPOS ROV war vom kantigen Heck der Throckmortonzu Wasser gelassen worden, kurz nachdem Austin die Brücke davon informiert hatte, dass die Sonarsuche das Schiff aufgespürt habe und ein recht genaues Bild von ihm liefere. Das Remote Operated Vehicle, kurz ROV, war etwa zwei Meter lang und jeweils einen Meter breit und hoch und hatte in etwa die Form eines seetüchtigen Kühlschranks. Trotz seiner eher klobigen äußeren Form übertraf das ROV in Bezug auf seine Funktionen die früheren ferngesteuerten Modelle um ein Vielfaches. Es war mittlerweile zu einem beweglichen meereskundlichen Labor herangereift, das eine Vielzahl wissenschaftlicher Aufgaben erledigen konnte.

Das ROV verfügte über zwei Videokameras, Zwillingsgreifer, Vorrichtungen zum Einsammeln von Materialproben jeglicher Art sowie sonare wie digitale Datenleitungen. Das Vehikel war mit dem Schiff über eine faseroptische Leitung verbunden, die eine Kommunikation und die Liveübertragung von Video– und anderen Daten ermöglichte. Angetrieben von einem vierzig PS starken Elektromotor, war das ROV schnell in knapp zweihundert Meter Tiefe abgestiegen, wo das Schiff aufrecht auf dem Meeresboden ruhte.

Joe Zavala saß vor der Kontrolltafel und lenkte den kastenförmigen Unterwasserroboter mittels eines Joysticks. Zavala war ein erfahrener Pilot, der Hunderte Stunden in Helikoptern, kleinen Jets und Turbopropflugzeugen gesessen hatte, doch die Steuerung eines Objekts, das einige Hundert Meter weit entfernt operierte, erforderte an den Kontrollen die sensible Hand eines halbwüchsigen Videospielsüchtigen.

Während er das Videobild auf dem Schirm aufmerksam beobachtete, lenkte Zavala das ROV, als säße er darin. Mit fester, aber äußerst behutsamer Hand am Joystick gab er dem Vehikel vorsichtige Befehle, um die Strömungswechsel auszugleichen. Bei jeder Bewegung des Joysticks musste er darauf achten, dass das ROV sich nicht in seiner eigenen Nabelschnur verfing.

Die Stimmung in der dicht besetzten Steuer– und Beobachtungszentrale war angespannt und ernst. Mannschaftsangehörige und Wissenschaftler waren in dem Raum zusammengekommen, nachdem die Nachricht von der Entdeckung der Southern Bellesich wie ein Lauffeuer im Schiff verbreitet hatte. Die stummen Beobachter betrachteten die geisterhaften Bilder des toten Schiffs wie Trauernde den Sarg des Verstorbenen während einer Begräbnisfeier.

Die anfängliche Aufregung über die Entdeckung des Schiffs hatte sich inzwischen gelegt und war durch eine von Nüchternheit geprägte Stimmung abgelöst worden. Diejenigen, die sich der See verschrieben haben, sind sich darüber im Klaren, dass das solide Deck unter ihren Füßen auf einem wogenden Fundament Meerwasser ruht, das mindestens genauso trügerisch wie zugleich schön ist. Jeder auf der Throckmortonwusste, dass das gesunkene Schiff für seine Besatzung zum Sarg geworden war. Alle waren sich der Tatsache bewusst, dass sie das gleiche Schicksal erleiden könnten. Es gab keine Spur von den Männern, die mit der Southern Belleuntergegangen waren, jedoch war es unmöglich, sich die letzten grauenvollen Sekunden der todgeweihten Mannschaft des Frachtschiffs nicht vorzustellen.

Indem er sich ausschließlich auf seine Aufgabe konzentrierte, brachte Zavala das ROV auf Deckniveau hinunter und ließ es vom Bug zum Heck über den Frachter gleiten. Normalerweise hätte er besonders darauf achten müssen, dass das Vehikel nicht mit den Masten oder den Funkantennen kollidierte, doch das Oberdeck der Bellewar so glatt und eben wie ein Billardtisch. Die Kamera fing verbogene und geborstene Stahlbolzen ein, wo die Kräne und Hebebäume, mit denen die Frachtcontainer an Bord hin und her bewegt werden konnten, wie Zahnstocher abgebrochen waren.

Während das ROV über das Achterdeck des Schiffs hinwegschwebte, erfassten seine Scheinwerfer eine rechteckige Öffnung im Deck.

Zavala murmelte auf Spanisch einen Fluch. »Das Deckhaus ist verschwunden«, sagte er dann.

Austin beugte sich über Zavalas Schulter. »Such gleich mal die nähere Umgebung des Schiffs ab«, schlug er vor.

Zavala betätigte den Joystick, und das Vehikel stieg über dem Deck in die Höhe. Es beschrieb über dem Schiff eine nach außen gerichtete Spirale, doch von dem Deckhaus war nirgendwo etwas zu sehen.

Professor Adler hatte das Geschehen schweigend verfolgt. Er tippte Austin leicht auf den Arm und begab sich mit ihm zum anderen Ende des Raums, weg von der Gruppe, die sich um den Monitor des ROV drängte.

»Ich denke, es wird Zeit, dass wir uns eingehend unterhalten«, flüsterte der Professor.

Austin nickte und kehrte zur Kontrolltafel zurück. Er sagte Joe Bescheid, dass er im Aufenthaltsraum des Schiffs zu finden sei, und verließ danach zusammen mit dem Professor die Beobachtungszentrale.

Da alle dienstfreien Mitglieder der Schiffsbesatzung sich für die Bilder der Belleinteressierten, hatten sie den Aufenthaltsraum für sich. Es war ein komfortabel eingerichteter Freizeitbereich mit Ledersitzgruppen, einem Fernseher mit DVD-Player, einem kleinen Filmraum, einem Pooltisch und einer Tischtennisplatte, einigen Brettspielen und einem Computer.

Austin und Adler machten es sich in zwei Sesseln gemütlich. »Nun«, begann Adler, »was denken Sie?«

»Über die Belle?Man braucht nicht gerade Sherlock Holmes zu sein, um sich zusammenreimen zu können, weshalb sie unterging. Das Deckhaus wurde weggerissen.«

»Wir haben die Satellitenbilder, die einen hohen Wellengang zeigen. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass die Bellevon einer oder zwei Killerwellen getroffen wurde, die mächtiger als alles waren, das wir bisher gesehen haben.«

»Was uns auf Ihre Theorien zurückkommen lässt. Sie hatten vorhin Hemmungen, sich dazu zu äußern. Hat die Entdeckung des Schiffs Ihre Meinung geändert?«

»Ich fürchte, meine Theorien fallen ziemlich aus dem Rahmen des Normalen.«

Austin lehnte sich zurück und faltete die Hände hinter dem Kopf. »Ich habe gelernt, dass nichts normal ist, wenn es um den Ozean geht.«

»Ich habe mich bisher bedeckt gehalten, weil ich keine Lust hatte, als Spinner dazustehen. Es hat Jahre gedauert, bis die Wissenschaft Monsterwellen als tatsächlich existent angenommen hat. Meine Kollegen würden mich in der Luft zerreißen, wenn sie meine Überlegungen zu diesem Thema kennen würden.«

»Dazu wollen wir es doch nicht kommen lassen«, versicherte Austin ihm. »Ich betrachte dieses Gespräch als vertraulich.«

Der Professor nickte. »Als die empirischen Beweise für das Vorhandensein dieser Wellen zu offensichtlich wurden, um weiterhin geleugnet zu werden, schoss die Europäische Union zwei Satelliten ins All, die Bilder mit höchster Auflösung lieferten. Das Projekt trug den Namen MaxWave. Das Ziel der Untersuchungen war es, die Existenz dieser Wellen nachzuweisen und zu untersuchen, auf welche Weise sie sich auf die Konstruktion und den Bau von Schiffen und Bohrinseln auswirken. Die Satelliten der European Space Agency lieferten sogenannte ›Imagettes‹, die eine Fläche von zehn mal fünf Kilometern abdecken. In einem Zeitraum von drei Wochen zeichneten die Satelliten mehr als zehn Monsterwellen auf, die alle höher waren als vierundzwanzig Meter.«

Adler stand auf, durchquerte den Raum und nahm vor dem Computer Platz. Er gab einige Befehle auf der Tastatur ein, und das Bild der Weltkugel erschien auf dem Bildschirm. Der Atlantische Ozean war mit beschrifteten Wellensymbolen übersät. »Ich benutze die statistischen Daten von Wave Atlas. Jedes Symbol markiert den Ort einer Riesenwelle und vermerkt ihre Höhe und das Datum, an dem sie entstand. Wie Sie sehen können, haben die Wellenaktivitäten während der letzten dreizehn Monate erheblich zugenommen. Und was die Größe dieser Monster betrifft, ist ebenfalls eine Steigerung zu beobachten.«

Austin holte sich einen Sessel und schob ihn neben den Professor. Er überflog die Wellensymbole. Jedes Symbol war mit der Höhe der Welle und dem Datum ihres Auftauchens versehen. Die Wellen waren wahllos über die ganze Welt verteilt, bis auf mehrere Häufungen.

»Fällt Ihnen irgendetwas Ungewöhnliches auf?«

»Diese vier kreisrunden Muster sind im jeweils gleichen Abstand zueinander im Atlantik verteilt, die Region eingeschlossen, in der wir uns zur Zeit befinden. Zwei im Nordatlantik, zwei im Süden. Wie sieht es im Pazifik aus?«

»Gut, dass Sie mich danach fragen.« Adler drehte den Globus, bis der Pazifische Ozean zu sehen war.

Austin stieß einen Pfiff aus. »Vier ähnliche Häufungen. Seltsam.«

»Mir kam das auch merkwürdig vor.« Der Anflug eines Lächelns spielte um die Lippen des Professors. »Ich habe die Anhäufungen ausgemessen und festgestellt, dass sie in jedem Ozean den gleichen Abstand zueinander haben.«

»Was schließen Sie daraus, Professor?«

»Dass dieser Erscheinung ein Plan zugrunde liegen muss. Diese Wellen sind entweder von Menschen erzeugt oder das Werk Gottes.«

Austin ließ sich die Bedeutung der Feststellung des Professors durch den Kopf gehen. »Es gibt auch noch eine dritte Möglichkeit«, sagte er nach einigen Sekunden. »Der Mensch maßt sich die Rolle Gottes an.«

Adler zog eine buschige Augenbraue hoch. »Das ist natürlich völlig unmöglich.«

Austin lächelte. »Nicht unbedingt. Der Mensch hat schon immer versucht, die Elemente zu kontrollieren.«

»Das Meer unter Kontrolle zu bekommen, steht auf einem ganz anderen Blatt.«

»Darin gebe ich Ihnen Recht, obgleich es in dieser Richtung einige eher primitive, aber durchaus wirkungsvolle Versuche gegeben hat. Deiche und Sturmwälle gibt es immerhin schon seit einigen Hundert Jahren.«

»Ich war als Berater bei der Entwicklung der Gezeitentore in Venedig tätig, daher weiß ich, was Sie meinen. Den Ozean aufzuhalten ist ein relativ einfaches Konzept. Die Schwierigkeiten liegen eher in der technischen Durchführung. Die Erzeugung riesiger Wellen wäre um einiges schwieriger.«

»Aber nicht unmöglich«, sagte Austin.

»Nein, nicht unmöglich.«

»Haben Sie denn schon mal über die Mittel und Wege dazu nachgedacht? Wie wäre es zum Beispiel mit mächtigen Unterwassersprengungen?«

»Absolut unwahrscheinlich.« Adler schüttelte den Kopf. »Man brauchte eine Explosion von nuklearen Ausmaßen, und die würde auffallen. Irgendeine andere Idee?«

»Nicht aus dem Stegreif«, antwortete Austin. »Aber es ist auf jeden Fall etwas, mit dem die NUMA sich befassen sollte.«

»Sie ahnen ja gar nicht, wie froh ich bin, das aus Ihrem Mund zu hören«, sagte Adler sichtlich erleichtert. »Ich dachte schon, ich würde spinnen.«

Austin ging ein Gedanke durch den Kopf. »Joe fragte sich, ob die Arbeit der Trouts vielleicht ein wenig Licht in dieses Dunkel bringen könnte«, sagte er.

»Stimmt, ich erinnere mich. Sie erwähnten, dass ein paar Ihrer NUMA-Kollegen in dieser Gegend an einem anderen Forschungsprojekt arbeiten.«

Austin nickte. »Südlich von hier. Sie befinden sich mit einer Gruppe Wissenschaftler an Bord des NOAA-Schiffs Benjamin Franklinund erforschen die biologischen Auswirkungen der großen Wasserwirbel im Atlantik.«

»Wie ich schon sagte, ich würde von vornherein so gut wie nichts ausschließen. Es lohnt sich bestimmt, sich eingehender damit zu beschäftigen.«

»Wir können uns mit ihnen über ihre Erkenntnisse unterhalten, wenn wir nach Hause zurückkehren.«

»Warum so lange warten?«, fragte Adler.

Adlers Finger huschten über die Tasten, und eine Website erschien auf dem Bildschirm, gefolgt von einem Satellitenbild, das die Atlantikküste zeigte. »Der Meeressatellit, der dieses Bild liefert, kann ein Objekt wahrnehmen, das so groß ist wie eine Sardine.«

»Erstaunlich«, sagte Austin und beugte sich zu dem Bildschirm hinunter.

Adler klickte mit der Computermaus. »Jetzt sehen wir die Wassertemperaturen des Ozeans. Das wellige rötlich braune Band ist der Golfstrom. Die blaue Zone ist kaltes Wasser, und diese runden Flecken in Gelbbraun sind warme Wasserwirbel. Ich zoome mal auf unser Schiff.«

Er betätigte die Computermaus, so dass einer der gelblich braunen Strudel den Bildschirm ausfüllte. Die Umrisse von zwei Schiffen waren in der Nähe des Wirbels zu erkennen.

»Dieser Blip ist die Throckmorton.Der andere muss das NOAA-Schiff sein. Donnerwetter! Diese Technik haut mich immer wieder um.«

Austin blickte über Adlers Schulter. »Was ist dieser kleinere Kreis im südöstlichen Quadranten?«

Adler vergrößerte das Bild. »Das ist ein separater Strudel. Er verhält sich ziemlich sonderbar. Die Zahlen in den kleinen Kästchen geben die Wassergeschwindigkeit und den Wasserstand an. Der Wasserstand innerhalb des Strudels scheint zu sinken, während die Geschwindigkeit zunimmt.« Adlers Blicke schienen sich an dem Schirm festzusaugen. Der Wirbel, mittlerweile fast makellos kreisrund, wuchs weiter. »Mein Gott«, murmelte der Professor.

»Was ist das Problem?«

Der Professor tippte gegen den Bildschirm. »Offenbar findet vor unseren Augen die Geburt eines gigantischen Strudels statt.«


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