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Packeis
  • Текст добавлен: 12 октября 2016, 05:46

Текст книги "Packeis"


Автор книги: Clive Cussler


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Триллеры


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Sämtliche Augen im Saal starrten ihn an.

»Welche Art von Gegenmaßnahme?«, fragte der General mehr aus Höflichkeit als aus ernsthaftem Interesse.

»Es gibt eine Reihe von elektromagnetischen Frequenzen, von denen wir annehmen, dass sie der Polverschiebung entgegenwirken.«

»Wie wollen Sie diese Gegenmaßnahme anwenden?«, wollte der Ministerialdirektor wissen. »Punktuell oder großräumig?«

»Ich habe da ein paar Ideen.«

»Die einzige sinnvolle Gegenmaßnahme, die mir einfällt, wäre ein Torpedo in den Arsch dieser Irren«, sagte der Marineoffizier.

Jeder im Saal außer Austin brach in brüllendes Gelächter aus.

»Ich will ja nicht unhöflich sein«, ergriff der Ministerialdirektor wieder das Wort. »Aber ich denke, Sie sollten Ihre Überlegungen zu Papier bringen und bei Gelegenheit meiner Sekretärin geben.«

Die Konferenz war vorüber. Während Austin durch das Labyrinth von Fluren und Korridoren im Pentagon geführt wurde, erinnerte er sich an seine Begegnung mit Gant und an seinen Eindruck, dass er jemand war, dessen Doppelzüngigkeit man auf keinen Fall unterschätzen sollte.

Von wegen leichtes Spiel, dachte er.

39

Die Trouts hatten in einem Strandhotel oberhalb des Hafens ein Zimmer mit Balkon gemietet, von dem aus sie einen ungehinderten Blick auf die fernen Dockanlagen hatten. Seit ihrer Ankunft in Rio hatten sie abwechselnd auf dem Balkon gesessen und die Transmitter-Schiffe beobachtet.

Trout brachte Gamay ein Glas kalten Orangensaft, zog sich einen Stuhl heran und setzte sich neben sie. »Passiert was?«

Gamay blickte durchs Fernglas und betrachtete einen langen Kai auf der anderen Seite des Hafens. »Seit wir hier angekommen sind, haben die Transmitter-Schiffe sich nicht einen Zentimeter vom Fleck bewegt.«

Trout lieh sich das Fernglas von ihr aus und inspizierte selbst die drei Schiffe, die nebeneinander vertäut am Kai lagen.

»Hast du bemerkt, dass der Passagierdampfer verschwunden ist?«

»Gestern war er noch da. Sie müssen heute Morgen schon ganz früh abgelegt haben. Noch ehe wir aufstanden.«

Gamay hatte sich gewundert, was ein Passagierschiff in einem Frachtschiffbereich zu suchen hatte. Sie hatten den Namen am Bug des Schiffs lesen können: Polar Adventure.Aber keiner von ihnen hatte eingehender über das Schiff nachgedacht. Viel mehr hatten sie sich für die drei Frachtschiffe interessiert, die die Namen Polaris I, IIund IIInach dem nördlichen Polarstern trugen.

»Ich denke, wir sollten uns das mal ein wenig genauer ansehen«, entschied Paul.

»Ganz meine Meinung. Von mir aus können wir sofort aufbrechen.«

Minuten später fuhren sie am Rand des Hafens entlang. Die Ferienhotels blieben nach und nach zurück, und die Umgebung, durch die sie fuhren, bekam einen zunehmend gewerblichen Charakter. Schließlich gelangten sie zu einer Ansammlung von Lagerhäusern, Schifffahrtsbüros und maritimen Verwaltungsgebäuden. Sie passierten mehrere Containerschiffe und schließlich auch den leeren Liegeplatz, der vorher von dem Passagierschiff besetzt worden war. In der Nähe der drei Frachtschiffe, die sie vom Hotel aus gesehen hatten, war ein Wachhaus aufgestellt worden.

Vor dem Haus stand ein stämmiger Wächter, der mit einer Pistole in einem Halfter und mit einem Gewehr bewaffnet war. Er rauchte eine Zigarette und unterhielt sich mit einem Hafenarbeiter. Paul behielt die Geschwindigkeit des Wagens bei, um kein Aufsehen zu erregen. Jedoch fuhr er langsam genug, um Gamay Gelegenheit zu geben, sich von den Schiffen einen kurzen, aber gründlichen Eindruck zu verschaffen.

»Siehst du noch weitere Wächter?«, fragte Trout.

»Nur diesen einen. Am Bord könnten weitere sein.«

»Vielleicht auch nicht. Sie wollen sicherlich kein Misstrauen wecken, indem sie hier zu viele Sicherheitsleute herumlaufen lassen. Das könnte für uns eine günstige Gelegenheit sein, uns einmal umzuschauen.«

»Ja, aber er hatte eine ziemlich große Kanone. Wie willst du an der vorbeikommen?«

Trout sah Gamay mit einem schiefen Grinsen an. »Ich dachte mir, dass eine schöne Frau für ein, hm, wenig Ablenkung sorgen könnte.«

»Da haben wir es wieder. Cherchez la femme.Der älteste Trick der Welt. Meinst du, er fällt auf eine solche List herein?«

»Du machst wohl Witze«, meinte Trout kichernd. »Wir haben es hier mit heißblütigen männlichen Latinos zu tun.«

»Unglücklicherweise«, seufzte Gamay, »dürftest du wieder mal Recht haben. Okay, ich ziehe meine Mata-Hari-Nummer ab, aber dann bezahlst du das Abendessen.«

Eine halbe Stunde später waren sie wieder in ihrem Hotelzimmer. Paul mixte zwei kalte Rumcocktails, und sie setzten sich auf den Balkon, nippten an ihren Gläsern und wechselten sich dabei ab, die Schiffe durchs Fernglas zu beobachten, bis die Sonne unterging.

Nach dem Abendessen, das sie vom Zimmerservice hatten heraufbringen lassen, duschte Gamay, besprühte sich reichlich mit Parfüm und schlüpfte in ein tief ausgeschnittenes rotes Kleid. In Rio wimmelte es von schönen Frauen, aber Gamay zog trotzdem die Blicke aller Männer im Hotelfoyer auf sich, als sie und Trout zum Ausgang gingen.

Der Charakter des Frachtdocks hatte sich grundlegend verändert. Die Lastwagen, Hafenarbeiter und Schauerleute hatten Feierabend gemacht, und auf dem gesamten Dockareal herrschte eine schmuddelige, drohende Atmosphäre. Wahllos verstreute Lampenmasten warfen gelbe Lichtkreise auf den Asphalt, die von Nebelschwaden, die vom Hafen herüberzogen, zerstreut wurden. In der Ferne erklang ein Nebelhorn.

Gamay fuhr an dem leeren Liegeplatz vorbei, den die Polar Adventureeingenommen hatte, lenkte den Wagen zur Seite und parkte unter einem Lampenmast unweit des Wachhauses. Sie stieg aus dem Wagen, blieb einen Moment lang im Licht stehen und trank einen Schluck aus einer Rumflasche. Mit großem Trara öffnete sie die Motorhaube und verschwand mit dem Kopf darunter. Dann, laut auf Spanisch fluchend, versetzte sie dem Kotflügel einen Tritt, schaute sich um und winkte dem Wächter. Leicht schwankend ging sie dann auf das Wachhaus zu.

Der Wächter war ein dunkelhäutiger, muskulöser Mann mit einem Ausdruck gelangweilten Misstrauens auf seinem flachen, primitiven Gesicht. Gamay sprach perfekt spanisch, aber um das Interesse des Wächters zu wecken, nuschelte sie ihre Worte. Sie sagte, ihr dämlicher Wagen habe den Geist aufgegeben, und fragte ihn, ob er nicht einmal nachschauen könne. Er blickte hinüber zum Wagen, der teilweise von den Schatten verschluckt wurde, und zögerte.

»Erzähl mir bloß nicht, dass du mit deiner großen Kanone Angst vor mir hast.«

Sie stolperte und schien hinzufallen, ehe sie sich an der Schulter des Wächters abstützte und ihm eine Wolke rumgetränkten Atems ins Gesicht blies. Die Verlockung, die von einer sexy aussehenden betrunkenen Frau ausgeht, und die versteckte Anspielung auf seine Männlichkeit verfehlten ihre Wirkung nicht. Er lachte lüstern und legte einen Arm um ihre Schultern. Gamay lachte ebenfalls, und gemeinsam gingen sie zum Wagen zurück.

»Ich glaube, sie haben mich beschissen, und es ist gar kein Motor drin«, sagte sie und stützte eine Hand auf die Hüfte.

Sie vertraute darauf, dass er dem männlichen Instinkt folgen und den Kopf unter die Motorhaube stecken würde. Als er es tat, tauchte Trout aus dem Schatten auf, tippte ihm auf die Schulter und streckte den Wächter dann mit einer rechten Geraden zu Boden. Mit Gamays Hilfe knebelten und fesselten sie den benommenen Wächter mit Handtüchern, die sie sich im Hotel ausgeliehen hatten, nahmen ihm seine Waffen ab und verstauten ihn auf dem Rücksitz des Wagens.

Trout setzte sich die Mütze des Mannes auf den Kopf, steckte sich eine Stablampe in die Tasche seiner Windjacke und schob sich die Pistole in den Hosenbund. »Ruf die Kavallerie, wenn ich in zwanzig Minuten nicht wieder zurück bin.«

Gamay wog das Gewehr in der Hand. »Sei vorsichtig«, sagte sie und gab ihm einen Kuss auf die Wange. »Du siehst die Kavallerie vor dir.«

Lieber wusste Trout Gamay in seinem Rücken als hundert John Waynes. Sie war eine erfahrene Scharfschützin, und jeder, der ihr vors Visier kam, hätte nicht mehr lange zu leben. Er huschte schnell die Gangway hinauf und sah sich auf dem Deck um. Der Nebel, der über dem Schiff hing und die Decksbeleuchtung dämpfte, würde dafür sorgen, dass er nicht so leicht zu entdecken wäre, aber er bot auch jedem Wächter eine willkommene Tarnung, der das Deck beobachtete.

Er hatte die Fotos gesehen, die Austin und Zavala von dem Schiff geschossen hatten, das von dem Strudel an die Wasseroberfläche gespült worden war, und hatte daher eine ungefähre Vorstellung von den Örtlichkeiten. Blind navigierte er sich durch den Dunst und fand den Decksaufbau, ohne mit dem Gesicht dagegenzuprallen. Er tastete sich an seiner Außenwand entlang, bis seine suchenden Finger auf eine Tür stießen. Er trat in den dunklen Raum dahinter und knipste die Stablampe, die er sich von dem Wächter ausgeliehen hatte, an. Ein Laufgang führte zum darunterliegenden Deck.

Mit der Pistole des Wächters schussbereit in der freien Hand, schlich er die Treppe hinunter und folgte dann einem Labyrinth von Korridoren. Am Ende eines Ganges hielt er inne, presste ein Ohr gegen eine Stahltür, dann drückte er die Klinke nach unten. Die Tür war nicht verriegelt. Er öffnete sie und trat hindurch.

Seine Schritte hallten leise wider, während er langsam zu einer Reling ging und feststellte, dass er auf einer Art Balkon stand. Er befand sich in einem höhlenartigen Saal, offensichtlich der Generatorraum, den Austin und Zavala beschrieben hatten. Er ließ den Lichtstrahl der Taschenlampe herumwandern und stellte fest, weshalb nur ein Mann die Schiffe bewachte. Es gab nichts zu bewachen. Der Raum war leer.

Trout kehrte zum Hauptdeck zurück. Austin hatte von einem Schacht gesprochen, der vom Deck durch den Rumpf bis hinunter ins Wasser verlief. Er fand ihn zusammen mit dem Rahmenaufbau um die rechteckige Öffnung. Aber nirgendwo eine Spur von dem kegelförmigen Gebilde. Das Schiff schien total ausgeräumt worden zu sein. Er überlegte, ob er auch noch dem Kontrollraum einen Besuch abstatten sollte, entschied jedoch, dass dazu die Zeit zu knapp war.

Gamay würde das Schiff stürmen und nach Trout suchen, wenn er nicht innerhalb der Frist zurückkäme, die er festgesetzt hatte. Er ging zur Gangway.

Der Wächter hatte mittlerweile das Bewusstsein wiedererlangt, und Gamay hatte ihm mit der Pistole drohen müssen, um ihn zum Schweigen zu bringen, doch ansonsten hatte es keinen Zwischenfall gegeben.

»Was hast du gefunden?«, wollte sie wissen.

» Nichts.Und das finde ich hochinteressant. Ich würde vermuten, dass die anderen Schiffe ebenfalls ausgeräumt wurden.«

Sie zogen den Wächter aus dem Wagen und ließen ihn im Schatten liegen. Er hatte angefangen, sich gegen seine behelfsmäßigen Fesseln zu wehren. Mit ein wenig zusätzlicher Mühe würde er sich am Ende selbst befreien können. Etwa dreißig Meter vom Wachhaus entfernt warfen sie seine Waffen ins Hafenbecken. Es bestand nur eine geringe Gefahr, dass er Alarm schlagen würde, sobald er frei war. Seine Arbeitgeber wären ganz und gar nicht erfreut, wenn sie erführen, dass er in seinem Job versagt hatte. Er würde schon genug Probleme haben zu erklären, was mit seinen Waffen geschehen war.

Während der Rückfahrt zum Hotel beschrieb Trout seine Inspektion des Schiffs und die überraschenden Ergebnisse.

»Aber warum? Was haben sie mit dem gesamten Kram gemacht?«

Trout schüttelte den Kopf, holte sein Mobiltelefon aus der Tasche und tippte eine Nummer aus dem Telefonverzeichnis ein.

»Soll Kurt sich darüber den Kopf zerbrechen.«

40

Austin griff in seine Schreibtischschublade, fischte einen Wurfpfeil heraus, der zu einem Dartspiel gehörte, und holte gerade mit der Hand aus, um ihn auf eine Karte vom Atlantischen Ozean zu werfen, die an die Wand geheftet war, als das Telefon klingelte. Er nahm den Hörer ab. Es war Paul Trout, der aus Rio anrief.

»Ich störe dich doch nicht bei etwas Wichtigem, oder?«, fragte Trout.

»Ganz und gar nicht. Ich war nur gerade im Begriff, mit meinen vielfältigen wissenschaftlichen Kenntnissen einem vertrackten Puzzle zu Leibe zu rücken. Wie geht’s dem Girl from Ipanema?«

»Gamay ist okay. Aber mit den Transmitter-Schiffen ist irgendetwas Seltsames im Gange. Ich habe mich vor ein paar Minuten bei einem an Bord geschlichen. Sämtliche Turbinen und elektromagnetischen Antennen waren verschwunden. Ich vermute, dass jemand auch auf den anderen Schiffen so gründlich aufgeräumt hat.«

»Sie sind leer?« Austin ging in Gedanken rasend schnell sämtliche Möglichkeiten durch. »Sie müssen den Hausputz veranstaltet haben, als die Schiffe in Mississippi in der Werft waren.«

»Wir hätten eigentlich daraufkommen müssen, dass irgendetwas Merkwürdiges im Gange war. Die Schiffe liegen hier vertäut am Kai. Keinerlei Vorbereitungen werden getroffen. Nichts geschieht, das darauf hinweist, dass sie irgendwann in nächster Zukunft in See stechen wollen. Nur ein Schiff ist ausgelaufen, seit wir hier sind, und das war ein Passagierdampfer.«

Austin dachte angestrengt nach und hörte nur halb, was Trout zu berichten hatte. »Was war das gerade mit einem Passagierdampfer?«

»Die Polar Adventure.Sie lag neben den Transmitter-Schiffen, hat aber schon heute früh den Hafen verlassen. Ist das wichtig?«

»Vielleicht. Joe meint, ein Passagierdampfer habe die Werft in Mississippi etwa zur gleichen Zeit verlassen wie die Transmitter-Schiffe.«

»Donnerwetter! Denkst du, es war dasselbe Schiff, das wir hier gesehen haben?«

»Möglich wäre es«, sagte Austin. »Sie laden die Transmitter in den Dampfer. Und dann, während wir die Köder beobachten, schleicht sich der Dampfer mit der Ladung am helllichten Tag davon.«

»So viel zu den Plänen der Navy, die Schiffe mit einem U-Boot zu verfolgen.«

»Eine klassische Ablenkungs-und-Austausch-Operation. Verdammt clever.«

»Wie lange ist es her, seit der Dampfer ausgelaufen ist?«

»Heute Morgen, als wir aufstanden, war er weg.«

Austin rechnete kurz. »Dann könnten sie schon einige hundert Kilometer weit auf See sein. Das ist ein Riesenvorsprung.«

»Was sollen wir tun?«

»Bleibt einstweilen, wo ihr seid, und behaltet die Schiffe im Auge für den Fall, dass der Eigner noch irgendetwas anderes im Schilde führt.«

Austin trennte die Verbindung. Er war wütend auf sich selbst, nicht daran gedacht zu haben, dass jemand, der intelligent genug war, um einen Polsprung zu planen, alles Mögliche unternehmen würde, um potenzielle Verfolger abzuschütteln. Er wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Karte an der Wand zu. Es war ein riesiger Ozean. Mit jeder Minute, die verstrich, erhöhten sich die Chancen des Dampfers, sich in Hunderten von Quadratkilometern offener See zu verlieren. Austin zog in Erwägung, das Pentagon anzurufen und Trouts Neuigkeiten weiterzugeben, aber er war jetzt nicht in der Stimmung, seinen Atem in fruchtlosen Diskussionen mit irgendeinem Ministerialdirektor des Verteidigungsministeriums zu vergeuden.

Sandecker hätte vielleicht mehr Erfolg, doch selbst er müsste sich mit der Pentagon-Bürokratie herumschlagen, und die Zeit hatten sie einfach nicht. Pfeif auf sie, dachte Austin. Wenn die Welt im Begriff war unterzugehen, trüge er die Verantwortung dafür lieber auf seinen eigenen Schultern, als sie irgendeinem anonymen Regierungsfunktionär mit Profilneurose zu überlassen. Dies war eine reine NUMA-Angelegenheit, und zwar durch und durch.

Zehn Minuten später saß er in einem NUMA-Fahrzeug und fuhr durch die stillen Straßen Washingtons. Er nahm den Highway zum Washington National Airport, wo der Wächter am Tor des Sperrbereichs seinen Ausweis überprüfte und ihn dann zu einem Hangar in einer weit entfernten Ecke des Flugfeldes dirigierte. Er konnte deutlich die Lichter sehen und hatte keine Schwierigkeiten, die Stelle zu finden, wo ein Boeing 747 Jumbo-Jet auf der Rollbahn parkte.

Flutlichter waren rings um die Maschine aufgestellt worden und machten die Nacht zum Tag. Das Flugzeug war umgeben von Trommeln mit Stromkabeln und Stapeln von Aluminium– und Stahlplatten. Arbeiter umschwärmten das Flugzeug wie ein Heer von Ameisen.

Zavala saß unter dem aufragenden Heck des Flugzeugs an einem Behelfstisch, der aus einer Sperrholzplatte und zwei Sägeböcken zusammengebaut worden war. Er studierte gemeinsam mit einem Mann in einem Overall einige Blaupausen. Er entschuldigte sich, als er Austin entdeckte, und kam herüber, um ihn zu begrüßen.

»Es ist nicht so schlimm, wie es aussieht«, sagte er. Er musste seine Stimme um einiges anheben, um über dem Lärm verstanden zu werden.

Austin schaute sich um und erkannte zu seiner Erleichterung die ersten Anzeichen von Ordnung in einem anscheinend totalen Chaos.

»Wie lange, bis der Vogel endlich fliegen kann?«, erkundigte Austin sich.

»Wir hatten ein paar geringfügigere Pannen, aber jetzt ist alles zur Stelle, was wir brauchen. Es geht vorwiegend darum, alles richtig zu ordnen und zusammenzufügen. In zweiundsiebzig Stunden müssten wir es eigentlich geschafft haben.«

»Wie wäre es mit morgen früh?«, fragte Austin.

Zavala lächelte. »Du solltest es mal als Komiker beim Fernsehen versuchen.«

»Unglücklicherweise ist an der Nachricht, die ich gerade von Paul erhalten habe, absolut nichts Komisches.« Austin berichtete Zavala von dem verschwundenen Passagierdampfer. »Kannst du nicht den Rest zusammenbauen lassen, während wir in der Luft sind?«

Zavala wand sich gequält. »Möglich wäre es, aber auf keinen Fall ratsam. Es wäre genauso, als versuchte man, eine Wurst im Laufen zu stopfen.«

»Und wenn es keine andere Möglichkeit gäbe, als es zu versuchen?«

Zavala ließ den Blick über das hektische Treiben gleiten und kratzte sich am Kopf. »Ich konnte einer leckeren Wurst eigentlich nie widerstehen. Komm mit, wenn ich meiner rechten Hand die Hiobsbotschaft überbringe.«

Bei dem Mann, mit dem Zavala die Blaupausen durchgegangen war, handelte es sich um Drew Wheeler, einen liebenswürdigen Virginier Mitte vierzig, der bei der NUMA als Logistikspezialist dafür verantwortlich war, große Lasten rund um die Welt zu schicken. Austin hatte mit Drew bei einigen Projekten zusammengearbeitet, bei denen schweres Gerät in kürzester Zeit an den jeweiligen Ort des Geschehens transportiert werden musste. Wheelers Angewohnheit, Dinge zu durchdenken, als kaute er im Geiste auf einem Stück Tabak, konnte Leute, die mit ihm zusammenarbeiteten, zur Raserei bringen. Aber sie stellten stets sehr bald fest, dass er ein besonderes Talent hatte, sich komplizierte Pläne in seinem Kopf zurechtzulegen, so dass sie störungsfrei ausgeführt werden konnten.

Austin fragte ihn, wie die Dinge liefen, und erhielt die typische Wheeler-Antwort. Der Virginier stützte einen Ellbogen auf die Hüften und musterte das Flugzeug mit zusammengekniffenen Augen wie ein Farmer, der sich überlegt, wie er einen Baumstumpf aus einem Feld ausgräbt. »Nun«, sagte er und legte eine kurze Pause ein. Dann: »Es wird alles glattgehen.«

»So glatt, dass die Maschine morgen früh starten kann?«

Wheeler kaute einige Sekunden lang auf dieser Frage herum, ehe er antwortete: »Um welche Uhrzeit morgen früh?«

»So früh wie irgend möglich.«

Wheeler nickte. »Ich sehe mal, was ich tun kann.«

Er schlenderte so gemütlich zum Flugzeug zurück, als unternähme er einen Spaziergang. Austin ließ sich dadurch nicht täuschen. »Ich wette mit dir um eine Flasche Pancho Villa Tequila, dass Drew sich längst überlegt hat, wie das zu schaffen ist.«

»Ich kenne ihn gut genug, um zu wissen, dass ich diese Wette längst verloren hätte«, sagte Zavala.

»Eine weise Entscheidung. Woher hast du den Flieger?«

»Du würdest dich wundern, was man heutzutage alles mieten kann, wenn man tief genug in die Tasche greift. Das ist ein 200 F Frachtflugzeug, und zwar eine modifizierte Version der normalen 474 Passagiermaschine. Sie hat eine Ladekapazität von fast 250000 Pfund. Das Hauptproblem war, die ganze Hardware, die du hier herumliegen siehst, in die Maschine zu schaffen, ohne sie wie eine Sardinenbüchse aufschneiden zu müssen. Wir haben mit Hibbet und Barrett an dem Problem herumgedoktert«, sagte Zavala. »Ich war der Meinung, dass wir so riesige Generatoren nehmen müssten wie die, welche wir auf dem Transmitter-Schiff gesehen haben. Aber Barrett erklärte, das sei nicht nötig. Wir könnten kleinere Generatoren benutzen, nur müssten wir die Stückzahl erhöhen.«

»Was ist mit der Spule?«, fragte Austin weiter.

»Die hat uns die meisten Kopfschmerzen gemacht. Ich zeige dir, was wir in diesem Fall getan haben.«

Zavala ging voraus zur Nase des riesigen Flugzeugs. Zwei Gestalten beugten sich über ein schüsselförmiges Gebilde, das auf einer Plattform befestigt war. Al Hibbet richtete sich lächelnd auf, als er Austin und Zavala auf sich zukommen sah.

»Hallo, Al«, begrüßte Austin den Wissenschaftler. »Macht es immer noch Spaß?«

»Den größten Spaß, seit ich als Kind einen Elektromotor für meinen Metallbaukasten geschenkt bekam. Karla war mir eine große Hilfe.«

Der andere Arbeiter schaute hoch, und unter einer Baseballmütze kam Karlas strahlendes Gesicht zum Vorschein.

»Was der Professor meint, ist, dass ich ganz gut mit einem Schraubenzieher umgehen kann.«

»Ganz und gar nicht«, widersprach Hibbet. »Karla hat vielleicht nicht das technische Know-how, aber sie hat einen hervorragenden Instinkt, um komplexe Probleme zu lösen. Sie hat offensichtlich die Gene ihres Großvaters geerbt.«

»Es freut mich zu hören, dass die Zusammenarbeit so hervorragend klappt«, sagte Austin. »Joe deutete an, Sie hätten ein Problem mit der Spule?«

»Das ist richtig«, sagte Hibbet. »Bei den Transmitter-Schiffen haben sie die Antenne einfach unter das Schiff gehängt. Wir wollten sie unter den Rumpf binden.«

»Könnte das zu Problemen beim Start führen?«

»Sie haben den Punkt getroffen. Dies ist die Radarkuppel für die neu entwickelte Antenne. Ich habe die Idee von einigen Konstruktionen geklaut, die ich bei Maschinen des Frühwarnsystems gesehen habe. Karla hat dann den Vorschlag gemacht, den Kegel so umzubauen, dass er in die Kuppel passt.«

»Ich hatte früher mal ein Aquarium mit Guppies«, erzählte Karla. »Sie haben eine Art Kinnsack, der mich auf den Gedanken gebracht hat.«

Hibbet entfernte eine Plastikabdeckung von einer Konstruktion aus Stahlplatten und Draht, die einen Durchmesser von ungefähr sieben Metern hatte. Der runde Rahmen, der in einer Holzschale saß, hatte die Form eines umgestülpten asiatischen Kulihuts. Er war oben flach mit schmalen Seitenteilen, die unten auf dem Boden zusammenliefen.

»Genial«, sagte Austin. »Es sieht aus wie eine zusammengedrückte Version der Kegelantenne. Funktioniert sie auch so gut?«

»Ich hoffe, um einiges besser«, sagte Hibbet.

»Das ist gut, denn wir haben unseren Zeitplan geändert. Bis morgen muss alles fertig sein, damit wir starten können. Können Sie die letzten Handgriffe vornehmen, während wir schon in der Luft sind?«

Hibbet massierte sein Kinn. »Ja«, sagte er nach einigen Sekunden. »Es ist nicht gerade ideal, etwas derart Kompliziertes unter solchen Bedingungen durchführen zu müssen. Wir haben in diesem Fall noch nicht mal die Gelegenheit, die Turbinen zu testen. Aber wir können anfangen, die Prüfliste durchzugehen, sobald wir die Antenne und den Kegel aufgestellt haben. Wir sollten jedoch Barrett lieber noch nach seiner Meinung fragen.«

Sie kletterten über die Gangway hinauf in den riesigen Rumpf der 747. Eine Reihe von sechzehn gedrungenen Stahlzylindern, alle im gleichen Abstand zueinander, war über die gesamte Länge von gut achtzig Metern des Frachtraums aufgestellt worden. Ein Gewirr von Kabeln verband die Zylinder miteinander und schlängelte sich in alle Richtungen davon. Barrett kniete über einem Kabel zwischen zwei Zylindern.

Er bemerkte Austin und die anderen und erhob sich, um sie zu begrüßen.

Austin betrachtete die komplizierte Anordnung, die den größten Teil des Flugzeuginneren einnahm. »Es sieht so aus, als könnten Sie genug Strom produzieren, um ganz New York zu erleuchten.«

»Fast«, sagte Barrett. »Es war nicht ganz unproblematisch, die Energiequelle anzuschließen, aber wir haben am Ende etwas zusammengebastelt, das funktionieren müsste.«

»Viel mehr interessieren mich die Dynamos. Wo haben Sie derart kurzfristig so viele beschaffen können?«

»Eine Sonderregelung für die NUMA«, sagte Zavala. »Sie sollten in einige neue Schiffe eingebaut werden, ehe ich sie vorübergehend auslieh.«

»Eine neue Energiequelle. Eine neue Antenne. Wird das alles zusammenpassen und funktionieren?«

»Ich denke schon«, sagte Barrett. »Das heißt, ich bin mir zu neunundneunzig Prozent sicher, wenn man sich auf die Computermodelle, die ich erstellt habe, verlassen kann.«

Austin schüttelte den Kopf. »Es ist dieses eine Prozent, das mir große Sorgen macht. Schaffen wir das alles bis morgen früh?«

Barrett kicherte, weil er glaubte, dass Austin einen Scherz gemacht hatte. Dann bemerkte er den ernsten Ausdruck in Austins Augen. »Ist irgendetwas geschehen?«

Austin gab ihm eine kurze Zusammenfassung von Trouts Bericht über den geheimnisvollen Passagierdampfer.

Barrett schlug sich mit der Faust in die flache Hand. »Ich habe Tris schon vor Monaten von meiner Idee erzählt, nur ein einziges Schiff zu benutzen, um den Impuls zu bündeln. Ich gab ihm sogar die Pläne für die Umstellung. Er sagte, es würde zu lange dauern. Ich schätze, es würde mich nicht überraschen, wenn er schon wieder gelogen hätte.«

»Was ist mit dem Zeitplan?«, hakte Austin nach.

Barretts Augen sprühten vor Zorn. »Wir werden bereit sein«, sagte er.

Nachdem er sich von Barrett verabschiedet hatte, damit dieser seine Arbeit fortsetzen konnte, gingen Austin und die anderen die Gangway hinunter. Austin erkundigte sich, auf welche Art und Weise er sich nützlich machen könne. Zavala nannte ihm eine ganze Liste von dringend benötigten Gegenständen. Austin entfernte sich ein wenig von dem lebhaften Betrieb im und um das Flugzeug herum und suchte sich einen Ort, wo es ruhig genug war, um ungestört die notwendigen Telefonate führen zu können. In jedem Fall versprach man ihm, dass das Material schnellstens geliefert würde. Er kehrte zum Flugzeug zurück, als er bemerkte, dass Karla ihm gefolgt war. Offensichtlich hatte sie ihn beobachtet, während er telefonierte.

»Ich möchte Sie um einen Gefallen bitten«, begann sie. »Ich würde gerne mitfliegen.«

»Dies ist die Stelle, an der der Held warnt, ›es könnte gefährlich werden‹«, sagte Austin.

»Ich weiß. Aber auf Ivory Island war es auch gefährlich.«

Austin zögerte.

»Außerdem«, sagte Karla, »was könnte denn noch riskanter sein, als mit Ihnen zusammen in einem Stanley Steamer unterwegs zu sein?«

Austin hätte Karla wahrscheinlich fesseln müssen, um sie davon abzuhalten, ins Flugzeug zu steigen. Er lächelte und erwiderte: »Im Augenblick sieht es so aus, als würde keiner von uns irgendwohin fliegen, wenn wir nicht sofort an unsere Arbeit zurückkehren.«

Sie schlang ihm die Arme um den Hals und drückte einen warmen Kuss auf seine Lippen. Austin schwor sich, den angenehmen Seiten des Lebens mehr Zeit zuzubilligen, wenn dieser Job erst einmal erledigt wäre.

Während sie zum Flugzeug gingen, näherte sich ein Wagen und blieb unweit der Maschine stehen. Eine hochgewachsene Gestalt stieg aus und humpelte auf sie zu. Es war Schroeder.

»Was machst du denn hier?«, fragte Karla.

»Ich möchte viel lieber wissen, wie Sie durch das Tor hereingekommen sind«, sagte Austin.

»Mit der üblichen Methode. Einer Kombination aus Dreistigkeit und falscher Identifikation.«

»Eigentlich solltest du in einem Krankenhausbett liegen«, schimpfte Karla.

»Ein Krankenhaus ist nicht dasselbe wie ein Gefängnis«, entgegnete Schroeder. »Sie lassen einen gehen, wenn man ein Papier unterschreibt. Meinst du, ich könnte im Bett liegen bleiben, genau wissend, dass du dies hier tust?« Er betrachtete staunend das Flugzeug im Lichtschein der hellen Lampen. »Genial. Glaubt ihr wirklich, ihr könntet die Verschiebung aus der Luft stoppen oder gar rückgängig machen?«

»Wir werden es immerhin versuchen«, sagte Karla.

» Wir?Du nimmst doch nicht etwa an dieser Mission teil, oder? Es könnte gefährlich werden.«

»Du klingst schon genauso wie Kurt. Ich erwidere dir das Gleiche, das ich ihm erwidert habe. Meine Familie ist für dieses Durcheinander verantwortlich. Daher fühle ich mich verpflichtet, dabei mitzuhelfen, alles wieder in Ordnung zu bringen.«

Schroeder lachte. »Du bist wirklich Lazios Enkelin, ohne den geringsten Zweifel. Stur bis zum Letzten, genauso wie er.« Er wandte sich an Austin. »Geben Sie gut auf sie Acht.«

»Das verspreche ich Ihnen«, sagte Austin.

Schroeder betrachtete die geschäftige Aktivität in und um das Flugzeug herum. »Wann denken Sie, dass Sie starten können?«

»Morgen früh«, antwortete Austin.

»Sie sehen hier einen alten Dinosaurier, der weiß, wann es mit ihm nicht mehr weitergeht«, sagte Schroeder. »Ich warte im Krankenhaus auf Ihren Anruf. Viel Glück.« Er umarmte Karla, schüttelte Austin die Hand und humpelte zurück zu seinem Wagen. Sie schauten dem Wagen nach, bis seine Rücklichter nicht mehr zu sehen waren, dann wandte Austin sich zu Karla um.

»Wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns.«

Sie nickte. Arm in Arm nahmen sie Kurs auf das riesige Flugzeug.

Während Austins NUMA-Truppe das Letzte aus sich herausholte, um das Unmögliche zu schaffen, plagten Tris Margrave nicht die geringsten Zweifel am unmittelbar bevorstehenden Erfolg seines Projekts. Zweifel war für ihn ein Fremdwort, und niemals hätte er einer solchen Empfindung Zugang zu seinem Bewusstsein gestattet.

Während die Polar Adventuredurch den Südatlantik stampfte, saß er in seinem bequemen, ergonomisch geformten Sessel hinter einer Kontrolltafel auf der vorderen Aussichtsplattform. Seine langen Finger spielten mit den Schaltern und Einstellrädern wie ein Organist in einer Kathedrale. Er hatte die Dynamos gestartet, sobald das Schiff den Hafen hinter sich gelassen hatte. Jeder Generator wurde auf dem Computerbildschirm durch ein rotes Symbol und eine Zahl vertreten, die anzeigte, dass er mit niedriger Leistung in Betrieb war.

Rote Linien verliefen von den Dynamos zum Bild eines Kegels. Der Kegel war grün bis auf seine rote Spitze, womit angedeutet wurde, dass nur geringe Energie in die riesige Spule tief im Innern des Schiffs floss. Margrave stellte es sich als Äquivalent eines Automotors im Leerlauf vor.


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