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Packeis
  • Текст добавлен: 12 октября 2016, 05:46

Текст книги "Packeis"


Автор книги: Clive Cussler


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Триллеры


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Текущая страница: 12 (всего у книги 31 страниц)

»Was soll ich hinsichtlich dieses alten Knackers in Montana unternehmen?«

Gant kicherte. »Meine philosophischen Ergüsse müssen dich ganz schön langweilen.«

»Überhaupt nicht. Ich brauche nur einige Anweisungen.«

»Ich hätte nicht erwartet, dass du dich mit diesem alten Grizzly anlegen willst, nachdem er zwei deiner Männer ausgelöscht hat.«

»Er war clever. Sie waren dämlich.«

»Ich mag keine offenen Posten, aber er steht nicht mehr oben auf der Liste. Dank der Information über die junge Frau brauchen wir ihn nicht mehr. Eine Sache noch. Diese Anwälte, die in meinem Büro waren – ich möchte, dass du sie aus dem Weg schaffst. Sorge dafür, dass es wie ein Unfall aussieht. Eine Explosion in ihrem Büro vielleicht.«

Doyle erhob sich von seinem Stuhl. »Ich werde mich sofort darum kümmern.«

Nachdem Doyle hinausgegangen war, trat Gant ans Fenster und blickte hinaus auf die Massachusetts Avenue. Die Narren in dieser Stadt glaubten, sie lebten im mächtigsten Land der Erde. Sie wollten einfach nicht begreifen, dass militärische Macht ihre Grenzen hat. Die Organisation der Eliten, der er angehörte, wusste, dass politische Ziele nicht nur mit Waffengewalt, sondern durch aufmerksame Beobachtung und totale Kontrolle aller Kommunikationswege erreicht wurden.

Ziele, die schon bald realisiert würden.

15

Austin lehnte sich gegen die Reling der Throckmortonund blickte durch ein Fernglas zu dem Schiff hinüber, das plötzlich aus den Tiefen des Meeres aufgetaucht war. Das Schiff neigte sich wie betrunken zur Seite und lag so tief im Wasser, dass die allenfalls einen Meter hohen Wellen bis auf das Deck schlugen. Wie durch ein Wunder schaffte das Schiff es, sich dagegen zu wehren, in sein feuchtes Grab zurückgesogen zu werden.

Als erfahrener Bergungsexperte hatte Austin Objekte jeder Größe und Form – von Atombomben bis hin zu Unterseebooten – vom Meeresboden nach oben geholt. Er wusste daher, dass dieses Schiff laut einfachen physikalischen Gesetzen eigentlich gar nicht mehr schwimmen sollte. Gleichzeitig musste er zugeben, dass auf dem Meer gelegentlich die seltsamsten Dinge geschehen. Er war kein abergläubischer Mensch, aber die Jahre, die er auf den Weltmeeren unterwegs gewesen war, hatten für ihn das Unerklärliche zu einer alltäglichen Erfahrung werden lassen. Er unterschied sich nicht von vielen Seeleuten, die Schiffen menschliche Qualitäten zuordneten. Das Schiff schien entschlossen zu sein, seine Geschichte zu erzählen. Und Austin war mindestens ebenso entschlossen, sich diese Geschichte anzuhören.

»Welche Macht hält dieses Wrack über Wasser?«, fragte Zavala.

»Ich habe keine Ahnung, was dieses Schiff oben hält oder weshalb es hochgekommen ist«, sagte Austin. »Eigentlich hätte es im schlammigen Boden stecken bleiben oder von seiner Fracht unten festgehalten werden müssen. Vielleicht hat der Strudel irgendwelche Dinge gelockert und losgerissen, und es ist aufgestiegen wie ein Holzspan.« Er bemerkte Zavalas skeptischen Gesichtsausdruck und fuhr fort: »Okay, ich habe nicht die leiseste Idee, weshalb der Kasten an die Oberfläche gekommen und nicht gesunken ist. Bist du fit genug, um dir unseren Fund ein wenig genauer anzusehen?«

Ebenso wie Austin war Zavala in eine Decke gehüllt, die die Mannschaft bereitgehalten hatte, als sie nach Rettung der Trouts an Bord gekommen waren. »Ich hatte gehofft, mich in Gesellschaft einer Flasche reposadoausruhen zu können, aber ich kann den Chopper gleich wieder in die Luft bringen, sobald ich trockene Kleider am Leib habe.«

Austin hatte vergessen, dass seine Sachen vom Bad im Ozean triefnass waren.

»Ich dachte daran, mit einem Boot rüberzufahren, damit wir an Bord gehen und uns umschauen können«, sagte er.

»Für eine Bootsfahrt bin ich immer zu haben. Außerdem schmeckt Tequila immer besser, je älter er wird.«

Austin schlug vor, sie sollten sich am Bootsdavit treffen.

Er suchte seine Kabine auf und tauschte seine nasse Kleidung gegen trockene aus. Ehe er wieder mit Zavala zusammenkam, machte er einen Abstecher ins Lazarett, um nach den Trouts zu sehen. Sie schliefen. Der Sanitäter meinte, sie litten an Erschöpfung und leichter Unterkühlung, aber ein paar Stunden Ruhe würden sie wieder auf die Beine bringen.

Auf dem Weg aus dem Lazarett traf er Professor Adler, der es kaum erwarten konnte, sich mit den Trouts über ihren persönlichen Kontakt mit dem Wasserwirbel zu unterhalten. Der Professor war enttäuscht, dass er sie nicht besuchen konnte, schien jedoch zufrieden zu sein, als Austin ihm den Tipp gab, er solle stattdessen mit einigen Besatzungsmitgliedern der Benjamin Franklin,die zur Behandlung ihrer Blessuren auf die Throckmortongebracht worden waren, sprechen. Die Franklinankerte in der Nähe der Throckmorton,während sie sich von ihrem Abenteuer erholte.

Austin traf Zavala wie verabredet am Aussetzkran, und Minuten später legte ihr Boot eine schaumige Spur zu dem geheimnisvollen Schiff. Austin lenkte das Schlauchboot in einem weiten Kreis um das Wrack, während Zavala ein Foto nach dem anderen schoss. Das Meer war bedeckt mit toten Fischen und Abfall jeglicher Art. Austin maß das Schiff mit den Augen und verglich es mit dem NOAA– und mit dem NUMA-Schiff.

»Es sieht noch ziemlich neu aus. Ich würde schätzen, dass es etwa hundert Meter lang ist«, entschied er.

»Es sieht so aus, wie ich mich nach einer Sauftour durch die Stadt fühle«, sagte Zavala. »Der Kasten ist ziemlich breit in den Hüften. Wahrscheinlich wurde er so gebaut, um eine beträchtliche Menge Fracht aufzunehmen. Aber ich sehe keine Ladebäume. Sie müssen im Strudel abgerissen worden sein.«

»Auf dem Rumpf ist weder ein Name noch eine Registrierungsnummer zu sehen«, stellte Austin fest.

»Vielleicht haben wir ein Piratenschiff vor uns.«

Zavalas Vermutung war bei Weitem nicht so bizarr, wie sie klang. Moderne Piraterie war ein großes Problem auf den Weltmeeren. Wie ihre alten Ebenbilder kaperten die modernen Piraten Schiffe und benutzten sie, um andere Schiffe anzugreifen.

»Schon möglich«, sagte Austin, klang dabei aber nicht sehr überzeugt. Wenn man sich überlegte, dass das Schiff auf dem Meeresgrund gelegen hatte, befand es sich in einem einigermaßen guten Zustand. »Dem Aussehen nach zu urteilen, hat unser Fund nur eine kurze Zeit unter Wasser zugebracht. Ich sehe keinerlei auffällige Rostflecken, obgleich die auch schon abgeplatzt sein können.« Er verlangsamte die Fahrt des Bootes bis auf Schleichtempo. »Ich denke, vom Meer aus haben wir alles gesehen, was zu sehen ist. Sollen wir an Bord gehen?«

»Verlangt die Etikette nicht, dass wir auf eine Einladung des Kapitäns warten müssen?«, fragte Zavala.

»Unter normalen Umständen ja. Aber er scheint gerade anderweitig beschäftigt zu sein. Ich glaube, ich kann die Cocktailflagge flattern sehen«, sagte Austin.

»Du hast bessere Augen als ich. Alles, was ich sehe, ist ein Kasten, der so aussieht, als würde er sich herumwälzen und absaufen, sobald auch nur eine Möwe auf seinem Deck landet.«

»In diesem Fall sollten wir darauf achten, dass wir unsere Schwimmflügel tragen.«

Während Zavala per Walkie-Talkie Verbindung mit der Throckmortonaufnahm und sie darum bat, sich für einen möglichen Notfall bereitzuhalten, lenkte Austin das Boot zur niedrigeren Seite des Schiffs. Er wartete darauf, dass eine Welle auf das Schiff zurollte, und gab dann Gas. Das Boot saß auf der Wellenkrone auf und wurde von der Woge bis aufs Deck des Wracks getragen. Zavala machte das Zodiac schnell an einem Stahlbolzen fest, der vom Deck aufragte. Indem sie sich nach vorne beugten wie Dachdecker, um so die Schlagseite des Schiffs auszugleichen, bezwangen sie das schräge Deck. Die weite Fläche war frei bis auf ein Bündel verbogenen Metalls, das etwa in der Mitte des Schiffs vom Deck aufragte.

Sie überquerten das Deck in ihrem schlurfenden, vornübergebeugten Gang. Vier Träger waren auf das Deck genietet worden und bildeten ein stählernes Rechteck. Der Rahmen umgab eine ebenfalls rechteckige Öffnung im Decksboden, die etwa zwei Quadratmeter maß. Sie bückten sich und blickten in den dunklen Schacht. Sie konnten das hohle Plätschern der Wellen gegen Stahl hören.

»Der Schacht reicht bis nach ganz unten«, meinte Zavala.

»Möchte bloß wissen, zu was er gut ist.«

»Ich vermute, sie haben ihn benutzt, um etwas in ihn hinunterzulassen und wieder heraufzuholen. Dieser Rahmen ist vielleicht eine Art Krangestell gewesen.«

Der Rahmen wurde teilweise von einem dichten Gewirr dicker Stromkabel bedeckt, das aussah wie ein Haufen schwarzer Spaghetti. Austin betrachtete das Durcheinander von Stahl und Kabeln und suchte nach irgendeiner Spur von Ordnung. Sein Blick blieb an einem stählernen Maschenkegel von etwa sieben Metern Länge hängen. Er lag auf der Seite, verwickelt mit Haltekabeln und Stromleitungen, die sich durch die Öffnungen im Decksboden ins Innere des Schiffs schlängelten.

Der Anblick des kegelähnlichen Gebildes weckte in ihm Erinnerungen. Große Flossen, die durchs Wasser schnitten. Der kahle Mann mit der seltsamen Tätowierung auf seinem Kopf, der an einem schwarzen Kasten herumfummelte und ihm versicherte, dass alles okay sei. Die Orcas, die ihren Angriff ebenso plötzlich abbrachen, wie sie ihn begonnen hatten.

Ohne nachzudenken sagte Austin: »Spider Barrett.«

Zavala blickte auf. »Spider wie?«

»Spider Barrett war der Typ, der mich in sein Boot gezogen hat, als die Orcas im Puget Sound verrückt spielten. Er hatte eine verkleinerte Version dieses Stahlkegels an Bord.«

»Wofür ist dieses Ding denn gut?«

»Du bist schließlich der mechanische Experte unseres Teams. Also rate mal.«

Zavala kratzte sich am Kopf. »Alle Kabel führen zu diesem großen Kegel. Ich vermute, dass er auf einer Art Rahmen über dem Loch stand. Möglich, dass er durch das Loch ins Wasser hinuntergelassen wurde. Ich kann mir jedoch für eine solche Konstruktion keine sinnvolle Verwendung auf einem Schiff vorstellen. Wenn man das Ding unter Strom setzt, erzielt man damit vielleicht die Wirkung einer riesigen Zündkerze.«

Austin dachte für einen Moment über Zavalas Einschätzung nach, dann sagte er: »Öffnen wir einfach den Deckel und sehen uns an, was sich darunter verbirgt.«

Ein schiefes Lächeln huschte über Zavalas Gesicht. »Welcher halbwegs normale Mensch könnte der Versuchung widerstehen, sich ins Innere eines Schiffs zu begeben, das durch ein Niesen jeden Moment absaufen kann?«

»Ich dachte, du machtest dir Sorgen wegen einer Möwe?«

»Wie wäre es mit einer niesenden Möwe?«

»Betrachte es doch einfach folgendermaßen: Wo wärest du lieber, hinter deinem Schreibtisch bei der NUMA oder an einem Ort wie diesem mit herrlichem Blick aufs Meer?«

»Am liebsten säße ich hinterm Lenkrad meiner Corvette mit einem herrlichen Blick auf eine scharfe Blondine neben mir.«

»Ich werte das als Zustimmung«, sagte Austin. »Ich glaube, ich weiß, wie wir reinkommen.«

Trotz ihres launigen Geplänkels waren sich beide Männer des Risikos, das sie eingingen, wenn sie sich unter Deck begeben würden, durchaus bewusst. Aber Zavala vertraute Austins Urteilsvermögen und Instinkten blind und wäre ihm ohne zu zögern auch in die Hölle gefolgt. Austin ging zu einer etwa einen Quadratmeter großen Deckluke, die seine scharfen Augen entdeckt hatten.

Er entriegelte die Klappe, suchte für seine Füße einen sicheren Halt und wuchtete sie auf. Der Deckel hob sich, polterte auf das Deck, und ein fauliger Geruch wallte aus der Öffnung hoch und ließ sie zurückweichen. Austin löste die Halogenlampe von seinem Gürtel und leuchtete damit in die Öffnung. Der starke Lichtstrahl wurde von den Stufen einer Eisenleiter reflektiert.

Sie schlüpften aus ihren Schwimmwesten. Die Westen hätten sie nur behindert und wären sowieso nutzlos, falls das Schiff sich drehte, während sie sich unter Deck befanden. Austin stieg als Erster die Leiter hinunter, die aufgrund der Schlagseite des Schiffs eine extreme Neigung hatte. Nach etwa sieben Metern spürte er festen Boden unter den Füßen. Der Boden fiel steil ab, und er hielt sich an der Leiter fest, um einen halbwegs sicheren Stand zu haben.

Zavala war ihm dichtauf gefolgt und schaute sich um. »Das sieht hier aus wie in einem Verrückten Haus auf irgendeiner Kirmes.«

»Dann los, genießen wir den Spaß«, sagte Austin.

Indem er sich an der tieferen Seitenwand abstützte, arbeitete er sich durch einen engen Laufgang. Nach etwa zwanzig Metern gelangten sie zu einer Treppe, die abwärts führte.

Die Aussicht, noch tiefer in das verunglückte Schiff einzudringen, war nicht gerade verlockend, vor allem als sie spürten, wie die Schlagseite noch um ein paar Grad zunahm. Beide Männer wussten, wenn das Schiff umschlug, wäre das ihr Todesurteil. Sie würden keine Zeit mehr haben, heil herauszukommen. Aber Austin war entschlossen, die Geheimnisse zu lüften, die das Schiff barg.

»Ist das immer noch unser Glückstag?«, fragte er, wobei seine Stimme von den Stahlwänden des Laufgangs widerhallte.

Zavala lächelte. »Wir haben uns mit einem riesigen Strudel angelegt und gewonnen. Ich wette, das Glück bleibt uns auch weiterhin treu.«

Die Treppe brachte sie zu einem Deck hinunter, das mit dem ersten identisch war. Der Laufgang endete nicht mit einer Treppe, sondern vor einer unverriegelten Tür, die sie öffneten. Während sie durch die Öffnung traten, verrieten ihre Nasen ihnen, dass ihre Umgebung sich verändert hatte. Anstatt des Salzgeruchs, der die Laufgänge ausgefüllt hatte, roch die Luft nun elektrisch, so als hätten sie eine Radio-Shack-Filiale betreten.

Austin ließ den Lichtstrahl herumwandern. Sie standen auf einer Art Balkon, unter dem sich ein riesiger Laderaum erstreckte. Er enthielt vier wuchtige zylindrische Objekte, die in einer Reihe aufgestellt waren.

»Das erinnert mich an den Generatorsaal im Innern des Hoover-Staudamms«, sagte Austin.

»Hier wurde Strom erzeugt, der für eine Kleinstadt ausgereicht hätte.«

»Oder für eine riesige Zündkerze«, sagte Austin und dachte an die zerstörte Spule, die sie an Deck gefunden hatten. Er leuchtete nach oben. Dutzende von dicken Stromkabeln schlängelten sich von der Decke zu den Generatoren.

Ein Ächzen durchlief das Schiff.

Der Boden unter ihren Füßen sackte ruckartig ab und wurde steiler.

»Ich glaube, die Möwe, wegen der du dir Sorgen gemacht hast, ist soeben gelandet«, stellte Austin fest.

Zavala blickte kurz zur Decke. »Hoffen wir, dass sie nicht auch noch erkältet ist.«

Austin kannte keine Angst, aber er war nicht töricht. Sie zogen sich zurück, gingen durch die Tür, die Treppen hinauf und durch die Laufgänge, bis sie wieder draußen auf dem Oberdeck standen. Die frische Luft tat gut nach der klaustrophobischen Dunkelheit im Innern des Schiffs. Das Schiff hatte deutlich mehr Schlagseite als vorher. Austin war noch immer nicht zufrieden. Es gab keine Basis für einen Aufbau, jedoch hatte so etwas wie ein Kontrollraum sicherlich existiert. Während Zavala mit der ThrockmortonVerbindung aufnahm, um einen kurzen Bericht über ihre aktuelle Lage durchzugeben, tastete Austin sich über das schräge Deck zum Schiffsheck.

Er stieß dabei auf mehrere Bodenluken, die einen Zugang ins Schiffsinnere gestatteten. Er rechnete sich aus, dass jede Luke eine Niete sein könnte und dass er schon sehr viel Glück haben müsste, um die richtige zu erwischen. Dann fand er, was er suchte. Unweit einer Luke in der Mitte des Achterdecks waren ein paar runde Isolatoren zu sehen. Er vermutete, dass sie als Sockel für Funkantennen gedient haben konnten, die im Strudel abgerissen worden waren. Er öffnete die Luke und gab Zavala ein Zeichen, ihm die Leiter hinunter zu folgen.

Wie zuvor führte die Leiter zu einem Deck und einem Laufgang. Jedoch war dieser Korridor nicht länger als gut drei Meter und endete vor einer Tür. Diese öffneten sie und traten ein.

»Ich glaube, wir haben soeben die Besatzung gefunden«, sagte Zavala.

Sechs verweste Leichen befanden sich im Kontrollraum. Sie lagen am Ende des Raums. Austin hatte Hemmungen, die Totenruhe der Mannschaft zu stören, aber ihm war bewusst, dass er so viel wie möglich über das Schiff in Erfahrung bringen musste. Mit Zavala dicht hinter ihm, drang Austin in den Raum ein und betrachtete eine lange Kontrolltafel. Mit Dutzenden von Anzeigeinstrumenten und Schaltern war sie weitaus komplizierter als jede Kontrolltafel, die er je gesehen hatte. Er kam zu dem Schluss, dass die Dynamos unter Deck von diesem Raum aus gesteuert worden waren. Er untersuchte die Kontrollvorrichtungen, als das Schiff plötzlich knarrte und dann aufzustöhnen schien.

Zavala spitzte die Ohren. »Kurt!«

Austin wusste, wenn sie nur eine Sekunde länger bei der Besatzung blieben, würden sie am Ende zum Kreis der aufgeblähten Leichen gehören.

»Ich glaube, wir sind hier fertig.« Er deutete zur Tür.

Mit Zavala an der Spitze rannten sie durch den Korridor und sprangen regelrecht die Leiter hinauf an Deck und in die Sonne.

Austin hatte versucht, die Sekunden zu zählen, die seit dem Geräusch verstrichen waren, doch in ihrer Eile hatte er nicht mehr darauf geachtet. Ihnen blieb keine Zeit mehr, ins Boot zu steigen, den Motor zu starten und abzulegen. Ohne sich damit aufzuhalten, ihre Schwimmwesten zu holen, rannten sie zur tieferen Seite des Schiffs und hechteten ins Wasser.

Als sie wieder hochkamen, schwammen sie so schnell sie konnten. Das Schiff würde beim Versinken einen Sog erzeugen, und sie wollten sich nicht davon mitziehen lassen. Sie befanden sich in sicherer Distanz vom Schiff, als sie endlich aufhörten zu schwimmen und sich umdrehten.

Die untere Reling befand sich bereits unter Wasser. Das Schiff selbst verharrte in einer gefährlichen Lage, so dass das Deck mit der Wasseroberfläche beinahe einen rechten Winkel bildete. Zavalas niesende Möwe musste gelandet sein, denn das Schiff erreichte plötzlich den Umkipppunkt und rollte herum. Es trieb noch mehrere Minuten lang an der Wasseroberfläche und sah dabei aus wie der glänzende Rücken einer riesigen Schildkröte. Während Wasser in die Laderäume strömte, sank das Schiff tiefer, bis nur noch eine kleine, kreisrunde Fläche des Rumpfs zu sehen war. Dann verschwand auch diese und wurde durch ein Brodeln schaumiger, platzender Luftbläschen ersetzt.

Das Meer hatte sich seine Beute zurückgeholt.

16

»Ich freue mich, Sie kennen zu lernen, Professor Kurtz«, sagte Harold Mumford, seines Zeichens Professor für Zooarchäologie. »Ist Earl Grey in Ordnung?«

»Mein Lieblingstee«, erwiderte der Mann, der in Mumfords Büro auf dem Campus der Universität von Alaska in Fairbanks saß. Er hatte ein längliches Gesicht mit ausgeprägtem Kinn und hellblauen Augen. Sein braunes Haar war mit grauen Strähnen durchsetzt.

Mumford füllte zwei Tassen und reichte eine seinem Gast.

»Sie hatten eine lange Reise. Fairbanks ist von Berlin ziemlich weit entfernt.«

»Ja, Deutschland ist weit weg von hier, Dr. Mumford. Aber ich hatte immer schon mal nach Alaska kommen wollen. Es ist die letzte Zivilisationsgrenze.«

»Und sie verändert sich rasend schnell«, sagte Mumford, ein stattlicher Mann, dessen Gesicht an ein freundliches Walross erinnerte. »Verdammt, wir haben in der Stadt sogar einen Wal Mart. Aber bis in die Wildnis vorzudringen, wo es von Grizzlybären und Elchen wimmelt, erfordert nicht viel Aufwand. Sie sollten sich wirklich einen Besuch im Nationalpark in Denali gönnen.«

»Oh ja. Der steht auf meiner Liste. Ich freue mich schon darauf.«

»Es ist ein Tagesausflug, aber er lohnt sich allemal. Schade, dass Sie Karla Janos verfehlt haben. Wie ich schon am Telefon erwähnte, ist sie vor ein paar Tagen zu einer Expedition aufgebrochen.«

»Es war eine spontane Entscheidung, hierher zu kommen«, erklärte Schroeder. »Ich hatte plötzlich noch ein wenig Zeit und dachte, ich könnte der Universität einen kurzen Besuch abstatten. Es ist wirklich nett von Ihnen, mich derart kurzfristig zu empfangen.«

»Kein Problem. Ich kann verstehen, dass Sie Karla treffen wollten. Sie ist nicht nur brillant, sondern auch eine reizende junge Frau. Sie hat in der Fundstätte im Gerstle River Quarry, einem alten Steinbruch etwa hundertdreißig Kilometer von hier, gearbeitet. Wir haben dort einige mit Schnitzereien verzierte Mammutzähne gefunden. Es war richtig aufregend. Ihr Aufsatz über die Ausrottung des Mammuts durch Jäger der Frühzeit war einer der besten Texte, die ich zu diesem Thema je gelesen habe. Ich weiß, sie wäre liebend gerne mit jemandem von Ihrem akademischen Status zusammengetroffen.«

Seine akademischen Referenzen hatte Schroeder aus einem Kinko’s Print and Copy Shop in Anchorage. Die Visitenkarten, die er hergestellt hatte, wiesen ihn als Hermann Kurtz aus, Professor für Anthropologie an der Universität Berlin. Den Nachnamen hatte er sich von einem geheimnisvollen Charakter in Joseph Conrads Herz der Finsternisausgeliehen.

Während seiner zwielichtigen Karriere hatte es ihn immer wieder verblüfft, wie wirkungsvoll gedruckte Worte auf einem Stück Papier sein konnten, wenn sie mit einem selbstsicheren Auftreten gepaart waren. Der schwierigste Teil seiner Maskerade bestand darin, nach all den Jahren, die er ausschließlich amerikanisch gesprochen hatte, einen halbwegs glaubwürdigen österreichischen Akzent zustande zu bringen.

»Ich habe den Aufsatz gelesen«, log Schroeder. »Wie Sie sagten, höchst beeindruckend. Ich kenne außerdem ihren Artikel über das Aussterben des Mammuts.«

»Das war typisch für Karla. Nachdem sie zu dem Schluss gekommen war, dass der Mensch keinen bedeutenden Einfluss auf das Aussterben des Mammuts gehabt hatte, entwickelte sie die kühne These von einer Naturkatastrophe als Ursache. Sie können sich gewiss vorstellen, was für eine heftige Kontroverse dadurch ausgelöst wurde.«

»Ja, es ist eine ziemlich innovative Theorie, aber mir gefiel die mutige Art und Weise, wie sie sie vertrat. Hat ihre Theorie irgendetwas mit ihrer Expedition zu tun?«

»Alles. Sie hofft, den Beweis für ihre Theorie auf einer einsamen Insel in Sibirien zu finden.«

Schroeder blies seine Backen auf. »Sibirien ist unendlich weit weg. Wie kommt man dorthin?«

»Was Karla betrifft, so flog sie zur Wrangelinsel und ging dort an Bord eines Eisbrechers, der sie zu den Neusibirischen Inseln brachte. Das Schiff wird sie in zwei Wochen dort abholen, und ein paar Tage danach ist sie wieder in Fairbanks. Werden Sie dann noch in Alaska sein?«

»Unglücklicherweise nein. Aber ich beneide sie um ihr Abenteuer. Ich würde alles stehen und liegen lassen und ihr folgen, wenn ich könnte.«

Mumford lehnte sich in seinem Sessel zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. »Ivory Island muss eine Art neues Cancún sein«, stellte er grinsend fest.

»Wie bitte?«, fragte Schroeder.

»Ivory Island ist die Insel, auf der Karla sich aufhält. Ein Typ vom Discovery Channel kam gestern in mein Büro und erzählte, er sei mit einem Filmteam nach Alaska gekommen, um ein Feature über den Mount McKinley zu drehen. Ich vermute, er hat von Karlas Forschungen gehört. Er zeigte sich höchst interessiert, als ich ihm von Ivory Island erzählte. Er meinte, er wolle einen Abstecher dorthin machen. Wollte alles über das Projekt wissen. Ich nehme an, wenn man ein dickes Scheckbuch hat, gibt es keine Hindernisse.«

»Wie lautete sein Name?«, wollte Schroeder wissen. »Vielleicht bin ich ihm auf meinen Reisen schon mal begegnet.«

»Hunter«, sagte Mumford. »Scott Hunter. Ein großer, muskulöser Bursche.«

Schroeder lächelte, doch in seinen Augen lag ein Ausdruck der Verachtung für das stümperhaft kaschierte Wortspiel hinter dem falschen Namen. »Ich wüsste nicht, dass ich ihn kenne. Bestimmt haben Sie ihn darauf aufmerksam gemacht, wie schwierig es ist, nach Ivory Island zu gelangen.«

»Ich habe ihn zum Flughafen geschickt, um mit Joe Harper zu reden. Er ist ein ehemaliger Buschpilot, der eine Firma namens PoleStar Air betreibt. Sie veranstalten Abenteuertrips nach Russland.«

Schroeder leerte seine Tasse in einem Zug, obgleich der Tee ihm dabei die Kehle verbrühte. Er bedankte sich bei Mumford für dessen Gastfreundschaft und fuhr mit seinem Mietwagen zum Flughafen von Fairbanks. Die Lage des Flughafens in der Nähe des Polarkreises machte ihn zu einer praktischen Tankstelle für große Frachtflugzeuge auf der Rundroute zwischen dem Fernen Osten und Amerika. Der Flughafen selbst war verhältnismäßig klein, und er brauchte nur ein einziges Mal nachzufragen, um das Büro der Pole-Star Air zu finden.

Die Empfangsdame schenkte Schroeder ein freundliches Lächeln und das Versprechen, dass Mr. Harper frei sei, sobald er sein Telefonat beendet habe. Tatsächlich kam Harper wenige Minuten später heraus. Er sah aus, als sei er von einer weltweiten Casting Agentur aus Tausenden von Bewerbern für die Rolle eines Buschpiloten ausgesucht worden. Er war ein schlanker Mann mit wachen Augen und einem markanten Mund und hatte, seiner äußeren Erscheinung nach zu urteilen, den Schritt vom Buschpiloten zum Reisemanager noch nicht ganz vollzogen.

Sein Bart war sorgfältig gestutzt, seine Haare hingegen waren zottig und wucherten ihm über die Ohren. Sein Oberhemd war offenbar noch ziemlich neu und gebügelt, und es war in eine Jeans gestopft, die sich ungefähr in dem Stadium befand, in dem Jeans erst richtig bequem werden. Er strahlte professionelle Kompetenz aus, jedoch lag in seinen Augen der Anflug eines Ausdrucks von Sorge. Er beugte sich zu der Empfangsdame hinunter, murmelte ihr etwas von einer Treibstoffrechnung ins Ohr und geleitete Schroeder dann zu seinem Schreibtisch.

Dessen freie Arbeitsfläche reichte kaum für einen Computer aus. Jeder weitere freie Zentimeter wurde durch Aktenstapel eingenommen.

Harper war sich der Unordnung schmerzlich bewusst.

»Entschuldigen Sie das Durcheinander. PoleStar Air ist ein Familienunternehmen, und ich erledige die meiste Verwaltungsarbeit selbst. Offen gesagt, mache ich mit der Hilfe meiner Frau da draußen so gut wie alles selbst.«

»Ich schließe daraus, dass Sie schon lange fliegen«, sagte Schroeder.

Harpers Miene hellte sich auf. »Ich kam 1984 hierher. Ich hatte eine Cessna, die ich jahrelang geflogen bin. Habe dann expandiert und es bis zu einer Flotte Schlammspringer gebracht. Die habe ich dann alle verkauft, um den kleinen Privatjet anzuschaffen, den Sie draußen auf dem Flugfeld sehen können. Es ist der blaue mit den Sternen darauf. Die betuchte Kundschaft mag ihre Abenteuertrips schnell und erstklassig.«

»Wie läuft es so?«

»Geschäftlich glaube ich ganz okay. Für mich selbst kann ich das nicht behaupten.« Harper nahm einen Stapel Papiere hoch und ließ ihn wieder auf die Schreibtischplatte fallen.

»Ich bin wohl dazu verdammt, mich mit diesem Kram herumschlagen zu müssen, bis wir groß genug sind, um dafür jemanden anzuheuern. Aber das ist mein Problem. Was ist das Ihre?«

»Ich habe vor einer kleinen Weile mit Dr. Mumford von der Universität gesprochen. Er erzählte mir, dass Sie ein Fernsehteam zu einer Insel in Sibirien bringen.«

»Oh ja, die Leute von Discovery. Sie nehmen ein Flugzeug, um einen Fischkutter in Wrangel zu erreichen.«

Schroeder reichte Harper eine seiner frisch gedruckten Visitenkarten. »Ich möchte gerne zu den Neusibirischen Inseln. Sie meinen nicht, dass ich mich ihnen anschließen kann?«

»Wenn es nach mir geht, gerne. Im Flugzeug ist genug Platz. Sie müssten lediglich in Erfahrung bringen, was Sie zahlen müssen, um reinzukommen. Unglücklicherweise haben sie nämlich alle Plätze im Flugzeug und auf dem Kutter reserviert.«

Schroeder ließ sich diese Auskunft durch den Kopf gehen.

»Vielleicht kann ich Ihre Kunden überreden, mich mitzunehmen.«

»Versuchen Sie es. Sie wohnen im Westmark Hotel.«

»Wann wollen Sie voraussichtlich starten?«

Harper schaute auf die Uhr. »In zwei Stunden und zwanzig Minuten.«

»Ich spreche mit ihnen.«

Schroeder ließ sich den Weg zum Hotel erklären und erkundigte sich, dort angekommen, am Empfang nach dem Discovery-Team. Der Hotelangestellte meinte, er habe die Leute ein paar Minuten vorher in die Bar gehen sehen. Schroeder bedankte sich und ging in den Salon, der nur zur Hälfte besetzt war, vorwiegend mit Einzelpersonen und einigen Paaren. Die einzige Gruppe saß an einem Tisch in einer Ecke, steckte die Köpfe zusammen und unterhielt sich offenbar angeregt. Sie waren zu viert.

Schroeder kaufte sich im Foyer eine Zeitung, suchte sich im Salon einen Tisch in der Nähe aus und bestellte sich Club Soda mit Limonensaft. Zwei der Männer warfen kurze Blicke in seine Richtung und setzten dann die Unterhaltung mit den anderen fort. Ein Vorteil des Altwerdens ist die Unsichtbarkeit, dachte Schroeder. Die jungen Leute nehmen einen nicht mehr wahr.

Er beschloss, die Richtigkeit seines Verdachts einer eingehenderen Überprüfung zu unterziehen. Er beobachtete, wie einer der Männer den Tisch verließ, um die Toilette aufzusuchen. Den richtigen Augenblick abpassend, erhob er sich ebenfalls von seinem Tisch und stieß absichtlich mit dem Mann zusammen, als dieser zurückkehrte. Schroeder entschuldigte sich überschwänglich, doch der Mann fluchte nur unterdrückt und brachte ihn mit einem drohenden Blick zum Schweigen.

Die unsanfte Begegnung verriet ihm zwei Dinge. Dass seine neue äußere Erscheinung, mit abrasiertem Bart und gefärbtem Haar, funktionierte und dass der Fernsehmann eine Pistole in einem Schulterhalfter bei sich hatte. Er beschloss, der Sache weiter auf den Grund zu gehen.

Nachdem er selbst die Toilette verlassen hatte, näherte er sich dem Tisch der vier Männer. »Hallo«, sagte er mit seinem westlichen Akzent. »Ich habe gehört, dass Sie vom Discovery Channel sind. Mr. Hunter?«

Ein hochgewachsener Mann, der offenbar der Chef der Gruppe war, musterte ihn mit zusammengekniffenen Augen.

»Ja. Ich bin Hunter. Woher kennen Sie meinen Namen?«

»Er schwirrt durch das Hotel. Es kommt nicht sehr oft vor, dass Prominente sich hierher verirren«, sagte Schroeder und erzeugte am Tisch ein allgemeines Grinsen. »Ich wollte Ihnen nur sagen, wie sehr mir Ihr Feature über die alten Hethiter vor einigen Monaten gefallen hat.«

Ein verwirrter Ausdruck stahl sich in die Miene des großen Mannes. »Danke«, sagte er und sah Schroeder misstrauisch an. »Wir haben Wichtiges zu bereden, daher müssen Sie verstehen, dass wir im Augenblick keine Zeit für Sie haben.«

Schroeder entschuldigte sich wortreich dafür, ihre Zeit in Anspruch genommen zu haben, und kehrte an seinen Tisch zurück. Er hatte sich den Hinweis auf das Hethiter-Feature nur als Test ausgedacht. Es hatte während des vergangenen halben Jahres keine einzige Sendung zu diesem Thema gegeben. Das Team war ein Schwindel.


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