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Packeis
  • Текст добавлен: 12 октября 2016, 05:46

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Автор книги: Clive Cussler


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Триллеры


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Austin nahm die Baseballmütze ab und untersuchte die winzige Kamera, die in dem Harley-Davidson-Logo versteckt war. »Mr. Doyle wäre sicherlich sehr überrascht gewesen, wenn er gewusst hätte, dass Ihre glänzenden Augen ihn aus dem Grab anschauen.«

Barrett lachte. »Welchen Eindruck hatten Sie von Gant?«

»Brillant. Arrogant. Ein Psychopath. Ich habe ihn nach der Fuchsjagd beobachtet. Er betrachtete das Schlachtfeld, als ob es ein Altar wäre.«

»Gant hat mir schon immer Angst eingejagt. Ich konnte mir nie erklären, weshalb Tris sich mit ihm zusammengetan hat.«

»Wenn man etwas Böses im Schilde führt, findet man oft die seltsamsten Bettgefährten, nehme ich an. Ich hatte nicht erwartet, dass er mir meine Bitte, sich alles noch einmal zu überlegen, erfüllen würde, aber ich bekam dadurch eine Gelegenheit, ihn einzuschätzen und eine Wanze unter dem Gartentisch anzubringen, ehe ich mich aus dem Staub machte.«

»Sie funktioniert einwandfrei, hat allerdings bisher noch nichts von Bedeutung aufgenommen.«

»Meinen Sie, die Trouts haben bei Margrave mehr Glück?«, fragte Austin.

»Ich hoffe es, aber ich bin nicht besonders optimistisch.«

Austin dachte an sein Treffen mit Gant. »Ich auch nicht«, stimmte er zu.

»Ich trinke auf Arthur C. Clarke«, sagte Gant und hob sein Glas.

Er saß mit drei Fuchsjägern, die ihre roten Jacken trugen, in seinem Arbeitszimmer. Einer von ihnen, ein korpulenter Mann mit einem Gesicht wie ein Bulle, fragte: »Wer ist Clarke?«

Gants öliges Lächeln verschleierte seine Verachtung. »Er ist ein englischer Science-Fiction-Autor, der schon 1945 vorschlug, drei bemannte Satelliten in Vierundzwanzigstundenorbits über den großen Landmassen kreisen zu lassen, um Fernsehsignale zu übermitteln. Seine Vision war es, die uns heute hier zusammenführt.«

»Darauf trinke ich«, sagte der korpulente Mann mit einem englischen Akzent.

Er hob sein Glas, und Gant und die beiden anderen Männer im Arbeitszimmer folgten seinem Beispiel. Ein Mann war so hager, wie der Mann mit dem Bullengesicht dick war. Der vierte Mann im Raum war über achtzig. Er hatte versucht, die unvermeidbaren Spuren des Alterns und seines dekadenten Lebensstils durch plastische Chirurgie, Chemie und Transplantate zu beseitigen. Die Folge war ein hässliches Gesicht, das an die Leiche eines jungen Mannes erinnerte.

Selbst Gant hätte zugegeben, dass keiner seiner Partner einen Preis für seinen besonders hervorragenden Charakter errungen hätte, aber sie waren unglaublich raffinierte und skrupellose Männer, die es mit ihren multinationalen Konzernen zu unfassbarem Reichtum gebracht hatten. Und sie wurden seinen Bedürfnissen gerecht. Einstweilen.

»Ich habe Sie zu mir gebeten, damit ich Sie auf den neuesten Stand unseres Projekts bringen kann«, sagte Gant. »Alles läuft bestens.«

»Hört! Hört!«, riefen die anderen drei Männer im Chor.

»Wie Sie wissen, ist das Satellitengeschäft in den letzten dreißig Jahren rasend schnell gewachsen. Dutzende von Satelliten werden von zahlreichen Firmen betrieben, sei es für Fernsehen, Kommunikation, Militär, Wetterbeobachtung oder Telefonverkehr, und weitere Möglichkeiten zeichnen sich schon jetzt ab. Diese Satelliten sorgen für Milliardenprofite.« Er hielt inne. »Bald wird all das uns gehören.«

»Sind Sie sicher, dass nichts schiefgehen kann?«, fragte der alte Mann.

»Nichts geht schief. Der Polsprung wird eine vorübergehende Störung bewirken, aber die Satellitennetze werden elektronisch lahmgelegt sein.«

»Bis auf unsere«, sagte der hagere Mann.

Gant nickte. »Unsere durch Blei abgeschirmten Satelliten werden die einzigen sein, die noch ordnungsgemäß funktionieren. Unser Konsortium wird die weltweite Kommunikation unter Kontrolle haben. Diese Position werden wir festigen, indem wir andere Netze schlucken und weitere eigene Satelliten in Umlauf bringen.«

»Und auf diese Art und Weise weitere Milliarden verdienen«, sagte der alte Mann.

»Ja«, bestätigte Gant. »Und das Raffinierte daran ist, dass wir die anarchistischen Kräfte benutzen, um unser Ziel zu erreichen. Sie werden es sein, die bereitwillig die Verantwortung für das Auslösen des Polsprungs übernehmen. Und wenn der Zorn der Welt sich gegen sie richtet, werden Margrave und seine Leute vernichtet.«

»Alles schön und gut«, sagte der alte Mann. »Aber denken Sie daran, dass es uns nur um Geld geht.«

»Und davon wird es eine Menge geben«, sagte Gant, obgleich Geld für ihn am unwichtigsten war. Viel wichtiger war die politische Macht, über die er verfügen würde, wenn er die totale Kontrolle über die Kommunikationssysteme der Welt an sich gerissen hätte. Niemand würde irgendetwas tun können, ohne dass er darüber Bescheid wusste. Millionen von Gesprächen würden überwacht. Zugang zu sämtlichen Archiven und Datenbanken gäben ihm reichlich Hilfsmittel für politische Erpressung in die Hand. Keine Armee könnte ohne sein Wissen operieren. Seine Fernsehstationen würden die öffentliche Meinung nach Belieben steuern. Er hätte die Macht, Aufstände anzuzetteln und sie aufzulösen.

»Auf unseren englischen Freund«, sagte der Mann mit dem Bullengesicht. »Wir lautete sein verdammter Name noch mal?«

Gant sagte es ihm. Dann hob er sein Glas zu einem weiteren Toast.

34

Trout zog seine Angelschnur ein und untersuchte den leeren Haken. »Heute beißen die Fische nicht«, stellte er empört fest.

Gamay ließ das Fernglas sinken, mit dem sie Margraves Leuchtturminsel beobachtete. »Jemand, der in der Familie eines Fischers aufwuchs, sollte eigentlich wissen, dass Angelhaken viel besser funktionieren, wenn man einen Wurm draufschiebt.«

»Einen Fisch zu fangen würde dem Zweck dieser seetüchtigen Theaterproduktion völlig widersprechen, der darin besteht, ganz einfach nur den Anscheinzu erwecken, als würde man angeln«, sagte Trout.

Gamay blickte auf ihre Uhr und sah dann hinauf zum rotweiß gestreiften Leuchtturm auf seinem Felsvorsprung. Er sah aus wie eine der Pfefferminzstangen, die sie als Kind immer so gerne gelutscht hatte. »Wir sind jetzt seit zwei Stunden hier. Die Leute, die uns von der Insel aus überwacht haben, müssten jetzt eigentlich von unserer Harmlosigkeit überzeugt sein. Meine kleine Bikinishow auf dem Bug vor einer Weile dürfte ihnen gezeigt haben, dass wir nichts anderes als harmlose Angler sind.«

»Und ich hätte geglaubt, sie mit meinem professionellen Outfit überzeugt zu haben.«

Gamay betrachtete die Mini-Budweiserdose auf der Krempe von Trouts zerknautschtem Hut und studierte dann das bunt bedruckte, billige Hawaiihemd, das über die roten Bermudashorts hing. »Wie sollte jemand nichtdurch diese raffinierte Verkleidung getäuscht werden?«

»Ich nehme da einen unziemlichen Unterton von Sarkasmus wahr, den ich als perfekter Gentleman, der ich bin, lieber ignorieren werde«, sagte Trout. »Der eigentliche Test steht noch bevor.«

Er steckte die Angelrute zu einigen anderen in einer Halterung und versuchte dann mit übertriebenen, umständlichen Bewegungen, den Außenbordmotor zu starten. Die Tatsache, dass er ein Zündkabel gelöst hatte, hätte durchaus etwas damit zu tun haben können, dass es ihm nicht gelang, den Motor in Gang zu bringen. Erster Akt. Dann standen er und Gamay an Deck und gestikulierten wild mit den Armen, als sie einen heftigen Streit inszenierten. Zweiter Akt. Schließlich holten sie ein Paar Ruder hervor, legten sie in die Dollhaken des Bootes und begannen, in Richtung Insel zu rudern. Dritter Akt.

Das Motorboot war nicht dazu konstruiert, gerudert zu werden, und sie kamen nur langsam voran, aber schließlich befanden sie sich in dreißig Metern Entfernung von einem langen Pier, an dem ein großes Powerboot und ein noch größeres Segelboot vertäut waren. Der Pier war mit BETRETEN-VERBOTEN-Schildern gespickt. Entsprechenden Nachdruck verlieh der Warnung ein Wachmann in Tarnkleidung, der gemütlich zum Ende des Piers schlenderte.

Er schnippte die Zigarette, die er rauchte, ins Wasser und versuchte, die Trouts mit einigen Gesten zu vertreiben. Als das Boot beharrlich näher kam, legte er die Hände als Schalltrichter an den Mund und rief: »Privatgelände! Sie dürfen hier nicht anlegen!«

Trout stand im Bootsheck und rief zurück: »Wir haben keinen Sprit mehr!«

»Wir können Ihnen nicht helfen. Das hier ist Privatgelände!« Er deutete auf die BETRETEN-VERBOTEN-Schilder.

Gamay sagte: »Lass mich mal versuchen, Mr. Budweiser.«

»Wahrscheinlich trinkt er lieber Miller«, sagte Trout. Er trat zur Seite, um Gamay Platz zu machen. »Bitte bring jetzt nicht die Dämlicher-Ehemann-Nummer. Dann kriege ich nämlich einen Minderwertigkeitskomplex.«

»Okay, dann eben die Unglückliche-Ehefrau-Nummer.«

Gamay breitete die Arme aus, als würde sie den Wächter anbeten. »Wir wissen nicht, was wir tun sollen. Unser Funkgerät funktioniert nicht.« Sie deutete auf die Zapfsäule auf dem Pier. »Wir bezahlen auch für das Benzin.«

Der Wächter betrachtete lüstern Gamays schlanken Körper, dann grinste er und winkte den Trouts, dass sie zum Pier kommen könnten.

Sie ruderten hektisch zum Pier, und als sie ankamen, konnten sie erkennen, dass der Wächter auf der einen Seite ein Pistolenhalfter an seinem Gürtel befestigt hatte und an der anderen Seite ein Sprechfunkgerät. Trout reichte dem Wächter, dessen Miene alles andere als freundlich war, einen leeren Benzinkanister. Er füllte ihn an der Zapfsäule, während die Trouts im Boot warteten. Als er ihn zurückbrachte, bedankte Gamay sich bei ihm und wollte wissen, was sie ihm schulde. Der Wächter grinste verschlagen und meinte: »Nichts.«

Sie reichte ihm einen dicken Umschlag. »Dann geben Sie das bitte Mr. Margrave als kleines Dankeschön für das Benzin.«

Der Wächter betrachtete den Umschlag und sagte: »Warten Sie.« Er ging ein Stück, bis er außer Hörweite war, und sprach in sein Funkgerät. Dann kam er zurück und sagte: »Kommen Sie mit.«

Er führte sie eine steile Holztreppe zum Fuß des Felsvorsprungs hinauf. Dann holte er eine kleine Fernbedienung aus der Tasche, drückte auf einen Knopf, und ein Teil der Felswand glitt zur Seite und gab den Blick auf einen Fahrstuhl frei. Er forderte sie auf einzusteigen und folgte ihnen in die Kabine. Mit einer Hand auf dem Pistolenhalfter beobachtete er sie während der mehrere Sekunden dauernden Fahrt. Die Fahrstuhltüren öffneten sich zu einem runden Raum. Ein kurzer Blick verriet den Trouts, dass sie sich im Leuchtturm befanden.

Der Wächter öffnete eine Tür, und sie traten ins Freie. Sie standen auf der Klippe und hatten einen wundervollen Blick auf das in der Sonne funkelnde Wasser der Penobscot Bay. Drei Klappstühle waren aufgestellt worden. In einem saß ein Mann mit dem Rücken zu den Besuchern und hatte ein Fernrohr am Auge. Er wandte sich um und lächelte die Trouts an.

Er hatte ein schlankes, düsteres Gesicht und seltsam geschnittene grüne Augen, die die Trouts amüsiert betrachteten. Dann deutete er auf die leeren Sessel. »Hallo, Gamay. Hallo, Paul. Ich habe schon auf Sie gewartet.« Er quittierte die Überraschung auf ihren Mienen mit einem glucksenden Lachen.

»Ich glaube nicht, dass wir uns schon mal begegnet sind«, sagte Trout und machte es sich in einem Sessel bequem, während Gamay sich in den anderen sinken ließ.

»Das sind wir auch nicht. Wir hören Ihnen schon den ganzen Vormittag zu und haben Sie genau im Auge. Unsere elektronischen Ohren sind weitaus empfindlicher als die Abhörwanzen, die Sie in irgendwelchen Versandhäusern kaufen können, aber das Prinzip ist das gleiche. Wir haben jedes Wort gehört, das Sie gesprochen haben. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, wollten Sie mir etwas schenken.«

Der Wächter reichte Margrave den Umschlag. Er öffnete ihn und holte eine CD-ROM-Scheibe heraus. Sein Lächeln verschwand, als er die Beschriftung las: »Die Gefahren des Polsprungs.«

»Was hat das zu bedeuten?«, fragte Margrave. Sein Tonfall hatte jede Freundlichkeit verloren.

Trout deutete auf die Scheibe. »Diese CD erzählt Ihnen alles, was Sie wissen wollen, und einiges, das Sie wahrscheinlich nicht wissen wollen.«

Margrave schickte den Wächter mit einer Handbewegung weg.

»Sie sollten die Scheibe wirklich abspielen«, sagte Gamay. »Sie wird Ihnen die ganze Situation erklären.«

»Warum sollte ich an einem Polsprung interessiert sein?«, fragte Margrave.

»Das ist einfach«, erwiderte Gamay mit einem reizenden Lächeln. »Sie haben die Absicht, eine Umkehrung der magnetischen Pole der Erde mithilfe von niederfrequenten elektromagnetischen Impulsen auszulösen. Es ist ein Prozess, der auf den Forschungen von Lazio Kovacs beruht.«

Margrave stützte sein scharf geschnittenes Kinn in die Hand und ließ sich Gamays Worte durch den Kopf gehen.

»Selbst wenn ich die Macht hätte, einen Wechsel der Pole herbeizuführen, gibt es meines Wissens kein Gesetz, das so etwas verbietet.«

»Aber es gibt eine Menge Gesetze gegen Beihilfe zum Massenmord und zu totaler Vernichtung«, sagte Trout, »obgleich Sie sich wegen einer möglichen Bestrafung keine Sorgen machen müssten, da Sie genauso tot wären wie alle anderen Menschen.«

»Seit meiner Kindheit löse ich keine Rätsel mehr. Was wollen Sie mir klarmachen?«

»Dass ein magnetischer Polsprung eine nicht mehr rückgängig zu machende Bewegung der Erdkruste mit katastrophalen Auswirkungen zur Folge hätte.«

»Wenn das der Fall ist, welchen Nutzen habe ich oder wer auch immer von einem solchen Prozess?«

»Es ist möglich, dass Sie nicht ganz bei Verstand sind. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Sie ganz einfach dumm sind.«

Margraves bleiche Wangen röteten sich. »Man hat mir schon vieles an den Kopf geworfen, aber noch nicht, dass ich dumm sei.«

»Wir wissen, warum Sie das tun. Sie wollen die wirtschaftliche Globalisierung aufhalten, aber Sie haben dazu eine höchst gefährliche Methode ausgesucht, und Sie wären gut beraten, es lieber zu unterlassen.«

Margrave erhob sich abrupt und unerwartet. Er holte mit dem Arm aus und schwang ihn dann nach vorne. Die CD-ROM verließ seine Hand und flog in einem hohen Bogen hinaus in die Luft und landete einige hundert Meter tiefer im Wasser am Fuß der Klippe. Er winkte anschließend den Wächter herüber und sah die Trouts an.

»Sie werden zu Ihrem Boot zurückgebracht. Lassen Sie diese Insel lieber so schnell wie möglich weit hinter sich, sonst versenke ich Ihr Boot, und Sie können zum Festland zurückschwimmen.« Er lächelte. »Das Benzin schenke ich Ihnen.«

Sekunden später fuhren die Trouts mit dem Fahrstuhl nach unten. Der Wächter eskortierte sie zu ihrem Boot, stieß sie vom Pier und blieb dort mit einer Hand auf dem Pistolenhalfter stehen.

Von der Klippe aus beobachtete Margrave, wie die Trouts sich von der Insel entfernten, dann nahm er das Mobiltelefon, das in einer Tasche an seinem Gürtel steckte, zur Hand und aktivierte die Stimmwahl mit einem Wort: »Gant.«

Jordan Gant meldete sich sofort.

»Ich hatte soeben Besuch von zwei NUMA-Leuten«, meldete Margrave. »Sie wissen sehr gut über das Projekt Bescheid.«

»Was für ein Zufall«, erwiderte Gant. »Kurt Austin war hier, ebenfalls von der NUMA. Auch er schien über unsere Pläne bestens informiert zu sein.«

»Die Leute, die bei mir waren, meinten, dass wir eine weltweite Vernichtung auslösen könnten.«

Gant lachte. »Sie haben sich zu lange auf Ihrer Insel vergraben. Wenn Sie längere Zeit in einer Schlangengrube wie Washington verbringen würden, wüssten Sie, dass die Wahrheit das ist, was man dafür halten will. Die Leute bluffen.«

»Was sollen wir tun?«

»Den Termin vorziehen und sie gleichzeitig bremsen, indem wir sie ablenken. Wenn wir Kurt Austin aus dem Verkehr ziehen, wird das die NUMA aus dem Tritt bringen und uns die nötige Zeit verschaffen, um dafür zu sorgen, dass unser Projekt erfolgreich abgeschlossen wird.«

»Hat man irgendetwas von Karla Janos gehört? Mir gefällt die Vorstellung nicht, dass sie plötzlich wie aus dem Nichts auftauchen könnte.«

»Darum habe ich mich gekümmert. Meine Freunde in Moskau haben mir versichert, dass, wenn ich ein wenig Geld verteile, die Janos die Insel in Sibirien nie mehr lebend verlassen würde.«

»Trauen Sie den Russen?«

»Ich traue niemandem. Die Russen erhalten die volle Bezahlung, wenn sie mir einen eindeutigen Beweis für ihren Tod vorlegen. In der Zwischenzeit ist sie Tausende von Kilometern weit weg von hier und nicht in der Lage, sich einzumischen.«

»Wie wollen Sie auf Austin reagieren?«

»Ich hatte gehofft, dass ich mir für diesen Job Lucifer’s Legion ausborgen kann.«

»Lucifer? Sie wissen doch, wie undiszipliniert dieser Haufen ist.«

»Ich denke an ein wahrscheinlich notwendiges Dementi. Falls irgendetwas schiefgeht, sind sie lediglich eine Bande von irren Killern, die auf eigene Faust gehandelt haben.«

»Man wird sie im Auge behalten müssen.«

»Das ist mir nur recht.«

»Ich gehe mit meinem Boot nach Portland, nehme einen Helikopter nach Boston und fliege von dort weiter nach Rio.«

»Gut. Wir treffen uns dort, sobald ich noch einige eher nebensächliche Angelegenheiten geregelt habe.«

Nachdem sie die letzten Details geklärt hatten, unterbrach Margrave die Verbindung und gab seinem Wächter einen knappen Befehl. Er begab sich in den Leuchtturm und telefonierte von dort. Dann packte er ein paar persönliche Dinge sowie seinen Laptopcomputer in eine Reisetasche. Kurz darauf schlenderte er über den Pier zum Powerboot. Dessen Maschine lief bereits warm. Er ging mit zwei Sicherheitsleuten an Bord. Sie legten ab und gaben Gas, so dass das Boot mit hochsteigendem Bug über die Penobscot Bay schoss.

Das Boot passierte eine winzige Insel, die mit einem dichten Kiefernwald bedeckt war. Paul und Gamay saßen auf einem großen Stein im Schatten der Bäume und verfolgten, wie das schnelle Boot eine schäumende Kiellinie erzeugte, als es an der Insel vorüberjagte.

»Es sieht so aus, als hätte Mr. Margrave es ganz besonders eilig«, sagte Gamay.

Trout lächelte. »Ich hoffe, der Grund ist etwas, das wir gesagt haben.«

Sie marschierten quer über die Insel, wo sie ihr Boot an einem Baum vertäut hatten, stiegen ein und starteten den Motor. Dann umrundeten sie die Insel, gaben Gas und folgten Margrave in sicherem Abstand.

35

Das dreißigstöckige, röhrenförmige Bauwerk, in dem die National Underwater and Marine Agency residierte, stand auf einem Hügel in East Washington und blickte auf den Potomac River hinab. Rundum mit grünem, wärmereflektierendem Glas verkleidet, war es die Heimat von Tausenden Ozeanographen, Schiffsingenieuren und den Labors und Computern, in und mit denen sie ihrer Arbeit nachgingen.

Austins Büro war eine spartanische Angelegenheit in der vierten Etage. Es verfügte über die übliche Ausstattung, darunter ein Schreibtisch, ein Computer und ein Aktenschrank. Die Wände waren mit Fotos von NUMA-Forschungsschiffen, Karten von den Weltmeeren und einem Clipboard geschmückt, an dem Kopien von wissenschaftlichen Aufsätzen und Nachrichtenmeldungen flatterten. Auf dem Schreibtisch stand ein Lieblingsfoto von Austins Mutter und Vater beim Segeln auf dem Puget Sound. Es war in glücklichen Zeiten aufgenommen worden, ehe seine Mutter an einer tückischen Krankheit gestorben war.

Die Schlichtheit des Büros war zum Teil durchaus Absicht. Da die Arbeit des Spezialteams für Sondereinsätze vorwiegend geheim war, wollte Austin so perfekt wie möglich mit der NUMA-Fassade verschmelzen. Der andere Grund für die rein funktionelle Einrichtung seines Büros erklärte sich aus der Tatsache, dass er oft in Missionen unterwegs war, die ihn um den ganzen Erdball führten. Sein Arbeitsplatz waren eigentlich die Weltmeere.

In der gleichen Etage befand sich auch der Sitzungssaal der NUMA, ein imposanter Raum mit einem drei Meter langen Konferenztisch, der aus dem hölzernen Rumpfstück eines versunkenen Schiffs hergestellt worden war. Austin hatte sich für einen kleineren und weniger repräsentativen Raum als den Sitzungssaal entschieden, um Strategiegespräche abzuhalten. Der kleine Arbeitsraum, dessen Wände aus deckenhohen Regalen voller Bücher über das Meer bestanden, war ein ruhiger Ort, der häufig von denen benutzt wurde, die darauf warteten, die Ergebnisse ihrer jeweiligen Arbeit vorzustellen.

Während Austin an einem Eichentisch in der Mitte des Arbeitszimmers saß, dachte er an Churchills »War Room« und an das Oval Office, wo Entscheidungen getroffen wurden, die die Zukunft der Welt beeinflussten. Er hatte keine Infanteriedivisionen oder mächtigen Flotten zu seiner Verfügung, überlegte er. Er hatte Joe Zavala, der in jedem Fall mehr davon hielt, mit einer schönen Frau neben sich in seinem Corvette Cabrio spazieren zu fahren, Barrett, einen brillanten Computerfreak mit einer Spinnentätowierung auf dem Schädel, und die schöne und intelligente Karla Janos, mit der Austin sich viel lieber bei einem Cocktail über Gott und die Welt unterhalten hätte.

»Paul und Gamay sind auf dem Rückweg aus Maine«, verkündete er. »Ihnen ist es nicht gelungen, Margrave von seinen Plänen abzubringen.«

»Damit haben wir nur noch eine Option«, sagte Karla. »Wir müssen diesen Wahnsinnsplan irgendwie selbst stoppen.«

Austin blickte über den Tisch zu Karla und studierte ihr klares, offenes Gesicht und ihren perfekt modellierten Mund. Dabei ging ihm der Gedanke durch den Kopf, dass es verdammt unfair war, dass dieses für romantische Gefühle wie geschaffene Wesen sich mit einer tödlichen Bedrohung für die ganze Welt herumschlagen musste. Karla bemerkte, dass Austins blaue Augen voller Interesse auf sie gerichtet waren. Sie hob eine ihrer wie gemalt wirkenden Augenbrauen. »Ja, Kurt?«

Sich ertappt fühlend, räusperte Austin sich. »Ich hatte grade überlegt, wie es wohl Ihrem Onkel geht.«

»Genau genommen ist er mein Patengroßvater, falls es so etwas überhaupt gibt, aber es geht ihm gut, um Ihre Frage zu beantworten. Er ist nur ziemlich erschöpft. Das Krankenhaus möchte ihn noch für ein paar Tage dabehalten. Er soll seinen Knöchel schonen. Aber er wird wahrscheinlich seine Sachen packen und verschwinden, sobald er sich ein wenig ausgeruht hat.«

»Es freut mich, dass er auf dem Weg der Besserung ist. Ich kann Sie nach unserer Besprechung am Krankenhaus absetzen. Wenn wir hier fertig sind, fahre ich zu einer Veranstaltung in der Nähe des National Battlefield in Manassas, um Dirk Pitt, den Direktor der NUMA, über die jüngste Entwicklung zu unterrichten.«

»Gehört Pitt etwa zu den Verrückten, die den Bürgerkrieg nachspielen?«, fragte Zavala.

»Mit dem Ausgang ist er durchaus zufrieden, soweit ich weiß, aber er wurde zu irgendeiner Wohltätigkeitsgeschichte in der Nähe von Bull Run verdonnert. Er möchte gerne schon vor dem Treffen im Weißen Haus Bescheid wissen. Was hast du für uns, Joe?«

»Gute Neuigkeiten. Ich habe Yeager gebeten, die Daten der Werften zu durchforsten. Ich dachte, wenn wir rauskriegen, wo die Transmitterschiffe gebaut wurden, könnten wir vielleicht auch in Erfahrung bringen, wo sie zur Zeit liegen. Aber sogar Max zog eine Niete. Als Nächstes nahm ich mir die Generatoren vor. Ich ging davon aus, dass sie vielleicht ganz normal zu kaufen sind.«

»Die Generatoren, die wir gesehen haben, dürften wohl kaum im Elektroladen um die Ecke zu kriegen sein.«

»Nur wenige Firmen stellen derart große Geräte her«, sagte Zavala. »Ich habe mir jede vorgenommen und mir ihre Verkäufe während der letzten drei Jahre angeschaut. Sämtliche Geräte gingen an Stromerzeuger, bis auf eine Lieferung an eine Firma in Südamerika, die zu Gants Stiftung gehört. Zum selben multinationalen Konzern, dem eine Reederei in Mississippi gehört. Eine sehr seltsame Kombination, vor allem, da beide Betriebe zu einer auf Gemeinnützigkeit ausgerichteten Interessengruppe gehören.«

»Bist du sicher, dass die Stiftung in beiden Fällen die Eigentümerin ist?«

»Ganz sicher. Ich habe mich durch die Registrierungsunterlagen der Firma gewühlt, und sie ist tatsächlich gemeinnützig. Sie besitzt eine in Delaware ansässige Scheinfirma. Ich habe jemanden von der NUMA vorgeschoben, der vorgab, eine Werft zu suchen, die bereit wäre, eins unserer Forschungsschiffe umzurüsten. Die Firma selbst scheint echt zu sein. Das Management ließ durchblicken, sie hätten soeben erst einen größeren Umrüstungsauftrag ausgeführt – Einzelheiten wollten sie nicht nennen – und würden gerne ein Angebot einreichen.«

»Demnach sind die Schiffe noch dort?«

»Sie sind vor mehreren Tagen ausgelaufen. Ich habe mich dann in den Archiven der NUMA-Satelliten informiert. Vier Schiffe haben in der vergangenen Woche die Werft verlassen.«

»Vier?«

»Drei Transmitterschiffe und vermutlich ein Passagierschiff. Sie müssten nach Südamerika unterwegs sein.«

Barrett hatte seit der Computersimulation kein Wort mehr gesagt. Jetzt gab er sich einen Ruck. »Vielen Dank für Ihre fleißige Arbeit, Joe. Ich habe wegen dieser Sache ein furchtbar schlechtes Gewissen. Ich denke ständig, dass diese Tragödie allein meine Schuld ist.«

»Überhaupt nicht«, widersprach Karla. »Sie konnten doch nicht ahnen, dass Ihre Arbeit für derart destruktive Zwecke verwendet würde. Das ist nicht anders als bei meinem Großvater. Er interessierte sich ausschließlich für den wissenschaftlichen Aspekt.« Karla schüttelte den Kopf, während ein Lächeln auf ihrem Gesicht erschien. »Drunter-drüber«, sagte sie.

Sie lachte über die verwirrten Gesichter am Tisch.

»Das ist der Titel eines Gute-Nacht-Gedichts, das mein Großvater mir immer aufgesagt hat. Kein besonders gutes Gedicht, doch er meinte, ich solle es mir merken, dann könne mir nichts passieren.« Sie legte die Stirn in Falten, während sie versuchte, sich an den Text zu erinnern.

 
Drunter-drüber, Drüber-drunter,
Ganz plötzlich macht es bumm.
Der Himmel steht in Flammen,
Die Erde ist ganz dumm,
Der Ozean fließt herum.
 

Auf ihren Vortrag folgte Schweigen, das Karla schließlich selbst durchbrach.

»Mein Gott«, sagte sie. »Ich habe soeben Polarlichter, Erdbeben und Tsunamis beschrieben.«

»Mit anderen Worten, einen Polsprung«, stellte Austin fest. »Erzählen Sie ruhig weiter.«

»Ich versuch’s. Es ist lange her.« Sie blickte zur Decke.

»Jede Strophe beginnt mit dem gleichen Drunter-drüber-Reimpaar, und dann ändert sich die Strophe. Die nächste lautet: ›Der Schlüssel steckt in der Tür, / Wir dreh’n den Knauf, der Riegel schnappt, / Damit das Meer verstummt.‹ Danach kommen noch mehrere Strophen, bis das Gedicht mit meiner Lieblingsstrophe endet: ›Der Tag ist da, vorbei die Nacht, / Die Welt ist wieder gut, / Denn Karla träumt, / Und alles wieder lacht.‹«

Barrett holte einen Kugelschreiber und ein Notizbuch aus der Tasche und schob es über den Tisch zu Karla hin. »Könnten Sie jede Strophe aufschreiben?«

»Ja, aber –« Karla war ein wenig verwirrt. »Glauben Sie, dieser Quatsch hat irgendeinen Sinn?«

»Ich bin nur neugierig«, sagte Barrett.

»Wir sollten jede Spur verfolgen, egal wie seltsam sie uns vorkommen mag«, meinte Austin. Er warf einen Blick auf eine Wanduhr. »Ich muss los. In zwei Stunden treffen wir uns wieder hier.«

Er bat Zavala, den Trouts Bescheid zu sagen, dass sie den Transmitter-Schiffen auf der Spur bleiben sollten, dann wandte er sich an Karla. »Ich könnte Sie jetzt zum Krankenhaus mitnehmen«, sagte er.

»Ich fahre später zu Onkel Karl. Wenn ich ihn jetzt besuche, dann verlangt er bloß von mir, ihm bei seiner Flucht aus dem Krankenhaus behilflich zu sein. Ich würde Sie viel lieber zu Mr. Pitt begleiten«, gestand sie.

»Also ich weiß nicht«, erwiderte Austin. »Ich halte es für besser, wenn Sie vorerst in der Versenkung bleiben.«

»Schon möglich, aber ich will mich nicht verstecken. Es besteht immerhin die Chance, dass derjenige, der meinen Tod befohlen hat, nicht weiß, dass ich noch am Leben bin.«

»Ich möchte, dass es auch so bleibt.«

»Die Arbeit meines Großvaters hat diesen Unsinn erst in Gang gesetzt. Ich bin es ihm schuldig, dafür zu sorgen, dass seine Arbeit nicht auf eine solche Art und Weise missbraucht wird.«

Als er den entschlossenen Ausdruck in Karlas Augen sah, wusste Austin, dass er es nicht schaffen würde, sie umzustimmen.

Eine Viertelstunde später suchten Austin und Karla sich einen Wagen aus der Pkw-Flotte in der NUMA-Tiefgarage aus. Während Austin den Wagen aus der Garagenausfahrt lenkte und sich in den für Washington typischen dichten Verkehr einfädelte, wurden er und Karla durch die Ein-Weg-Fenster eines Vans beobachtet, der vollgestopft war mit der modernsten Abhör– und Beobachtungselektronik. Die Aufschrift auf der Seitentür wies ihn als ein Dienstfahrzeug der Metropolitan Transit Authority aus.

Im Innern des Vans sog Doyle gierig an einer Zigarette, während er und ein Helfer mehrere Monitore beobachteten, die die Straßenszene rund um das NUMA-Gebäude zeigten. Versteckte Kameras im Van und einem ähnlichen Fahrzeug, das vor dem Haupteingang der NUMA-Zentrale parkte, zeichneten das Gesicht jeder Person auf, die das Gebäude verließ, und verglichen es mit den Bildern in einer umfangreichen Datenbank. Das Erkennungssystem konnte mehr als tausend Gesichter in der Sekunde überprüfen.

Der Monitoralarm summte. Das Signal für einen Treffer. Das Bild von Austin hinter dem Lenkrad eines türkisfarbenen Jeep Cherokee, der die Garage verlassen hatte, wurde auf einen der Schirme übertragen. Unter Austins Konterfei befand sich eine Zusammenfassung seiner persönlichen Daten. Doyles harte Augen funkelten vor Erregung. Bingo!Kaum hatte er seinem Helfer befohlen, sich auf den Fahrersitz zu schwingen und dem Jeep zu folgen, als ein zweiter Monitor summte. Das Bild einer attraktiven jungen Frau, die auf dem Beifahrersitz des Jeeps saß, füllte den Bildschirm. Die Datenbank identifizierte sie als Karla Janos.

Zweimal Bingo!

Ein Lächeln spielte um Doyles Lippen. Er konnte es kaum erwarten, Gants Gesicht zu sehen, wenn er ihm erzählte, dass Karla Janos gesund und wohlauf war und mit dem Feind zusammenarbeitete. Während der Van sich in Bewegung setzte und an den Jeep hängte, rief Doyle ein Motel in Alexandria an, wo sechs Harley-Davidson-Motorräder bereitstanden. Minuten später tauchten sechs Männer aus dem Motel auf, schwangen sich auf die Motorräder und machten sich auf den Weg, um mit Doyle zusammenzutreffen.


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