Текст книги "Lügendetektor"
Автор книги: A. I. Nebelkrähe
Жанр:
Криминальные детективы
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Unser Training kommt langsam zu Ende. Wir besprechen nochmal, wie man die unterschiedlichen verbalen und nonverbalen Signale von anderen Menschen einschätzt. Da spricht Löscha Inow. Er stellt eine unerwartete Frage: ob man mithilfe eines Lügendetektors bessere Ergebnisse bekommen könnte. So müssen wir etwas über Lügendetektor erzählen. XXXXXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX.
Die Idee „objektive“ Anzeichen finden, mittels dessen man Lügner ertappen könnte, ist nicht modern. Schon im antiken China zwang man Verdächtigen Reismehl zu kauen. Man glaubte, dass der Lügner wegen Angst keinen Speichel kriegt und Reismehl trocken bleibt. Fast die gleiche Methode benutzte die Inquisition. Man bereitete dem Verdächtigen „die Mahlzeit der Wahrheit“ aus Brot und Käse. Wenn jemand sich verschluckte, dann war es seine letzte Mahlzeit. Es gab noch andere, genau so „objektive“ und glaubwürdige Methoden, um Wahrheit zu gewinnen, und elektrischer Draht, Elektroden, Computer und „wissenschaftliches“ Geplauder der Spezialisten, die mit Polygraph hantieren, machen dieses Gerät nicht weniger barbarisch als chinesisches Reismehl.
Lügendetektor zeichnet gleichzeitig Änderungen der physiologischen Signale wie Herzschlag, Blutdruck, Respiration und galvanische Hautreaktion auf. Die begründende Theorie besagt, dass wenn man lügt, dann würde er nervös und diese Nervosität kann man messen – Herzschlag wächst, Blutdruck steigt auf, Respiration wechselt sich und galvanische Hautreaktion ändert sich.
Also, man macht zuerst die sogenannte „Grundlinie“, die man bekommt, wenn man die Fragen mit vorherberechneten für den Ermittler Antworten stellt. Danach kommen die relevanten für die Untersuchung Fragen und man vergleicht, wie groß die Aberration von Grundlinie ist. Wenn so was passiert, dann denkt man, dass der Verdächtigte lügt. Diese Methode ist sehr populär bei FBI, CIA und anderen verschiedenen Behörden in USA. Andere Länder sind mit Lügendetektor etwas vorsichtiger. XXXX XXXX XX XX XXXXXXXX XXXXXX XXXXX XXXXXXXX XXXXX XXXX XX XXX.
Es gibt drei Verfahren für die Benutzung des Lügendetektors. Im ersten Fall – Kontrollfragentest – stellt man zuerst die Fragen, ob man den Verbrechen beging und danach die Fragen, die indirekt mit der Tat verbunden sind. Man geht davon aus, dass bei fälschlich Verdächtigtem die indirekten Fragen die größere Reaktion verursachen, als beim echten Täter.
Im zweiten Fall – Direktlügentest – muss der Verdächtigte zuerst mit den Lügen auf die Fragen antworten und danach mit der Wahrheit. Man geht davon aus, dass man alle andere Antworten mit diesen Basisantworten vergleichen kann und so echten Täter ertappen.
Im dritten Fall – Tatwissenstest – fragt man nicht, ob der Verdächtigte die Tat beging, aber was er über die Tat weiß. Man geht davon aus, dass man so den Täter entlarven kann, wenn er Details über die Straftat preisgibt, die nur der echte Täter wissen könnte.
Existiert irgendein Beweis, dass Lügendetektor in der Tat fähig ist, die Lüge zu erkennen? Nein. Das Gerät messt nur Herzschlag, Blutdruck, Respiration und galvanische Hautreaktion. Die Voraussetzung ist, dass eine trainierte Person diese physiologischen Signale richtig interpretieren könnte und Wahrheit von Lüge unterscheiden könnte. Gibt es aber nur eine vertrauenswürdige wissenschaftliche Studie, die den Zusammenhang zwischen physiologische Reaktionen und Lügen beweist? Auch nein. Gibt es eine zuverlässige wissenschaftliche Studie, die beweist, dass Lügendetektorexperten besser Lügen erkennen können, als nicht Lügendetektorexperten, die andere Methoden praktizieren? Nein. Es existieren in der Welt keine Geräte und keine Experten, die zuverlässig Lügen erkennen können.
Der Grund des Glaubens an Lügendetektor ist die pragmatische Verirrung – „das funktioniert“. Man erzählt von vielen Fällen, wo Lügendetektor „funktionierte“. Man hat sogar Statistiken, aber man denkt irrtümlich – Korrelation beweist ursächlichen Zusammenhang nicht. Das ist Pseudowissenschaft.
Nach dieser Einführung in die Theorie des Polygraphs erzähle ich von einem Freund, Stas Arnowskij, der sich vor einiger Zeit mit dieser Frage beschäftigt war. Wir waren mit Stas Kommilitonen und ehe gute Bekannte als Freunde. Stas war älter als andere Studenten, er studierte nach seinem Militärdienst. Er promovierte und arbeitete an der Rostower Uni. Einmal kam ich auf einen Sprung in sein Labor. Damals herrschte noch Steinzeit, d. h., Computerspiele konnte man auf einer Audiokassette speichern und auf einem aus DDR stammenden Robotron Computer abspielen. Ich tauschte mit Stas diese Kassetten.
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Stas war allein in Labor und bastelte, wie gewöhnlich, ein neues Gerät. Er verstand etwas von Elektronik, so basierten alle seine psychologischen Forschungen auf irgendeinem Gerät. Ich fragte ihn, was er eigentlich tat. Stas antwortete, dass er einen Auftraggeber fand, der sich für Forschung auf dem Gebiet von Bio-Feedback interessierte. Das Gerät konnte die galvanische Hautreaktion messen und, in Abhängigkeit von elektrischem Leitungswiderstand der Haut, akustische Signale von verschiedenen Frequenzen generieren.
Stas schlug mir vor, das Gerät in Aktion zu testen. Ich hatte nichts dagegen und nahm zwei Röhrchen aus Messing in Hände. Ein seltsamer monotoner Klang füllte das Laboratorium an. Mir wurde lustig und der Klang veränderte sich. Das gefiel mir, aber gleich erinnerte ich mich daran, dass es schon spät war und Alina wartete auf mich zu Hause. Der Klang änderte sich wieder. Langsam begriff ich, was ich tun sollte, um den Klang zu steuern. Das war irgendwie dem autogenen Training gleich. Ich versuchte einige Techniken von diesem Training zu benutzen mit dem Ziel die Melodie von „Ach, du lieber Augustin“ abzuspielen. Es gelang mir nicht, aber Stas war begeistert.
Auf einmal kam mir eine Idee in Sinn. Ich sagte Stas, dass sein Gerät mir sehr an einen modifizieren Lügendetektor erinnert. Er dachte einiger Zeit nach und stimmte mir zu. Dann kamen wir zu Idee, dass man noch Puls und Atemfrequenz messen sollte. Damit könnte man seine physiologischen Funktionen ändern und sie kontrollieren lernen. XXXX XXXXX XXX XX XXX XXXX XXXXXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXX XXXXXXX XXXX XXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXXXXXXXXX XXXXXX XX XXXXXX XXXXXX XX XXXXX. Weil Polygraph in der UdSSR nicht im Gebrauch war, der Gedanke von Überlistung des Lügendetektors fiel uns nicht ein. Solche verrückte Geräte könnten nur amerikanische Kapitalisten benutzen, weil sie von echter Wissenschaft nur wenig Verstand hatten. Da waren die Zeiten, als die prominenten im Bereich der Psychologie Russen mit hudert Dollars pro interessanten Projekt sich begnügten und mussten im Rahmen des Budgets die echten Resultate zeigen. Those were the days, my friend...
Danach verabschiedete ich mich und fast vergaß dieses Gerät. Wir trafen uns mit Stas von Zeit zu Zeit, aber wir besprachen seine Arbeit nicht. Dann zerfall der Sowjetunion und alle kämpften ums Überleben. Eines Tages begegnete ich Stas. Er sah scheußlich aus – abgemagert, schäbig bekleidet und schlecht gelaunt... Stas klagte über mageren Gehalt. Er versuchte verzweifelt irgendwo Geld zu verdienen, aber alles war vergeblich. Stas merkte, dass sein Sohn, der schon ein Teenager war, aß zu viel. Viel mehr dieweil, als Stas selbst. Er erzählte, dass er ein ernsthaftes Dilemma hatte – entweder gibt er alles essbares seinem Sohn, der als wachsendes Organismus viel brauchte, dann bleibt er selbst hungrig, oder sie teilen das Essen und bleiben beide gleich sowenig satt.
Das einzige, das ihm noch blieb, war seine Arbeit. Er erzählte, dass man nur sehr schwer Bio-Feedback lernte. Die Probanden beherrschten Autotraining nicht und konnten nicht begreifen, wie man mit Bio-Feedback umgeht. Stas kam allenfalls auf die Idee, dass man das Lernprozess stimulieren könnte. Weil Autotraining auf Suggestion basierte, versuchte Stas die Suggestion zu erzeugen. Er gab seinen Probanden spezielle Pillen und sagte ihnen, dass diese Pillen ihre Fähigkeit für Steuerung von Bio-Feedback erhöhen sollten. Stas erzählte, dass er Doppelblindstudie durchführte und sogar seine Mitarbeiter wussten nicht, dass alle diese Pillen nur aus einfacher Glukose bestanden. Die Ergebnisse aber waren phänomenal. Mehr als die Hälfte der Probanden waren imstande schon nach drei oder vier Einnahmen der Pillen ihre Leistungen deutlich zu verbessern. Stas war entflammt und wäre sogar glücklich, wenn er noch genug Geld hätte. Er sagte, dass von Glukose noch niemand wüsste und bat mich darum niemandem zu erzählen. Ich tat das und erzählte sogar im Training nicht weiter davon.
Ein Jahr später wurde Stas tot in seinem Laboratorium gefunden. Jemand zerbrach alle Geräte und vernichtete alle seine Dateien. Die Ermittler der Miliz dachten, dass Diebe nach Kupfer suchte und Stas nichts weiter als nur zufällige Opfer war. Er sollte eigentlich nicht im Laboratorium sein. Kupferdiebstähle geschahen damals in Russland sehr oft, man stahl Kupferdraht von Straßenbahn und Trolleybus, sodass alle mit dieser Theorie zufrieden waren. Stas war in Rostover Friedhof beigesetzt und ich beobachtete zum ersten Mal wie seine Mitarbeiter, die fast alle früher zu kommunistischer Partei gehörten, in einer christlichen Totenmesse teilnahmen und sich bekreuzigten. XXXXXXXXXX XXXXXX XXXX XX XX XXXX XXXXXXXXXX XXXXXXXX XX XXXXXXXX.
Die Forschung von Stas wurde nicht weitergeführt. Es gab keine Informationen und kein Geld, um so was zu tun. Alle Enthusiasten von russischer Wissenschaft waren schon im Ausland. So wurde diese Arbeit vergessen.
Oder fast vergessen...
Damit beendeten wir unsere Vorlesung über Lügendetektor. Niemand hatte Fragen.
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2.1.txt
Beide meine Eltern – Mutter XXXXXX XXXXXXXXXX und Vater XXXX XXXXXXXXX, arbeiteten in XXX. Sie waren keine sehr höheren Tiere, nur XXXXXX XXX XXXXXX XX XXX XXXX XXX in XXXXXXXXXXXXXXX Abteilung. Aber das war für sie nicht nur Arbeit, das war ihr Berufung. Ich wurde erzogen, um später auch in XXX zu arbeiten. Als ich nur erste Worte sprechen konnte, begann meine Mutter mich für diese Arbeit vorzubereiten.
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Meine Mutter war das Zentrum unserer Familie und dieses Zentrum war ein Fels. Sie sah sogar wie ein Fels – offensichtlich erschuf Herr Gott sie mithilfe der Axt. Sie war nicht schön und bestand nur aus Ecken. Sie hatte blonde, ehe farblose Haare und genauso farblose Augen. Mein Vater war auch kein Prachtexemplar von Mann – farblos, keine angenehme Erscheinung. Als ich sie später fünf Jahre lang nicht sah und kam danach zu Besuch, dann fiel mir nur ein Wort in Sinn – Laus. Meine Eltern sahen wie Läuse aus. Wenn ich nicht ihr eigener Sohn wäre, dann hätte ich sie in einer Menschenmenge nie im Leben erkennen könnten. Aber so sahen viele Leute aus, die in XXX arbeiteten. Ich, übrigens, auch.
Ich weiß es bis heute nicht, ob meine Eltern irgendwann ineinander verliebt waren. Ich glaube, sie waren eher durch Ideale und gemeinsamen Ziel vereint – dem Vaterland zu dienen.
Es war in meiner Familie nicht üblich, Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Ich wurde nie geküsst, bekam keine Liebkosungen. Meine Eltern waren geduldig und monoton, besonders die Mutter. Sie bekamen aber immer die Ergebnisse, die sie brauchten, besonders die Mutter. Mit farbloser Stimme verlangte sie etwas von meinem Vater oder mir, was wir nicht wollten, doch wir gehorchten ihr immer. Es war etwas in ihrem Gesichtsausdruck, in ihrem Blick, etwas Wildes und Fanatisches, was uns zu gehorchen zwang.
Ich mochte es, mit meiner Mutter Bazar zu besuchen und dort einzukaufen. Mutter nahm eine Ware von der Theke und hielt die wortlos so lange in der Hand, bis die Verkäuferin ihre Geduld verlor und begann die Ware zu lobpreisen, dann nannte sie den Preis. Mutter sah sie in die Augen, schwieg noch dreißig Sekunden und danach fragte sie mit monotoner Stimme: „Wie viel wollen Sie?“. Die Verkäuferin, die mit allen Wassern gewaschen war, schrumpfte sichtlich in Größe und nannte den ganz anderen, viel niedrigeren Preis. Später erzählte mir man, dass sie die beste Verhörspezialistin in XXX war und konnte sogar ganz ohne Foltern benötigte Ergebnisse erreichen.
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Meine Mutter war ein Mensch der Pflicht. Sie hasste es, Essen zuzubereiten, kochten aber täglich. Immerhin kochte sie so unappetitlich, dass ich erst nach der Heirat erfuhr, dass das Essen ein Vergnügen bereiten könnte. Sie hasste es, unsere Wohnung zu putzen, machte es aber regelmäßig. Abgesehen davon sah unsere Wohnung wie ein schäbiges Hotelzimmer. Ich glaube, ich wurde auch nur wegen Pflicht geboren – die Pflicht die Familienlinie der vaterlandstreuen Menschen fortzusetzen. Diese Pflicht war aber nicht ganz erfüllt – alle unsere Verwandte hatten drei Kinder pro Familie, nur meinen Eltern gelang es nicht. Insgeheim litten sie unter diesem Makel.
Meine Erziehung nahm die Mutter auch wie eine Pflicht wahr – die Aufgabe einen guten fähigen Mitarbeiter für XXX verantwortungsbewusst aufzupäppeln. Sie machte das mit eisernem Willen und teilte die Arbeit mit meinem Vater. Die wichtigsten Aufgaben übernahm sie selbst, die zweitrangigen wurden vom Vater erledigt. Mit drei Jahren wurde ich in Kindergarten geschickt. Abends las mir meine Mutter keine Märchen, sondern fragte mich, genaue gesagt, verhörte mich, was ich im Kindergarten tat und, hauptsächlich, was ein oder anderes Kind sagte. Das wurde zu einer Tradition. Jeder Abend erzählte ich, was die Menschen, denen ich begegnete, sagten. Zuerst wollte ich das nicht, konnte aber eisernem Willen meiner Mutter nicht widersprechen. Mit der Zeit wurde ich ganz gut in Wiedergabe der Gespräche von anderen Leuten. Meine Eltern meinten, dass das sehr wichtig für meine zukünftige Arbeit sein sollte.
Meine Mutter zwang mich, so viel wie es nur möglich wäre, Kontakte zu knüpfen, sogar mit Kindern, die ich zum Kotzen fand. Manchmal drohten diese Kontakte in eine Freundschaft umzuwandeln. Dann unterband sie meine Mutter ganz entschieden. Sie sagte mir immer wieder, dass ich keine Freunde bräuchte, dass man Freunden nicht trauen könne, dass Freunde mich verraten würden. Ich wusste nicht, warum mich meine Freunde verraten sollten, traute aber meiner Mutter. Ich hatte nie Freunde. Dabei musste ich meinen Bekannten sagen, dass wir Freunde wären.
Nach meinem ersten Halbschuhlahr war ich der schlechteste Schüler in der Klasse. Das war die Aufgabe für meinen Vater. Er sagte mir, dass ich nie der Letzte sein sollte. Ich musste in der Mitte sein. Mit seiner Hilfe wurde meine Handschrift so gut, dass ich schon bald zu besten Schülern gehörte. Und wieder sagte mir mein Vater, dass ich nie der Beste sein sollte. Ich musste in der Mitte sein. „In der Mitte ziehst du keine Aufmerksamkeit auf dich an“ – sagte mein Vater. „Du bist dort unsichtbar, aber du siehst andere Menschen. Du musst nicht immer zeigen, dass du etwas weiß. Du musst sich tarnen“. Ich war nie wieder der Beste. Ich war immer der Durchschnittliche. XXX XXXXXXXXX XXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXX XXXX XXX XXX XXXXXXX XXXX XXXXXXXX XXX XXXX XXXX XXXXX XXX XX.
Langsam verstand ich meine Lebensaufgabe. Ich muss wie alle andere sein, nur selten Initiative ergreifen, aufmerksam anderen abhören und sie beobachten, danach das alles ausführlich berichten. Als ich zwölf war, begann ich es zu lernen, ein Gespräch zu steuern. Meine Mutter verlangte von mir, dass ich nicht nur meine Mitschüler denunzierte, sondern auch ihre Eltern. Ich tat so und, wie ich es heute verstehe, erfolgreich genug, weil einer meiner „Freund“ – XXXXXXXXXXXXXXXX, mal unter Tränen erzählte mir, dass sein Vater in eine psychiatrische Anstalt mit Gewalt gebracht wurde, aber er war doch kein Irre, klagte mein „Freund“. Aber ich dachte, dass er ein Irre war – wer sonst erzählt seinen Kindern Witze über unsere Obrigkeiten? XXXXXXXXXXXXX XXXXX XXXXXX XXXXX XX XXXXX XXXXX XX XX XXXX XXXXXXXXXXXXXXX XXXXXXXXX XXXXX XXXX XXXXXXXXXX XXXXXXXXXXX XXXXXXXXXX XXXX XXX XXXX XXXX XXXX XX XXX XX.
In meiner Kindheit durfte ich keinen Sport treiben. Meine Mutter dachte, dass Sport nur Zeitverschwendung wäre. Ich sollte aber in guter Form sein, deshalb trainierten mich meine Eltern täglich eine Stunde lang. Als ich acht war, begegnete mir eines Tages ein Junge – XXXXXXXXXXXXXXX, der drei Jahre älter war und terrorisierte die ganze Schule. Er beraubte mich meines Taschengeldes und schlug blutig meine Nase. Ich kam weinend nach Hause. Mein Vater versorgte meine Wunden und dann zeigte er mir, wie man schnell den Gegner außer Gefecht setzen konnte. Der Gegner sollte aber nicht merken, wie das passierte. Vater befiehl mir, niemals als Erster zu schlagen, nur wenn es gefährlich für mich wäre. Sollte mein Gegner am Boden liegen, musste ich ihm aufstehen helfen und danach fragen, wie so was passieren könnte. Ich sollte meinen Gegner in Freund verwandeln. „Deine Hauptaufgabe ist, mit allen Menschen gute Beziehungen zu haben“, sagte mein Vater. Am nächsten Tag schlug ich den Gegner nieder, half ihm aufzustehen, tat, als ob ich nicht wusste, wie so was passieren könnte und machte ihn zu meinem besten Freund. Zehn Jahre später denunzierte ich meinen besten Freund, der damals an der Uni studierte. Er wurde exmatrikuliert und durfte nie mehr studieren. Nach einigen Jahren erzählte mir jemand, dass er zu Alkoholiker wurde. Das lernte ich auch von meinen Eltern – traue niemandem, verzeih niemandem und vergiss nichts. Es kann Jahre in Anspruch nehmen, aber die Vergeltung muss kommen.
Viele meine Mitschüler lernte zusätzlich Musik in verschiedenen Musikschulen. Meine Mutter meinte, dass es auch Zeitverschwendung wäre. Als ich sechzehn war, organisierte sie für mich ein halbjähriges Studium bei einem Schlagzeuger. Sie sagte, dass es genug wäre, um in einer jugendlichen Band zu spielen, mehr brauche ich nicht. Und sie hatte Recht – ich spielte in einer Studentenrockband. Das öffnete mir Türen in musikalisches Milieu, wo nicht alle treu zu Vaterland standen. Ich leistete gute Arbeit auf diesem Milieu.
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Ich lernte in einer ganz normalen Schule. Meine Mutter meinte, dass ich keine spezielle Schule brauche, wo man besonders viel mit Fremdsprachen sich beschäftigt. Sie hielt das für Zeitverschwendung. Ich sollte mein Gedächtnis gut trainieren, dann, wenn es notwendig würde, werde ich imstande schnell irgendwelche Sprache zu lernen. Genauso überflüssig waren ihrer Meinung nach Physik und Mathe. „Nichts Spezielles, nichts Besonderes, sei wie alle andere“ – das war das ewige Motto meiner Eltern.
In meiner Familie sprach man nie über Politik. Nie hörte ich etwas Kritisches von Sowjetmacht oder Partei (und, natürlich, keine Scherze). Aber ich hörte auch nichts Gutes von beiden. Meine Eltern sprachen viel von Vaterland und das war alles. Im Kindergarten und in der Schule lehrte man uns, wie gut und gütig die Partei war. Ich hatte keinen Zweifel daran.
Ich war sechzehn, als ich einmal nach Hause kam und erzählte meinen Eltern eine schmutzige Anekdote über Juden, die ich als besonders witzig hielte. Meine Mutter verpasste mir dafür eine echte Abreibung. Sie wechselte einen Blick mit meinem Vater. „Er ist schon alt genug“ – sagte sie. Vater zuckte die Achseln, aber wie immer traf die Mutter Entscheidungen selbst. Dann wurde mir ihr Kredo, an das sie glaubten, anvertraut.
Das Schicksal, Herr Gott, die Evolution, Kapriolen der gesellschaftlichen Entwicklung – es spielte keine Rolle, was die Ursache war – gaben dem russischen Volk ein großes Territorium samt der Völker, die auf diesem Territorium wohnten. Das war kein Geschenk, russischem Volk kostete das alles viel Blut und Mühe. Die Aufgabe jeder weiteren Generation des russischen Volkes soll es sein, diese Eroberungen zu behalten und, wäre es möglich, zu erweitern. Das war, so zu sagen, der geografische Teil.
Im ethnografischen Teil ging es um die Rolle jedes Volkes im russischen Staat. Das Hauptvolk, die Russen, sollten den Staat regieren und die Fähigkeiten aller anderen Völker für den Wohlstand des russischen Staates benutzen. Deshalb war es kontraproduktiv und sogar doof, so denken, als ob ein oder anderes Volk besser oder schlechter als alle andere, russischem Volk unterstellte Völker, war. Alle müssen für russische Ziele fleißig arbeiten. Wenn Juden dem Staat von Nutzen waren, dann gab es keinen Unterschied zwischen ihnen und, sagen wir, Ukrainer oder Kirgisen. Antisemitismus schadet nicht nur Juden, sondern dem Staat und, folglich, den Russen. Aber, es gibt Situationen, wenn der Staat versagt und den einfachen Menschen schlecht geht. Dann braucht dieses einfache Volk einen Sündenbock, um ihn für alles Schlimmes verantwortlich zu machen. In diesem Fall sind die Juden die Beste Kandidaten für die Rolle des Sündenbocks.
Dann fuhr mein Vater fort: „Wir halten es immer für einen Fehler, dass man den Juden in dem Siebziger aus dem Land zu emigrieren erlaubte. Jedes Land muss einen gewissen Vorrat von Juden haben. Wenn alle Juden aus wären, dann befände sich das Land in großer Gefahr. Ohne Sündenböcke kann kein Land effektiv funktionieren“.
Und wieder sprach meine Mutter: “Das russische Volk wurde nicht auserwählt, weil die Russen besonders klug sind. Im Gegenteil, die meisten sind dumm, das betrifft aber alle anderen Völker. Der Staat darf mal dem Volk erlauben, Antisemitismus zu praktizieren, dass gilt aber nicht für uns, die den Staat verteidigen und um ihn kümmern.“
Es gab aber Unterschiede zwischen den Völkern, sogar zwischen den Russen. Meine Eltern meinten, dass es zwei Arten von Russen gäbe. Die erste Art – echte Russen, waren blond, wie sie oder ich. Ihre Familiennamen enden gewöhnlicherweise mit -ow, -ew und, im schlimmsten Fall, mit -in. Man darf ihnen vertrauen, selbstverständlich, nach der ausführlichen Prüfung. Die zweite Art – dunkelhaarige Russen, waren Mischlinge mit anderen Völkern und waren viel weniger vertrauenswürdig. Alle anderen Völker waren überhaupt nicht vertrauenswürdig. Man musste sie außerordentlich ausführlich prüfen, auf die Probe, quasi, stellen
Es ist nicht wichtig, welche Ideologie im russischen Staat herrscht, sei es Religion, Kapitalismus oder Kommunismus. Nur das Einzige ist wichtig – russischer Staat sollte ewig existieren. Niemals hatte Russland eine gute Regierung. Alle waren entweder zu schwach, oder zu dumm. Zaren waren Idioten, die verstanden Russland überhaupt nicht. Man muss aber darüber nicht wundern, sie alle waren Ausländer, samt Rurikiden. Kommunistische Herrscher waren nicht mal besser, sie verloren so viel an russisches Territorium.
Mein Gesicht war rot. Ich konnte nicht glauben, was ich da anhörte. War alles, woran ich glaubte, falsch? „Aber sie beide sind Mitglieder der kommunistischen Partei“, sagte ich. „Na und?“, bemerkte mein Vater. „Mir gefällt sogar Kommunismus. Die Idee ist schön, momentan aber nicht realisierbar. Du siehst es selbst – alle leben immer schlechter. Vielleicht in tausenden Jahren findet man, wie das organisiert sein soll. Allenfals spielt das keine Rolle. Hätte ich vor hundert Jahren gelebt, wäre ich ein streng gläubiger orthodoxer Christ, vor tausend Jahren– ein Heide. Die Ideologie ist für andere Menschen. Wir beschützen Russland“.
Dann erfuhr ich, dass Russland immer gegen zwei Arten der Feinde kämpfte – das waren äußere und innere Feinde. Mit äußeren Feinden beschäftigte sich die Armee, das war nicht unsere Aufgabe. Wir konfrontierten mit inneren Feinden. Und hier spielte die Ideologie schon eine Rolle. Der Staat gibt dem Volk eine Ideologie und das Volk muss an diese Ideologie glauben. Wenn nicht, dann qualifiziert man so was wie ein Staatsverrat. Wer an die Ideologie nicht glaubt, der könnte den Staat in Zweifel ziehen, und das ist für den Staat gefährlich. Unsere Aufgabe ist diese Leute zu finden und zu isolieren, oder zu vernichten. XXXX XXXXX XXXXX XXXXX XXXX XX XX XXXX XXXXXXXX XXXXXXXXXXXXXXXXXXXX XXXXXX XXX XXX XX XX XXXXXXXXXX XXXXX XXXXXXXX XXXX XXX XX XXXXXX.
„Du musst wissen“, sagte meine Mutter, „dass dein Großgroßvater vor der Revolution zur Geheimpolizei gehörte und kämpfte gegen Bolschewiken, nach der Revolution arbeitete er in XX und kämpfte für Bolschewiken. Felix Edmundowitsch zeichnete ihn persönlich mit silbernem Revolver aus. Dein Großvater kämpfte während des Großen Vaterländischen Krieges gegen Staatsfeinde. Er hat viele Orden und einen Orden bekam er von Lawrentij Pawlowitsch persönlich. Er kämpfte nicht an der Front, sondern tausende Kilometer östlicher, in Sibirien, in Konzentrationslager, wo man Verräter, die in deutscher Gefangenschaft waren, hielt. Er sollte mit ihnen zusammen in Baracken wohnen, tun als ob er auch in deutscher Gefangenschaft wäre, ihre Gespräche zuhören und gemeinen Verräter entlarven. Das war eine sehr schwere Arbeit, nur wenige waren dazu fähig. Er war im Lager sogar verwundet – ein Aufseher zerbrach ihm beide Beine. Der wusste, natürlich, nicht, dass Großvater für XXXX arbeitete. Beide bekamen Auszeichnungen. Deshalb kriegt Großvater zusätzliche Rente als Kriegsversehrte“.
„Wir beide“, fuhr der Vater fort, „kämpfen gegen Dissidenten und anderen Idioten von Intelligenzia, die nichts von Vaterlandstreue verstehen. Wir glauben, dass du unsere Fahne übernimmst und unser Vaterland weiter mit Ehre gegen innere Feinde verteidigen wirst. Das ist unsere und deine vornehmste Pflicht“. XXXXXXXXXXXXXXX XXX XX XXXX XXX XX XX XXX XXX XXXXXXXX XXXXXXXX XXXXXX XXXX XXXXXX XXXX XXX XX.
Ich war wie im Traum. Ich fürchtete, dass mein Kopf bald explodierte. Am nächsten Tag kam ich in die Schule nicht, und in der folgenden Woche auch nicht. Mein Weltverständnis war zerstört, ich musste dringend ein neues schaffen. Ich kam in die Schule abgemagert und blass. Meine Lehrer fragten mich, was für eine Krankheit ich hatte. Wie könnte ich ihnen sagen, dass der Name der Krankheit „Zu früherer Übergang zum Erwachsensein“ hieß?
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