Текст книги "Untot"
Автор книги: Джон Руссо
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Ужасы
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Mit sechzig Kilometern in der Stunde folgte Dave der Landstraße, wie Mr. Dorsey ihm gesagt hatte. Wenn Dorsey recht hatte, würde er fünf Kilometer weiter den Golfplatz und das Clubhaus erreichen.
In der luxuriösen Villa lagen drei Menschen gefesselt und mit verstopften Mündern in drei verschiedenen Ecken des elegant eingerichteten Salons. Jeder von ihnen war an ein anderes schweres Möbelstück gebunden worden, was den Banditen die Sicherheit gab, daß sie nicht zueinanderrobben und einander die Fesseln zu lösen versuchen konnten. An dem wuchtigen, brokatbezogenen Sofa hatte man Gordon Kingsley festgezurrt, einen äußerst erfolgreichen Geschäftsmann, Anfang fünfzig, groß gewachsen, aber ein bißchen füllig, weil er an zu vielen Geschäftsessen teilnahm und zuwenig Zeit in dem luxuriösen Trainingszentrum des Clubhauses verbrachte, das ihm gehörte. Unter seinen buschigen, grauen Augenbrauen versuchte er, seine Frau und seinen Sohn im Auge zu behalten. Elvira Kingsley, eine gutaussehende Frau, ein paar Jahre jünger als ihr Mann, war an eines der Beine des großen Flügels gefesselt. Sie war schlank geblieben und hatte ihr Haar sorgfältig in einem natürlichen Ton dunkelbraun gefärbt. An einen dick gepolsterten Sessel gebunden lag ihr Sohn Rodney, ein blonder, nervöser, aufgekratzter Zehnjähriger. Die drei waren allein im Raum, drei zusammengeschnürte Gestalten auf antiken Teppichen verteilt, und warteten, was geschehen würde.
Die Familie Kingsley hatte sich aufgrund der ständig vorhandenen Sicherheitsvorkehrungen in ihrem Landhaus einigermaßen außer Gefahr gefühlt. Die Fenster waren mit schmuckvollen, schmiedeeisernen Gittern versehen, die bei der ursprünglichen Gestaltung des Gebäudes eingeplant worden waren, um Einbrecher und Kidnapper abzuhalten. Mr. Kingsley hatte zudem eine teure, komplizierte Alarmanlage installieren lassen, die mit dem Büro des Sheriffs verbunden war. Die massiven Eichentüren waren mit schweren Schlössern, Riegeln, Ketten und Stahlträgern ausgestattet worden. Letztere waren zu Beginn der gegenwärtigen Krise zusätzlich eingebaut worden. Zwei bewaffnete Wächter mit dressierten deutschen Schäferhunden, die über eine professionelle Sicherheitsorganisation angeheuert worden waren, hatten für zusätzlichen Schutz gesorgt und Tag und Nacht das Gelände und das Haus bewacht.
John Carter und Flack waren mit dem Laster auf das Grundstück der Kingsleys gefahren. Direkt hinter der Einfahrt hatten sie den Wagen angehalten. Sie hatten die Mädchen auf der Ladefläche liegengelassen, waren ausgestiegen und hatten sich auf den Weg zu dem entfernt liegenden Haus gemacht. Einer der Wächter erkannte die Uniform und war auf die beiden zugegangen, weil er hoffte, Nachrichten über die Ereignisse außerhalb des Gutsbesitzes zu erfahren. Sobald er in Reichweite der beiden Männer gelangt war, wurden er und sein Hund von Carter und Flack mit je einer Kugel erschossen. Carter und Flack waren zum Laster zurückgerannt und mit ihm die baumbestandene Auffahrt zur Villa hinaufgebraust. Carter entdeckte den zweiten Wächter und seinen Hund, und die grausige Szene wurde wiederholt. Den Vorteil seiner Uniform ausnützend, rief er dem Mann einen Gruß zu, und dann streckten er und Carter ihn und den Hund nieder. Sie erreichten die Eingangstür, und kaum hatte die Haushälterin den Polizeibeamten Carter und seinen Adjutanten Flack eingelassen und zu Gordon Kingsley geleitet, zogen die beiden ihre Waffen und verlangten, daß sich alle im Hause befindlichen Personen im Wohnzimmer einzufinden hätten. Unter vorgehaltenen Pistolen wurden die Kingsleys gefesselt und mußten mit anschauen, wie ihre Haushälterin und ihr Butler erschossen wurden. Die beiden Leichen wurden in den Garten geschafft.
Jetzt lagen Vater, Mutter und Sohn gefesselt und geknebelt in ihrem eigenen Wohnzimmer. Sie konnten hören, wie Carter und Flack in anderen Teilen des Hauses auf der Suche nach Wertgegenständen Schränke und Schubladen öffneten. Im Salon lief der Fernseher, den Carter und Flack während einer Bürgerschutz-Nachrichtensendung eingeschaltet hatten. Mit schreckgeweiteten Augen verrenkten sich die Gefangenen, um auf den Bildschirm zu schauen. Man sah Reverend Michaels, der erläuterte, warum er und seine Leute glaubten, daß die Toten gepfählt werden müßten.
»Gott allein hat Macht über Leben und Tod. Er hat uns versprochen, uns am Tag des Jüngsten Gerichts zu sich zu rufen. Das vorzeitige Auferstehen der Toten ist ein Werk Satans, der Gottes Allmacht herausfordert und die Menschheit für ihre Sünden und ihre Schwächen bestraft. Wir sind es, die Gott verraten haben und die dem Teufel diese böse Macht über Ihn gegeben haben. Wir sind es, die Reue zeigen und dem Herrn Kraft und Glorie zurückgeben müssen. Wir sind Fleisch von seinem Fleisch, und da wir schwach gewesen sind, haben wir Ihn geschwächt...«
Die Sendung ging weiter, und die Worte von Reverend Michaels drangen tief ins Bewußtsein und die Herzen der Gefangenen auf dem Fußboden und erfüllten sie mit Angst und Schrecken über ihr drohendes Schicksal.
Dave Benton schaltete den Motor von Henry Dorseys Wagen ab, stieg aus und machte leise die Tür zu. Er hatte um jeden Kilometer gebetet, den der Klapperkasten, den er steuerte, noch durchhalten würde. Aber die Batterie schien in recht gutem Zustand zu sein, und er hoffte, er hätte noch genug Benzin, um von hier fortzukommen, falls ein eiliger Abgang erforderlich wäre. Er konnte sich nicht darauf verlassen, sich Carters Laster oder ein Fahrzeug aus Kingsleys Wagenpark zu schnappen, und dieser klapprige Schrotthaufen war alles, was er hatte.
Dave schaute sich um. Er befand sich am Ende der langen Zufahrt, etwa vierhundert Meter von der Villa der Kingsleys entfernt. Mit Axt und Messer bewaffnet hatte er die Absicht, sich von hier aus zu nähern. Er vermied den Kies des Zufahrtswegs und hielt sich im Schatten der in regelmäßigen Abständen gepflanzten Ahornbäume. Zwei Reihen von ihnen standen den Weg entlang und sorgten für undurchbrochenen Sichtschutz. Aber eine Biegung in der Zufahrt erlaubte Dave nur, eine Ecke von Carters Lastwagen zu sehen, der in der Nähe des Anwesens geparkt war. Das Haus sah still aus, und er konnte kein Zeichen von Carter oder Flack oder den Mädchen entdecken. Auch schien niemand draußen Wache zu halten. Die beiden Verbrecher mußten sich ihrer Sache ziemlich sicher sein, dachte er. Schnell und vorsichtig schlich er weiter und blieb dabei, wo immer es möglich war, in Deckung. Dann schlüpfte er unter den Bäumen hervor und duckte sich hinter einen großen Busch, von wo aus er einen besseren Überblick über den ausgedehnten Vorgarten mit gepflegtem Rasen und sorgfältig gestutzten Stauden hatte. Auf dem Rasen waren Leichenfresser, mindestens ein halbes Dutzend, die in kleinen Gruppen umeinanderdrängten, als würden sie Mut sammeln, um das Haus anzugreifen. Dave wich hinter seinen Busch zurück, und ein Schauder lief ihm über den Rücken. Einer der Leichenfresser hatte eine Art Uniform an. Vielleicht war es Carter. Vielleicht war er bei dem Versuch, in den Besitz der Kingsleys einzudringen, ums Leben gekommen. Aber nein – das war keine Polizeiuniform. Es sah eher aus wie die Uniform einer Art von Wachpersonal -und plötzlich ging Dave ein Licht auf und er begriff, daß es vermutlich ein Wächter war, der von Carter und Flack ermordet worden war, als sie das Haus angriffen. Schritte im Kies der Auffahrt ließen Dave herumfahren. Ein wandelnder Toter, der sich unter Mühen vorwärts bewegte, kam über den Fahrweg auf ihn zu. Er trug ebenfalls eine Uniform des Wachpersonals. Er war von einem Gewehrschuß getötet worden, der einen Teil seiner Brust und ein Kinn weggefetzt und die Vorderseite seiner Uniform zu einem blutigen Mischmasch von zerrissenem Stoff und zermatschtem Fleisch gemacht hatte. Ein Rest des Unterkieferknochens mit ein paar Zähnen baumelte nutzlos unter dem Oberkiefer, und doch wurde das Ding von unermeßlicher Gier nach frischem Menschenfleisch getrieben. Blindlings steuerte es auf Dave zu. Sein Gesicht war grauenvoll blutleer und weiß, die Augen quollen ihm aus den Augenhöhlen – ein Effekt, der von der Wucht des Schusses herrührte, der ihn in einen der lebendigen Toten verwandelt hatte.
Terror packte Dave in jeder Zelle seines Leibes, während er sich auf den Angriff des Monsters vorbereitete. Er wußte, daß er es irgendwie überwältigen mußte, ohne daß der Kampf irgend jemandes Aufmerksamkeit erregte, ohne daß die anderen Leichenfresser auf dem Rasen oder die Menschen im Haus der Kingsleys etwas davon merkten. Es blieben Dave nur noch Sekunden, um sich zu wappnen. Die tote Kreatur kam langsam, aber stetig auf ihn zu. Ihre Lungen röchelten und stöhnten gespenstisch zur Untermalung ihrer schwerfälligen Bewegungen. Dave hielt stand und zwang sich, zu warten, bis das Geschöpf ihn fast erreicht hatte und schon die knochige Hand nach seiner Kehle ausstreckte. Dann schwang Dave die Axt mit aller ihm zur Verfügung stehenden Kraft und spaltete ihm den toten Schädel. Mit aufspritzender Gehirnmasse und einem letzten Stöhnen sackte das tote Ding zu Boden und rührte sich nicht mehr. Der Hieb mit der Axt war kräftig und wirkungsvoll gewesen und hatte die Gehirnzentren des teuflischen Humanoiden zerstört. Dave brauchte nur einen Blick darauf zu werfen, um zu erkennen, daß dieser hier nicht wieder aufstehen würde. Dann überprüfte er fieberhaft die Umgebung. Die Gruppe von Humanoiden auf dem Rasen stand noch immer an der gleichen Stelle und war nicht auf ihn aufmerksam geworden. Es benötigte offensichtlich ziemlich viel Krach, um ihre toten Ohren zu alarmieren. Trotz seiner Furcht fühlte Dave eine winzige Welle von Erleichterung. Er duckte sich hinter den Busch und spähte zu dem Haus hinüber. Dann sah er seine blutverschmierte Axt, bückte sich und wischte sie im Gras sauber.
In diesem Augenblick splitterte die Scheibe eines der Erdgeschoßfenster mit lautem Krach, ein Gewehrlauf ragte heraus und der Mann hinter dem Fenster fing an zu schießen. Flack hatte die Geräusche von Daves Kampf mit dem angreifenden Leichenfresser gehört, das Stöhnen und das Krachen von Metall auf Knochen. Flack feuerte fünf oder sechs Schuß auf die Gruppe von wandelnden Toten auf dem Rasen, aber er erzielte nicht viele gute Treffer. Die Entfernung war zu groß. Flack erwischte einen an der Brust und traf ihn schwer genug, um einen Menschen umzulegen, aber der Getroffene wälzte sich nur herum, rappelte sich auf die Füße und stand wieder auf. Flack gab es auf. Dave beobachtete aus seinem Versteck hinter dem Busch, wie der Gewehrlauf aus dem Fenster verschwand. Er war einigermaßen sicher, daß Flack ihn nicht entdeckt hatte und daß er nur von dem Geräusch ans Fenster gelockt worden war und die Gruppe auf dem Rasen gesehen hatte.
Im Schutz der Ahornbäume arbeitete Dave sich näher an das Haus heran. Nachdem er ungefähr zwanzig Meter zurückgelegt hatte, ließ ein Geräusch ihn zusammenschrecken. Er blieb wie angewurzelt stehen und schaute hinter einem Baumstamm hervor.
Die Eingangstür wurde entriegelt, die Tür ging auf, und die Familie Kingsley, gefesselt und mit verstopften Mündern, kam, von Flacks Gewehr getrieben, humpelnd heraus. Grinsend trat Flack hinter ihnen her über die Schwelle. Er hatte die Seile, mit denen sie an die Möbelstücke gebunden worden waren, benutzt, um sie so aneinander zu fesseln, daß sie nur laufen konnten, wenn sie gleichzeitig die Füße hoben und aufsetzten. Flack lachte, als der Junge umfiel und seine Eltern mitriß. Er stieß sie mit dem Gewehrlauf an, während sie sich mühsam wieder aufrappelten. Er trieb sie die Eingangsstufen hinunter in die Mitte des Rasens. In einiger Entfernung stand eine Gruppe von wandelnden Leichen und wartete. »Na los«, spöttelte Flack. »Nun lauft mal schön. Wir machen einen hübschen, kleinen Spaziergang.« Sein Grinsen wurde noch breiter, nachdem er sich umgeschaut und vergewissert hatte, daß sich keiner an ihn heranschlich. Dave mußte die grausige Szene mitansehen, ohne irgend etwas tun zu können, um sie zu verhindern. Er war zu weit weg, um sich auf Flack zu werfen. Wenn er es versuchte, würde Flack ihn einfach abknallen, oder die fleischgierigen Leichenfresser würden sich auf ihn stürzen. Er wußte, daß Flack vorhatte, die Familie Kingsley zu ermorden, indem er sie einfach den Leichenfressern überließ; oder, so hoffte er, Flack wollte vielleicht mit dieser entsetzlichen Drohung nur Informationen aus ihnen herauspressen. Aber in beiden Fällen konnte Dave nichts dagegen unternehmen. Er war selbst viel zu verwundbar und würde als Zombiefutter enden, wenn er zu überstürzt handelte. Wenn er für die Kingsleys auch nichts mehr tun konnte, konnte er vielleicht den Miller-Töchtern noch zu Hilfe kommen.
Während Flack damit beschäftigt war, die Kingsleys weiter über die Wiese zu treiben, schlich Dave sich näher an das Haus heran. Wenn Flack zurückkam, wollte er dort bereitstehen. Dave duckte sich hinter eine Hecke neben dem Eingang und vergewisserte sich, daß Flack nicht herüberschaute. Bei dem Klang von Flacks krankhaftem Gelächter blickte Dave aus dem Schutz eines Gebüschs auf. Flack hatte die Kingsleys mitten auf den Rasen getrieben, knapp zehn Meter von der Gruppe von Leichenfressern entfernt. Dann hatte er dem Vater einen Stoß versetzt, und als dieser zu Boden stürzte und seine Frau und seinen Sohn mitriß, war er in Gelächter ausgebrochen. Gefesselt und mit verstopften Mündern konnte die Familie nicht schreien, sondern nur hilflos strampeln und sich winden, als die Leichen-fresser näher kamen. Flack wich noch immer lachend zurück und schaute zu.
In wenigen Minuten waren die Kingsleys tot. Die Leichenfresser hatten sich auf sie gestürzt und ihnen die verwundbaren Teile ihrer Leiber weggerissen – das zarte Fleisch an Hals, Brüsten, Bäuchen. Die Tatsache, daß sie keinen Todesschrei ausstoßen konnten, machte die Szene noch grauenvoller, dachte Dave, der sich neben dem Eingang versteckt hatte und alles mit ansah. Flack erreichte die Stufen, während er beobachtete, wie sich die lebendigen Toten um das Fleisch und die zarten inneren Organe stritten. Flack konnte Dave nicht kommen sehen. Er hatte keine Zeit mehr zum Denken, als sein Schädel mit einem einzigen Hieb von Daves Axt gespalten wurde. Dave sprang zurück, vollgespritzt mit Flacks Blut, als der Mann ein Stöhnen von sich gab und die Stufen hinunterstürzte. Sein Gewehr krachte alarmierend laut aufs Pflaster. Dave warf sich über Flack und schlug ihm die Axt sicherheitshalber in die Brust. Knochen splitterten, und Blut spritzte aus den getroffenen Lungen. Dieser zweite Hieb war überflüssig gewesen, denn der Mann war nach dem Axthieb, der ihm den Schädel gespalten hatte, auf der Stelle tot gewesen, doch Dave brauchte etwas, um einen Teil seiner wilden Wut abzureagieren und die aufgestauten Rachegelüste auf diese gewaltsame Weise ein bißchen zu stillen.
Dave schnappte sich Flacks Gewehr, besorgt, daß es durch den Sturz aufs Pflaster vielleicht unbrauchbar geworden wäre. Er betätigte das Schloß ein paarmal und sah, daß die Patronen rein– und rausglitten – ein gutes Zeichen. Der Zündmechanismus war hoffentlich intakt geblieben. Das Gewehr schußbereit, ging Dave die Stufen hinauf und trat durch die Tür, die Flack unverriegelt gelassen hatte. Flacks Leiche blieb am Fuß der Stufen liegen. Daves Axt steckte ihm noch immer tief in der Brust, der Stiel ragte in die Luft. Dave fand sich in einer großen Eingangshalle. Zur Rechten lag der Wohnraum und geradeaus sah er ein hölzernes Geländer und eine geschwungene, mit Teppichen belegte Treppe. Dave hörte Geräusche aus dem Obergeschoß. John Carter durchsuchte noch immer Schränke und Schubladen und plünderte das Elternschlafzimmer. »Bist du's, Flack?« rief Carter. »Hast du die Zombies gefüttert?« Dave legte sich eine Hand über den Mund, um seine Stimme zu verstellen, und rief seitlich dahinter hervor: »Ja! Alles erledigt!« Dann verriegelte er die Eingangstür wieder und machte absichtlich viel Krach dabei, in der Hoffnung, dadurch bei Carter keinen Verdacht zu erwecken. Dann ging er die Treppe hinauf, ganz normal, weil er wußte, Carter würde seine Schritte hören und glauben, es sei Flack.
Im Elternschlafzimmer hatte Carter einen aufgeklappten Koffer aufs Bett gestellt. Er war zur Hälfte angefüllt mit Schmuck, Silberbesteck, Geld und was immer an leicht Verkaufbarem in dem Zimmer gewesen war. Carter stand über die Beute gebeugt und betrachtete sie zufrieden. Eine ganze Weile machte er sich nicht einmal die Mühe aufzuschauen, als Dave Benton hereinkam; und als er aufblickte, hatte er gerade noch Gelegenheit, ihn wiederzuerkennen, ehe Dave den Abzug bediente.
Der Schuß hallte laut durch den Raum. Carter wurde gegen das Schlafzimmerfenster geschleudert, und die Scheibe zersplitterte unter dem Aufprall. Die schmiedeeisernen Gitter verhinderten, daß er durch das Fenster in den Garten stürzte. Dave schoß noch einmal ein Loch in Carters Brust, als dieser zu Boden ging. Sein Körper zuckte unter der Wucht des Geschosses, und mit dem dritten Schuß krachte der Tote auf den Fußboden. Dave betätigte das Schloß von Flacks Gewehr, entnahm ihm die verbrauchten Patronen und lud nach. Dann trat er neben den reglosen Körper, richtete den Lauf auf Carters Schädel und drückte ab. Noch ein Schuß krachte und die Kugel drang in Carters totes Hirn.
Dave spannte das Gewehr wieder und verließ das Zimmer. Er eilte einen Flur entlang in ein anderes Schlafzimmer. Die Tür stand halb offen. Mit dem Fuß trat er sie ganz auf und sprang zurück, halbwegs in Erwartung eines Schusses, aber nichts geschah, und Dave betrat vorsichtig das Zimmer. Er fand zwei Betten und darauf die beiden Miller-Mädchen Ann und Sue Ellen, jede mit verstopftem Mund, nackt und mit gespreizten Beinen und Armen an die vier Bettpfosten gefesselt. Sie mühten sich, aufzuschauen, und die Angst in ihren Gesichtern milderte sich, als sie erkannten, daß es weder Flack noch Carter war. Dave beugte sich zuerst über Sue Ellen, weil ihr Bett näher stand, und nahm ihr den Lappen aus dem Mund. In wenigen Worten stellte er sich vor und berichtete, was geschehen war. Ehe sie Worte finden konnte, fragte er: »Ist sonst noch jemand im Haus? Außer Carter und Flack? « »Die Kingsleys...« antwortete Sue Ellen. »Die Kingsleys werden unten gefangengehalten.«
»Sonst jemand? « beharrte Dave. »Jemand, der uns gefährlich werden könnte? «
Sue Ellen schüttelte den Kopf, verängstigt und perplex. »Nein... niemand. Niemand außer Carter und Flack.« »Die sind tot«, erklärt Dave. »Ich habe sie getötet. Die Kingsleys sind auch tot. Wo ist Billy?« Dave verstand die Antwort, als Sue Ellen zu schluchzen begann. Ann war noch immer nicht befreit und starrte ihn an. Ihre Augen füllten sich mit Tränen. Kaum war sie ihre Fesseln los, fragte sie nach ihrer Schwester Karen.
Ein Konvoy aus Lastern, Krankenwagen und Streifenwagen brachte Sheriff Conan McClellan und seine Leute zur Einfahrt des Privatweges, der von der Landstraße durch ein Wäldchen zum Besitztum der Kingsleys führte. Der Sheriff stieg aus dem Streifenwagen und erteilte ein paar Befehle, während er darauf wartete, daß seine Männer Aufstellung nahmen. Sie hatten die Absicht, das letzte Stück zu Fuß zurückzulegen und unterwegs dem Haus des Verwalters einen Besuch abzustatten. Die Krankenwagen und die Polizeifahrzeuge würden auf Abruf bereitstehen, falls sie gebraucht wurden. Die Lkws sollten in die Stadt fahren, auftanken und Kaffee und Nahrungsmittel für die müden, hungrigen Männer besorgen. Über ihnen kreiste ein Hubschrauber. Seine metallenen Flügel peitschten durch die Luft, während seine Besatzung die Wälder und Wiesen auf Zeichen von Humanoiden oder Menschen, die Hilfe brauchten, absuchte. Einer der Männer der Truppe hatte einen Walkie-Talkie bei sich, über den der Kontakt zwischen McClellan und seinen Leuten mit dem Hubschrauber und den Streifenwagen gewährleistet wurde. Mit einem verknautschten, schmuddeligen Taschentuch wischte sich McClellan den Schweiß von der Stirn, während er zuschaute, wie seine Männer sich auf der Zufahrt formierten. Das Polizeiaufgebot war in aller Eile zusammengestellt worden, und viele von ihnen waren unerfahren und besaßen nicht die nötige Ausrüstung für eine Aktion in den Wäldern. Zusätzlich zu den auch unter normalen Umständen schwierigen Problemen, vierzig oder fünfzig Männer zu ernähren und zu versorgen, hatte es unendliche Mengen der für Anfänger typischen, lästigen Klagen gegeben, wie Fußpilz oder Blasen an den Füßen. McClellan hatte die Männer während der ganzen Zeit entweder angefaucht oder getröstet und immer versucht, sie diszipliniert und einsatzbereit zu halten, während sie das Gebiet nach Menschen durchkämmten, die Hilfe brauchten oder auf Rettung warteten.
Das Gebiet war in Sektoren aufgeteilt worden und jeder Abschnitt wurde von einer Gruppe von Freiwilligen, Polizisten und Beamten der Nationalgarde kontrolliert. Es ging darum, die Verbindung mit den Teilen des Gebiets wiederherzustellen, in denen Leitungen unterbrochen und Relaisstationen außer Betrieb geraten waren. Man wollte Sicherheit, Gesetz und Ordnung in Dörfer und Gemeinden zurückbringen, die nicht nur von streunenden Leichenfressern, sondern auch von Plünderern und Räubern bedroht wurden, die das durch den Notstand bedingte Chaos ausnutzten. Und man wollte Rettungsmannschaften in abgelegene, isolierte Gebiete schicken, wo möglicherweise Leute in ihren Häusern festsaßen, ohne sich in angemessener Weise verteidigen oder Hilfe herbeirufen zu können.
McClellans Sektor stellte sich als besonders gefährdet heraus, vor allem wegen der Banden von Plünderern und Räubern. Er fragte sich, ob das wohl mit der ungewöhnlich großen Zahl wohlhabender und isoliert lebender Familien wie den Kingsleys zu erklären war. Die Gegend hatte einst einen einträglichen Kohlenbergbau betrieben, und die Leute hatten sich als Eigentümer oder Direktoren dieser Minen stattliche Reichtümer erwirtschaftet. Sie hatten in der Nähe der Quelle ihres Wohlstandes Landhäuser und Clubs errichtet, während um sie herum im Kontrast zu ihnen sich die Armen der Bergbaustädte – von welch letzteren viele inzwischen zu Geisterstädten geworden waren – zusammen mit den Armen der kargen Bauernhöfe, die von hartnäckigen Männern wie Bert Miller oder Henry Dorsey weiter bewirtschaftet wurden, angesiedelt hatten. Gordon Kingsleys ererbter Wohlstand stammte aus dem Bergbau. McClellans Männer waren nicht übermäßig wild darauf, den Kingsleys zu Hilfe zu kommen, weil sie zu Recht oder Unrecht das Gefühl hatten, ihr Leben lang durch die Arbeit in den Kingsleyschen Schächten oder Fabriken unterdrückt oder von den Kingsleyschen Banken und Finanzierungsgesellschaften ausgenommen worden zu sein, als die Minen unergiebig und die Gegend arm geworden war. Die Männer vertraten die Meinung, Kingsley konnte es sich leisten, für seinen eigenen Schutz aufzukommen, und viele von ihnen waren unwillig darüber, hier zu sein, und verstanden nicht, was sie auf seinem Landbesitz zu suchen hätten. Weil Gordon Kingsley so geizig mit seinen Dollars war, mußten andere – einfache – Menschen ihr Leben für ihn riskieren.
McClellan, dessen Job darin bestand, jedermann zu schützen, reich oder arm, und der auch seine Leute kannte, hielt es für nötig, die Männer ein wenig härter anzufassen und sie ein bisschen sorgfältiger zu überwachen, damit sie ihre Arbeit anständig erledigten.
Was ihnen im Farmhaus der Dorseys berichtet worden war, wo sie auf dem Weg zum Kingsley-Besitz haltgemacht hatten, war dazu angetan, die Männer anzuspornen und ihr Murren und ihre Klagen zu beschwichtigen. Henry Dorsey hatte sich geweigert, sein abgelegenes Haus zu verlassen und sich in den relativen Schutz der Stadt zu begeben; er hatte erklärt, er sei soweit ganz gut zurechtgekommen und würde, mit Gottes Hilfe, auch weiterhin für sich selber sorgen können, komme, was da wolle. Er bat nur um zusätzliche Munition für seine beiden Gewehre, nachdem McClellan ihn darüber informiert hatte, daß die Kabel bis zum Abend voraussichtlich repariert werden würden, so daß Familien wie die Dorseys mit der Feuerwehr und der Polizei Kontakt aufnehmen könnten. McClellan versicherte, daß der Notstand schneller unter Kontrolle gebracht werden könnte, als ursprünglich angenommen wurde, doch daß vermutlich noch zwei harte Wochen bevorständen. Dorsey erwiderte, daß er recht gut durchhalten könnte, und fügte hinzu, daß, wenn jedermann die Toten weiterhin gepfählt hätte, wie er es mit seiner eigenen Tochter getan habe, die ganze Krise gar nicht erst entstanden wäre. Dann berichtete er von dem Polizisten, dem er geholfen hatte, den Miller-Töchtern zu Hilfe zu kommen. Nach Dorseys Aussage hatte der Polizist die Vermutung, daß die Bande, von welcher die Miller-Töchter gefangengenommen worden waren, den Besitz der Kingsleys zum Ziel gehabt hatte. Dorsey war schlau genug gewesen, die Rolle, die er und sein Sohn bei dem Tod des anderen Polizisten gespielt hatten, nicht zu erwähnen. Und wenn Dave inzwischen den Tod gefunden hatte, gab es schließlich niemanden mehr, der es je herausfinden würde. Carl Martinellis Leiche lag nicht mehr draußen auf der Wiese; offenbar war sie von den Leichenfressern fortgeschleppt und verschlungen worden. Während der ganzen Unterredung mit dem Sheriff, die in dem mit Brettern vernagelten Wohnzimmer der Dorseys stattfand, hatte Henry Dorsey das Baby, um das seine Frau sich in einem der Schlafzimmer im Obergeschoß kümmerte, mit keinem Wort erwähnt. Das Baby verhielt sich still, es schien zu schlafen, seit es die kleine Menge Milch zu sich genommen hatte. Mrs. Dorsey hielt ein Auge auf den Säugling, wachte darüber, daß er gut unter der Decke zugedeckt blieb, und dachte, daß sie noch nie ein Baby mit so merkwürdigem Aussehen und Verhalten gesehen hatte. Andererseits konnte das arme Ding froh sein, noch am Leben zu sein, oder? Sie biß sich auf die Lippen und schauderte bei dem beängstigenden Gedanken, der sich in ihr verwirrtes Bewußtsein drängte und ihrem Gesicht einen Ausdruck nervöser Panik verlieh.
McClellan gab die Nachrichten über die Plündererbande und die gefangengehaltenen Mädchen sowie über den Polizisten, der ihnen auf den Fersen war, sofort an seine müden, knurrigen Mannen weiter und ermutigte sie, durchzuhalten und sich anzustrengen. Sie begriffen, daß es nicht nur die Kingsleys waren, für die sie sich einsetzten. Sie hatten eine echte Aufgabe vor sich, an die sie mit Enthusiasmus glauben konnten. Ein paar von den Männern hatten Bert Miller und seine Töchter gekannt. Die meisten von ihnen machten sich nicht viel aus Bert, solange er noch am Leben war, aber sie respektierten ihn im Tod und hatten Sympathie für die Mädchen, wie sie sie mit jedem empfunden hätten, der sich vater-und heimatlos wiederfand. Es fiel ihnen leichter, sich Sorgen um die Millers zu machen, die zu ihrer eigenen sozialen Schicht gehörten, als um Gordon Kingsley. Wenn für die Rettung der Kingsleys eine Belohnung ausgesetzt gewesen wäre, hätte die Sache ganz anders ausgeschaut. Trotz der extremen körperlichen und emotionalen Er-schöpfung glaubte Sheriff McClellan, das Ende der Krise nahen zu fühlen. Die Zahl der lebendigen Toten war in gewissem Sinne begrenzt und wurde nur durch die frisch Verblichenen wieder aufgefüllt, die wieder auferstanden und diejenigen ersetzten, die endgültig überwältigt worden waren. Jeder vernichtete Humanoide verringerte ihre Zahl und die ihrer potentiellen Opfer. Die Situation konnte unter Kontrolle gebracht werden, wenn man dafür sorgte, daß sämtliche Leichen unschädlich gemacht wurden. Wenn sämtliche lebendigen Toten »getötet« sein würden, bedeuteten sie keine Gefahr mehr. Sie konnten sich nicht vermehren wie Menschen; sie waren Geschöpfe des Todes, die tot blieben, wenn man ihre Gehirne zerstörte. Die Taktik, die McClellans Männer verfolgten, bestand darin, den Fleischfressern nicht zu nahe zu kommen und sie aus der Entfernung abzuschießen. Dann schleppten sie die toten Leiber mit Hilfe von Fleischerhaken auf einen Stapel, tränkten sie mit Benzin und setzten sie in Brand. Jeder, der mit einem solchen Fleischerhaken oder mit irgend etwas, das möglicherweise mit einem der Leichenfresser in Berührung gestanden hatte, in Kontakt gekommen war, wusch sich anschließend in einer konzentrierten Alkohollösung. Bislang hatten sich diese Maßnahmen als ausreichend erwiesen, einer Infektion vorzubeugen. Es waren die gleichen Vorkehrungen, die schon damals angewandt worden waren, beim Ausbruch der ersten Epidemie, und sie hatten verhindert, daß die Seuche überhandnahm und die Menschheit daran zugrunde ging.
Flack konnte nicht mehr hören, wie ihm die Glieder vom Leib gezerrt wurden. Er hörte nicht mehr, wie seine Knochen knirschten und an den Gelenken auseinandergedreht wurden. Er konnte nicht mehr aufschreien, als ihm die gierigen Leichenfresser Herz und Lungen und Nieren und Gedärme herausrissen. Die Axt, die das Brustbein durchgetrennt hatte, hatte ihnen die Aufgabe leichter gemacht. Die Leichenfresser stritten sich untereinander um die vor kurzem noch lebendigen Organe. Und dann, als Flacks Leib vollständig auseinandergefetzt war, zogen sie sich zurück, und jeder kauerte sich in eine Ecke, um das eroberte Mahl hinunterzuschlingen, jeder in dem Bewußtsein, daß andere hungrige Artgenossen darauf lauerten, den glücklichen Siegern das Stück Menschenfleisch wegzunehmen. Sie waren wie Hunde, die ihre Knochen in eine Ecke schleppten, um daran zu kauen und zu nagen, während ihnen andere gierig und neidisch zuschauten.
Einige der wandelnden Leichen suchten nach einem Ort, wo sie ihre Beute in Ruhe und ohne sie gegen die Artgenossen verteidigen zu müssen, verzehren konnten, und zogen sich in das Dunkel des Waldes zurück, der den gepflegten Rasen des Kingsleyschen Besitzes umgab. Dort ließen sie sich nieder und fraßen, und das Schmatzen und Nagen und Zerfetzen toten Menschenfleisches mischte sich mit Vogelgezwitscher, dem rauhen Krächzen der toten Lungen und dem Rauschen des Windes in den Blättern der Bäume in der heißen Nachmittagssonne.
Durch ein Wohnzimmerfenster des Landhauses sah Dave Benton zu, wie Flacks Leiche auseinandergerissen wurde. Er beobachtete, wie die Leichenfresser sich um Stücke und Fetzen seiner Leiche stritten, und er war erleichtert, als ihr Gekabbel und ihr Bedürfnis, sich mit ihrer Beute zurückzuziehen, sie veranlaßte, aus der direkten Nachbarschaft der Eingangstür zu verschwinden. Auch wenn Flack dieses Schicksal durchaus verdient hatte, machte es Dave krank, es mitansehen zu müssen. Aber die Tatsache, daß Flack und die Familie Kingsley ihr Leben hatten lassen müssen, führte dazu, daß die Leichenfresser für den Augenblick gesättigt waren, und Dave hielt eine Flucht aus dem Haus für durchführbar. Er besaß die Schlüssel zu Carters Lastwagen, die er in den Taschen des Bandenführers gefunden hatte. Er hatte außerdem Waffen und Munition.