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Untot
  • Текст добавлен: 6 октября 2016, 01:48

Текст книги "Untot"


Автор книги: Джон Руссо


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Ужасы


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In dem langen Tal hinter dem Farmhaus erstreckte sich ein sechs Morgen großes Feld, wo Bert Miller Mais angepflanzt hatte. Unbeholfen und stur trampelten drei menschliche Gestalten die jungen Maispflanzen nieder und steuerten auf das Haus zu, angelockt von den schmalen Lichtstreifen, die zwischen den vor die Fenster genagelten Brettern hindurchschimmerten, und – vielleicht – von dem Geruch lebendigen Fleisches, der von drinnen herausströmte. Mitten in dem Maisfeld blieben die drei bizarren Kreaturen stehen, als sei es schmerzvoll für sie, sich zu bewegen, und schwierig, einen stetigen Schritt beizubehalten. In der fahlen Dämmerung erschien ihre Haut grünlichweiß, beinahe fluoreszierend. Ihre Kleider waren zerlumpt, verschlissen und mit geronnenem Blut durchtränkt. Jeder von ihnen hatte schwere Verletzungen davongetragen, die zum Tode geführt haben mußten. Sie sahen aus wie Opfer eines Autounfalls. Zweien waren die Gesichter zerschmettert und entstellt worden, die Stirn war aufgerissen und Glassplitter staken in den Backen, als seien sie gegen oder durch eine Windschutzscheibe geschleudert worden. Der dritte hatte ein großes Loch in der Brust, und sein Hemd war blutig und von sickernden Sekretionen innerer Organe durchtränkt, als habe sich die Lenksäule eines Fahrzeugs hineingebohrt. Sie waren Tote, die einst Menschen gewesen waren und nun von einer Kraft jenseits normalen Verstehens belebt und von der Gier nach lebendigem Menschenfleisch getrieben wurden. Als sie dort schweigend im Maisfeld standen, drehte eine der Gestalten sich langsam und mühevoll um und schaute zurück. Drei weitere Humanoide bahnten sich den Weg durch das Feld und kamen näher. Sie bewegten sich staksig und unbeholfen. Einem fehlte ein Arm und ein Teil seines Gesichts und er schien zwischen blutverkrusteten Zähnen hindurch zu grinsen. Plötzlich stolperte er und stürzte mit einem grauenhaften Knirschen zwischen die Maispflanzen. Dann rollte er sich auf die Seite, stieß ein fauchendes Stöhnen aus und rappelte sich wieder auf die Füße. Seine Gefährten waren weitergegangen und bewegten sich mit größter Anstrengung und Konzentration auf Bert Millers Farmhaus zu, dessen Lichter in der Ferne schimmerten.

In ihrem Zimmer im Obergeschoß tröstete Ann ihre Schwester Karen und versuchte, ihr und sich selber einzureden, daß Sue Ellen allein zurechtkommen würde, daß das Farmhaus ein sicherer Ort sei, daß das Baby zur Welt kommen und sich alles irgendwie zum Guten wenden würde.

»Ich hätte fortgehen sollen«, weinte Karen. »Ich mit dem Baby! Ich müßte irgendwo in der Nähe eines Krankenhauses sein!«

»Du bist doch in der Nähe eines Krankenhauses«, widersprach Ann. »Zehn Minuten entfernt. Wenn die Wehen einsetzen, wird Daddy dich mit dem Laster nach Willard bringen. Vielleicht fahren wir alle zusammen, wenn es hier nicht sicher genug ist. Daddy wird nicht wollen, daß das Baby irgendeiner Gefahr ausgesetzt ist.«

»Ich glaube, ihm war's lieber, das Baby wäre tot«, jammerte Karen.

»Das ist nicht wahr! Du wirst sehen, sobald das Baby auf der Welt ist, wird Daddy der stolze Großvater sein.« »Ich wünschte, das Baby käme bald«, schluchzte Karen. Sie sah in der Geburt eine Möglichkeit, aus dem Farmhaus zu entkommen.

Plötzlich war draußen ein Geräusch zu hören, das Knirschen von Schritten vor der Haustüre.

Die beiden Mädchen lauschten. Sie hörten, wie die Tür aufging. »Sue Ellen ist zurückgekommen!« rief Karen freudig aus.

Sie strahlte unter den Tränen.

Ann sprang lächelnd auf, doch ihr Lächeln erstarrte in ihrem Gesicht, und ihr Blick traf den ihrer Schwester, als ein grausiger Schrei aus dem Erdgeschoß erschallte. »Karen, du bleibst hier! Schließ die Tür hinter mir ab!« schrie Ann und ließ ihre vor Angst fast gelähmte Schwester im Schlafzimmer zurück, knallte die Tür hinter sich zu und stürzte die Treppe hinunter.

Sie erreichte den Treppenabsatz und sah, wie ihr Vater in Stücke gerissen wurde. Drei gespenstische Gestalten waren über ihn hergefallen. Seine Schreie waren verstummt. Die grausigen Kreaturen kauten an seinem Gesicht, seinen Armen, zerrten und bohrten an dem weichen Fleisch seines Bauches, um an die inneren Organe zu gelangen. Ein Auge von Bert Miller starrte weit aufgerissen an die Decke, aus der anderen Augenhöhle spritzte ein Schwall von Blut. Ann blieb der Schrei im Halse stecken. Eine der Gestalten mit dem Mund voller Fleisch schaute zu ihr auf, fast wie aus Neugierde, als sie entsetzt zurückwich und der Schrei, den sie zunächst nicht hatte hervorbringen können, aus ihrer Kehle brach. Der Leichenfresser kam auf die Füße und steuerte auf Ann zu, die Mühe hatte, mit zitternden, schwachen Knien zu flüchten. Auf Beinen wie aus Gummi strampelte und stolperte sie die Treppe hinauf und warf sich gegen die Schlafzimmertür. Sie war verschlossen. »Karen! Kaaarennn!«

Die blutverschmierte Gestalt hatte inzwischen den Treppenabsatz erreicht. Ihre grauenerregende Fratze wurde von dem grellen Licht der nackten Glühbirne über der Treppe beleuchtet.

Karen öffnete und Ann stürzte ins Zimmer. In fliegender Hast verriegelte sie die Tür, blieb einen Moment in Panik stehen, dann rannte sie in die gegenüberliegende Ecke des Raumes und versuchte, eine schwere Kommode vor die Tür zu rücken. Sie schaute Karen an, als wolle sie sie bitten, ihr zu helfen, ehe sie voller Entsetzen begriff, daß sie von dem hochschwangeren Mädchen keine Hilfe erwarten konnte. Die Kommode rührte sich nicht von der Stelle. Draußen begann das fleischgierige Ding mit den Fäusten gegen die Schlafzimmertüre zu hämmern. Und von der Treppe her waren weitere Schritte zu hören.

Ann zerrte und rüttelte mit all ihrer Kraft an der Kommode und sie bewegte sich ein paar Zentimeter von der Stelle. Karen faßte mit verzerrtem, benommenem Ausdruck im Gesicht eine Ecke des schweren Möbels an und versuchte zu helfen. Ann begann, in hektischer Panik die Schubladen aus der Kommode zu reißen und aufs Bett zu werfen, um das Gewicht des Möbelstücks zu verringern, um es so besser an den gewünschten Platz schieben zu können. Die Schlafzimmertür begann nachzugeben. Der schwere Eisenriegel hielt erstaunlicherweise stand, doch die ganze Tür selbst fing an, unter der Wucht der Schläge der Kreatur draußen zu zersplittern.

Die Kommode ließ sich wieder ein paar Zentimeter weiterwuchten und stieß dann gegen die Wand. Ann konnte sie nicht um das Bett herum bewegen. Karen warf sich kreischend auf den Boden und versuchte, ihren aufgeschwollenen Leib unter das Bett zu zwängen. Ihr war der Gedanke durch den Kopf geschossen, daß die Leichenfresser Ann fortschleppen und sie in Ruhe lassen könnten, so daß sie und ihr Baby am Leben blieben – ein entsetzlicher, alptraumartiger Gedanke, für den sie sich auf der Stelle schämte. Aber sie wollte nichts als überleben. Am ganzen Leib zitternd zwängte sie sich Stück für Stück unter das Bett.

Ann drückte sich zwischen die Kommode und die Wand, um das Möbelstück vorwärts zu schieben, während die Schläge gegen die splitternde Tür immer bedrohlicher wurden. Durch den Krach hindurch meinte sie, einen Schuß zu hören. Dann eine ganze Salve. Und das ferne Aufheulen von Polizeisirenen und das Knirschen von Reifen auf dem Kies, als die Sirenen verstummten. Tränen strömten ihr über die Wangen. Vielleicht würden sie diese Hölle auf Erden doch überleben. Wieder fiel ein Schuß, gefolgt von einem dumpfen Aufschlag unten im Wohnzimmer, und aus der Ferne der triumphierende Aufschrei eines Mannes.

Die Sirene heulte wieder durch die Nacht und wurde immer lauter. Dann quietschten Bremsen draußen auf dem Vorplatz. Ann vernahm weitere Schüsse von unten und das dumpfe Aufklatschen von Körpern. Ein wildes Gelächter schallte aus dem Vorgarten. Sie hörte knirschendes Getriebe und quietschende Reifen von einem weiteren Fahrzeug, das irgendwo draußen wendete und manövrierte. Karen und Ann konnten von ihrem Versteck im Schlafzimmer aus nicht sehen, was vorging. Aber sie hatten beide das Gefühl, sie würden gerettet werden. Das ohrenbetäubende Getrommel an der Tür hatte nachgelassen und schließlich ganz aufgehört, aber sie waren noch immer viel zu verängstigt, um das Schlafzimmer zu verlassen und nachzuschauen, wer da gekommen war.

Plötzlich vernahmen sie das Getrampel von Schritten vor der Haustüre, dann Geschrei und Krach aus dem Wohnzimmer und einen weiteren Schuß ganz in der Nähe. Dann herrschte Stille.

»Zur Hölle damit! Das dürfte diesen verdammten Schweinen den Rest gegeben haben, oder?« rief irgend jemand unten. »Durchsuch das Haus!« befahl eine andere Männerstimme. Durch die zersplitterte Tür hörten die Mädchen Schritte, die erst in die Küche gingen und dann die Treppe heraufkamen. Schüsse fielen in dem engen Flur vor dem Schlafzimmer, begleitet von dem dumpfen Aufschlag von auf den Boden fallenden Leibern, der das Blut in den Adern gerinnen ließ. »Hab' noch drei hier oben umgelegt!« brüllte eine Stimme. »Die Tür ist abgeschlossen – jemand versteckt sich da drin!« Unmittelbar darauf kam jemand die Stiege heraufgerannt. »Wer ist da drin?« fragte eine herrische Stimme. Die Mädchen glaubten, im Anschluß an die Frage ein schrilles Kichern zu hören.

»Aufmachen, oder wir schießen die Tür auf!« »W-wir sind es«, brachte Ann schließlich hervor. »Ann und Karen Miller. Nicht schießen. Wir machen auf.« Sie war noch immer völlig verängstigt und lauschte wachsam auf jedes Geräusch hinter der Tür. Draußen vor dem Haus wurde ein Motor abgestellt und sie hörte, wie eine Wagentür geöffnet und wieder zugeschlagen wurde.

»Was für eine fürchterliche Schweinerei«, bemerkte eine Mädchenstimme im Vorgarten.

»Na wenn schon!« erwiderte jemand. »Laß uns lieber mal nachschauen, ob da drinnen was zu holen ist.«

Ann schob den Riegel beiseite und trat zurück, um die Tür nach innen zu öffnen. Das erste, was sie sah, war die Mündung einer Waffe, die direkt auf ihre Brust gerichtet war. Sie sprang zurück und erkannte, daß die Waffe in der Hand eines Polizisten ruhte, in der Uniform der Staatspolizei.

Der Polizist schaute Ann einen Augenblick wortlos an, dann wollte er wissen: »Wer ist sonst noch hier?«

»N-nur meine Schwester«, stotterte Ann. »S-sie ist schwanger.«

Der zweite Mann, den Ann nicht sehen konnte, kicherte wieder.

»Sagen Sie ihr, sie kann rauskommen«, wies sie der Staatspolizist an. Er war ein großer, gut gebauter Mann Anfang dreißig und sah nicht schlecht aus.

Karen kroch unter dem Bett hervor und näherte sich schüchtern. Der Polizist nahm Ann am Arm und führte sie und Karen aus dem Zimmer. Der zweite Mann lächelte sie an. Er trug keine Uniform, sondern ein einfaches Wollhemd und Jeans. Ein Revolver steckte in seinem Gürtel, und er hielt ein Gewehr in der Hand.

»Sie brauchen keine Angst vor uns zu haben. Wir haben Sie schließlich gerettet, Teufel noch mal«, beruhigte sie der Mann in Zivil. Ohne eine Antwort zu erwarten, wandte er sich um, stieg über eine der Leichen, die im Flur niedergeschossen worden waren, und ging die Treppen hinunter. Karen und Ann schauten die Leichen nicht an. Sie folgten dem Polizisten die Stiege hinunter ins Wohnzimmer. Als sie den Treppenabsatz erreichten, sahen sie gerade noch, wie die Überreste ihres Vaters aus dem Wohnzimmer und durch den Eingang nach draußen geschleppt wurden. Karen schnappte nach Luft, warf sich Ann an den Hals und fing an zu schluchzen. Ann hatte auch leise zu weinen begonnen. Wenig später konnten sie aus dem Vorgarten das laute Krachen eines einzelnen Schusses hören.

» Es tut mir leid «, entschuldigte sich der Staatspolizist leise mit dem Blick auf Ann gerichtet. »Es geht nicht anders. Wenn wir das nicht gemacht hätten, hätte er versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Das tun sie alle, wenn ihr Gehirn nicht zerstört wird. Sie meinen vielleicht, Sie wollten ihn wieder leben sehen, aber da irren Sie sich, glauben Sie mir. So würden Sie ihn nicht haben wollen!«

»Ich weiß«, brachte Ann mit erstickter Stimme hervor. »Ist schon gut. Wir verstehen das. Es ist schwer hinzunehmen, alles..., aber wir würden ihn gern beerdigen.« »Natürlich«, sagte der Polizist.

Der Mann in dem Wollhemd starrte Ann vom Eingang aus an. Er war es gewesen, der den Schuß im Garten abgegeben hatte. Er steckte seinen Revolver, langsamer als nötig gewesen wäre, wieder ins Halfter und nahm sein Gewehr, das er an die Wand gelehnt hatte, in die Hand. Seine Augen funkelten und er grinste ununterbrochen nicht besonders freundlich. Diese ständige Grinsen gab seinem Gesicht, das sonst nichts Bemerkenswertes aufwies, einen sonderbaren Ausdruck; seine Züge waren regelmäßig, sein Haar sandfarben und ungepflegt. Er mußte etwa Anfang zwanzig sein. Seine Gestalt war kräftig und drahtig.

»Flack ist mein Adjutant«, erläuterte der Polizist. »Mr. Flack, würden Sie bitte nachsehen, was aus Wade und Angel geworden ist? «

»Klar, Chef«, erwiderte Flack mit einem schiefen Lächeln. »Ich hab' so 'ne Eingebung, daß sie dabei sind, hinten im Laster einen bequemen Platz für unsere Freunde einzurichten. Soll ich die Freunde auch mit reinbringen? Und was ist mit dem Mädchen im Auto?«

»Bringen Sie sie alle herein«, entschied der Polizist. Bei der Erwähnung des Mädchens im Auto machte Anns Herz einen Satz.

»Wir haben ein Mädchen auf der Landstraße gefunden, das Schwierigkeiten hatte«, erläuterte er. »Wir haben sie gerettet. Sie schien ziemlich außer sich. Mein Name ist übrigens Wachtmeister Carter. John Carter. Sie können mich Mr. Carter nennen.«

Ann geleitete Karen zum Sofa und sie nahmen beide Platz, ohne zu wissen, was sie sagen sollten. John Carter setzte sich auf einen Stuhl, behielt die beiden Mädchen im Auge und musterte sie eingehend. Dann zog er seinen Dienstrevolver, öffnete den Zylinder und begann, ihn neu zu laden. Die leeren Patronen tat er in den Aschenbecher und nahm neue aus seinem Gürtel.

Die Mädchen drehten sich um, als Flack rückwärts ins Wohnzimmer zurückkam. Er trug die Beine und Füße eines gefesselten Mannes, dem der Mund zugestopft worden war. Ein anderer Staatspolizist hatte ihn an Armen und Schultern gepackt. Er war offensichtlich sehr schwer, und Flack und der Polizist mühten sich mit der Last ab und schleppten den Mann in die Mitte des Wohnzimmers, wo sie ihn schwer auf den Boden fallen ließen. Ann fand, daß sie ziemlich rüde mit ihm umgingen, als sei er ein Sack voller Maiskörner.

»Schweres Miststück«, bemerkte der Polizist zu niemandem im besonderen. »Kommen Sie. Wir holen den anderen.«

»Das ist Wade«, erklärte Mr. Carter und machte eine Geste mit der Hand, mit der er dabei war, Patronen in seinen Revolver zu laden. »Mein Kollege Wade Connely.«

Wade richtete sich auf und streckte sich, als er die beiden Mädchen auf dem Sofa entdeckte. Er tippte sich an die Mütze und ging dann mit Flack wieder hinaus.

»Wade ist ein guter Mann«, erklärte Carter. »Alle meine Mitarbeiter sind gute Leute.«

In diesem Moment kamen Schritte über die Schwelle, und ein Mädchen betrat das Haus und schob Sue Ellen vor sich her. Sie stützte sie mit einem Arm um die Taille. Ann sprang auf. Sue Ellen sah verstört und angeschlagen aus. Ihre Backe war zerschrammt und ihre Lippe blutig und angeschwollen. »Ich denke, Sie kennen sie. Und das ist übrigens Angel«, stellte Carter vor, als er sah, wie Ann, gefolgt von Karen, auf Sue Ellen zurannte. Sie umarmten sich halb lachend und halb weinend.

»Sie ist unsere Schwester!« keuchte Karen. »Sue! Was ist dir denn zugestoßen?«

»Sie war bewußtlos...« setzte Angel an, aber sie wurde von Flack und Wade unterbrochen, die noch einen gefesselten Gefangenen hereinschleppten und neben den anderen auf den Wohnzimmerboden fallen ließen. Die beiden gefesselten Männer trugen Zivilkleidung, mochten Ende zwanzig, Anfang dreißig sein und sahen aus, als habe man sie ziemlich rauh behandelt. Sie ließen ihre Augen durch das Zimmer flitzen und hefteten ihren Blick einen Moment prüfend auf jedes einzelne Gesicht, aber sie waren sichtlich machtlos, an ihrer gegenwärtigen Lage etwas zu ändern.

»Rauhe Kunden«, bemerkte Carter. Flack stieß einen der gefesselten Männer mit dem Fuß an und gab wieder sein seltsames Gekicher von sich.

Ann und Karen hatten mit Angels Hilfe Sue Ellen auf das Sofa gebettet. Sobald sie sie hingelegt hatten, verlor Sue Ellen das Bewußtsein und begann, wirres Zeug vor sich hin zu brabbeln. Ann und Karen konnten nicht verstehen, was sie murmelte. Ann schaute zu Angel auf und versuchte, in dem Gesicht des Mädchens eine unausgesprochene Kenntnis dessen, was Sue Ellen widerfahren war, zu lesen.

Angel biß sich auf die Lippe. »Im Auto hat sie das Bewußtsein verloren«, erzählte sie. »Wir haben sie gefunden, als sie von ein paar dieser Wesen angegriffen wurde. Flack hat sie gerettet. Seither ist sie nicht bei Sinnen.« »Stammen die Wunden von diesen Dingern?« fragte Ann. »Wenn ja, dann schwebt sie in entsetzlicher Gefahr. Wenn sie daran stirbt, wird sie zu einer von ihnen.« »Ja... ich meine, ich glaube, sie stammen davon. Sicher. Sie hat Schrammen und Blut überall. Aber sie wird nicht sterben. Sie ist nur von Sinnen, sonst nichts.« »Keiner weiß, wie man die Krankheit heilen kann, die diese Dinger haben«, platzte Flack heraus. »Wenn sie stirbt, müssen wir dafür sorgen, daß sie nicht wieder aufsteht.«

»Diese Bemerkung jagt den Mädchen nur Angst ein«, tadelte Carter seinen Adjutanten Flack und sah ihn mißbilligend an. »Ich sage, was mir paßt«, fauchte Flack. »Nur weil du 'ne verfluchte Uniform anhast, kannst du mich noch lange nicht rumkommandieren. Ich gebe meine Adjutantenmarke zurück.« Das erschien ihm irgendwie ungeheuer komisch, und er brach in grölendes Gelächter aus.

Ann und Karen achteten nicht auf die Männer. Karen drückte ihre Handfläche auf Sue Ellens Arm und ging dann in die Küche, um ein paar kalte Kompressen zu holen. Angel trat neben Flack und legte ihm die Hand auf die Schulter, doch er stieß sie weg. Angels Augen sprühten eine Sekunde lang Feuer, aber sie sagte nichts. Flack würdigte sie keines Blickes und stellte sich indessen neben die Gefangenen am Boden. Er stieß einen von ihnen mit der Stiefelspitze an.

Die Gefangenen reagierten nicht, sondern drehten nur ihre Augen in seine Richtung.

Wade Connely lachte. »Rauhe Kunden«, wiederholte er die Worte, die Carter vorher gesagt hatte. Er sah Carter Beifall heischend an, doch Carter gab keine Antwort. Mit trotzigem Gesicht hatte Angel angefangen, im Wohnzimmer herumzuschlendern. Hin und wieder blieb sie stehen und nahm verschiedene Gegenstände von dem Kamin sims in die Hand, untersuchte sie und stellte sie zurück, als seien sie enttäuschend und nicht wert, angeschaut zu werden. Dann erhaschte sie einen Blick von sich selbst im Spiegel, holte einen Kamm hervor und begann, ihr langes, rotes Haar zu kämmen. Sie hatte ein hartes Gesicht. Sie war nicht hübsch und hatte etwas Wildes, Unbändiges an sich, als sei sie irgendwann in ihrem Leben tief verletzt worden und suche nach einer Gelegenheit, jemand anderen ihrerseits zu verletzen. Wie Flack trug sie Jeans und ein Wollhemd. »Wenn ich ihn ein bißchen anstupse, sagt er nichts«, erklärte Flack, der noch immer mit der Stiefelspitze gegen einen der Gefangenen trat. »Was meinst du, gibt's irgendwas, womit ich seine Aufmerksamkeit erregen kann? « »Da bin ich überfragt!« erwiderte Wade Connely grinsend und ging ans Fenster.

Flack hob den Fuß und hielt ihn über de Lenden des einen Gefangenen.

»Laß die Gefangenen in Ruhe!« schnauzte Carter und sah Flack zornig an. Sein Gesichtsausdruck veranlaßte Flack, den Fuß zurückzuziehen.

Draußen wurde Motorengeräusch hörbar.

»Was ist das?« fragte Carter und packte seine Pistole fester.

Wade Connely beugte den Kopf und versuchte einen Blick durch einen dünnen Spalt zwischen den Brettern zu finden.

»Ein Motorrad«, berichtete er. »Es hält hier an.«

Sie horchten alle, wie der Motor abgestellt wurde. Wade schaute noch immer durchs Fenster.

»Wer ist das?« drängte Carter, den Blick zu den drei Schwestern gewandt.

»Wahrscheinlich Billy«, gab Ann ihm die verlangte Auskunft. »Sue Ellens Freund.«

»Komm und schau nach!« gebot Carter ihr. Die Grobheit seines Befehls erschreckte sie.

Sie trat ans Fenster. »Es ist Billy«, bestätigte sie. »Ich sollte ihn hereinlassen.« Aber sie tat es nicht, weil sie hinter sich Flack und Wade Connely mit gezogenen Pistolen entdeckt hatte.

»Stecken Sie die Pistolen weg, meine Herren«, befahl der Polizist Carter. »Die junge Dame wird den jungen Mann hereinlassen. Ich nehme jedenfalls an, daß er jung ist«, fügte er hinzu und scheuchte Ann zur Tür.

Ann machte auf, und Billy stürmte ins Zimmer. Als er all die Fremden sah, blieb er abrupt stehen. »Ann – was ist hier los?« »Billy... Sue Ellen ist etwas zugestoßen.« Billys Augen flitzten von einem zum anderen, bis er Sue Ellen auf dem Sofa entdeckte, und er eilte sofort zu ihr, hockte sich neben sie und legte ihr die Hand auf die Stirn. Aber sie reagierte nicht. »Was hat sie, Karen? Was ist passiert? « Die Panik in Billys Stimme war nicht zu verkennen. Er nahm den Motorradhelm ab und man sah, wie jung er noch war. Er schien nicht älter als siebzehn zu sein. Seine Cordjacke war zu groß für seine schmalen Schultern, und seine langen, dünnen Beine steckten in Jeans. Er hatte blondes Haar und Sommersprossen und einen vorstehenden Adamsapfel, der weniger aufgefallen wäre, hätte Billy mehr gewogen.

»Wir wissen nicht, was ihr zugestoßen ist, Billy«, beantwortete Karen seine Frage. »Sie wollte heute nachmittag von zu Hause fortlaufen, allein. Sie wurde von den... den Dingern angegriffen, und diese Männer hier retteten sie.« Billy schaute auf die drei Fremden. Flack hatte sein übliches Grinsen im Gesicht. Wade Connely hielt seinen Blick auf Billy fixiert und taxierte den jungen Mann unverhohlen. Carter schien an dem Jungen völlig uninteressiert, pfiff eine kurze Melodie vor sich hin und verstummte. Als Billys Augen wieder auf Flack fielen, war das Grinsen immer noch da, hart und herausfordernd. Aus einem Impuls heraus rief Billy: »Seid ihr sicher, daß sie sie gerettet haben – oder haben sie vielleicht mitgeholfen, sie so zuzurichten?«

Flack ging auf Billy zu. »Das war aber gar nicht nett, so was zu sagen.«

»Halt's Maul!« Das war Carters Stimme. Er war aufgesprungen und schaute zornig in die Runde. Als er die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf sich gezogen hatte, änderte er den Tonfall, und seine Stimme klang ruhig und ernst. »Das Mädchen – Sue Ellen, so heißt sie doch, nicht wahr? – wurde von jenen Dingern angegriffen und wir haben sie aus ihren Klauen gerettet. Die beiden anderen Mädchen haben wir ebenfalls gerettet. Für ihren Vater konnten wir nichts mehr tun. Er war tot, als wir hier ankamen. Fragen Sie die Mädchen, wenn Sie uns nicht glauben wollen. Aber ich meine, Sie werden feststellen, daß Sie uns zu Dank verpflichtet sind.« »Ich bitte um Verzeihung«, entschuldigte sich Billy. »Das klingt schon besser«, entgegnete Carter zum Abschluß der Diskussion.

Ann ging scheu auf Billy zu und berührte ihn am Ellbogen. »Billy... könntest du mir vielleicht helfen, Sue Ellen nach oben zu bringen? Ich glaube, wir sollten sie ins Bett legen und warm zudecken.« Billy folgte Ann zum Sofa und sie betrachteten das bewußtlose Mädchen und überlegten, wie sie es am besten transportieren könnten.

»Ich mache heißen Tee für sie«, schlug Karen vor. »Ich glaube, wir könnten alle einen gebrauchen.« Sie stand auf und begab sich in die Küche.

Angel trat an eines der mit Brettern vernagelten Fenster und fand einen Spalt, durch den sie nach draußen schauen konnte. »Da sind noch mehr von diesen Dingern draußen«, stellte sie fest und sprang unwillkürlich zurück. »Mindestens ein halbes Dutzend, die auf dem Rasen rumlungern.«

»Wo zum Teufel kommen die denn alle her?« rief Wade Connely.

Flack lachte krankhaft. Er stand über die beiden Gefangenen gebeugt und starrte sie drohend an. Ihre Augen starrten zurück. »Verdammte Verbrecher!« fluchte Flack. »Warum machen wir uns eigentlich die Mühe, ihre dreckige Haut zu retten? He, Wade, was meinst du? Vielleicht sollten wir sie den Zombies überlassen.«

Wade nickte grinsend. Er streckte von dort, wo er saß, einen Fuß aus und stieß einen der Gefangenen mit dem Stiefel an, wie man jemanden mit dem Ellenbogen anstupst, wenn man einen guten Witz gehört hat.

Flack ging zu Ann und Billy hinüber, ehe sie Sue Ellen aufheben konnten. Mit ernster Stimme erklärte er: »Ihr solltet euch von den beiden da fernhalten.« Er wies auf die beiden gefesselten Männer. »Sie sind äußerst gefährlich. Ich weiß nicht mal, warum wir uns mit ihnen abmühen. Vielleicht werden wir sie als Zombiefutter benutzen. In Zeiten wie diesen hier herrscht sozusagen Kriegsrecht. Und diese Schweine verdienen sowieso keine humane Behandlung. Wenn ich euch erzählen würde, was sie getan haben, würdet ihr sie auch lynchen wollen.«

Billy wandte sich ab. Er wußte nicht, was er dazu sagen sollte. Ann beugte sich über Sue Ellen und wartete, daß Billy zupackte. Sie setzten Sue Ellen auf und legten sich jeder einen ihrer Arme über die Schultern, faßten sie an den Oberarmen und um die Taille und hoben sie auf. Ihre Füße schleiften über den Boden, während sie sie zur Treppe schleppten. Angel starrte noch geraume Zeit, nachdem Ann und Billy mit Sue Ellen verschwunden waren, hinter ihnen her. Man hörte deutlich, wie sie sich die Treppe hinaufmühten. In der Küche klapperte Karen mit Tassen und Löffeln und bereitete Tee.

Flack schaute Wade Connely an. »Wade, ehe wir es uns zu gemütlich machen, haben wir zwei noch was zu leisten.« Wade stand grinsend auf. Die gefesselten Männer auf dem Boden verfolgten Flack und Connely mit den Augen. »Es wird noch eine ganze Weile finster sein«, fuhr Flack fort. »Wir könnten ganz gut ein hübsches Feuerchen gebrauchen, um uns ein bißchen aufzuwärmen. Da draußen gibt's reichlich tote, trockene Haut. Sie sollte zu was Nützlichem verwendet werden.«

Angel riß den Kopf hoch und starrte Flack an, als wisse sie nicht, ob sie lachen oder sich vor Ekel schütteln sollte. Wade grinste und kicherte vor sich hin, während er und Flack ihre Gewehre packten und in den Vorgarten hinausgingen. Das Gelände war in helles Licht getaucht, das von starken Lampen an Haupt– und Nebeneingang des Hauses strahlte. Die Gewehre im Anschlag, schlichen sich Flack und Wade Connely zur Rückseite ihres Lastwagens. Flack zündete mit einem Streichholz eine Kerosinlampe an, während Wade ihm Feuerschutz gab. Flack stellte die Lampe auf die Führerkabine des Lasters ab, so daß sie den Vorgarten zusätzlich beleuchtete.

Am Rand der Lichtzone wichen mehrere menschenähnliche Gestalten zurück und verhielten sich still. Sie versuchten unbeholfen, sich zu verstecken, als hätten sie Angst vor den Männern mit dem Feuer. Die Humanoiden bewegten sich mit der für sie typischen, mühsamen Schwerfälligkeit, und es gelang ihnen nicht wirklich, sich zu verbergen. Sie rückten nur aus dem grellen Lichtschein in dämmrigere Zonen, die für ihre schwachen Augen wie vollständige Finsternis erscheinen mochten. Flack und Wade Connely suchten das beleuchtete Gebiet und die dahinter sich ausbreitende Dunkelheit mit den Augen ab. Sie verglichen ihre Beobachtungen und waren überzeugt, mindestens elf Humanoide ausgemacht zu haben, die sich unter Bäumen und Büschen zu verbergen suchten. Ein weiteres halbes Dutzend war an dem im Halbschatten liegenden Rand der Wiese zu erkennen.

»Wir sollten ein paar Fackeln anzünden«, schlug Flack vor. »Wir behalten unsere Revolver und lassen die Gewehre neben der Tür, falls wir sie schnell brauchen sollten.« Die beiden Männer gingen zum Lastwagen zurück, und Wade Connely gab Flack wieder Feuerschutz, während er Lappen und Stoffetzen um etwas, das wie alte Tischbeine aussah, wickelte. Flack tränkte die Lumpen in Kerosin aus einem Kanister und zündete zwei der provisorischen Fackeln mit dem Streichholz an.

»Das wird uns diese toten Schweine vom Leib halten«, versicherte Wade. Dann begaben sich Flack und er, jeder mit einer Fackel in der Hand, zum Eingang und lehnten ihre Gewehre neben die Tür, zogen ihre Revolver und beobachteten die wandelnden Überreste ehemaliger Menschen im Vorgarten.

Überall auf dem Gelände lagen die Körper überwältigter Leichenfresser, während andere, bislang unbesiegte, wieder genug Mut gefaßt hatten, sich aus der Dämmerzone herauszuwagen, und nun in dem grellen Licht mit den harten Schatten dastanden und herüberschauten. Ein gespenstisches Rascheln und Fauchen klang vom Rand der Wiese und aus der Dunkelheit, ein unheimliches, pfeifendes Geräusch, das die toten Wesen von sich gaben und das ihre Gegenwart noch bedrohlicher wirken ließ. Es war das gequälte, rauhe Atmen, das aus ihren toten Lungen drang, ein Todesröcheln, das den beiden Männern mit den Fackeln Eiseskälte über den Rücken jagte. Sie sahen, wie mehrere der Kreaturen aus dem Halbdunkel näher stampften, und ihnen wurde unbehaglich zumute.

»Die Schweine lassen sich nicht lange einschüchtern«, flüsterte Wade Connely leise, als wolle er ihre Aufmerksamkeit nicht auf sich lenken.

»Mach die Fleischerhaken bereit«, forderte Flack ihn auf. Seine Stimme klang nicht weniger verkrampft und angestrengt als die seines Kumpels.

Wade warf Flack einen erstaunten Blick zu, weil es so gar nicht Flacks Art war, es irgendwen merken zu lassen, wenn er aus der Fassung geriet. Es tat Wade gut zu sehen, daß der rauhe, harte Flack ebenso kribbelig werden konnte wie er selbst.

Flack starrte mit fasziniertem Entsetzen auf die Gesichter der toten Dinger. Sie waren so weiß und blutleer, und die verkrusteten, geschwollenen Wunden, die sie sich vor ihrem Tode zugezogen haben mußten, traten dadurch noch deutlicher hervor. Er fragte sich, ob das schwarze, geronnene Blut aus ihren eigenen Wunden stammte oder von den Opfern ihrer Jagd nach Menschenfleisch.

Eines der Wesen machte einen Schritt nach vorn, und Flack biß die Zähne zusammen. Ein Schuß krachte aus seiner Pistole, und das tote Ding wurde unter der Wucht des Geschosses, das in seinem Gehirn explodierte und durch seinen Hinterkopf platzte, rücklings ins Gras geschleudert, wo es als stinkender Haufen dreckiger Kleider, verfaulenden Fleisches und toter Knochen zusammensackte. Die übrigen Kreaturen wichen nicht zurück. Sie schienen an dem Tod eines ihrer Artgenossen völlig desinteressiert zu sein. Aber sie griffen den gerade Gefallenen nicht an und stürzten sich auch nicht auf sein Fleisch. Sie gierten nach frischem Menschenfleisch, das noch warm war und blutete und noch nach Leben schmeckte. Warmes Menschenfleisch war das einzige, womit sich die lebendigen Toten ernähren konnten. Wade Connely zuckte zusammen, als Flacks Waffe losging. Er sah, wie der getroffene Humanoide schwankte und zu Boden ging, und es jagte ihm Schauer über den Rücken, als dessen Gefährten keinerlei Reaktion zeigten, keine Furcht vor einem ähnlichen Schicksal. Man konnte diesen Dingern keine Angst einjagen, indem man sie tötete. Das einzige, das sie zu fürchten schienen, war Feuer, da ihre trockene, tote Haut äußerst leicht entflammbar war.


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