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Песнь о Нибелунгах
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Текст книги "Песнь о Нибелунгах"


Автор книги: Старонемецкий эпос



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32. Abenteuer
Wie Blödel erschlagen ward

 
Blödels Recken standen gerüstet allzumal.
In tausend Halsbergen ereilten sie den Saal,
Wo Dankwart mit den Knechten an den Tischen saß:
Da hob sich unter Helden der allergrößeste Hass. (1983)
 
 
Als der Degen Blödel zu den Tischen ging,
Dankwart der Marschall mit Gruß ihn wohl empfing;
“Willkommen hier im Hause, mein Herre Blödelein;
Mich wundert euer Kommen: Sagt, was soll die Märe sein?” (1984)
 
 
“Heiß mich nicht willkommen,” sprach da Blödelein;
“Denn dieses mein Kommen, das soll dein Ende sein
Um Hagen deinen Bruder, der Siegfrieden schlug:
Das entgiltst du bei den Heunen und andre Degen genug.” (1985)
 
 
“Nicht doch, Degen Blödel,” sprach da Dankwart,
“So möchte bald uns reuen zu Hofe diese Fahrt.
Ich war ein Kind, als Siegfried Leben ließ und Leib:
Nicht weiß ich was mir wolle dem König Etzel sein Weib.” (1986)
 
 
“Ich weiß dir von der Märe weiter nichts zu sagen;
Es tatens deine Freunde, Gunther und Hagen.
Nun wehrt euch, ihr Armen, ihr könnt nicht länger leben;
Ihr müsst mit dem Tode ein Pfand hier Kriemhilden geben.” (1987)
 
 
“Lasst ihrs nicht unterbleiben,” sprach da Dankwart,
“So gereut mich meines Flehens: Hätt ich das gespart!”
Der schnelle kühne Degen von dem Tische sprang:
Er zog eine Waffe, die war gewaltig und lang. (1988)
 
 
Damit schlug er Blödeln einen schwinden Schwertesschlag,
Dass ihm das Haupt zur Stelle vor den Füßen lag.
“Das sei die Morgengabe,” sprach Dankwart der Degen,
“Zu Nudungens Witwe, der du mit Minne wolltest pflegen. (1989)
 
 
Vermähle man sie morgen einen andern Mann:
Will er den Lohn erwerben, wird ihm wie dir getan.”
Ein vielgetreuer Heune hatt ihm das gesagt,
Wie die Königstochter ihr großes Leid ihm geklagt. (1990)
 
 
Da sahen Blödels Leute, ihr Herr sei erschlagen;
Sie wollten von den Gästen das länger nicht ertragen:
MIt aufgehobnen Schwertern drang auf sie ein
Das Volk in grimmem Mute; das musste manchen gereun. (1991)
 
 
Laut rief da Dankwart sein Heergesinde an:
“Ihr seht wohl, edle Knechte, es ist um uns getan:
Nun wehrt euch, ihr Armen; fürwahr, das tut uns Not,
Damit ihr ohne Schanden erliegt in wehrlichem Tod.” (1992)
 
 
Die keine Schwerter hatten, die griffen nach der Bank,
Und hoben von den Füßen manchen Schemel lang;
Die Burgondenknechte wollten nichts ertragen:
Da ward mit schweren Stühlen gar manche Beute geschlagen. (1993)
 
 
Wie grimm die Heimatlosen sich wehrten in dem Strauß!
Sie trieben zu dem Hause die Gewaffneten hinaus:
Fünfhundert oder drüber erlagen drin den Tod.
Da war das Heergesinde vom Blute nass und auch rot. (1994)
 
 
Diese schlimme Botschaft drang in kurzer Zeit
Zu Königs Etzels Recken (ihnen war es grimmig leid),
Dass erschlagen liege Blödel und sein Bann:
Das hatte Hagens Bruder mit seinen Knechten getan. (1995)
 
 
Eh es der König hörte stand schon ein Heunenheer
In seinem Zorn gerüstet, zweitausend oder mehr:
Sie gingen zu den Knechten, wohl musst es also sein,
Und ließen des Gesindes nicht einen länger gedeihn. (1996)
 
 
Die Ungetreuen brachten vor das Haus ein mächtig Heer:
Die heimatlosen Knechte standen wohl zur Wehr.
Was half da Kraft und Kühnheit? Sie fanden doch den Tod.
Darauf nach kurzer Weile erhob sich schreckliche Not. (1997)
 
 
Nun mögt ihr Wunder hören von Ungeheuerm sagen:
Neuntausend Knechte, die lagen tot erschlagen,
Darüber zwölf Ritter in Dankwartens Lehn;
Man sah ihn ganz alleine unter seinen Feinden stehn. (1998)
 
 
Beschwichtigt war das Schallen, der Lärm war eingestellt,
Über die Achsel blickte Dankwart der Held:
Er sprach: “O weh der Freunde, die ich fallen sah!
Nun steh ich leider einsam unter meinen Feinden da.” (1999)
 
 
Die Schwerter fielen heftig auf des einen Leib:
Das musste bald beweinen manches Helden Weib.
Den Schild rückt' er höher, den Riemen ließ er nieder:
Da färbt' er viel Harnische mit fließendem Blute wieder. (2000)
 
 
“O weh mir dieses Leides!”, sprach Aldrianens Kind.
“Nun weicht, ihr Heunenrecken und lasst mich an den Wind,
Dass die Lüfte kühlen mich sturmmüden Mann.”
Da drang er auf die Türe unter Schlägen herrlich an. (2001)
 
 
Als der Streitmüde aus dem Hause sprang,
Wie manches Schwert von neuem auf seinem Helm erklang!
Die nicht gesehen hatten die Wunder seiner Hand,
Die sprangen da entgegen dem aus Burgondenland. (2002)
 
 
“Nun wollte Gott,” sprach Dankwart, “dass mir ein Bote käm,
Durch den mein Bruder Hagen diese Mär vernähm,
Dass ich vor diesen Recken steh in solcher Not.
Der hülfe mir von hinnen oder fände mit den Tod.” (2003)
 
 
Da sprachen die Heunen: “Der Bote musst du sein,
Wenn wir dich Toten tragen vor den Bruder dein:
Dann sieht sein erstes Herzeleid Gunthers Untertan.
Du hast den König Etzel hier großen Schaden getan.” (2004)
 
 
Er sprach: “Nun lasst das Drohen und weichet desto mehr.
Wohl mach ich hier noch manchem den Panzer nass und schwer
Ich will die Märe selber hin zu Hofe tragen,
Und will auch meinen Herren meinen großen Kummer klagen.” (2005)
 
 
Er machte sich so furchtbar dem Volk in Etzels Lehn,
Dass sie ihn mit Schwertern nicht wagten zu bestehn:
Sie schossen so viel Spieße in seinen Schildesrand,
Er musst ihn seiner Schwere wegen lassen aus der Hand. (2006)
 
 
Sie wähnten ihn zu zwingen, weil er den Schild nicht trug,
Hei, was er tiefer Wunden durch die Helme schlug!
Da musste vor ihm straucheln mancher kühne Mann,
Dass sich viel hohen Lobes der kühne Dankwart gewann. (2007)
 
 
Von beiden Seiten sprangen die Gegner auf ihn zu;
Wohl kamen ihrer manche in den Streit zu früh
Da ging er vor den Feinden her, wie ein Eberschwein
Im Walde tut vor Hunden: Wie mocht er wohl kühner sein? (2008)
 
 
Sein Weg ward immer wieder genässt mit heißem Blut:
Konnte je alleine ein Recke wohl so gut
Mit seinen Feinden streiten, als der Held getan?
Da schritt Hagens Bruder nach Hofe herrlich heran. (2009)
 
 
Die Truchsess und die Schenken vernahmen Schwerterklang:
Gar mancher die Getränke aus den Händen schwang,
Oder auch die Speisen, die man zu Hofe trug:
Da fand er vor der Stiege der starken Feinde genug. (2010)
 
 
“Wie nun, ihr Truchsesse?”, sprach der müde Degen,
“Nun solltet ihr die Gäste fleißiglich verpflegen,
Und solltet zu den Tischen die gute Speise tragen
Und ließet mich die Märe meinen lieben Herren sagen.” (2011)
 
 
Wer da den Mut gewonnen und vor die Stieg ihm sprang,
Deren schlug er manchen so schweren Schwertesschwang,
Dass ihm aus Schreck die andern ließen freie Bahn:
Da hatten seien Kräfte viel große Wunder getan. (2012)
 

33. Abenteuer
Wie die Burgonden mit den Heunen stritten

 
Als der kühne Dankwart unter die Türe trat
Und Etzels Ingesinde zurückzuweichen bat,
Da war mit Blut beronnen all sein Rüstgewand;
Eine scharfe Waffe trug er bloß an seiner Hand. (2013)
 
 
* Gerade zu der Stunde als Dankwart trat zur Tür,
Trug man Ortlieben im Saale für und für
Von einem Tisch zum andern den Fürsten wohlgeboren:
Durch seine schlimme Botschaft ging das Kindlein verloren. (2014)
 
 
Hellauf rief da Dankwart einem Degen zu:
“Ihr sitzet allzu lange, Bruder Hagen, in Ruh;
Euch und Gott vom Himmel klag ich unsre Not;
Ritter und Gesinde sind in der Herberge tot.” (2015)
 
 
Da rief ihm der entgegen: “Wer hat das getan?”
“Das hat der Degen Blödel mit seinem Heeresbann.
Auch hat ers schwer vergolten, das will ich euch sagen:
Mit diesen Händen hab ich ihm sein Haupt abgeschlagen.” (2016)
 
 
“Der Schaden ist geringe,” sprach Hagen dagegen,
“Wenn man solche Märe sagt von einem Degen,
Dass er von Reckenhänden zu Tode sei geschlagen:
Den sollen desto minder die schönen Frauen beklagen. (2017)
 
 
“Nun sagt mir, Bruder Dankwart, wie seid ihr so rot?
Ich glaube schier, ihr leidet von Wunden große Not:
Ist einer in dem Lande, von dem euch das geschehn?
Der üble Teufel helfe dem: Es muss ihm an sein Leben gehn.” (2018)
 
 
“Noch bin ich unverwundet: Mein Kleid ist nass von Blut;
Das floss nur aus Wunden andrer Degen gut,
Deren ich so manchen heute hab erschlagen,
Wenn ichs beschwören sollte, die Zahl nicht wüsst ich zu sagen.” (2019)
 
 
Da sprach er: “Bruder Dankwart, so hütet uns der Tür
Und lasst von den Heunen nicht einen Mann herfür:
So red ich mit den Recken wie uns zwingt die Not:
Unser Ingesinde litt unverdient durch sie den Tod.” (2020)
 
 
“Soll ich Kämmrer werden?”, sprach der kühne Mann,
“Bei so reichen Königen steht mir das Amt wohl an:
Der Stiege will ich hüten nach allen Ehren mein.”
Kriemhildens Recken konnte das nicht leider sein. (2021)
 
 
“Nun möcht ich doch wissen,” sprach wieder Hagen,
“Was die Heunendegen sich in die Ohren sagen:
Sie möchten sein entbehren, der hier die Tür bewacht,
Und der die Hofmären den Burgonden hat gebracht. (2022)
 
 
“Ich hörte schon lange von Kriemhilden sagen,
Dass sie nicht ungerochen ihr Herzleid wolle tragen;
Nun trinken wir die Minne und zahlen des Königs Wein:
Der junge Vogt der Heunen, der muss der allererste sein.” (2023)
 
 
Ortlieb das Kind erschlug da Hagen der Degen gut,
Dass ihm vom Schwerte nieder floss auf die Hand das Blut,
Und das Haupt herab sprang der Königin in den Schoss
Da hob sich unter Degen ein Morden grimmig und groß. (2024)
 
 
Er schlug dem Hofmeister, der des Kindes pflag,
Mit seinen beiden Händen einen schwinden Schwertesschlag,
Dass vor des Tisches Füße sein Haupt niederflog:
Es war ein übler Dienstlohn, den er dem Hofmeister wog. (2025)
 
 
Er sah vor Etzels Tische einen Fiedelmann:
Hagen in seinem Zorne schritt rasch zu ihm heran.
Er schlug ihm auf der Geige herab die rechte Hand:
“Das habe für die Botschaft in der Burgonden Land.” (2026)
 
 
“O weh meine Hände!”, hub da Werbel an,
“Herr Hagen von Tronje, was hab ich euch getan?
Ich kam in großer Treue in eurer Herren Land:
Wie kläng ich nun die Töne, da ich verloren die Hand?” (2027)
 
 
Hagen fragte wenig, geigt er auch nimmer mehr.
Da übt' er in dem Hause die grimme Mordlust sehr
An König Etzels Recken, deren er viel erschlug:
Da bracht er in dem Hause zu Tod der Recken genug. (2028)
 
 
Volker der Schnelle von dem Tische sprang,
Sein Fiedelbogen kräftig an seiner Hand erklang.
Da fiedelte gewaltig Gunthers Fiedelmann:
Hei! Was er sich zu Feinden der kühnen Heunen gewann! (2029)
 
 
Auch sprangen von den Tischen die drei Könge hehr.
Sie hofften es zu schlichten, eh Schadens würde mehr:
Doch strebten ihre Kräfte umsonst dawider an,
Da Volker mit Hagen so sehr zu wüten begann, (2030)
 
 
Da sah der Vogt vom Rheine, er scheide nicht den Streit:
Da schlug der König selber manche Wunde weit
Durch die lichten Panzer den argen Feinden sein:
Er war ein schneller Degen, das ließ er offenbar sein. (2031)
 
 
Da kam auch zu dem Streite der starke Gernot:
Der schlug dem Heunenvolke manchen Helden tot
Mit dem scharfen Schwerte, das Rüdiger ihm gab;
Damit bracht er manchen von Etzels Recken ins Grab. (2032)
 
 
Der jüngste Sohn Utens auch zu dem Streite sprang,
Seine Waffe herrlich durch die Helme drang
König Etzels Recken aus dem Heunenland:
Da tat viel große Wunder des kühnen Geiselher Hand. (2033)
 
 
Wie kühn sie alle waren, die Fürsten und ihr Bann,
Dennoch sah man Volkern den andern all voran
Bei den starken Feinden; er war ein Degen gut:
Er förderte mit Willen manchen nieder in das Blut. (2034)
 
 
Auch wehrten sich gewaltig die in Etzels Lehn:
Man sah die Gäste fechtend auf und nieder gehn
Mit den lichten Schwertern durch des Königs Saal.
Da vernahm man allenthalben vom Wehruf mächtigen Schall. (2035)
 
 
Da wollten die da draußen zu ihren Freunden drin:
Sie fanden an der Stiege gar wenigen Gewinn;
Da wollten die da drinnen gerne vor die Tür:
Dankwart ließ keinen nicht hinein noch herfür. (2036)
 
 
Drum hob sich an der Pforte ein ungestümer Drang
Und von Schwerthieben auf Helmen lauter Klang.
Da kam der kühne Dankwart in eine große Not:
Sein Bruder trug da Sorge, wie ihm die Treue gebot. (2037)
 
 
Da rief mit lauter Stimme Hagen Volkern an;
“Seht ihr dort, Geselle, vor manchem Heunenmann
Meinen Bruder stehen unter starken Schlägen?
Freund! Schützet mir den Bruder, wir verlieren sonst den Degen.” (2038)
 
 
Der Spielmann gab zur Antwort: “Wohl, es soll geschehn.”
Da begann er fiedelstreichend durch den Saal zu gehn:
Ein hartes Schwert nicht selten an seiner Hand erklang.
Vom Rhein die Recken sagten dafür ihm größlichen Dank. (2039)
 
 
Volker der kühne zu Dankwarten sprach:
“Ihr habt erlitten heute großes Ungemach!
Mich hat euer Bruder, ich soll euch helfen gehn:
Wollt ihr nun draußen bleiben, so will ich innerhalben stehn.” (2040)
 
 
Dankwart der schnelle stand außerhalb der Tür:
So wehrt' er von der Stiege wer immer trat dafür.
Man hörte Waffen hallen den Helden an der Hand:
So tat auch innerhalben Volker von Burgondenland. (2041)
 
 
Der kühne Spielmann rief ihm über die Menge zu:
“Der Saal ist wohl verschlossen, Freund Hagen, seid in Ruh:
Es ist so gut verschränket König Etzels Tür
Von zweier Helden Händen, die gehn wohl tausend Riegeln für.” (2042)
 
 
Als von Tronje Hagen die Türe sah in Hut,
Den Schild warf auf den Rücken der erlauchte Degen gut;
Nun begann er erst zu rächen was ihm war geschehn.
Da durften seine Feinde sich des Lebens nicht versehn. (2043)
 
 
Als der Vogt von Berne das Wunder recht ersah,
Wie Hagen der Starke zerbrach die Helme da,
Der Amelungen König sprang auf eine Bank;
Er sprach: “Hier schenket Hagen den allersauersten Trank.” (2044)
 
 
Der Wirt war sehr in Sorgen, wie ihn zwang die Not;
Was schlug man lieber Freunde vor seinen Augen tot!
Er selbst war kaum geborgen vor seiner Feinde Schar:
Er saß in großen Ängsten: Was half ihm, dass er König war? (2045)
 
 
Kriemhilde die reiche rief Dietrichen zu:
“Hilf mir von der Stell, edler Ritter du,
Bei aller Fürsten Tugend aus Amelungenland;
Denn erreicht mich Hagen, hab ich den Tod an der Hand.” (2046)
 
 
“Wie soll ich euch helfen,” sprach Herr Dieterich,
“Edle Königstochter? Ich sorge selbst um mich.
Es sind so sehr erzürnet die in Gunthers Bann,
Dass ich in dieser Stunde niemand wohl befrieden kann.” (2047)
 
 
“Nicht also, Herr Dietrich, edler Ritter gut:
Lass einmal heut erscheinen deinen tugendreichen Mut:
Bringe mich von hinnen, oder ich bleibe tot.
Hilf mir und dem König aus dieser angstvollen Not.” (2048)
 
 
“Ich will es versuchen ob euch zu helfen ist;
Doch sah ich wahrlich nimmer in langer Tage Frist
So bitterlich erzürnet manchen Ritter gut:
Ich sehe durch die Helme von Schwestern springen das Blut.” (2049)
 
 
Mit Kraft begann zu rufen der Ritter auserkorn,
Dass seine Stimme hallte wie ein Büffelhorn
Und dass die weite Veste schütterte von dem Stoß.
Dietrichens Stärke, die war über Maßen groß. (2050)
 
 
Da hörte König Gunther rufen diesen Mann
In dem harten Sturme: Zu lauschen hub er an.
Er sprach: “Dietrichs Stimme ist in mein Ohr gekommen:
Ihm haben unsre Degen hier wohl jemand benommen. (2051)
 
 
“Ich seh ihn auf dem Tische winken mit der Hand.
Ihr Männer und Freunde von Burgondenland,
Haltet ein mit Streiten: Lasst hören erst und sehn,
Was von meinen Mannen hier dem Degen sei geschehn. (2052)
 
 
Als so der König Gunther bat und auch gebot,
Da senkten sie die Schwerter in des Streites Not.
Das war Gewalt bewiesen, dass niemand da mehr schlug.
Er fragte den von Berne um die Märe schnell genug. (2053)
 
 
Er sprach: “Viel edler Dietrich, was ist euch hier geschehn
Von meinen Freunden? Ihr sollt mich willig sehn:
Zur Sühn und zur Buße bin ich euch gern bereit.
Was euch jemand täte, das war mir inniglich leid.” (2054)
 
 
Da sprach der Degen Dietrich: “Mir ist nichts geschehn;
Lasst mich mit euerm Frieden aus dem Hause gehn
Von diesem schweren Streite mit dem Gesinde mein:
Dafür will ich euch wahrlich immer dienstbeflissen sein.” (2055)
 
 
“Was müsst ihr also flehen?”, sprach da Wolfhart,
Es hält der Fiedelspieler die Tür nicht so verwahrt:
Wir öffnen sie so mächtig, dass man ins Freie kann.”
“Schweige,” sprach Herr Dietrich, “du hast den Teufel getan.” (2056)
 
 
Da sprach König Gunther: “Den Urlaub geb ich gleich:
Führet aus dem Hause so viel ihr wollt mit euch,
Ohne meine Feinde: Die sollen hier bestehn.
Durch sie ist mir viel Leides hier bei den Heunen geschehn.” (2057)
 
 
Als das der Berner hörte, mit einem Arm umschloss
Er die edle Königin, ihre Angst war groß;
Da führt' er an dem andern Etzeln aus dem Haus.
Auch folgten Dietrichen vieler stolzer Degen hinaus. (2058)
 
 
Da sprach der Markgraf, der edle Rüdiger:
“Soll aber aus dem Hause noch kommen jemand mehr,
Der euch gerne dienet, wohlan, so macht mirs kund:
So walte steter Frieden in getreuer Freunde Bund.” (2059)
 
 
Zur Antwort gab ihm Geiselher von Burgondenland:
“Einigkeit und Friede sei euch von uns bekannt;
Ihr haltet stete Treue und die in euerm Lehn:
Ihr sollt mit euern Freunden ohne Furcht von hinnen gehn.” (2060)
 
 
Als Rüdiger der Degen räumte Etzels Saal,
Fünfhundert oder drüber, die folgten ihm zumal.
Das ward aus großer Treue von den Herren getan;
Wodurch der König Gunther bald großen Schaden gewann. (2061)
 
 
Da sah ein Heunenrecke König Etzeln gehn
Neben Dietrichen: Des wollt er Frommen sehn.
Dem gab der Fiedelspieler einen solchen Schlag,
Dass gleich vor Etzels Füßen ihm das Haupt am Boden lag. (2062)
 
 
Als der Wirt des Landes kam vor des Hauses Tor,
Da wandt er sich und blickte zu Volkern empor.
“O weh mir dieser Gäste! Das ist grimme Not:
Dass alle meine Recken vor ihnen finden den Tod! (2063)
 
 
“Weh dieses Hofgelages!”, sprach der König hehr;
“Da drinnen ficht einer, der heißet Volker,
Gleich einem wilden Eber und ist ein Fiedelmann:
Ich dank es meinem Heile, dass ich dem Teufel entrann. (2064)
 
 
“Seine Weisen lauten übel, seine Striche sind rot;
Wohl schlagen seine Töne mir manchen Helden tot.
Ich weiß nicht was uns vorwirft derselbe Fiedelmann,
Dass ich in meinem Leben so leiden Gast nicht gewann.” (2065)
 
 
* Zu den Herbergen gingen die beiden Recken hehr,
Dietrich von Berne und Markgraf Rüdiger.
Sie wollten gerne beide des Streits entledigt sein,
Und geboten ihren Degen, dass sie den Zwist sollten scheun. (2066)
 
 
* Und hätten die Burgonden des Leides sich versehn,
Das ihnen von den beiden noch sollte geschehn,
Sie wären aus dem Hause so leicht nicht gekommen,
Eh sie eine Strafe von den Kühnen hätten genommen. (2067)
 
 
Sie hatten die sie wollten entlassen aus dem Saal;
Da hob sich innerhalben ein fürchterlicher Schall.
Die Gäste rächten bitter ihr Leid und ihr Schmach;
Volker der Kühne, hei! Was er Helme zerbrach! (2068)
 
 
Sich wandte zu dem Schalle Gunther der König hehr:
“Hört ihr die Töne, Hagen, die dort Volker
Mit den Heunen fiedelt, wenn wer zur Türe trat?
Es ist ein roter Anstrich, den er am Fiedelbogen hat.” (2069)
 
 
“Es reut mich ohne Maßen,” sprach Hagen dagegen,
“Dass ich je mich scheiden musste von dem Degen:
Ich war sein Geselle, er der Geselle mein,
Und kommen wir von hinnen, wir wollens noch in Treue sein. (2070)
 
 
“Nun schaut, hehrer König, der Volker ist dir hold:
Wie fleißig er verdienet dein Silber und dein Gold!
Sein Fiedelbogen schneidet durch den harten Stahl,
Er wirft von den Helmen die lichten Zierden zu Tal. (2071)
 
 
“Ich sah nie einen Fiedler so stolz und herrlich stehn
Als diesen Tag von Volker dem Degen ist geschehn.
Seine Weisen hallen durch Helm und Schildesrand:
Gute Rosse soll er reiten und tragen herrlich Gewand.” (2072)
 
 
So viel der Heunendegen auch waren in dem Saal,
Nicht einer blieb am Leben von ihnen allzumal.
Da war der Schall beschwichtigt, als niemand bleib zum Streit:
Die kühnen Recken legten da ihre Schwerter beiseit. (2073)
 

34. Abenteuer
Wie sie die Toten aus dem Saale warfen

 
Da setzten sich die Herren aus Müdigkeit zu Tal.
Volker und Hagen die gingen vor den Saal
Über den Schild sich lehnend in ihrem Übermut:
Da pflagen launger Reden diese beiden Helden gut. (2074)
 
 
Da sprach von Burgonden Geiselher der Degen:
“Noch dürft ihr lieben Freunde nicht der Ruhe pflegen;
Ihr sollt erst die Leichen aus dem Hause tragen:
Wir werden noch bestanden, das will ich wahrlich euch sagen. (2075)
 
 
“Sie sollen untern Füßen uns hier nicht länger liegen.
Bevor im Sturm die Heunen mögen uns besiegen,
Wir haun noch manche Wunde, die mir gar sanfte tut:
Des hab ich,” sprach da Geiselher, “einen willigen Mut.” (2076)
 
 
“O wohl wir solches Herren,” sprach Hagen dagegen,
“Der Rat geziemte niemand als einem solchen Degen,
Wie unsern jungen Herren wir diesen Tag gesehn:
Ihr Burgonden möget alle drob in Freuden stehn.” (2077)
 
 
Da folgten sie dem Rate und trugen vor die Tür
Siebentausend Tote, die warfen sie dafür;
Vor des Saales Stiege fielen sie zu Tal:
Da erhoben ihre Freunde mit Jammern kläglichen Schall. (2078)
 
 
Darunter war noch mancher nur so mäßig wund,
Käm ihm gute Pflege, er würde noch gesund;
Doch von dem hohen Falle fand er nun den Tod:
Das klagten ihre Freunde: Es zwang sie wahrhafte Not. (2079)
 
 
Da sprach der Fiedelspieler, Volker gar unverzagt:
“Nun sah ich doch, man hat mir die Wahrheit gesagt:
Die Heunen sind feige, sie klagen wie ein Weib,
Statt dass sie pflegen sollten der Schwerverwundeten Leib.” (2080)
 
 
Da mocht ein Markgraf wähnen, er mein es ernst und gut:
Der Verwandten einen sah er gefallen in das Blut;
Er dacht ihn wegzutragen und wollt ihn schon umfahn:
Den schoss ob ihm zu Tode dieser kühne Fiedelmann. (2081)
 
 
Eine große Flucht erhob sich, als das die andern sahn
Sie begannen all zu fluchen demselben Fiedelmann.
Einen Spieß vom Boden nahm er, der war scharf und hart,
Der von einem Heunen zu ihm herauf geschossen ward. (2082)
 
 
Den schoss er durch die Veste von sich kräftiglich
Über ihre Häupter. Das Volk Etzels wich
Erschreckt von seinem Wurfe weiter von dem Saal;
Vor seinen starken Kräften die Leute bangten überall. (2083)
 
 
Da stand vor dem Hause manch tausend Mann.
Volker und Hagen huben zu reden an
Mit Etzeln dem König in hohem Übermut;
Das schuf bald große Sorge diesen Helden kühn und gut. (2084)
 
 
“Wohl wär es,” sprach da Hagen, “Des Volkes Trost im Leib,
Wenn die Herren föchten voran in Sturm und Streit,
Wie von meinen Herren hier ein jeder tut:
Die hauen durch die Helme, dass von den Schwertern fließt das Blut.” (2085)
 
 
So kühn war Herr Etzel, er fasste seinen Schild:
“Nun hütet eures Lebens,” sprach da Kriemhild,
“Und bietet Gold den Recken auf der Schilde Rand,
Denn erreicht euch Hagen, ihr habt den Tod an der Hand.” (2086)
 
 
So kühn war der König, er wollt in den Streit,
Wozu so reiche Fürsten nun selten sind bereit.
Man musste bei den Riemen des Schildes ihn halten an.
Hagen der grimme ihn mehr zu höhnen begann: (2087)
 
 
“Eine ferne Sippschaft war es,” sprach Hagen gleich zur Hand
“Die Etzeln und Siegfried zusammen einst verband;
Er minnte Kriemhilden eh sie gesehen dich:
Böser König Etzel, was rätst du denn wider mich?” (2088)
 
 
Diese Rede hörte die edle Königin.
Darüber ward unmutig Kriemhild in ihrem Sinn,
Dass er sie schelten durfte vor König Etzels Bann:
Wider die Gäste hub sie aufs neu zu werben an. (2089)
 
 
Sie sprach: “Wer den Hagen von Tronje mir erschlägt
Und mir sein Haupt als Gabe her zur Stelle trägt,
Mit rotem Golde füll ich ihm Etzels Schildesrand,
Auch geb ich ihm zum Lohne viel gute Burgen und Land.” (2090)
 
 
“Ich weiß nicht was sie zaudern,” sprach der Fiedelmann,
“Niemals haben Helden so verzagt getan,
Wenn man bieten hörte so hohen Ehrensold.
Wohl sollt ihnen Etzel nimmer wieder werden hold. (2091)
 
 
“Die hier mit Schimpf und Schanden essen des Königs Brot,
Und ihn nun verlassen in der größten Not,
Deren seh ich manchen so recht verzagt da stehn,
Und tun doch so verwogen; sie können nie der Schmach entgehn.” (2092)
 
 
* Der reiche Etzel hatte Jammer und Not:
Er beklagte seiner Mannen und Freude bittern Tod;
Von manchen Landen standen ihm Recken viel zur Seit,
Die weinten mit dem Könige sein gewaltiges Leid. (2093)
 
 
* Da gedachten wohl die Besten: “Wahr ist was Volker sagt.”
Von niemand doch von allen ward es so schwer beklagt,
Als von Markgraf Iring, dem Herrn aus Dänenland;
Was sich nach kurzer Weile wohl nach der Wahrheit befand. (2094)
 

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