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Песнь о Нибелунгах
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Текст книги "Песнь о Нибелунгах"


Автор книги: Старонемецкий эпос



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9. Abenteuer
Wie Siegfried nach Worms gesandt ward

 
Da sie gefahren waren volle neun Tage,
Da sprach von Tronje Hagen: “Nun höret, was ich sage:
Wir säumen mit der Kunde nach Wormes an den Rhein;
Nun sollten eure Boten schon bei den Burgonden sein.” (545)
 
 
Da sprach König Gunther: “Wohl sprecht ihr recht daran;
Auch hätt uns wohl niemand die Fahrt so gern getan
Als ihr Freund Hagen selber: so reitet in mein Land;
Unsre Hofreise macht niemand besser dort bekannt.” (546)
 
 
* Zur Antwort gab da Hagen: “Ich bin kein Bote gut:
Lasst mich der Kammer pflegen; bleiben auf der Flut
Will ich bei den Frauen und hüten ihr Gewand,
Bis dass wir sie bringen in der Burgonden Land. (547)
 
 
“Nein, bittet Siegfrieden um diese Botschaft,
Der mag sie wohl verrichten mit tugendreicher Kraft.
Versagt er euch die Reise, ihr sollt mit guten Sitten
Bei eurer Schwester Liebe um die Fahrt ihn freundlich bitten.” (548)
 
 
Er sandte zu dem Recken; der kam als man ihn fand.
Er sprach zu ihm: “Wir nahen uns wieder meinem Land;
Da sollt ich Boten senden der leiben Schwester mein,
Und auch meiner Mutter, dass wir kommen an den Rhein. (549)
 
 
* “Von euch begehr ich, Siegfried, dass ihr die Reise tut,
Ich wills euch immer danken,” so sprach der Degen gut.
Da weigerte sich Siegfried, der hochbeherzte Mann
Bis ihn König Gunther sehr zu bitten begann. (550)
 
 
Er sprach: “Ihr sollt reiten um den Willen mein,
Und auch um Kriemhilde, das schöne Mägdelein,
Dass es mit mir verdiene die herrliche Maid.”
Als Siegfried das hörte, da war der Recke bald bereit. (551)
 
 
“Entbietet, was ihr wollet, es soll verkündet sein:
Ich will es gerne leisten um das schöne Mägdelein.
Die ich im Herzen trage, verzichtet ich auf die?
Leisten will ich alles, was ihr gebietet, um sie.” (552)
 
 
“So saget Frau Uten, der reichen Königin,
Dass ich auf dieser Reise hohes Mutes bin.
Wie wir geworben haben sagt meinen Brüdern an;
Auch unsern Freunden werde diese Märe kund getan. (553)
 
 
Auch sollt ihr nichts verschweigen der schönen Schwester mein,
Ich will ihr mit Brunhilden stets zu Diensten sein;
So sagt auch dem Gesinde und allem meinem Bann:
Was je mein Herz sich wünschte, dass ich das Alles gewann. (554)
 
 
Und saget Orteweinen, dem lieben Neffen mein,
Dass er Gestühl errichten lasse bei dem Rhein;
Und meinen Vettern allen sei es kund getan,
Ich stelle mit Brunhilden eine große Hochzeit an. (555)
 
 
Und saget meiner Schwester, werd ihr das bekannt,
Dass ich mit meinen Gästen gekommen sei ins Land,
Dass sie dann wohl empfange die liebe Traute mein:
Dafür will ich Kriemhilden immerdar gewogen sein.” (556)
 
 
Da bat bei Brunhilden und ihrem Ingesind
Bald um seinen Urlaub Siegfried, Siegmunds Kind,
Wie ihm das wohl geziemte; da ritt er an den Rhein.
Es konnt auf dieser Erden ein bessrer Bote nicht sein. (557)
 
 
Mit vierundzwanzig Recken kam er zu Wormes an:
Der König war nicht drunter: das wurde kundgetan.
Da mühte das Gesinde sich in Jammers Not,
Besorgt, dass dort der König gefunden habe den Tod. (558)
 
 
Sie stiegen von den Rossen und trugen hohen Mut:
Da kam alsbald Herr Geiselher, der junge König gut,
Und Gernot, sein Bruder: wie hurtig sprach er da,
Als er den König Gunther nicht bei Siegfrieden sah: (559)
 
 
“Willkommen, Herr Siegfried, ich bitte, sagt mir an:
Wo habt ihr meinen Bruder den König hingetan?
Brunhildens Stärke, fürcht ich, hat ihn uns benommen:
Ihre hohe Minne wäre uns sehr zu Schaden gekommen.” (560)
 
 
“Die Sorge lasset fahren: Euch und den Freunden sein
Entbietet seine Dienste der Heergeselle mein:
Ich verließ ihn wohl geborgen; er hat mich euch gesandt,
Dass ich sein Bote würde, mit Mären her in euer Land. (561)
 
 
“Nun helfet mir es fügen, wie es auch gescheh,
Dass ich die Köngin Ute und eure Schwester seh:
Die soll ich hören lassen, was ihnen zu wissen tut
Gunther und Brunhilde: Um die Beiden steht es gut.” (562)
 
 
Da sprach der junge Geiselher: “So sprecht bei ihnen an,
Da habt ihr meiner Schwester einen Liebesdienst getan.
Sie trägt noch große Sorge um den Bruder mein;
Das Mägdlein seiht euch gerne: des will ich euch Bürge sein.” (563)
 
 
Da sprach der Degen Siegfried: “Wo ich ihr dienen kann,
Das soll immer treulich und willig sein getan.
Wer sagt nun dass ich komme den beiden Frauen an?”
Des wurde Bote Geiselher, dieser waidliche Mann. (564)
 
 
Geiselher der junge sprach zu der Mutter da,
Und auch zu seiner Schwester, als er die beiden sah:
“Siegfried ist gekommen, der Held aus Niederland,
Ihn hat mein Bruder Gunther her zu dem Rheine gesandt. (565)
 
 
“Er bringt uns die Kunde, wie's um den König steht;
Nun mögt ihr ihm erlauben, dass er zu Hofe geht:
Er bringt die rechten Mären uns her von Isenland.”
Noch war den edlen Frauen große Sorge nicht gewandt. (566)
 
 
Sie sprangen nach dem Staate und kleideten sich drei
Und luden Siegfrieden nach Hof zu kommen ein.
Das tat der Degen williglich, weil er sie gerne sah.
Kriemhild die edle sprach zu ihm in Güte da: (567)
 
 
“Willkommen, Herr Siegfried, ein Ritter ohne Gleich:
Wo ist mein Bruder Gunther, der edle König reich?
Durch Brunhilds Stärke, fürcht ich, ist er uns verloren:
O weh mir armen Mägdelein, dass ich jemals ward geboren!” (568)
 
 
Da sprach der kühne Ritter: “Gebt mir Botenbrot,
Ihr viel schönen Frauen weinet ohne Not.
Ich verließ ihn wohl geborgen: Das tu ich euch bekannt;
Sie haben mich euch Beiden mit der Märe hergesandt. (569)
 
 
“Mit freundlicher Liebe, viel edle Königin mein,
Entbeut euch seine Dienste er und die Traute sein:
Nun lasset euer Weinen, sie wollen balde kommen.”
Sie hatten lange Tage so liebe Märe nicht vernommen. (570)
 
 
* Mit schneeweißem Kleide aus Augen wohlgetan
Wischte sie die Tränen; zu danken hub sie an
Dem Boten dieser Märe, die da war gekommen;
Da war ihr große Trauer und auch ihr Weinen benommen. (571)
 
 
Sie hieß den Boten sitzen: Des war er gern bereit.
Da sprach die Minnigliche: “Es wäre mir nicht leid,
Wenn ich euch geben dürfte zum Botenlohn mein Gold:
Dazu seid ihr zu vornehm: so bleib ich sonst denn euch hold.” (572)
 
 
“Und würden dreißig Lande,” sprach er, “mein genannt,
So empfing' ich doch gerne Gab aus eurer Hand.”
Da sprach die Tugendliche: “So soll es denn geschehn.”
Da ließ sie ihren Kämmerer nach dem Botenlohne gehen. (573)
 
 
Vierundzwanzig Spangen mit Edelsteinen gut
Gab sie ihm zum Lohne. So stund des Helden Mut:
Er wollt es nicht behalten; er gab es unverwandt
Ihren schönen Maidern, die er in der Kammer fand. (574)
 
 
Die Mutter bot ihm gütlich ihre Dienste an.
“Ich will euch mehr berichten,” sprach der kühne Mann,
“Um was der König bittet, gelangt er an den Rhein.
Wenn ihr das, Fraue, leistet, er will euch stets gewogen sein. (575)
 
 
“Seine reichen Gäste, hört ich ihn begehren,
Sollt ihr wohl empfangen und sollt ihn des gewähren,
Entgegen ihm zu reiten vor Wormes ans Gestad.
Das ists warum der König mit allen Treuen euch bat.” (576)
 
 
“Das will ich gern vollbringen,” sprach die schöne Magd:
“Worin ich ihm kann dienen, das ist ihm unversagt.
Mit freundlicher Treue sei all sein Wunsch getan.”
Da mehrte sich die Farbe, die sie vor Liebe gewann. (577)
 
 
Nie sah man eines Fürsten Boten so wohl empfan:
Wenn sie ihn küssen durfte, sie hätt es gern getan;
Minniglich er anders doch von der Frauen schied.
Da taten die Burgonden wie der Bote ihnen riet. (578)
 
 
* Sindolt und Haunolt und Rumolt der Degen,
Großer Unmuße mussten sie da pflegen,
Als sie die Sitze richteten vor Wormes an dem Stand:
Die Schaffner des Königs man sehr beflissen da fand. (579)
 
 
* Ortewein und Gere säumten auch nicht mehr,
Sie sandten nach den Freunden allwärts umher,
Die Hochzeit zu verkünden, die da sollte sein;
Der zierten sich entgegen die viel schönen Mägdelein. (580)
 
 
Der Pallas und die Wände waren überall
Verziert der Gäste wegen; König Gunthers Saal
Wurde wohl gezimmert durch manchen fremden Mann;
Das große Hofgelage mit hohen Freuden begann. (581)
 
 
Da ritten allenthalben die Wege durch das Land
Der drei Könge Freunde; die hatte man besandt,
Dass sie empfangen helfen die da sollten kommen:
Da wurden aus der Lade reicher Zeuche viel genommen. (582)
 
 
Da brachte man die Kunde, dass man schon reiten sah
Brunhildens Heergesellen: Gedränge gab es da
Von des Volkes Menge in Burgondenland.
Hei! Was man kühner Degen da zu beiden Seiten fand! (583)
 
 
* Da sprach die schöne Kriemhild: “Ihr meine Mägdelein,
Die nun bei dem Empfange mit mir wollen sein,
Die suchen aus den Kisten ihr allerbest Gewand:
So wird uns Lob und Ehre von den Gästen zuerkannt.” (584)
 
 
Da kamen auch die Recken, die ließen tragen dar
Herrliche Sättel, von rotem Golde klar,
Dass drauf die Frauen ritten von Wormes an den Rhein:
Besser Pferdgeräte konnte wohl nimmer sein. (585)
 
 
Wie warf da von den Mähren das lichte Gold den Schein!
Es glänzte von den Zäumen mancher Edelstein;
Die goldnen Sattelschemel auf lichten Zeugen gut
Brachte man den Frauen; sie hatten fröhlichen Mut. (586)
 
 
* Die Frauenpferde standen auf dem Hof bereit,
Wie ich euch schon bekannte, für manche edle Maid;
Sie schmalen Brustriemen sah man die Mähren tragen
Von der besten Seide, davon man jemals hörte sagen. (587)
 
 
Sechsundachtzig Frauen zogen da heran,
Die Kopfbinden trugen; zu Kriemhilden dann
Kamen die Schönen in ihrem reichen Kleid;
Da kam auch wohl gezieret gar manche waidliche Maid. (588)
 
 
* Fünfzig und Viere aus Burgondenland:
Das waren auch die Besten, die man irgend fand;
Die sah man gelblockig unter lichten Borten gehn.
Was gewünscht der König, das sah er fleißig geschehn. (589)
 
 
Sie trugen reiche Zeuche, die besten die man fand,
Vor den fremden Rittern, und herrliches Gewand;
Zu ihrer schönen Farbe stand es ihnen gut:
Wer einer abhold wäre, litte wohl an schwachem Mut. (590)
 
 
Von Hermelin und Zobel viel Kleider man da fand.
Da schmückte sich gar manche den Arm und auch die Hand
Mit Spangen auf der Seide, die sie sollten tragen;
Es könnt euch dies Befleißen zu Ende wohl niemand sagen. (591)
 
 
Viel Gürtel kunstgeschaffen, kostbar und lang,
Über lichte Kleider die Hand der Frauen schwang
Um edle Ferransröcke von Zeuch aus Arabia.
Voll hoher Freude waren die edeln Jungfrauen da. (592)
 
 
Es ward in Brustgeschmeide manche schöne Maid
Gar minniglich geschnüret. Die mochte tragen Leid,
Deren lichte Farbe das Zeuch nicht überschien.
So schönes Ingesinde hat nun keine Königin. (593)
 
 
Als die Minniglichen nun trugen ihr Gewand,
Die sie da führen sollten, die kamen unverwandt,
Der hochgemuten Recken eine große Zahl daher:
Man trug auch dar viel Schilde und manchen eschenen Speer. (594)
 

10. Abenteuer
Wie Brunhilde zu Worms empfangen ward

 
Jenseits des Rheines sah man mit manchen Scharen
Den König ans Gestade mit seinen Gästen fahren.
Da sah man auch am Zaume leiten manche Maid:
Die sie empfangen sollten, die waren alle bereit. (595)
 
 
Als die von Island kamen bei den Schiffen an,
Und auch die Nibelungen in Siegfriedens Bann,
Sie eilten zu dem Lande; wohl fliss sich ihre Hand,
Als man des Königs Freunde jenseits am Gestade fand. (596)
 
 
Nun höret auch die Möre von der Königin,
Ute der reichen, wie sie die Mägdlein hin
Brachte von der Veste und selber ritt zum Strand.
Da wurden miteinander viel Maid' und Ritter bekannt. (597)
 
 
* Der Herzog Gere führte am Zaum Kriemhildens Pferd
Nur vor das Tor der Veste; Siegfried der Degen wert,
Der musst ihr weiter dienen; sie war so schön und hehr.
Das ward ihm wohl vergolten von der Jungfrau nachher. (598)
 
 
* Da ritt Ortwein der kühne bei Uten der Königin,
Und so gesellt viel Ritter neben den Frauen hin.
Zu festlichem Empfange, das muss man wohl gestehn
Wurden nie der Frauen so viel beisammen gesehn. (599)
 
 
Viel hohe Ritterspiele wurden da getrieben
Von preiswerten Helden (wie wär es unterblieben?)
Vor Kriemhild der schönen, die zu den Schiffen kam.
Da hob man von den Mähren viel der Frauen lobesam. (600)
 
 
Der König war gelandet mit fremder Ritterschaft;
Wie brach da vor den Frauen so mancher starke Schaft!
Da hörte man auf Schilden erklingen manchen Stoß;
Hei! Reicher Buckeln Schallen ward im Gedränge da groß! (601)
 
 
Vor dem Hafen standen die Frauen minniglich;
Gunther mit seinen Gästen hub von den Schiffen sich;
Er führte Brunhilden selber an der Hand.
Wetteifernd miteinander schien Gestein und licht Gewand. (602)
 
 
Mit viel großen Züchten Frau Kriemhilde ging,
Als sei Frau Brunhilden und ihr Gesind empfing.
Man konnte weiße Hände am Kränzlein rücken sehn,
Als sei sich beide küssten: Das war aus Liebe geschehn. (603)
 
 
Da sprach mit edler Sitte Kriemhild das Mägdelein:
“Ihr sollt in diesen Landen uns willkommen sein
Mir und meiner Mutter, und allen die uns treu
Von Mannen und von Freunden.” Da verneigten sich die zwei. (604)
 
 
Oftmals mit den Armen umfingen sich die Fraun.
So freundliches Empfangen war nie zuvor zu schaun,
Als die Frauen beide der Braut taten kund,
Frau Ute und ihre Tochter: Sie küssten oft den süßen Mund. (605)
 
 
Als Brunhilden Frauen nun standen auf dem Strand,
Von waidlichen Recken wurden da bei der Hand
Minniglich genommen viel Frauen hehr und schön.
Man sah die edeln Maide vor Frau Brunhilden stehn. (606)
 
 
Eine gute Weile währt' es, bis sie sich recht gegrüßt;
Wohl wurde da so mancher rote Mund geküsst.
Noch standen beieinander die Königstöchter reich:
Des freuten sich zu schauen viel der Recken ohne Gleich. (607)
 
 
Da spähten mit den Augen die oft gehört vorher,
Dass man also Schönes gesehen nimmermehr
Als die Frauen beide: Das fand man ohne Lug;
Man sah an ihrem Leibe auch nicht den mindesten Trug. (608)
 
 
Die Frauen schätzen konnten und minniglichen Leib,
Priesen um ihre Schöne König Gunthers Weib.
Doch sprachen da die Weisen, die es recht besehn,
Man müsse vor Brunhilden den Preis Kriemhilden zugestehn. (609)
 
 
Nun gingen zueinander Mägdlein und Fraun:
Da war in hoher Zierde manch schönes Weib zu schaun.
Da standen seidne Hütten und manches gute Zelt:
Davon war angefüllet vor Wormes das ganze Feld. (610)
 
 
*Des Königs Freunde drängten sich um sie zu sehn.
Da hieß man Brunhilden und Kriemhilden gehn,
Und all die Fraun mit ihnen, hin wo sich Schatten fand:
Dar führten sie die Degen aus der Burgonden Land. (611)
 
 
Nun waren auch die Gäste gekommen all zu Ross;
Da gab es beim Tjostieren durch Schilde manchen Stoß.
Das Feld begann zu stäuben, als ob das ganze Land
Entbrannt wär in der Lohe: Da machten Helden sich bekannt. (612)
 
 
Wes da die Recken pflagen sah manche Maid mit an.
Wohl ritt mit seinen Degen Siegfried der kühne Mann
In mancher Wiederkehre vorbei an dem Gezelt;
Der Nibelungen führte tausend Degen der Held. (613)
 
 
Da kam von Tronje Hagen, wie ihm der König riet:
Der Held mit guter Sitte die Ritterspiele schied,
Auf dass sie nicht die Frauen bestäubten mit dem Sand:
Willigen Gehorsam er bei den Gästen da fand. (614)
 
 
* Da sprach Gernot der Degen: “Die Rosse lasset stehn,
Wenn es beginnt zu kühlen, dass wir die Frauen schön
Wieder heim geleiten vor den Pallas weit:
Wenn reiten will der König, dass ihr des gewärtig seid.” (615)
 
 
Das Kampfspiel war vergangen über all dem Feld,
Da gingen kurzweilen in manches hohe Zelt
Die Ritter zu den Frauen, um hoher Lust Gewinn:
Da vertrieben sie die Stunden, bis sie weiter wollten ziehn. (616)
 
 
Vor des Abends Nahen, als sank der Sonne Licht
Und es begann zu kühlen, ließ man es länger nicht:
Da eilten zu der Veste der Helden viel und Fraun:
Mit Augen ward gekostet mancher Schönen beim Schaun. (617)
 
 
Da ward von guten Knechten um Kleider viel geritten
Vor den Hochbeherzten nach des Landes Sitten
Bis vor den weiten Pallas, wo der König sprang vom Pferd.
Da diente man den Frauen, so pflegen Helden lobenswert. (618)
 
 
Da wurden auch geschieden die Königinnen reich.
Frau Ute und ihre Tochter gingen von hinnen gleich
Mit ihrem Ingesinde in einen weiten Saal:
Da vernahm man allenthalben der Freude rauschenden Schall. (619)
 
 
Gerichtet waren Stühle: Der König wollte gehn
Zu Tische mit den Gästen: Da sah man bei ihm stehn
Die schöne Brunhilde, die da die Krone trug
In des Königs Lande: Reich war die Fürstin genug. (620)
 
 
* Da wurden schöne Tische, viel Tafeln breit und gut,
Mit Speise wohl beladen, wie man kund uns tut:
Was sie da haben sollten, davon ward nicht entbehrt.
Da sah man bei dem Könige viel der Helden kühn und wert. (621)
 
 
Des Wirtes Kämmerlinge in Becken goldesrot
Reichten da das Wasser. Das wär vergebne Not
Wollt euch jemand sagen, dass man je vorher
Bei Gelagen besser diente: Ich glaubt es doch nimmermehr. (622)
 
 
Bevor der Vogt vom Rheine nun das Wasser nahm,
Da ging der Herre Siegfried, er durft es ohne Scham,
Und mahnt' ihn seiner Treue, die er ihm gab zum Pfand,
Bevor er Brunhilden daheim gesehn in Isenland. (623)
 
 
Er sprach: “Ihr sollt gedenken, es schwur mir eure Hand,
Wenn wir Frau Brunhilden brächten in dies Land,
Ihr gäbt mir eure Schwester: Wo blieb nun euer Eid?
Ihr wisst, bei eurer Reise war keine Mühe mir Leid.” (624)
 
 
Da sprach der Wirt zum Gaste: “Ihr habt mich wohl ermahnt:
Des soll nicht meineidig werden meine Hand;
Ich wills euch fügen helfen, so gut ich immer kann.”
Da lud er Kriemhilden zu Hofe freundlich heran (625)
 
 
Mit viel schönen Maiden. Sie kamen vor den Saal;
Da sprang von einer Stiege Geiselher zu Tal:
“Heißet wiederkehren diese Mägdelein:
Meine Schwester soll alleine hier bei dem Könige sein.” (626)
 
 
Hin führten sie Kriemhilden wo man den König fand.
Da standen edle Ritter von mancher Fürsten Land
In dem weiten Saale. Man hieß sie stille stehn:
Da sah man Brunhilden eben zu den Tischen gehn. (627)
 
 
* Sie wusste nicht die Märe, was da sollt ergehn.
Da sagte König Gunther denen in seinem Lehn:
“Helft mir, dass meine Schwester Siegfrieden nimmt zum Mann.”
Sie sprachen einhellig: “Das wäre gar wohl getan.” (628)
 
 
Da sprach der König Gunther: “Schwester, hehre Maid,
Um deiner Tugend willen, löse meinen Eid.
Ich versprach dich einem Recken: Nimmst du ihn zum Mann,
So hast du meinen Willen mit aller Treue getan.” (629)
 
 
Da sprach das edle Mägdelein: “Lieber Bruder mein,
Ihr sollt mich nicht bitten, ich will euch folgsam sein;
Wie ihr mir gebietet, so soll es sein getan:
Dem will ich mich verloben, den ihr, Herr, mir gebt zum Mann.” (630)
 
 
Vor Freuden und vor Liebe wurde Siegfried rot:
Zu Diensten sich der Recke Frau Kriemhilden bot.
Man ließ sie miteinander in einem Kreise stehn,
Und frug sie, ob sie wolle diesen Recken ausersehn? (631)
 
 
Mit mädchenhafter Scheue schämte sie sich ein Teil;
Doch war Siegfrieden so günstig Glück und Hell,
Dass sie ganz nicht wollte verschmähen seine Hand.
Auch versprach sich ihr zum Manne der edle Fürst von Niederland. (632)
 
 
Da er sich ihr verlobte und sich ihm die Maid,
Ein gütliches Umfangen war da gleich bereit
Von Siegfriedens Armen dem schönen Mägdlein zart:
Die edle Königin küsst' er in der Helden Gegenwart. (633)
 
 
Sich teilte das Gesinde, als das vor ihm geschah;
Auf dem Ehrenplatze man Siegfrieden sah
Bei Kriemhilden sitzen: Ihm diente mancher Mann;
Man sah die Nibelungen Siegfrieden auch untertan. (634)
 
 
Der König saß am Tische bei Brunhild der Maid:
Da sah sie Kriemhilden (wie war ihr das so leid!)
Bei Siegfrieden sitzen; zu weinen hub sie an,
Dass ihr manche Träne über lichte Wangen rann. (635)
 
 
Da sprach der Wirt des Landes: “Was ist euch, Fraue mein,
Dass ihr so trüben lasset der lichten Augen Schein?
Nun solltet ihr euch freuen, euch ist untertan
Mein Land und meine Burgen und mancher waidliche Mann.” (636)
 
 
“Wohl hab ich Grund zu weinen,” sprach die schöne Maid:
“Deiner Schwester wegen trag ich Herzeleid;
Ich sehe sie da sitzen bei dem Eigenholden dein:
Wohl muss ich immer weinen, soll sie so verderbet sein.” (637)
 
 
Da sprach der König Gunther: “Das mögt ihr still ertragen:
Ich will euch diese Märe zu andern Zeiten sagen,
Warum ich meine Schwester an Siegfrieden gegeben;
Wohl mag sie mit dem Recken immer in Freuden leben.” (638)
 
 
Sie sprach: “Mich reuet immer ihre Schöne und Sittsamkeit;
Wüsst ich wohin ich sollte, ich flöhe gerne weit,
Und wollt euch eher nimmer nahe liegen bei,
Bis ich wüsste weshalb Kriemhild die Braut von Siegfrieden sei.” (639)
 
 
Da sprach der König Gunther: “Ich mach es euch bekannt:
Er hat wohl wie ich selber Burgen und weites Land,
Das dürft ihr sicher glauben, er ist ein König reich:
Drum geb ich ihm zum Weibe die schöne Magd ohne Gleich.” (640)
 
 
Was ihr der König sagte, traurig blieb ihr Mut.
Da eilte von den Tischen mancher Ritter gut:
Das Kampfspiel ward so mächtig, dass rings die Burg erklang,
Dem Wirt bei seinen Gästen währte das viel zu lang. (641)
 
 
Er dacht: “Ich läge sanfter der schönen Fraue bei.”
Da war er des Gedankens nicht gar im Herzen frei,
Von ihrer Minne müsse viel Liebes ihm geschehn.
Da begann er freundlich Frau Brunhilden anzusehn. (642)
 
 
Vom Ritterspiel die Gäste hat man abzustehn:
Mit seinem Weib der König zu Bette wollte gehn.
Vor des Saales Stiege kam einander nah
Kriemhild und Brunhilde: kein Hass noch regte sich da. (643)
 
 
Da kam ihr Ingesinde: Sie säumten länger nicht,
Ihre reichen Kämmerlinge brachten ihnen Licht.
Da teilten sich die Recken in der zwei Könge Lehn:
Da sah man viel der Degen hinweg mit Siegfrieden gehn. (644)
 
 
Die Helden kamen beide hin wo sie sollten liegen:
Da dachten alle beide mit Minnen abzusiegen
Den waidlichen Frauen; das sänftete ihren Mut.
Siegfriedens Kurzweil, die wurde herrlich und gut. (645)
 
 
* Als Siegfried der Degen bei Kriemhilden lag
Und er der Jungfrauen so minniglich pflag
Mit seiner edeln Minne, sie war ihm wie sein Leben:
Er hätte nicht die eine für tausend Frauen gegeben. (646)
 
 
Ich sag euch nicht weiter wie er der Fraue pflag;
Nun höret diese Märe, wie König Gunther lag
Bei Brunhild seiner Frauen: zierlicher Degen
Haben manche sanfter bei andern Frauen gelegen. (647)
 
 
* Das Volk hatt ihn verlassen, die Frauen und sein Bann:
Da ward die Kemenate balde zugetan.
Er wähnt', er solle kosen ihren minniglichen Leib:
Da währt' es noch gar lange, bevor sie wurde sein Weib. (648)
 
 
Im weißen Linnenhemde ging sie ins Bett hinein.
Der edle Ritter dachte: “Nun ist das alles mein,
Wes mich je verlangte in allen meinen Tagen.”
Sie musst ob ihrer Schöne mit großem Recht ihm behagen. (649)
 
 
Das Licht begann zu bergen des edeln Königs Hand.
Da ging der kühne Degen, wo er die Fraue fand;
Er legte sich ihr nahe, seine Freude die war groß,
Als die Minnigliche der Held mit Armen umschloss. (650)
 
 
* Minnigliches Kosen mocht er das viel begehn,
Wenn die edle Fraue solches ließ geschehn;
Doch zürnte sie gewaltig; den Herrn betrübte das.
Er wähnt', er finde Freude, da fand er feindliches Hass. (651)
 
 
Sie sprach: “Edler Ritter, das lasst euch nur vergehn:
Was ihr da habt im Sinne, das kann noch nicht geschehn.
Ich will noch Mägdlein bleiben, Herr König, merkt euch das,
Bis ich die Mär erfahre.” Da fasste Gunther ihr Hass. (652)
 
 
Er rang nach ihrer Minne und zerriss ihr Kleid.
Da griff nach einem Gürtel die herrliche Maid,
Einer starken Borte, die sie zur Seite trug:
Da tat sie dem Könige großen Leides genug. (653)
 
 
Die Füß und auch die Hände sie ihm zusammenband,
Zu einem Nagel trug sie ihn und hing ihn an die Wand.
Als er im Schlaf sie störte, das Kosen sie ihm verbot:
Von ihrer Stärke hätt er beinah gewonnen den Tod. (654)
 
 
Da begann zu flehen der Meister sollte sein:
“Löset meine Bande, viel edle Königin mein.
Ich getreu euch, schöne Fraue, nimmer obzusiegen,
Und will auch wahrlich selten so nahe neben euch liegen.” (655)
 
 
* Sie frug nicht, wie ihm wäre, da sie in Ruhe lag.
Da musst er hangen bleiben die Nacht bis an den Tag,
Bis der lichte Morgen durchs Fenster warf den Schein:
Hatt er je Kraft besessen, die ward an seinem Leibe klein. (656)
 
 
“Nun sagt mir, Herr Gunther, ist euch das etwas leid,
Wenn euch gebunden finden,” sprach die schöne Maid,
“Eure Kämmerlinge von einer Frauen Hand?”
Da sprach der edle Ritter: “Das würd euch übel gewandt. (657)
 
 
Auch wär mirs wenig Ehre,” sprach der edle Mann:
“Um eurer Tugend willen, nehmt mich nun bei euch an.
Ist euch meine Minne denn so mächtig leid,
Ich will mit meinen Händen selten rühren euer Kleid.” (658)
 
 
Sie löste seine Bande: Er ging, da er befreit,
Wieder an das Bette zu der edeln Maid;
Er legte sich so ferne, dass er ihr Hemde fein
Selten mehr berührte; auch wollte sie des ledig sein. (659)
 
 
Nun kam auch ihre Gesinde, das brachte neu Gewand;
Des war heute Morgen genug für sie zur Hand.
Wie froh man da gebahrte, traurig war sein Mut;
Der König des Landes, ihre Freude däucht ihn nicht gut. (660)
 
 
Nach des Landes Sitte, die man mir Recht beging,
Gunter und Brunhilde nicht länger das verhing:
Sie gingen nach dem Münster, wo man die Messe sang.
Dahin auch kam Herr Siegfried: Da hob sich mächtiger Drang. (661)
 
 
Nach königlichen Ehren war da für sie bereit
Was sie haben sollten, die Krone wie das Kleid.
Da wurden sie geweiht: Als das war geschehn,
Da sah man unter Krone alle viere herrlich stehn. (662)
 
 
Viel Knappen wurden Ritter, sechshundert oder mehr,
Das sollt ihr sicher glauben, den Königen zur Ehr.
Da hob sich große Freude in Burgondenland;
Man hörte Schäfte hallen an der Schwertdegen Hand. (663)
 
 
Da saßen in den Fenstern die schönen Mägdelein;
Sie sahen vor sich leuchten manches Schildes Schein.
Da hatte sich der König getrennt von seinem Bann:
Was jemand da begonnte, er sah es trauernd mit an. (664)
 
 
Ihm und Siegfrieden ungleich stand der Mut;
Wohl wusste was ihm fehlte der edle Ritter gut.
Da ging es zu dem Könige, zu fragen er begann:
“Wie ists euch heunt gelungen? Das sagt, Herr Gunther, mir an.” (665)
 
 
Da sprach der Wirt zum Gaste: “Den Spott zu dem Schaden
Hab ich an meiner Frauen in mein Haus geladen.
Ich wähnte sie zu minnen, als sie mich mächtig band:
Zu einem Nagel trug sie mich, und hing mich hoch an die Wand. (666)
 
 
“Da hing ich sehr in Ängsten die Nacht bis an den Tag
Eh sie mich wieder löste: Wie sanft sie da lag!
Das sei dir in der Stille geklagt in Freundlichkeit.”
Da sprach der starke Siegfried: “Das ist mir sicherlich leid.” (667)
 
 
“Das will ich euch beweisen, verschmerzt ihr den Verdruss.
Ich schaffe, dass sie heunte so nah euch liegen muss,
Dass sie euch ihre Minne nicht länger vorenthält.”
Die Rede hörte gerne nach seinem Leide der Held. (668)
 
 
* “Nun schau meine Hände, wie die geschwollen sind:
Die drückte sie so mächtig, als wär ich ein Kind,
Dass das Blut mir allwärts aus den Nägeln drang.
Ich hegte keinen Zweifel, mein Leben währe nicht lang. (669)
 
 
* Da sprach der Degen Siegfried: “Es wird noch alles gut:
Uns beiden war wohl ungleich heute Nacht zu Mut.
Deine Schwester Kriemhild ist mir lieber als der Leib;
Es muss Frau Brunhilde noch heute werden dein Weib.” (670)
 
 
Er sprach: “Noch heunte komm ich zu euerm Kämmerlein
Also wohl verborgen in der Tarnkappe mein,
Dass sich meiner Künste niemand mag versehn,
Lasst die Kämmerlinge zu den Herbergen gehn; (671)
 
 
“So lösch ich den Kindern die Lichter an der Hand:
Dass ich herein getreten sei euch dabei bekannt.
Weil ich euch gerne diene, so zwing ich euch das Weib,
Dass ihr sie heunte minnet: ich verlör denn Leben und Leib.” (672)
 
 
“Wenn du ihr nicht kosest,” Der König sprach da so,
Meiner lieben Frauen, so bin ichs gerne froh;
Sonst tu ihr was du wollest und nähmst du ihr den Leib,
Das wollt ich wohl verschmerzen: Sie ist ein furchtbares Weib.” (673)
 
 
“Das versprech ich,” sprach da Siegfried, “bei der Treue mein,
Dass ich ihr nicht kose; die liebe Schwester dein
Geht mir über alle, die ich jemals sah.”
Wohl glaubte König Gunther der Rede Siegfriedens da. (674)
 
 
Da gabs von Ritterspielen Freude so wie Not:
Turnei und Tiostieren man allzumal verbot.
Als die Frauen sollten nach dem Saale gehn,
Geboten Kämmerlinge den Leuten, nicht im Weg zu stehn. (675)
 
 
Da ward der Hof von Leuten und Rossen wieder frei.
Zwei Bischöfe führten die Frauen alle zwei,
Als sie vor den Königen zu Tische sollten gehn.
Ihnen folgten zu den Stühlen viel der Degen ausersehn. (676)
 
 
* Der König wohl gemutet in froher Hoffnung saß.
Was Siegfried ihm gelobte, wohl behielt er das;
Der eine Tag ihn däuchte wohl dreißig Tage lang:
Nach seiner Frauen Minne all sein Denken ihm rang. (677)
 
 
Er konnt es kaum erwarten bis das Mahl vorbei.
Die schöne Brunhilde rief man da herbei
Und auch Kriemhilden: Sie sollten schlafen gehn:
Hei! Was man schneller Degen sah vor den Königinnen stehn! (678)
 
 
Siegfried der Herre minniglich noch saß
Bei seinem schönen Weibe mit Freuden ohne Hass:
Sie koste seine Hände mit ihrer weißen Hand,
Bis er ihr vor den Augen, sie wusste nicht wie, verschwand. (679)
 
 
Da sie mit ihm spielte, und sie ihn nicht mehr sah,
Zu seinem Ingesinde sprach die Königin da:
“Mich wundert sehr, wo ist doch der König hingekommen?
Wer hat seine Hände mir aus den meinen genommen?” (680)
 
 
Die Rede ließ sie bleiben. Da eilt' er hinzugehn,
Wo er die Kämmerlinge fand mit Lichtern stehn:
Die löscht' er unversehens den Kindern an der Hand:
Dass es Siegfried wäre, das war da Gunthern bekannt. (681)
 
 
Wohl wusst er, was er wolle: Er ließ von dannen gehn
Die Mägdelein und Frauen. Als das war geschehn,
Der edle König selber verschloss der Kammer Tür:
Starker Riegel zweie, die warf er balde dafür. (682)
 
 
Hinterm Bettvorhange barg er da das Licht.
Ein Spiel sogleich begonnte, vermeiden ließ sichs nicht,
Siegfried der starke mit der schönen Maid:
Das war dem König Gunther beides lieb und auch leid. (683)
 
 
Da legte sich Siegfried der Königin bei.
Sie sprach: “Nun lasst es, Gunther, wie lieb es euch auch sei,
Dass ihr nicht Not erleidet heute so wie eh:
Oder euch geschiehet von meinen Händen wieder weh.” (684)
 
 
Er hehlte seine Stimme, kein Wörtlien sprach er da:
Wohl hörte König Gunther, wiewohl er sie nicht sah,
Dass Heimliches von beiden wenig da geschah:
Nicht viel bequeme Ruhe hatten sie im Bette da. (685)
 
 
Er stellte sich, als wär er Gunther der König reich:
Er umschloss mit Armen das Mägdlein ohne Gleich.
Sie warf ihn aus dem Bette dabei auf eine Bank,
Dass laut a einem Schemel ihm das Haupt davon erklang. (686)
 
 
Wieder auf mit Kräften sprang der kühne Mann,
Es besser zu versuchen: Wie er das begann,
Dass er sie zwingen wollte, da widerfuhr ihm Weh.
Mich dünkt, dass solche Wehre von Fraun nicht wieder gescheh. (687)
 
 
Da ers nicht lassen wollte, das Mägdlein aufsprang:
“Euch ziemt nicht zu zerreißen mein Hemd also blank.
Ihr seid ein Ungestümer: Das soll euch werden leid,
Des sollt ihr inne werden,” sprach die herrliche Maid. (688)
 
 
Sie umschloss mit Armen den tapferlichen Degen,
Und wollt ihn auch in Bande wie den König legen,
Dass sie im Bette läge mit Gemächlichkeit.
Wie grimmig sie das rächte, dass er zerzerret ihr Kleid! (689)
 
 
Was half ihm da die Stärke und seine große Kraft?
Sie bewies dem Degen ihres Leibes Meisterschaft:
Sie trug ihn übermächtig, das musste schon so sein,
Und drückt' ihn ungefüge bei dem Bett an einen Schrein. (690)
 
 
“Weh,” dachte Siegfried, “soll ich Leben hier und Leib
Von einer Maid verlieren, so mag ein jedes Weib
In allen künftgen Zeiten tragen Frevelmut
Dem Manne gegenüber, die sonst wohl nimmer es tut.” (691)
 
 
Der König hörte alles, er bangte für den Mann.
Siegfried sich schämte, zu zürnen hub er an.
Mit ungefügen Kräften ihr entgegen setzt' er sich,
Dass er sich versuche an Frau Brunhilden ängstliglich. (692)
 
 
* Wie sie ihn niederdrückte, sein Zorn bewirkte das
Und seine starken Kräfte, dass er trotz ihrem Hass
Sich aufrichten konnte; seine Angst die war groß.
Sie gaben in der Kammer sich hin und her manchen Stoß. (693)
 
 
* Auch litt der König Gunther Sorgen und Beschwer:
Er musste manchmal flüchten vor ihnen hin und her.
Sie rangen so gewaltig dass es Wunder nahm,
Wenn eines vor dem andern mit dem Leben noch entkam. (694)
 
 
* Den König Gunther mühte beiderseits die Not:
Doch fürchtet' er am meisten Siegfriedens Tod.
Wohl hätte sie dem Degen das Leben schier benommen:
Durft er nur, er wäre ihm gern zu Hilfe gekommen. (695)
 
 
* Gar lange zwischen ihnen dauerte der Streit,
Doch bracht er an das Bette zuletzt zurück die Maid:
Wie sehr sie sich auch wehrte, die Wehr ward endlich schwach.
Der König in seinen Sorgen hing manchem Gedanken nach. (696)
 
 
Dem König währt' es lange bis er sie bezwang.
Sie drückte seien Hände, dass aus den Nägeln sprang
Das Blut von ihren Kräften; das war dem Helden leid:
Des starken Siegfried Kräfte, gewaltig schmerzten sie die. (697)
 
 
Da griff sie nach der Seite, wo sie die Borte fand,
Um ihn damit zu binden: da wehrt' es seine Hand,
Dass ihr die Glieder krachten, dazu der ganze Leib.
Da war der Streit entschieden: da wurde sie Gunthers Weib. (698)
 
 
Sie sprach: “Edler König, das Leben schenke mir.
Es wird wohl versühnet was ich getan an dir:
Ich wehre mich nicht wieder der edeln Minne dein:
Nun hab ichs wohl befunden, dass du magst Frauen Meister sein.” (699)
 
 
Siegfried ging von dannen (liegen bleib die Maid),
Als ob er abzuwerfen gedächte nur das Kleid.
Er wusst ihr von den Händen einen goldnen Reif zu ziehn,
Dass es nicht inne wurde diese edle Königin. (700)
 
 
Auch nahm er ihren Gürtel, eine Borte gut;
Ich weiß nicht, obs geschehen aus hohem Übermut.
Er gab sie seinem Weibe, das ward ihm später leid.
Da lagen beieinander der König und die schöne Maid. (701)
 
 
* Er pflag der Frauen minniglich, wie ihm das wohl zu kam:
Da musste sie verschmerzen ihren Zorn und ihre Scham.
Von seinen Heimlichkeiten ihre lichte Farbe erblich;
Hei! Wie von der Minne die große Kraft ihr entwich! (702)
 
 
Da war auch sie nicht stärker als ein ander Weib.
Minniglich liebkost' er ihren schönen Leib;
Wenn sie ihm widerstände, was könnt es sie versahn?
Das hatt ihr alles Gunther mit seinem Minnen getan. (703)
 
 
Wie minniglich der Degen da bei der Frauen lag,
In freundlicher Liebe bis an den lichten Tag!
Nun ging der Herre Siegfried wieder hindann:
Er wurde wohl empfangen von einer Frauen wohlgetan. (704)
 
 
Er widerstand der Frage, die sie da begann;
Auch hehlt' er ihr noch lange was er für sie gewann,
Bis sie in seinem Lande daheim die Krone trug;
Was sie nur haben wollte, er gab ihrs willig genug. (705)
 
 
Dem Wirt am andern Morgen viel höher stand der Mut
Als an dem ersten Tage: Da ward die Freude gut
In seinem ganzen Lande bei manchem edeln Mann;
Die er zu Hof geladen, denen ward viel Dienst getan. (706)
 
 
Das Hofgelage währte den vierzehnten Tag,
Dass sich unterdessen der Schall nicht unterbrach
Von aller Lust und Kurzweil, die jemand gerne sah.
Wahrlich hohe Kosten verwandte der König da. (707)
 
 
Des edeln Wirtes Freunde, wie es der Fürst gewollt,
Verschenkten ihm zu Ehren Gewand und rotes Gold,
Silber auch und Rosse an manchen kühnen Mann.
Die Herrn, die hingezogen, die schieden fröhlich hindann. (708)
 
 
Auch der kühne Siegfried aus dem Niederland
Mit seinen tausend Mannen, ihr sämtliches Gewand,
Das sie zum Rheine brachten, ward ganz dahin gegeben,
Schöne Ross und Sättel: Sie wussten herrlich zu leben. (709)
 
 
Bevor die reiche Gabe noch alle war verwandt,
Schon däucht es die zu lange, die wollten in ihr Land.
Nie sah man ein Gesinde mehr so wohl verpflegen:
So endete die Hochzeit; da schied von dannen mancher Degen. (710)
 

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