Текст книги "Bitterschokolade (Горький шоколад)"
Автор книги: Мириам Пресслер
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Современная проза
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Sie saЯen da und schauten sich an. In diesem Moment ging die Tьr auf. Eva drehte sich um. Ihr Vater stand da, mit wirren Haaren, die Schlafanzugjacke war nicht ganz zugeknцpft und lieЯ einen Teil seiner haarigen Brust frei. Eva drehte ihm schnell wieder den Rьcken zu.
»Was macht ihr denn da?«
»Wir konnten nicht schlafen.« Die Mutter schaute zum Vater hin. Ihr Gesicht war ausdruckslos.
»Ist gut«, murmelte der Vater. »Aber komm bald wieder ins Bett.« Die Tьr klappte zu.
Eva wartete eine Weile. Dann sagte sie: »Ich war mit einem Jungen am Fluss.«
»Das habe ich mir gedacht, weil du noch nie so lange weg warst. Ist es ein netter Junge?«
»Ja, er ist sehr nett.«
»Der Papa meint, ich sollte mal mit dir reden, dich vor den Mдnnern warnen.«
»Aufzuklдren brauchst du mich nicht mehr. Ich weiЯ das alles.«
Die Mutter wurde rot. »So habe ich das nicht gemeint. Aber die Jungen sind manchmal aufdringlich, und ein Mдdchen, das was auf sich hдlt...«
»Mama, ich weiЯ, was ich zu tun habe.«
»Na ja«, die Mutter seufzte. »Ich habe ja auch dem Papa gesagt, jeder muss seine Erfahrungen selbst machen. Ich habe auch nicht auf meine Mutter gehцrt, damals, habe ich gesagt.«
Eva lachte. »Ich glaube, du bist mьde. Du fдngst schon an zu reden wie die Oma.«
»Da ist aber was dran, glaub mir das. Ich habe mir auch alles anders vorgestellt.« Die Mutter sah traurig aus.
»Du solltest dir eine Stelle suchen oder sonst irgendwas, damit du mal hier aus dem Haus herauskommst und nicht nur zur Schmidhuber.«
»Und der Haushalt? Du weiЯt doch, wie dein Vater ist.«
»Papa ist nur so, weil du dir alles gefallen lдsst.«
Die Mutter antwortete nicht. Als die Tassen leer waren, rдumte sie den Tisch ab. Eva stand auf. Die Mutter legte den Arm um sie. »Gute Nacht, mein Mдdchen, schlaf gut!«
Eva drьckte sich an sie. Die Mutter streichelte ihr ьber den Rьcken und die Haare.
»Gute Nacht, Mama.«
8
Eva stand im Badezimmer vor dem Spiegel. Zum Glьck gab es in der ganzen Wohnung keinen groЯen Spiegel auЯer dem auf der Innenseite einer Tьr des Schlafzimmerschrankes. Eva ging ganz nah an den Spiegel, so nah, dass sie mit ihrer Nase das Glas berьhrte. Sie starrte sich in die Augen, graugrьn waren ihre Augen, dunkelgrau gesдumte Iris, grьnliche, sternfцrmige Maserung. Ihr wurde schwindelig. Sie trat einen Schritt zurьck und sah wieder ihr Gesicht, umrahmt von Odolflaschen und Zahnbьrsten, rot, blau, grьn und gelb. Mutters Lippenstift lag da. Eva nahm ihn und malte ein groЯes Herz um dieses Gesicht im Spiegel. Sie lachte und beugte sich vor zu diesem Gesicht, das so fremd war und so vertraut. »Du bist gar nicht so ьbel«, sagte sie. Das Gesicht im Spiegel lдchelte. »Du bist Eva«, sagte sie. Das Gesicht im Spiegel formte einen Kussmund. Die Nase war ein bisschen zu lang. »Das ist Evas Nase«, sagte Eva. Sie цffnete ihren Pferdeschwanz, lieЯ die Haare auf die Schultern fallen, lange Haare, lockig, fast kraus. Sie zog sich mit dem Kamm einen Scheitel in der Mitte, kдmmte die Haare mehr nach vorn. So war es richtig. Wьrde es Michel gefallen? Sie schob ihre Lippen etwas vor, warf sie auf, nur ein bisschen, und senkte die Lider. Schцn verrucht sah sie jetzt aus, fast wie eine Schauspielerin in einer Illustrierten. Sie schminkte sich die Lippen. Sie machte es langsam, ganz vorsichtig, und biss dann auf ein Tempotaschentuch, drьckte die Lippen auf dem Papier zusammen, wie sie es bei der Mutter gesehen hatte.
Es klopfte an die Tьr. »Wer ist denn drin?« Das war Berthold.
»Ich.«
»Mach schnell, ich muss dringend.«
Eva griff nach der Klopapierrolle, riss einige Blдtter ab und wischte das Herz weg. Dann erst цffnete sie die Tьr.
»Wie siehst du denn aus?«, fragte Berthold.
Eva fiel zum ersten Mal auf, dass er wie ihr Vater sprach.
»Gefallt es dir nicht?«
»Nein. Du siehst aus wie ein Zirkuspferd.«
Eva lachte. »Mir gefдllt es. Mir gefдllt es sogar sehr gut.«
»Warte nur, bis Papa dich so sieht.«
Aber der Vater sah sie nicht. Er schlief noch, hielt sein Samstagnachmittag-Schlдfchen, machte sein Nickerchen, das meistens bis zur Sportschau dauerte.
»Gefдllt es dir, Mama?«
Die Mutter zцgerte. »Ganz anders siehst du aus«, sagte sie. »Ein bisschen wild.«
Eva nahm ihren blauen Regenmantel. Sie war froh
ьber das schlechte Wetter, mit dem Mantel sah sie
nicht so dick aus. »Tschьss, Mama.«
»Viel SpaЯ, Kind. Und vergiss nicht, um zehn Uhr.« »Ja, ja«, sagte Eva und zog leise die Tьr hinter sich
zu. Der Vater schlief.
Michel hatte sie erstaunt angesehen. »Siehst gut aus.«
Dann saЯen sie in einem Cafe und tranken Cola. Eva mochte Cola eigentlich gar nicht so besonders. Michel hatte bestellt, ohne sie zu fragen.
»Normalerweise bin ich samstags immer im Freizeitheim«, sagte er. Er trug ein weiЯes Hemd, fast bis zum Nabel offen, und eine dunkelblaue Kordjacke. Richtig ordentlich sah er aus.
»Was macht ihr da, im Freizeitheim?«
»Alles Mцgliche. Samstags tanzen wir meistens. Ein paar von den Jungen machen eine irre Musik.« Michel sah ganz stolz aus. »Einer von ihnen ist mein Freund. Er spielt E-Gitarre.«
»GrьЯ dich, Eva«, sagte jemand. Eva sah auf. Vor ihr stand Tine.
»GrьЯ dich«, sagte Eva.
Tine sah Michel neugierig an. Sie blieb einfach stehen und schaute Michel an. Der Junge neben ihr, ein schlaksiger, dьnner mit langen, blonden Haaren, legte den Arm um sie und wollte sie weiterziehen. »Komm endlich. Ich habe Durst.«
Tine fragte: »Ist das dein Freund?« Aber sie schaute Eva nicht an dabei.
»Wenn du nichts dagegen hast«, antwortete Michel.
»Tschьss«, rief Tine und verschwand, von dem Langhaarigen gezogen, im hinteren Teil des Cafes.
»Wie die dich angesehen hat.«
»Wer war das?«
»Ein Mдdchen aus meiner Klasse.«
»Genierst du dich nicht mit mir?«
Eva war verblьfft. »Wieso denn?«
»Na ja, weil ich ja nur in die Hauptschule geh, ich bin ja nichts Besonderes.«
Nichts Besonderes, dachte Eva. Die Hauptschule sieht man nicht, aber meinen dicken Hintern sieht jeder.
Laut sagte sie: »Du solltest das nicht so wichtig nehmen. Es ist doch eigentlich egal, in welche Schule jemand geht. Es sagt noch nicht einmal was darьber aus, wie intelligent man ist.«
»Das sagst du so«, antwortete Michel. »Ich bin noch nie mit einem Mдdchen gegangen, das im Gymnasium ist. Ein bisschen komisch ist das schon.«
»Ist denn an mir was anders?«
»Viel.«
»Was denn?...
»Ich weiЯ nicht. Viel halt.«
Eva hдtte gern gefragt: »Bin ich besser?« Sie hдtte gern gewusst, genau gewusst, was Michel mit den anderen gemacht hatte. War er auch mit ihnen »am Fluss« gewesen? Aber die Fragen blieben in ihrem Bauch, die Angst davor, was er antworten kцnnte, schob die gedachten und vorgeformten Worte in ihren Bauch zurьck, bevor sie noch den Mund aufmachen konnte.
Wieder war es still zwischen ihnen. Und wieder dachte Eva: Ist es das, was ich mir vorgestellt hatte, das, woran ich schon so oft gedacht habe? Und sie dachte: So ist das also zwischen Jungen und Mдdchen, dass man nicht weiЯ, was man sagen soll, wenn man eigentlich so viel sagen mцchte.
Sie bestellten sich noch eine Cola.
Spдter, im Kino, nahm Michel Evas Hand. Seine Hand war ein bisschen rauh und ein bisschen mager, ganz anders als Karolas.
Der Cowboy ritt durch die Prдrie, ritt mitten hinein in einen roten Cinemascope-Technicolor-Sonnenunter-gang und Michel streichelte ihre Hand. Eva hielt ganz still. Sie hielt so still, dass sie fast nicht atmen konnte.
Michel hatte sie nach Hause gebracht, genau um zehn Uhr hatte sie die Wohnungstьr aufgeschlossen. »Bist du das, Eva?«, hatte die Mutter aus dem Wohnzimmer gerufen.
»Ja, ich.«
Im Wohnzimmer sagte der Nachrichtensprecher: »Beim heutigen Nebeleinbruch haben auf Bayerns StraЯen mindestens acht Menschen den Tod gefunden.« Stimmt, heute Morgen war es neblig gewesen.
Eva ging ins Badezimmer und riegelte hinter sich ab. Sie stьtzte sich mit den Hдnden auf das kalte Porzellan des Waschbeckens und schaute in den Spiegel. Sie betrachtete ihren Mund. Von der Schminke war nicht viel ьbrig, ein kleiner, verwischter Rest im Mundwinkel. Sie sah aus wie sonst. Sie wunderte sich darьber, dass er keine Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen hatte. Er. Michel.
Sie nahm die Zahnbьrste in die Hand, drьckte Zahnpasta darauf, zцgerte und spьlte die Zahnpasta wieder ab. Heute nicht. Sie wollte die Erinnerung nicht wegwaschen.
Dann band sie sich die Haare wieder zusammen und ging ins Bett. Die Mutter, neugierig, verschwцrensch, цffnete die Tьr und fragte: »Na?«
»Schцn war's«, antwortete Eva. »Aber ich bin jetzt mьde. Ich will schlafen.«
Eva stieg die Treppe hinauf, unendlich viele Stufen hatte die Treppe. Oben stand Michel und schaute zu ihr herunter. Oder war es Karola? Karolas Kцrper mit Michels Gesicht? Als sie nдher kam, die Beine schleppten schon, zerfiel Karola-Michel, zerfiel in kaleidoskopartige Stьckchen. Eva schloss die Augen. Auf Hдnden und FьЯen kroch sie weiter die Treppe hinauf. Endlich wagte sie, die Augen wieder zu цffnen. Dort oben stand Michel, viel weiter oben jetzt. Er hatte ihr den Rьcken zugedreht. »Michel«, rief sie. »Michel!« Er drehte sich um. »Komm nicht«, sagte er mit einer ganz fremden Stimme. »Geh zurьck oder ich werde dich erstechen.« Jetzt erst sah Eva, dass er in der Hand einen Sдbel trug. Die Klinge blitzte, als er ihn langsam hochhob. Eva schrie, drehte sich um und wollte die Treppe hinunterlaufen. Aber vor ihr war nur ein Loch, ein gдhnendes, graues, endloses Loch. Das gibt es doch nicht, dachte Eva. Eine Treppe kann doch nicht plцtzlich weg sein. Da fiel sie in das Loch, ein endloses Fallen war das. Die Angst drьckte ihr die Luft ab und erstickte ihren Schrei. Das Blut hдmmerte in ihrem Kopf, und in dem Moment, als sie dachte, jetzt, jetzt schlage ich auf, jetzt werde ich sterben, jetzt, jetzt, in diesem Moment wachte sie auf, merkte, dass sie in ihrem Bett lag, und fing vor Erleichterung an zu weinen. Im Kьhlschrank war noch eine Schьssel Pudding. Schokoladenpudding. Sonntag. Eva hasste diese Sonntage, die immer gleichen Sonntage, die sich fast nur durch Regen, Sonne, Schnee und Wind unterschieden und gelegentlich durch einen Kinobesuch. Sie hasste sie noch mehr als die Wochentage, an denen sie wenigstens die Hoffnung haben konnte, dass irgendetwas passierte, dass jemand mit ihr sprach oder dass Franziska ihre Hand auf ihren Arm legte und ihr etwas erzдhlte. Sonntag, das hieЯ Lernen, um die Langeweile zu ьbertцnen, englische Vokabeln gegen das Gedudel von Bayern drei, mathematische Gleichungen gegen den rьlpsenden Sonntagsfrieden.
Zum Frьhstьck saЯ die Familie um den Tisch, um die dampfende Kaffeekanne und den Sonntagskuchen. Mutter im geblьmten Morgenrock, steif, Nylon, dunkelrote Rцschen auf rosa Grund, und der Vater, noch nicht rasiert, mit dunkelblauem Bademantel ьber dem Schlafanzug, blauweiЯ gestreift.
»Einen guten Kuchen hat unsere Mama wieder ge-backen«, sagte der Vater und die Mutter schaute auf ihren Teller und antwortete: »Ein bisschen braun ist er geworden. Ich hдtte den Herd fьnf Minuten eher ausmachen sollen.« Oder sie sagte: »Die Kдsefьllung istein bisschen zu feucht. Die Unterhitze im Herd funktioniert nicht mehr so richtig.«
»Nein, Marianne«, widersprach der Vater. »Der Kuchen ist wirklich gut. Nicht wahr, Kinder?«
Eva und Berthold stopften den Kuchen in sich hinein und murmelten mit vollem Mund »besonders gut«, wie jeden Sonntag.
Um halb zwцlf Aufbruch der ganzen Familie zum Mittagessen bei Oma. »Wir halten das Familienleben hoch«, hatte die Mutter zur Schmidhuber gesagt. »Ich sage immer, es gibt nichts Wichtigeres fьr Kinder als ein gutes Familienleben. Und dazu gehцrt, dass wir jeden Sonntag bei den Eltern meines Mannes zu Mittag essen.« Und die Schmidhuber hatte genickt und gesagt, wenn alle Familien so intakt waren, gдbe es weniger Jugendkriminalitдt. Eva hдtte am liebsten laut ge-
schrien.
Alle waren ordentlich angezogen und gekдmmt. Fingernдgelkontrolle. Evas Fingernдgel waren immer sehr kurz geschnitten, bis zur Fingerkuppe musste sie sie herunterschneiden, um die zerbissenen und zerfransten Rдnder wieder glatt zu bekommen.
Berthold, mьrrisch, schlecht gelaunt, erwischte noch schnell eine Ohrfeige, sonntags, beim Aufbruch, weil er lieber FuЯball gespielt hдtte drьben in den Anlagen, mit seinen Freunden, und es nicht schaffte, wortlos zu verzichten, schweigend seinen Wunsch zu unterdrьcken.
»Aber Fritz, doch nicht am Sonntag!«, sagte die Mutter.
»Wenn er es aber verdient hat!«, antwortete der Vater.
Bei schцnem Wetter gingen sie zu FuЯ, nur wenn es regnete, nahmen sie das Auto. »Das tut gut nach einer Woche im Bьro«, sagte der Vater und dehnte seine Schultern, ging mit federnden Schritten, ein stattlicher Mann, durch die sonntдglich leeren StraЯen. Von der Anlage drьben hцrte man das Geschrei der Buben: »Toooor!« Berthold drehte den Kopf zur Seite. Auf seiner Backe sah man noch die rцtlichen Spuren der Ohrfeige.
Eva trottete hinter den anderen her. Sie ging nicht gern zur Oma. Noch nie war sie gern zur Oma gegangen.
Sie erinnerte sich noch genau, wie das damals war, als sie bei Oma gewesen war. Als Mama im Krankenhaus gewesen war. »Evachen hier« und »Evachen da« und der Geruch von Putzmitteln ьberall. »Rдum auf, Evachen. Ein braves Mдdchen isst seinen Teller leer. Ein braves Mдdchen rдumt seine Spielsachen weg. Ein braves Mдdchen gibt der Oma ein Kьsschen.« Eva hatte nur noch auf den Vater gewartet.
Sie war schon fьnf gewesen bei Bertholds Geburt, sie erinnerte sich an die Freude des Vaters, die laute, aufgeregte Stimme. »Stellt euch vor, ein Junge! Es ist tatsдchlich ein Junge.« Das Lachen des Vaters war an-
ders, ganz anders als das Lachen, das er fьr Eva hatte. Sie hatte zu ihm gehen wollen, sich in seine Arme werfen, hatte den ganzen Tag schon darauf gewartet, dass er kommen wьrde, der Vater, dass er sie auf seine Knie heben wьrde, hatte darauf gewartet, dass er sie kitzeln wьrde, bis sie kreischen mьsste vor Lachen, bis ihr Bauch hart wьrde und fast wehtдte, aber nur fast. Auf diese schmale Kippe zwischen Lust und Schmerz hatte sie gewartet.
Und dann war er da und er sah sie nicht. »Ein Junge«, sagte er. »Stellt euch vor, es ist ein Junge.« Eva war noch einen Schritt auf ihn zugegangen, hatte die Arme nach ihm ausgestreckt. Er hatte sie nicht bemerkt. »Und was fьr einer. Acht Pfund wiegt er.«
Die Oma hatte die Hдnde zusammengeschlagen, na so was, endlich ein Junge, war an den Kьchenschrank gegangen, hatte die obere Tьr aufgemacht, die Glastьr, an die Eva damals noch nicht drankam, die Oma hatte sich gereckt und eine Flasche herausgeholt. Der Rock war ihr hochgerutscht und Eva hatte den Wulst gesehen, diesen Strumpfwulst ьber Omas Knien. Sie rollte die Strьmpfe immer ьber den Knien zu einem Wulst, der dann mit einem Gummiband gehalten wurde. Ьber dem braunen Wollstrick waren Omas Beine sehr weiЯ, wie Hefeteig sah die Haut aus, wie der Teig, der in einer Schьssel unter einem sauberen weiЯen Kьchenhandtuch blasig aufgegangen war.
Sie hatten am Kьchentisch gesessen, der Vater hatte das kleine Glдschen ein paar Mal leer getrunken, die Oma hatte ihm nachgeschenkt, der Vater hatte mit rotem Gesicht gelacht, ja, ein Junge, und die Oma hatte gesagt: »Das war auch damals, bei deiner Geburt, eine Freude, das kannst du dir gar nicht vorstellen«, und hatte dem Vater die Hдnde getдtschelt.
Und Eva hatte dabeigestanden und die Tischdecke angestarrt, blauweiЯe Karos, Eva hatte angefangen, sie zu zдhlen, die Karos, bis zehn konnte sie zдhlen damals. Auf einem weiЯen Karo war ein grьner Fleck gewesen, Spinat vom Mittagessen. »Spinat ist gesund«, hatte Oma gesagt. Eva mochte keinen Spinat.
»Berthold soll er heiЯen.«
Eva war ganz leise hinьbergegangen in das Schlafzimmer, hatte sich m Omas Bett gelegt, die riesige, weiЯe Zudecke ьber sich gezogen, weiЯ mit eingesticktem Monogramm, EM, E, weil Oma Elfriede hieЯ, und M, weil sie, bevor sie den Opa heiratete, Mьller geheiЯen hatte.
Eva setzte automatisch einen FuЯ vor den anderen. Sie ging nicht gern spazieren. Nach einer halben Stunde fing der Vater auch noch an zu drдngeln: »Los, Kinder, ein bisschen schneller! Wir wollen Oma doch nicht warten lassen.«
Eva war schon wieder ganz verschwitzt und wischte sich mit einem Tempotaschentuch ьber das heiЯe Gesicht. Endlich waren sie da, an den alten Wohnblocks.
Oma und Opa wohnten im Hinterhaus, im ersten Stock. Eva mochte diese dьstere Wohnung nicht, hatte sie noch nie gemocht. Alles war mit Mцbeln voll gestellt, ьberall hingen Fotos an den Wдnden.
»Das ist deine Tante Adelheid. Die ist nach Amerika ausgewandert. Sie hat ihren Mann in Deutschland kennen gelernt, er war hier stationiert, ein guter Mann. Schau, drei Kinder hat sie.«
Und Eva schaute das Foto an, eine krдftige Frau unter einem bunten Weihnachtsbaum, der Mann und die Kinder standen neben ihr.
»Jeden Monat schreibt sie einen Brief«, sagte die Oma und wischte sich mit dem Schьrzenzipfel ьber die Augen. »Jeden Monat schreibt sie.«
»Ja, ja, Mutter«, sagte der Vater und legte ihr den Arm um die Schulter. »Ist schon gut, Mutter.«
»Ach Gott, die Gans«, rief die Oma und watschelte in die Kьche.
Gans bei der Hitze, dachte Eva. Sie stand am Vertiko und betrachtete die Fotos ihres Vaters, die da in schmalen Goldrдhmchen aufgereiht waren: Vater am ersten Schultae, ein dicklicher Junge mit einem dunk-
len Pullover, eine Schultьte an sich gepresst. Vater bei der Erstkommunion, schwarzer Anzug, weiЯes Hemd, Kerze, sehr ernsthaft und feierlich. Vater beim Schulabgang, Vater bei der Bundeswehr, im Kreis seiner Kameraden. Er war auch immer dick gewesen.
»Evachen, komm in die Kьche, das Essen ist fertig.«
Das war Opa. Er legte seine Arme um sie und gab ihr einen feuchten Kuss. Eva strich ihm ьber das schьttere, weiЯe Haar.
»Opa, wie geht es dir denn?«
Er war alt, viel дlter als Oma.
»Es geht, Kind. Wenn man alt wird, ist alles anders. Da wird man bescheiden. Da muss man Gott danken, wenn man noch einigermaЯen gesund ist.«
Die Gans war groЯ und braun und das Fett troff nur so an ihr herab und bildete hell schwimmende Goldaugen auf der Sauce. Die Oma stand am Tisch, hielt einen Teller in der Hand und legte ein Stьck Gans darauf, ein Bein, dann zwei Knцdel, goss mit einem kleinen Schцpflцffel goldдugige Sauce darьber, fettдu-gige Sauce, und fьllte die noch verbliebenen Lьcken auf dem Teller mit Rotkraut.
»Danke, Mutter«, sagte der Vater, als sie den Teller vor ihn hinstellte. Er bekam immer zuerst.
»Danke«, sagte Opa.
»Danke«, sagte die Mutter. Oma strahlte.
Berthold hatte schon die Gabel in der Hand und fing sofort an zu essen, als Oma ihm seinen Teller gab.
»Lass es dir schmecken, Evachen.«
Eva spьrte ein kleines, leichtes Wьrgen in ihrer Kehle und trank schnell einen Schluck Apfelsaft.
Die Oma schnitt sich das Fleisch in ganz kleine Stьckchen. »Meine Zдhne, wisst ihr!« Sie schmatzte beim Essen.
»Die Adelheid hat geschrieben, ihr Sohn ist mit der Schule fertig und hat ein sehr gutes Zeugnis bekommen. Er wird studieren.«
»Die Eva wird auch immer besser in der Schule«, sagte der Vater. »Sie macht uns viel Freude.«
Eva дrgerte sich.
»Ja, sie ist ein gutes Mдdchen.« Oma sprach mit vollem Mund. Eva konnte den Knцdel-Rotkrautbrei zwischen ihren Zдhnen sehen.
»Nur der Berthold«, fuhr der Vater fort. »Der Berthold ist faul. Nicht dass er etwa dumm wдre! Faul ist er.«
Berthold wurde rot. Er hatte den Mund voll, kaute verzweifelt und wьrgte. Er musste husten und hielt sich schnell die Hand vor den Mund. Eva betrachtete ihren Vater. Er schaute mit finsterem Gesicht zu, wie die Mutter unbeholfen auf Bertholds Rьcken klopfte.
»Trink etwas«, sagte er. Gehorsam griff Berthold nach dem Glas mit Apfelsaft. Seine Hand war gesprenkelt mit Saucenflecken, braun wie Sommersprossen. Er trank hastig.
»Wenn Marianne ihn nicht so verwцhnt hдtte«, sagte der Vater.
»Ja, ja«, antwortete Oma. »Bei Kindern muss man auch mal hart durchgreifen.«
Die Mutter sagte kein Wort.
»Aber die Eva«, wiederholte der Vater, »die Eva macht uns viel Freude. Sie schreibt nur gute Noten.«
»Ja, ja, das Evachen«, sagte die Oma und schob ein Stьck Knцdel in den Mund. »Das Evachen ist ein gutes Kind. Du warst auch immer ein gutes Kind, Fritz.«
Eva aЯ ihren Teller leer.
Nach dem Essen spьlte die Mutter das Geschirr, Eva trocknete ab. »Aber das musst du doch nicht machen, Marianne«, sagte die Oma jeden Sonntag. Und jeden Sonntag antwortete die Mutter: »Aber das mach ich doch gern, Oma, wo du uns doch schon so was Schцnes gekocht hast.«
Eva war schlecht von dem vielen Essen.
Zum Kaffeetrinken waren sie dann schon zu Hause. Es gab wieder den besonders guten Kuchen.
»Adelheids Sohn wird studieren«, sagte der Vater bitter. »Und meiner? Mein Sohn geht nicht mal aufs Gymnasium.«
»Hack doch nicht immer auf dem Jungen herum«, sagte die Mutter.
Das Gesicht des Vaters wurde bцse. »Du halt dich da raus! Warum hat er denn die Ьbertrittstests nicht geschafft, wie? Weil er nicht rechnen kann! Und das will mein Sohn sein!«
Eva musste sich auf die Zunge beiЯen, um nicht laut zu lachen. Wahrscheinlich, dachte sie, wдre er viel lieber der Sohn von jemand anders. Laut sagen konnte sie das natьrlich nicht. Der Vater war Buchhalter und bildete sich viel darauf ein, dass er sehr schnell und sehr sicher rechnen konnte. Fьr ihn war die Note in
Mathematik ein MaЯstab fьr die Intelligenz eines Menschen, und Intelligenz war das, womit man es im Leben zu etwas brachte, beispielsweise zu einer gut eingerichteten Wohnung, Farbfernseher, Waschmaschine, Spьlmaschine und so weiter.
»Wie willst du es denn im Leben je zu etwas bringen, wenn du so faul bist?«
Na bitte, hatte sie es nicht gewusst?
»Ich will Fernfahrer werden«, sagte Berthold in einem Anfall von Trotz. »Da brauche ich kein Gymnasium.«
»Ich wдre froh gewesen, wenn ich hдtte lernen dьrfen«, antwortete der Vater bitter. »Aber bei uns war kein Geld da fьr so etwas. Und weil ich das besser beurteilen kann als du, sage ich dir, dass du im nдchsten Jahr so viel lernen wirst, dass dir die Dummheiten schon vergehen. Und dein Zeugnis wird nach der fьnften Klasse besser, verstanden?«
Berthold senkte die Augen auf den Teller. Eva sah ihm an, dass er am liebsten geweint hдtte. Stattdessen beugte er sich vor und schob ein Stьck Kuchen in den Mund. Er setzte die Tasse an und trank Kakao nach. Dann schluckte er und biss sofort wieder in den Kuchen. Eva schaute ihm verstohlen zu. Berthold aЯ sehr schnell, man konnte eigentlich nur schlingen dazu sagen. Er schaute nicht mehr von seinem Teller auf. Verbissen stopfte er sich voll.
»Eva, warum isst du nicht?«, fragte der Vater.
Sie merkte erst jetzt, dass das Stьck Kuchen noch unberьhrt vor ihr auf dem Teller lag. Ohne den Vater anzuschauen, sagte sie: »Bei deiner Meckerei kann einem ja der Appetit vergehen.«
»Eva!« Die Stimme der Mutter klang erschrocken.
»Ist doch wahr!«
»Ach, die junge Dame wird aufmьpfig, wie?«, sagte der Vater. »Bis jetzt habe ich allerdings noch nie gemerkt, dass dir der Appetit vergangen wдre. Du siehst jedenfalls nicht so aus.«
»Hцrt doch auf!«, sagte die Mutter beunruhigt. »Ich weiЯ gar nicht, was heute in euch gefahren ist. Beim Essen streitet man nicht. Das ist nicht gesund.«
Eva schwieg. Was hдtte sie auch sagen kцnnen ? Wenn es nach der Mutter ging, war es ьberhaupt nie gesund zu streiten. Aber fьr den Vater war es offensichtlich gesund, jeden Tag zu meckern. Eva kaute auf ihrem Kuchen herum. Er war trocken und brцsehg. Sie legte ihn wieder auf den Teller.
»Das Stьck Kuchen wirst du doch noch essen kцnnen«, sagte die Mutter. »Nur das eine Stьckchen.«
Eva machte es wie Berthold. Sie trank viel Kakao nach.
Eva und Michel saЯen in der Milchbar. Es regnete. Eva trug die Haare wieder offen. Michel hielt ihre Hand und sie schauten sich ьber den Tisch hinweg an.
»Kцnnten wir nicht nachher in die Diskothek gehen?«
»Warum?«, fragte Michel. »Ich wдre viel lieber mit dir allein irgendwo. Kцnnen wir wirklich nicht zu dir nach Hause gehen?«
»Nein«, sagte Eva. »Du kennst meinen Vater nicht.«
»Schade.«
»Ich mцchte so gern einmal in eine Diskothek gehen. Ich war noch nie.«
Michel zuckte mit den Schultern. »Meinetwegen. Aber es ist sehr laut dort. Und teuer.«
»Ich habe noch Geld.«
»Gut, dann gehen wir in die Disko am Josephsplatz.«
Eva zцgerte. »Ich habe noch nie getanzt. AuЯer mit meinem Vater Walzer.«
An Neujahr war das gewesen. Vater hatte Sekt getrunken und war sehr lustig gewesen. Aus dem Radio klang laute Tanzmusik.
Plцtzlich rдumte Vater die Sessel und den Tisch zur
Seite, ganz aufgekratzt war er, und stellte das Radio noch lauter.
»Komm, Mama, jetzt zeigen wir mal den Kindern, wie man Walzer tanzt.«
Die Mutter wehrte ab. »Ach nein, Fritz. Wir haben schon so lange nicht mehr getanzt.«
»Los«, sagte der Vater und zog die widerstrebende Mutter aus dem Sessel. »Los, Marianne. Keine Mьdigkeit vorschьtzen.«
Und dann tanzten sie und der Vater sang laut mit. »Donau, so blau, so blau, so blau ...!«
Sie tanzten Tango und Walzer, Cha-Cha-Cha und Foxtrott, so lange, bis die Mutter rote Backen bekam.
»Eva, jetzt bist du dran«, sagte der Vater, als die Mutter sich schwer atmend in einen Sessel fallen lieЯ.
»Ich kann doch nicht tanzen«, antwortete Eva.
»Dann wird es Zeit, dass du es lernst.«
Eva war plцtzlich sehr aufgeregt. Sie bewunderte den Vater, der seinen schweren Kцrper so gewandt und sicher bewegte. Er sah anders aus als sonst. Jьnger.
»Euer Vater hat frьher einmal den ersten Preis bei einem groЯen Tanzwettbewerb gewonnen. Das war damals, als wir uns kennen gelernt haben.«
Eva sah ihren Vater ьberrascht an. »Wirklich?«
Sie fьhlte sich tцlpelhaft und ungeschickt, kam aus dem Takt und trat ihrem Vater auf die FьЯe.
»Nicht so, Eva. Du darfst nicht an deine Beine denken. Achte nur auf
den Takt und lass dich fьhren.
Hцrst du? Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei. Eins, zwei, drei.«
Und dann war es wirklich ganz leicht. Eva drehte sich und drehte sich, lieЯ sich in die Musik und in Vaters Arm fallen und fьhlte sich leicht und glьcklich.
»Das machst du prima, Eva. Wirklich! Mama, wir mьssen bald mal mit unserer groЯen Tochter tanzen gehen.«
Mama nickte gerьhrt. Berthold war ьber seinem Mickymausheft eingeschlafen.
»Mit meinem Vater habe ich getanzt«, sagte Eva und sah Michel wieder an. »Er hat frьher mal den ersten Preis bei einem Tanzwettbewerb gewonnen.«
»Wirklich?«
»Ja, das war damals, als er meine Mutter kennen lernte.«
Michel sah sie zweifelnd an. »Aber in einer Disko tanzt man keinen Walzer.«
Eva lachte. »Das weiЯ ich. Ich habe das schon oft im Fernsehen gesehen.« Sie dachte an die heimlichen Tanzversuche in ihrem Zimmer. So schwer konnte das doch nicht sein.
In der Diskothek war es sehr voll. Eva wдre am liebsten wieder hinausgegangen, als sie all die schlanken, schцnen Mдdchen sah. Na ja, nicht alle waren so schlank. Es waren auch ein paar Dicke dabei. Eine stand mit einer Colaflasche in der Hand da, mitten zwischen anderen Jungen und Mдdchen, und lachte.
Eva sah sie von der Seite an. Sie lachte wirklich, so, als wдre sie wie die anderen. Und dabei war sie wirklich dick. Nicht so dick, nicht ganz so dick wie Eva, aber immerhin! Und auЯerdem trug sie noch eine Brille.
Michel zog Eva an der Hand hinter sich her zu einem Tisch in der Ecke. Eva stellte ihre Tasche hin und wollte sich setzen. »Nein«, sagte Michel. »Jetzt sind wir schon mal da, jetzt tanzen wir auch.«
Er musste sehr laut reden, damit sie ihn ьberhaupt verstand. Die Tanzflдche war voll, aber Michel drдngte sich einfach dazu und fing an, sich zu bewegen, erst langsam, dann schneller.
Er kann tanzen, dachte Eva, und ihre Knie wurden weich. Ihr wurde schwindelig. Was hatte der Vater gesagt? »Nicht so, Eva. Du darfst nicht an deine Beine denken. Hцr auf den Takt und lass dich fьhren.« Aber hier gab es niemand, der sie fьhrte.
Sie machte es wie Michel. Erst langsam, in den Hьften bewegen, wie war bloЯ der Takt, dann trat sie von einem FuЯ auf den anderen. Wie ein kleines Mдdchen, das dringend mal muss, dachte sie und lдchelte. Michel lдchelte auch. Michel, dachte sie, Michel.
Er nahm ihre Hand und schwang sie unauffдllig im Takt hin und her. Und dann war es plцtzlich wieder da, dieses Gefьhl wie an Neujahr, nur noch viel schцner. Eva lachte und schьttelte ihre Haare, die langen, offenen Haare, und sie vergaЯ ihren Elefantenkцrper und tanzte.
Irgendwann zog Michel sie von der Tanzflдche und fьhrte sie zu ihrem Stuhl. »Gib mir Geld«, sagte er. »Ich hole eine Cola.«
»Ich mцchte lieber ein Selterswasser.«
Michel nickte. Er kam zurьck und stellte ein Glas Ьberkinger vor sie auf den Tisch. Dann setzte er sich ganz dicht neben sie und legte den Arm um ihre Hьfte. Ich bin verschwitzt, dachte Eva. Ganz nass geschwitzt bin ich. Hoffentlich stinke ich nicht. Sie schob ihn weg.
»Mensch, Eva«, sagte Michel hingerissen. »Du tanzt wirklich ganz toll. Hдtte ich nicht gedacht. Kommst du am Samstag mit mir ins Freizeitheim? Wir haben ein Sommerfest.«
Eva nickte. Papa, dachte sie. Ach, Papa.
Die Bluse klebte an ihrem Kцrper. Und weil es schon ganz egal war, stand sie auf und zog Michel zur Tanzflдche.
»Ich will noch«, sagte sie. Er nickte. Es war schon acht, als sie auf die Uhr sah.
Sie schloss leise die Tьr auf. Aus dem Wohnzimmer drang das Gerдusch des Fernsehers. Halb zehn vorbei. Da ging die Wohnzimmertьr auf. Der Vater betrachtete sie von oben bis unten, machte zwei Schritte auf sie zu und holte aus. Eva starrte ihn an. Die Ohrfeige brannte auf ihrer Haut.
»Aber Fritz«, sagte die Mutter hilflos, bцse. »Warum
soll sie nicht mal lдnger wegbleiben? Sie ist doch schon fьnfzehn.«
»Ich will nicht, dass meine Tochter sich mmtreibt.«
»Aber das heiЯt doch nicht rumtreiben, wenn sie mal bis halb zehn wegbleibt. Wann soll sie denn ihre Jugend genieЯen, wenn nicht jetzt?« Eva hцrte die Ver-bitterung in der Stimme der Mutter.
»So fдngt es an«, schrie der Vater. »Schau sie dir doch an, wie sie aussieht! Schicken wir sie deshalb auf die Schule, dass sie mit einem Bankert daherkommt?«
Eva ging wortlos in ihr Zimmer und schloss mit ei-nem lauten Knall die Tьr hinter sich. Sie lieЯ sich auf das Bett fallen, auf das weiche, sichere Bett, das Ver-sprechen von Wдrme und Zuflucht, und weinte. »Du Schwein«, sagte sie laut. »Du gemeines Schwein. Nichts weiЯt du. Nur an so etwas kannst du denken.«