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Lauert
  • Текст добавлен: 26 апреля 2020, 11:30

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Автор книги: Блейк Пирс



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KAPITEL ZWEI

Als Rileys Verlobter, Ryan Paige, versuchte seinen Arm um ihre Schulter zu legen, entzog sie sich ihm. Es war heute Abend nicht das erste Mal, dass sie reflexartig seinen Berührungen auswich. Sie war sich sicher, dass es seine Gefühle verletzte, aber sie konnte nicht anders.

Nach der Schießerei in Jennings, war Riley mit Jake nach Quantico zurückgeflogen und dann mit dem Auto zurück nach DC gefahren. Sie saß auf der Couch neben Ryan in ihrer kleinen Erdgeschosswohnung, doch die Bilder in ihrem Kopf waren noch vom ersten Teil dieses langen Tages.

Riley konnte Heidi Wrights tote Augen in den Schneefall starren sehen und war nicht in der Lage ihre Schuldgefühle abzuschütteln. Sie wusste, dass es irrational war, aber sie spürte nicht, dass sie gerade irgendjemandes Zuneigung verdiente.

„Was kann ich tun?“, fragte Ryan.

„Nichts“, antwortete sie. „Bleib einfach hier bei mir sitzen.“

Sie saßen schweigend da und Riley war dankbar für Ryans Anwesenheit. Die letzten Monate über hatten sie ihre Differenzen gehabt, aber in diesem Moment erschien er ihr als genau der gutaussehende, aufrichtige und rücksichtsvolle junge Mann, in den sie sich in ihrem letzten Semester an der Universität verliebt hatte.

In der Zwischenzeit ging sie in Gedanken immer wieder das durch, was passiert war, seitdem sie Heidi erschossen hatte. Es war alles wie im Traum und während ihres Fluges zurück nach Quantico hatte Agent Crivaro ihr immer wieder gesagt, dass sie im Zustand des Schocks war.

Ich nehme an, das bin ich immer noch, dachte sie.

Sie hatte immer noch alle physischen Symptome des Schocks, einschließlich kalter, schwitzender Hände und eines Zustandes von immer wiederkehrendem Schwindel und Verwirrung.

Wie lange würde es dauern, bis diese Symptome verschwanden?

Mit emotionsloser und monotoner Stimme, die selbst ihr merkwürdig vorkam, hatte sie Ryan soeben den gesamten Vorfall geschildert. Sie konnte sich gerade noch davor zurückhalten, die Ereignisse nicht aus der dritten Person Perspektive zu erzählen. Es war schwierig gewesen das Wort „ich“ zu verwenden, als sie über ihre eigenen Handlungen sprach. Sie wollte die ganze Zeit daran glauben, dass diese ganze Sache jemand anderem passiert war.

Als sie fertig war, hatte Ryan mit einer sanften Stimme gesagt: „Eine Sache verstehe ich immer noch nicht. Ich nehme an, dass es irgendwie Sinn gemacht hat, dass Heidi so getan hat, dass sie die Geisel war, zumindest für einige Momente. Es war ein verzweifelter Bluff. Aber wieso ist sie direkt auf den Parkplatz gekommen? Wieso hat sie versucht...?“

Ryan verstummte, aber sie wusste, welche Worte er nicht auszusprechen wagte.

„Wieso hat sie versucht, dich umzubringen?“

Riley erinnerte sich an den Moment, als das Mädchen im Eingang des Motelzimmers gestanden hatte, bevor sie die fatalen Schritte auf den Parkplatz machte, und wie sie Orins unverständlichen Protest vernommen hatte.

Sie sagte zu Ryan: „Orin wollte nicht, dass sie da raus geht. Er hatte versucht, sie zu überreden. Aber ich nehme an, sie dachte... sie hatte begriffen... dass es vorbei war. Sie wollte ihren Abgang machen...“

Ihre eigene Stimme verhallte nun, als ein dummes Cliché ihr auf der Zunge lag.

„...mit Pauken und Trompeten.“

Ryan schüttelte den Kopf.

„Ich kann mir nicht vorstellen, wie du dich fühlen musst“, sagte er. „Aber meine Güte, Riley, sie und ihr Freund haben sechs Menschen ermordet. Du kannst nicht sagen, dass sie das, was mit ihr passiert ist, nicht verdient hat.“

Riley hatte das Gefühl, als wäre der Klang dieses Wortes wie eine Ohrfeige.

Verdient.

In diesem Moment fühlte sie sich selbst so schmerzlich unwürdig von Ryan Aufmerksamkeit oder gar Zuneigung zu erhalten. Es war ihr nicht in den Sinn gekommen, zu denken, dass Heidi Wright verdient hatte, was Riley ihr angetan hatte.

Hat Ryan recht? dachte sie.

Sie dachte über das Wenige nach, was sie vom Leben des Mädchens wusste – einem Leben von unvorstellbarer Grausamkeit und Missbrauchs, wie es aussah. Heidi und ihr Freund hatten ihren Amoklauf begonnen, als ihr eigener Vater und Bruder sie sexuell missbraucht hatten. Riley konnte Orin keinen Vorwurf daraus machen, dass er diese Männer umgebracht hatte. Dann, nachdem das passiert war, mussten Orin und Heidi sich beide zu verzweifelt gefühlt haben, um zu begreifen, was sie taten.

Und auch zu jung, dachte Riley.

Erneut konnte Riley nicht anders, als an Heidis frisches, lächelndes Gesicht zu denken, in dem Moment, als sie die Waffe auf Riley gerichtet hatte – dem Moment vor ihrem eigenen Tod.

Riley murmelte laut: „Heidi war nur ein Kind, Ryan. Sie hat es nicht verdient, so zu sterben. Was sie verdient hatte, war ein besseres Leben, als das, in dem sie feststeckte.

Ryan sah Riley mit einem ungläubigen Blick an.

„Aber du hattest keine Wahl“, sagte er. „Wenn du nicht geschossen hättest, wärst du jetzt ganz bestimmt...“

Er verstummte erneut. Riley wusste, welches Wort er einfach nicht aussprechen konnte.

Tot.

„Ich weiß“, sagte Riley seufzend. „Das ist was Agent Crivaro mir auch immer wieder sagt. Er sagt, es wäre gerechtfertigt. Dass es sogar Einhaltung der Vorschrift war. Es war Selbstverteidigung, ein klarer Fall ‚unmittelbarer Gefahr des Todes oder ernsthafter Körperverletzung‘.“

„Crivaro hat recht, Riley“, sagte Ryan. „Das weißt du bestimmt.“

„Ich weiß“, sagte Riley.

Und rational betrachtet wusste sie es auch wirklich. Doch auf irgendeiner grundlegenden Ebene konnte sie dieses Urteil einfach nicht akzeptieren. Sie hatte gerade das Gefühl von ihrem ganzen Körper beschuldigt zu werden. Sie fragte sich, ob sie dieses Gefühl jemals überwinden würde.

Ryan berührte vorsichtig ihre Hand und Riley ließ zu, dass er sie festhielt. Ryans Hand fühlte sich beinahe heiß an, gegen den kalten Schweiß auf ihrer Haut.

Ryan sagte: „Riley, wie oft wirst du sowas durchmachen müssen?“

„Das ist meine Arbeit“, sagte Riley.

„Ja, aber... was für eine Arbeit ist das, die dich dazu bringt, dich so schrecklich zu fühlen? Ist das wirklich was du aus deinem Leben machen willst?“

„Irgendjemand muss es machen“, sagte Riley.

„Musst du dieser irgendjemand sein?“, fragte Ryan.

Riley hatte keine Ahnung, wie sie diese Frage beantworten sollte. Und so sehr sie Ryans Fürsorge auch schätzte, sie war sich nicht sicher, wie aufrichtig diese wirklich war. Um wen war Ryan im tiefsten Inneren wirklich besorgt – und Riley oder um sich selbst?

Sie hasste es, ihn so zu hinterfragen, aber sie konnte nicht anders. Während der kurzen Zeit, in der sie zusammen waren, hatte sie zu ihrem Entsetzen feststellen müssen, dass Ryan einen egoistischen Zug hatte. Und er hatte genügend rein egoistische Gründe das zu hassen, was sie gerade tat. Er hasste sogar ihre tägliche Anfahrtszeit nach Quantico. Es nahm ihm seinen hochgeschätzten Ford Mustang weg und zwang ihn, die öffentlichen Verkehrsmittel zu nutzen, um täglich zu seiner Arbeit in einer Anwaltskanzlei zu kommen. Er hatte nicht versucht die Tatsache, dass er das erniedrigend fand, vor ihr zu verbergen.

Ryan drückte ihre Hand und sagte: „Vielleicht solltest du einfach über eine Veränderung nachdenken. Wir können von meinem Gehalt leben. Wir haben sogar ein Sparkonto aufgemacht. Selbst wenn du zuhause bleiben würdest – und ich weiß, dass du das nicht willst – könnte ich trotzdem für uns beide sorgen. Ich könnte uns sogar schon bald eine schönere Wohnung mieten. Du musst das nicht machen... für uns.“

Riley sagte nichts.

Ryan sagte: „Vielleicht ist das etwas, worüber du mit deinem Therapeuten sprechen solltest.“

Riley zuckte plötzlich zusammen. Sie bereute es Ryan gesagt zu haben, dass sie jetzt mindestens eine Therapiesitzung besuchen musste. Nachdem sie und Crivaro in Quantico gelandet waren, hatte der leitende Spezialagent Erik Lehl ihr mitgeteilt, dass Therapie verpflichtend war, jetzt wo sie das erste Mal Gewalt mit Todesfolge angewendet hatte.

Sie hatte noch keinen Termin ausgemacht.

Ryan sagte: „Riley, ich mache mir Sorgen. Was wirst du tun? Was werden wir tun?“

Riley begann ein wenig ungeduldig zu werden.

Sie sagte: „Ryan, müssen wir das wirklich alles jetzt besprechen?“

Ryan schaute gedemütigt und sagte: „Nein, natürlich nicht. Ich gehe uns mal was zu Abendessen machen.“

„Nein, ich mache das“, sagte Riley.

„Red‘ keinen Unsinn“, sagte Ryan. „Du musst dich ausruhen. Ich werde mich um alles kümmern. Soll ich dir einen Drink machen?“

Riley nickte und Ryan ging in die Küche. Ein paar Minuten später kam er mit einem Glass Bourbon auf Eis zurück und stellte es auf den Kaffeetisch vor Riley ab. Dann kehrte er in die Küche zurück und klapperte dort rum, als er das Abendessen vorbereitete.

Riley wünschte wirklich, er hätte sie heute Abend kochen lassen. Sie brauchte irgendetwas, egal was, womit sie sich beschäftigen konnte. Sie hatte wahrhafte Angst davor, den ganzen morgigen Tag frei zu haben.

Als sie so alleine auf der Couch saß und an ihrem Bourbon nippte, spürte sie, wie eine Welle der Emotionen in ihr hochkam. Bevor sie wusste wie ihr geschah, fing sie an zu schluchzen. Sie versuchte so leise wie möglich zu sein, sodass Ryan sie nicht hören würde und nicht zurückkäme, um zu versuchen sie zu trösten.

Sie wollte nicht getröstet werden.

Das einzige was sie tun wollte, war weinen.

Während ihres Fluges zurück nach Quantico hatte Agent Crivaro ihr immer und immer wieder gesagt, dass es in Ordnung war, zu weinen.

„Mach schon, lass es raus“, hatte er immer wieder gesagt.

Doch irgendwie war sie einfach nicht dazu in der Lage gewesen – nicht bis jetzt. Und nun fühle es sich gut an, einfach die Gefühle aus sich heraussprudeln zu lassen, nach so einem langen, schrecklichen Tag. Sie weinte und weinte, bis sie sich ganz ausgelaugt fühlte.

Als ihre Tränen aufgehört hatten zu fließen, dachte Riley sich, dass sie am besten sofort ins Bad gehen sollte und ihr Gesicht waschen, damit Ryan sie nicht so sehen würde. Doch bevor sie sich von der Couch erheben konnte, klingelte das Festnetztelefon.

Sie hörte, wie Ryan ihr zurief: „Ich mach das schon.“

„Nein, ich mach’s“, rief sie zurück.

Sie war näher am Telefon, als Ryan. Und selbst so eine triviale Aufgabe, wie das Telefon zu beantworten, fühlte sich gerade gut an – obgleich sie sich nicht vorstellen konnte, dass der Anruf von irgendjemanden stammen könnte, mit dem sie gerade Lust hatte zu reden.

Als sie den Hörer abnahm, hörte sie eine vertraute Stimme.

„Hey, Kleine. Wie geht’s dir?“

Rileys Stimmung war plötzlich viel besser, als sie diese Stimme erkannte. Sie gehörte ihrer Zimmernachbarin aus der Zeit an der Academy, Francine Dow.

„Frankie!“, stammelte sie überrascht. „Es – es ist gut von dir zu hören!“

Riley hatte Frankie nicht gesehen, seitdem sie im Dezember ihren Abschluss gemacht hatten. Seither hatten sie nur einige Male telefoniert. Nach dem Abschluss war Frankie als Agentin dem DC Hauptquartier zugeordnet worden.

Mit besorgter Stimme sagte Frankie: „Mach schon, sprich mit mir.“

Riley war überrascht.

Sie stammelte: „Meinst du... du weißt Bescheid...?“

„Ja, ich weiß, was passiert ist. Und du wirst nie glauben, wie ich es erfahren habe. Ich habe einen Anruf von Spezialagent Jake Crivaro selbst bekommen. Er sagte, dass er sich Sorgen um dich machte. Er sagte, dass du vielleicht mit einer Freundin reden müsstest.“

Riley lächelte, als sie den verehrenden Unterton in Frankies Stimme hörte. Obwohl Riley es nicht gewusst hatte, als Agent Crivaro erstmals ein Interesse an ihren einzigartigen Fähigkeiten gezeigt hatte, hatte sie seitdem feststellen müssen, dass er eine Art lebende Legende am FBI war. Frankie kam anscheinend nicht über ihre Verblüffung hinweg, dass Riley nun seine Vollzeitpartnerin war.

Einen Anruf von ihm zu erhalten, musste für Frankie unglaublich gewesen sein, dachte Riley.

Frankie sagte: „Na, wie fühlst du dich?“

„Nicht gut“, sagte Riley seufzend. „Ich nehme an, ich habe immer gewusst... dass ich eines Tage so etwas tun müsste. Aber ich hatte keine Ahnung, wie schlecht es sich anfühlen würde.“

„Naja, ich habe mich gefragt, ob du vielleicht Lust hättest dich zu treffen und ein bisschen Dampf abzulassen“, sagte Frankie.

Riley spürte eine Welle der Dankbarkeit.

„Oh, das wäre wundervoll, Frankie“, sagte sie. „Ich habe morgen frei. Wie wäre es, wenn wir zusammen zu Mittag essen?“

„Klingt super“, sagte Frankie.

Nachdem sie sich verabredet und aufgelegt hatten, stand Riley da und starrte das Telefon in ihrer Hand an. Sie begann auf einmal etwas zu begreifen.

Agent Crivaro hat Frankie kontaktiert.

Er hat sie wegen mir angerufen.

Es war eine überraschende und unglaublich aufmerksame Geste und Riley war zutiefst gerührt von der Fürsorge ihres Mentors. Und die Verabredung mit Frankie morgen gab ihr etwas, worauf sie sich nach solch einem schrecklichen Tag heute freuen konnte.

Sie fühlte sich plötzlich viel besser und ging in die Küche.

Sie dachte: Ich werde Ryan mit den Abendessen helfen, ob er es will oder nicht.

Der heutige Tag war schlimmer gewesen, als sie es sich jemals hätte vorstellen können. Aber sie hatte Freunde, die ihr da durch halfen. Vielleicht würde es morgen einfacher sein. Schließlich könnte wohl kein Albtraum schlimmer sein, als der, den sie gerade erlebt hatte.

KAPITEL DREI

Kurz vor Mittag des nächsten Tages verließ Riley das Haus und wartete darauf, dass Frankie sie zum Mittagessen abholte. Sie fragte sich, ob sie wirklich in der Lage sein würde mit ihrer Studienfreundin darüber zu sprechen, was gestern geschehen war. Ryan war wie sonst auch zur Arbeit gefahren, froh über die Gelegenheit ausnahmsweise Mal das Auto zu nehmen. Also hatte Riley ausgeschlafen und sich einen faulen Morgen gemacht.

Bald schon fuhr Frankie in ihrem alten Pickup-Truck vor und Riley stieg ein. Sie merkte, dass sie sich freute die kräftigen Gesichtszüge und das rostfarbene Haar ihrer Freundin zu sehen. Sie sagte sich, dass dies definitiv ein besserer Tag sein würde.

Frankie fuhr sie zu ihrem bevorzugten Mittagslokal in DC, Tiffin’s Grub & Pub. Sie setzten sich an einen kleinen Tisch und bestellten beide Tunfischsandwiches. Dann tranken sie Kaffee und tauschten sich ein wenig über Kleinigkeiten aus, während sie das Thema von Rileys erster Tötung im Einsatz umgingen.

Vielleicht kommen wir gar nicht dazu, darüber zu sprechen, dachte Riley.

Wenn es so käme, wäre es für sie in Ordnung. Einfach ein wenig Zeit mit Frankie zu verbringen, würde schon genug sein, um ihre Laune beträchtlich zu heben. In der Zwischenzeit hatten sie und ihre Freundin viel nachzuholen.

Frankie sagte: „Ich habe gehört, du hast drei weitere Fälle gehabt, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Das ist ziemlich eindrucksvoll. Es heißt, du wärst ein echtes Wunderkind – der nächste Jake Crivaro, sagt man.“

Riley errötete bei diesen Worten, von denen sie wusste, dass sie hohes Lob bedeuteten.

„Ich muss noch vieles lernen“, sagte sie. „Wie ist denn dein Leben hier in DC? Wie gefällt es dir eine FBI Agentin zu sein?“

Frankie verzog die Miene und seufzte.

„Es ist nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte, denke ich“, sagte sie.

Riley verspürte einen besorgten Stich. sie wusste, dass Frankie sechs Monate als verdeckte Ermittlerin in der Drogenfahndung gearbeitet hatte, bevor sie zur Academy gegangen war. Wegen ihrer Erfahrung wurde sie nach dem Abschluss einem FBI Drogenfahndungsteam zugeteilt. Riley wusste, dass Frankie gespannt und hoffnungsvoll bei der neuen Arbeitsstelle angetreten war. Nun klang sie traurig und enttäuscht.

Als ihre Sandwiches kamen, bat Riley Frankie, ihr davon zu erzählen. Frankie nahm einen Schluck Kaffee und dachte nach.

Dann sagte sie: „Weißt du, ich habe nur Eins wirklich gelernt, als ich damals als verdeckter Cop in Cincinnati gearbeitet hatte. Ich habe begriffen, dass der ganze ‚Krieg gegen Drogen‘ ein absoluter Quatsch ist. Es ist ein Krieg, der nicht gewonnen werden kann. Das wahre Problem ist, dass es da draußen sehr viel Leid gibt, und sehr viele unglückliche Menschen. Sie wegzusperren reicht nicht, um an die Wurzel des Problems ranzukommen. Und ich nehme an, ich...“

Frankie verstummte für einen Moment.

Dann sagte sie: „Naja, ich habe gedacht, ich kann einen Unterschied machen, wenn ich beim FBI arbeite. Ich habe gedacht, ich kann ändern, wie man die Dinge angeht. Aber das klappt nicht wirklich. Es ist immer das gleiche, genau wie in Cincinnati. Der einzige Unterschied ist, dass ich jetzt nicht mehr verdeckt arbeite. Aber ich bin immer noch in dieselben Vorgänge eingebunden und ich kann überhaupt nichts verändern. Ich fühle mich wie ein naives Dummchen dafür, dass ich gedacht habe, dass ich irgendetwas ändern könnte.“

Riley lehnte sich zu ihrer Freundin über den Tisch und sagte: „Frankie, lass dir ein wenig Zeit. Du fängst gerade erst an. Sei geduldig.“

Frankie schnaubte. „Tja, naja, Geduld ist nicht wirklich eine meiner Stärken. Und ist ja auch egal, mein Problem scheint ziemlich trivial im Gegensatz zu dem, was du gestern durchmachen musstest. Crivaro klang wirklich besorgt am Telefon. Möchtest du darüber sprechen? Möchtest du mir erzählen, was passiert ist?“

Riley zögerte einen Moment lang. Dann dachte sie aber, dass darüber zu sprechen einer er Gründe für dieses Treffen gewesen war. Als sie begann Frankie von allem zu erzählen, was gestern vorgefallen war, spürte sie einen Kloß im Hals.

Fang nicht wieder an zu weinen, dachte sie.

Sie schaffte es, ihre Tränen zurückzuhalten, als sie den Moment beschrieb, in dem sie Heidi Wright getötet hatte.

Dann sagte sie: „Frankie, sie war bloß ein Kind – fünfzehn Jahre alt. Es war nicht ihre Schuld, dass sie so ein mieses Leben hatte. Sie hatte gar keine guten Wahlmöglichkeiten. Sie war verzweifelt. Sie hat jemanden gebraucht, der ihr ein gutes Zuhause gegeben hätte und etwas Führung und etwas Liebe. Sie hat es nicht verdient, so zu sterben.“

Frankies Miene war nun besorgt.

„Ich nehme an, dass ich das Offensichtliche nicht erklären muss“, sagte Frankie.

Riley nickte und sagte: „Ich weiß, ich weiß. Ich hatte keine Wahl. Es war ihr Leben oder meins.“

„Und dein Leben ist wichtig, Riley“, sagte Frankie. „Es ist sehr wichtig.“

Riley musste sich nun doch eine Träne aus dem Gesicht wischen.

„Ich habe das Gefühl, dass nichts jemals wieder so sein wird, wie vorher“, sagte sie.

Frankie legte ihren Kopf schief und sagte: „Naja, ich musste noch nie jemanden erschießen, aber... Ich weiß wie es ist etwas zu tun, was dich wirklich verändert. Ich war auch schon mal an diesem Punkt. Ich kann es verstehen.“

Riley wusste, auf welches schreckliche Ereignis Frankie hindeutete. Damals, als sie als verdeckte Ermittlerin in Cincinnati gearbeitete hatte, hatte ein Drogendealer Frankie mit einem Messer bedroht und sie gezwungen, sich Heroin zu spritzen. Sie hatte keine Wahl gehabt.

Riley erinnerte sich daran, was Frankie ihr von der überwältigenden Euphorie erzählt hatte, die sie damals erlebt hatte.

„Wenn ich in diesem Moment gestorben wäre, wäre ich glücklich gestorben.“

Das war das Ereignis gewesen, dass Frankie davon überzeugt hatte, dass der „Krieg gegen Drogen“ sinnlos war. Riley wusste, dass Frankie mit diesem Erlebnis für den Rest ihres Lebens zu kämpfen haben würde. Bis jetzt hatte sie sich nicht vorstellen können, wie sich das für sie anfühlte.

Vielleicht kann ich es jetzt verstehen, dachte sie sich.

Riley nahm einen Bissen von ihrem Sandwich und überlegte einen Moment lang.

Dann sagte sie: „Hier ist das komische daran, Frankie. Vor ungefähr zwei Wochen wollte ich wirklich jemanden töten. Es hat mich meine gesamte Selbstkontrolle gekostet, es nicht zu tun.“

„Was ist passiert?“, fragte Frankie.

Riley sagte: „Vielleicht hast du von diesem Fall gehört, an dem Crivaro und ich in Maryland gearbeitet hatten.“

„Ja, das war abscheulich“, sagte Frankie. „Der Name des Mörders ist Mullins, oder?“

Riley nickte. „Ja, Larry Mullins. Er wurde eingestellt, um sich um zwei kleine Kinder zu kümmern, die er beide umbrachte – er erwürgte sie auf zwei verschiedenen Spielplätzen.“

Dann stöhnte sie leicht und fügte hinzu: „Natürlich wurde Mullins noch nicht verurteilt. Das Datum für den Prozess wurde noch nicht einmal bestimmt und die Beweislage gegen ihn ist immer noch dürftig. Aber Crivaro und ich wissen, dass er es war – genauso wie die Eltern der Kinder.“

Riley hielt einen Moment lang inne, da sie die Erinnerung fürchtete, um die es ging.

„Mullins ist ein süffisantes Arschloch“, sagte sie. „Er ist durchtränkt von diesem Anschein kindlicher Unschuld, was auch der Grund war, wieso die Eltern der Kinder ihm vertraut hatten. Ich hasste ihn abgründig, ab dem Moment, in dem Crivaro und ich ihn erwischt hatten. Er grinste mich an und gab mit seinem Blick praktisch zu, dass er schuldig war. Aber er wusste auch verdammt gut, dass es für uns schwierig sein würde ihm das nachzuweisen.“

Riley trommelte mit den Fingern unruhig auf dem Tisch.

Sie sagte: „Und genau in dem Moment, als ich ihm die Handschellen anlegte und ihm seine Rechte las, grinste er mich wieder an und sagte zu mir: ‚Viel Glück‘.“

Frankie japste leicht.

Riley fuhr fort: „Gott, du kannst dir nicht vorstellen, wie wütend mich das gemacht hat. Ich wollte ihn wirklich umbringen. Ich glaube ich habe tatsächlich nach meiner Glock gegriffen. Crivaro hat meine Schulter berührt und mich warnend angeblickt. Wenn es nicht Crivaro gewesen wäre, hätte ich Mullins womöglich an Ort und Stelle erschossen.“

„Es ist gut, dass du es nicht getan hast“, sagte Frankie.

„Vielleicht stimmt das“, sagte Riley. „Aber ich kann nicht anders, als mich zu fragen – was, wenn Mullins der erste Mensch gewesen wäre, den ich getötet hätte. Ich würde mich sicherlich nicht so schlecht fühlen wie jetzt. Vielleicht hätte ich sogar überhaupt keine Probleme damit. Stattdessen habe ich ein dummes, armes Kind erschossen, das nie eine Chance im Leben gehabt hatte. Es ist einfach…“

Riley schluckte eine schmerzhafte Wut und Bitternis hinunter.

„Es ist einfach unfair“, sagte sie.

Riley und Frankie aßen einige Momente schweigend weiter.

Endlich sagte Frankie in einem vorsichtigen Ton: „Weißt du, du wirst wahrscheinlich denken, dass ich verrückt bin, wenn ich das sage, aber… vielleicht ist es für uns beide besser, dass die Dinge uns auf genau diese Art und Weise widerfahren sind.“

Riley machte große Augen.

„Wie meinst du das?“, fragte sie.

Frankie zuckte mit den Schultern und sagte: „Naja, wäre ich nicht gezwungen gewesen mir damals Heroin zu spritzen, hätte ich nie begriffen, wie dumm der Krieg gegen Drogen wirklich ist. Und wenn du die Möglichkeit gehabt hättest Larry Mullins zu erschießen, hättest du es vielleicht auch in Zukunft einfach gefunden, deine tödliche Gewalt anzuwenden – zu einfach.“

Frankie verstummte und wischte sich eine Träne aus dem Auge.

„Ich weiß, dass wir beide leiden, Riley“, sagte sie. „Aber ich glaube es ist besser zu leiden, als vor Schmerz hart zu werden. Zumindest waren wir in der Lage unsere Menschlichkeit, unsere Verletzlichkeit zu bewahren, all die Dinge, die das Beste in uns ausmachen. Viele Menschen in unserem Job schaffen das nicht.“

Riley nickte langsam. Sie wusste, dass Frankie genau das sagte, was sie gerade hören musste. Sie begriff, dass sie wirklich Glück hatte, dass sie heute Frankies Anteilnahme hatte. Das hier war besser als jegliche Therapie, auf die sie hoffen konnte.

Eine Weile lang aßen sie schweigend.

Dann fragte Frankie: „Und wie läuft es mit deinem Verlobten? Habt ihr schon ein Hochzeitsdatum ausgewählt?“

Die Frage überraschte Riley.

Sie stammelte: „Ähm, nein, noch nicht.“

„Nein?“, sagte Frankie und schaute Riley skeptisch an.

„Noch nicht“, wiederholte Riley und aß dann still weiter.

Sie wurde angespannt, als sie sich vorstellte, was Frankie gerade denken musste. Sie erinnerte sich an etwas, was Frankie gesagt hatte, als sie sich gerade kennengelernt hatten…

„Ich habe eine etwas voreingenommene Sicht auf Männer im Allgemeinen.“

Obwohl Frankie selten davon sprach, wusste Riley, dass Frankies vierjährige Ehe in einer hässlichen Scheidung geendet war. Frankie hatte wahrscheinlich keinerlei Gründe anzunehmen, dass es mit Riley und Ryan klappen würde.

Hat sie vielleicht recht? fragte Riley sich.

Schließlich liefen die Dinge in letzter Zeit nicht besonders gut zwischen ihnen.

Während sie ihre Mahlzeit beendeten, unterhielten Riley und Frankie sich über Kleinigkeiten. Als Frankie sie zurück zu ihrer Wohnung fuhr, merkte Riley, dass sie dem Rest ihres freien Tages mit Missmut entgegensah. Sie fragte sich insbesondere, wie es heute Abend mit Ryan sein würde.

Sie fragte sich – was sagte es über sie aus, dass sie sich nicht darauf freute ihren eigenen Verlobten zu sehen? Schlimmer noch, wurde sie vielleicht süchtig nach den Gefahren und Qualen ihrer Arbeit?

Sie wusste nur, dass sie nichts an ihren Gefühlen ändern konnte.

Wenn ich nicht zurück an die Arbeit gehe, verliere ich meinen Verstand, dachte sie.

Was auch immer dort draußen auf sie wartete, sie musste weitermachen und sich dem stellen.


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